Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 16

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Mark Ragathsquell, 3. Tsa 1036 BF

Burg Harmamund, vormittags

Autor: von Scheffelstein

"Die da Vanyas haben das Kloster niedergebrannt." Morena Solivai von Harmamund breitete die Karte der Mark Ragathsquell auf dem Tisch aus, aber ihr Bruder kehrte ihr den Rücken zu.

"Warum auch immer sie das tun sollten." Der goldene Siegelring an seiner Hand verursachte ein leises Kratzen, als er über das Fenstersims strich. Draußen sang ein Vogel. Es war wärmer geworden, der Schnee begann zu tauen, und im Palastgarten streckten erste Winterlinge die gelben Köpfchen hervor.

"Warum?", fragte Morena irritiert. "Liegt das nicht auf der Hand? Es geht ihnen um Macht. Oder um Rache. Immerhin gehörten weite Teile der Klostergüter früher zu unseren Besitzungen, ehe …" Sie verstummte, als ihr ein neuer Gedanke kam. "Oder es ging um etwas ganz Anderes. Vielleicht wollen sie etwas verbergen? Irgendwelche … Geheimnisse zerstören, die das Kloster hütete. – Was weißt du über Ahumeda da Vanya?"

Amando Amaros von Harmamund drehte sich um. "Mutters Großmutter. Du interessierst dich für Familiengeschichte."

Sein gleichgültiger Tonfall ärgerte Morena. Seine Fragen klangen nicht wie Fragen, sondern wie Feststellungen. Das forderte sie zu Widerspruch heraus. "Ich weiß selbst, dass sie Mutters Großmutter war. Warum war sie in La Dimenzia?"

Er sah sie aus seinen dunklen Augen an, das schmale Gesicht ausdruckslos. Er war alt geworden, das Haar an den Schläfen ergraut und in der Stirn licht, der spitze Ziegenbart wies weiße Haare auf. Seine hagere Gestalt ertrank in der schwarzen Kutte. Sein Blick aber war wach, durchdringend. "Boron hatte sich ihrer erbarmt."

Morena wurde den Verdacht nicht los, dass Amando der Vergangenheit und ihren Rätseln vollkommen uninteressiert gegenüberstand, oder aber gar bewusst schwieg über das, was er möglicherweise wusste. Sie schob das Kinn vor und erwiderte seinen Blick, doch als er sie weiter unbewegt ansah, ohne nur einmal zu blinzeln, wandte sie sich wieder verärgert der Karte zu.

"La Dimenzia ist reich. War reich. Die Ländereien erstrecken sich von Aranjuez bis Burginum." Sie sah Amando an. Nein, auf diesem Weg war ihm nicht beizukommen. Morena straffte sich. "Du wirst das Kloster als Abt übernehmen. Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Immerhin befinden sich noch etliche Verr… arme, kranke Seelen dort, die des Beistands bedürfen. Und viele sind von Adel. Eine solche Aufgabe können wir nicht irgendjemandem überlassen."

Amando betrachtete sie schweigend. Seinem Gesicht war nicht zu entnehmen, was er dachte. "Mein Platz ist in Khahirios", sagte er schließlich.

Morena presste die Kiefer zusammen. Sie würde ihren Willen schon bekommen. Langsam verzog sie den Mund zu einem Lächeln. "Lieber Bruder, du wirst dich doch nicht dem Willen unseres Fürsten zuwider setzen?"

"Gwain."

"Ja, Gwain", lächelte Morena liebenswürdig. "Unser Fürst und Soberan möchte seinen lieben Neffen nahe der heimatlichen Güter wissen, jetzt, da Mutter tot ist."

"Einst war auch Khahirios Harmamund-Land." Amando war nicht anzusehen, ob er Morenas dreiste Lüge durchschaut hatte.

"Jetzt ist dies unser Land. Und du wirst Abt werden in La Dimenzia. Der Fürst wünscht es." Und ich wünsche, dachte sie, zu erfahren, was diese verdammte Paligan meinte, wir seien allesamt keine Harmamunds. Der Schlüssel zu diesem Geheimnis, da war sie sich sicher, lag irgendwo in La Dimenzia. Und er hatte etwas mit Ahumeda da Vanya zu tun, ihrer Urgroßmutter. Mit Amando als Prior des Klosters würde sie dort ein- und ausgehen können, wie sie wollte. Und – bei Ras'Ragh! – sie würde der Toten ihr Wissen entreißen, um ihre eigene Macht zu mehren und die der da Vanyas, derjenigen, die heute diesen Namen trugen, zu schmälern!