Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 22

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In der Baronie Selaque, 3. Rondra 1033 BF

Auf Burg Albacim


3. Rondra, morgens

Autor: SteveT

Am Morgen nach Domnatella Rominas Alptraum war im herrschaftlichen Speisezimmer im Palas von Castillo Albacim, wo die Grafentochter und der Castellan schon am Abend zuvor zu Gast gewesen waren, eine noch weitaus größere und längere Tafel eingedeckt. Die Comtessa und der Castellan saßen wieder zur linken und zur rechten Seite der Gastgeberin, Domna Praiosmin, die am Kopfende der Tafel thronte, von wo aus sie die ganze Schar ihrer Gäste gut im Blick hatte.

Auch die junge Zaida, der kleine Praiodor und sogar Dom Gendahar waren diesmal ausdrücklich an die Tafel der Reichsvogtin geladen worden. Sie hatte man am weit entfernten, jenseitigen Ende des sechs Schritt langen Tisches platziert, und zwischen ihnen und der Hausherrin saßen noch Caballera Lilithrud Ernathesa von Silvansbühler, Caballero Servando Cronbiegler sowie - den Vorgenannten gegenüber - ein weiterer, bislang unbekannter Caballero aus Praiosmins Gefolgschaft, den man den Gräflichen als Dom Azzato von San Owilmar vorstellte. Nur Golshan als Wilde hatte man nicht an die Tafel der Vogtin geladen und ihr stattdessen einen Napf mit Weizengrütze auf ihre Kammer gebracht, die sie sich auf ausdrücklichen Wunsch der Comtessa mit dieser geteilt hatte, was unter dem Gesinde von Burg Albacim zu vielerlei Getuschel führte.

Praiosmin war ihre gestrige nächtliche Interrogatio drunten in der Folterkammer nicht anzusehen. Da sie ohnehin immer tiefhängende Tränensäcke und schlaffe Wangen hatte, sah sie im Grunde genommen aus wie immer - nur ihr dünnes Spinnwebhaar war heute, dem würdevollen Anlass entsprechend, besonders kunstvoll von Valbetta hochgesteckt und zu einer akkuraten Duttfrisur geformt worden.

Von der Comtessa konnte man dergleichen nicht behaupten - tiefe Augenringe gaben Zeugnis von ihrer kurzen Nacht inklusive dem verstörenden Traum mit Aureolus.

An eben diesen dachte auch dessen Mutter einen Augenblick lang, während sie in ihrer heißen Rosinengrütze mit Benbukkel rührte. Seine Kammer war leer gewesen, als sie ihn heute früh hatte aufsuchen wollen - niemand vom Gesinde hatte ihn seit gestern Abend mehr gesehen. Ob er etwa bereits auf eigene Faust aufgebrochen war, um mit seiner scheußlichen arkanen Lehrmeisterin Mordaza Maraneta Kontakt aufzunehmen? Praiosmin überlief beim bloßen Gedanken an diese Frau sofort ein eiskalter Schauer, und so wandte sie ihre Aufmerksamkeit lieber ihren Gästen zu, die es weiter in Sicherheit zu wiegen und gleichzeitig auszuhorchen galt.

"Fehlt es Euch an etwas, meine Liebe?", wandte sie sich mit zuckersüßer Liebenswürdigkeit an Romina-Alba. "Ihr seht heute etwas unwohl aus."

"Mit Verlaub, das finde ich überhaupt nicht, Euer Hochgeboren!", sprang der Grafentochter unerwartet der junge Ritter Azzato zur Seite, der Romina-Alba schon die ganze Zeit mit verstohlenen Seitenblicken gemustert hatte. "Hätte ich gewusst, dass unser hoher Graf eine so bezaubernde Tochter hat, so hätte ich meine Knappenschaft sofort an seinem Hof verbracht."

Mit einem strahlenden Lächeln reichte er Romina-Alba über die lange Tafel hinweg das Brett mit dem angeschnittenen frischen Brotlaib - statt ihrer nahm es ihm aber der junge Servando Cronbiegler aus der Hand, der ihm schnippisch entgegnete: "Na ja, wer weiß ob man Euch dort überhaupt für gut genug befunden hätte."

Der Blick, den die beiden daraufhin tauschten, war kälter als die Grimmfrostöde, und die Reichsvogtin dachte amüsiert stumm bei sich: 'Sieh an, die zwei aufgeplusterten Gockel buhlen um die Gunst der schönsten Henne.' Von hinten trat derweil ihr Majordomus Zalameos an sie heran und flüsterte ihr ins Ohr: "Hochgeboren! Domna Morena von Harmamund ist soeben drunten im Hof eingetroffen. Sie erbittet von Euch empfangen zu werden."

"Das trifft sich gut!", nickte Praiosmin. "Ich habe Pläne mit ihr! Führ sie herein! Sie möge sich zu uns gesellen."

"Wie sehen nun Eure weiteren Pläne aus?", wandte sie sich danach mit entschuldigendem Lächeln wieder an Romina und blickte nach dieser auch den Castellan und Gendahar direkt an.


Autor: Romina Alba

Domna Romina versuchte, sich auf das Mahl und die Konversation zu konzentrieren, doch ihre Gedanken schweiften immer wieder zu diesem eigenartigen Traum. Sie nahm sich vor, den Boroni ihres Vaters danach zu fragen, verwarf den Gedanken gleich wieder und nahm sich als nächstes vor, selbst den Borontempel aufzusuchen. Doch auch dort könnte es sein, dass man ihren Vater über solch einen Traum informierte.

Warum nur träumte sie von diesem jungen Magier?

Unter dem Tisch fühlte sie eine kurze Berührung an ihrem Fuß, sie sah auf und direkt in die streng auffordernden Augen von Dom Rondrigo. Verwirrt bemerkte sie, dass sie sinnlos in ihrer Grütze rührte und dabei vom gesamten Tisch beobachtet wurde.

Dom Rondrigo wandte sich an die Vogtin.

"Verzeiht, Euer Hochgeboren. Wie ihr selbst seht, leidet die Comtessa noch unter den Nachwirkungen ihrer Gefangenschaft." Er räusperte sich und tauschte einen Blick mit Dom Gendahar. "Wir gedenken gleich nach dem Frühstück aufzubrechen, um Domnatella Romina in die Obhut zu bringen, derer sie bedarf, um sich gänzlich von den schrecklichen Erlebnissen zu erholen."

Die Domnatella schenkte dem Castellan einen giftigen Blick, was diesen zutiefst zu befriedigen schien. Nach einem kurzen Augenduell wandte sich jetzt die Grafentochter an die Elenterin.

"Der Castellan meines Vaters hat recht, edle Vogtin." Zuckersüß lächelnd sah sie zu der Frau auf. "Ich habe nicht gut geschlafen und benötige wohl einen Boroni, um meiner Alpträume Herr zu werden. Ich träumte von einem goldäugigen, blonden Jüngling, der mir bei den Ferkinas begegnet war. Er wollte mir helfen, doch er schien trotz seiner sanften Schönheit unberechenbar und böse zu sein. Selten in meinem Leben passierte mir Eigenartigeres. Weswegen sollte ein junger Schwarzmagier, der es mit den Ferkinas hält, mir helfen wollen, aber alle anderen verdammen? Ihr seid eine praiosgläubige Frau, bitte betet für uns. Möge der Fürst ihm seine goldenen Augen nehmen, wenn er den Rechtgläubigen Schaden zufügt!"

Die junge Frau betrachtet Domna Praiosmin unablässig, jede Regung in sich aufnehmend.


Autor: SteveT

"Wie bedauerlich, dass Ihr uns schon so schnell wieder verlassen wollt!", hatte Praiosmin von Elenta auf das Vorhaben des alten Castellans entgegnet. Dann aber, als die Comtessa haarklein ihren nächtlichen Traum schilderte, entglitten ihr für einen kleinen Moment ihre Gesichtszüge. Ihre Augen weiteten sich ungläubig, und auch ihr Mund stand für einen kurzen Moment offen, was während des Essens keinen allzu appetitlichen Anblick bot. Schnell aber fasste sie sich wieder und kaute auffällig in aller Seelenruhe weiter, als müsse die weiche Rosinengrütze vor dem Schlucken erst aufwendig zermahlen werden.

Was hatte ihr Sohn mit diesem blonden Klappergestell zu schaffen? War er gestern Nacht etwa sogar in ihrer Kammer gewesen und deswegen heute Morgen ohne jede Verabschiedung spurlos verschwunden, und diese miese kleine Dirne redete sich nur ein, dass es ein Traum gewesen war, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen? Recht hübsch war sie ja, das musste Praiosmin neidvoll anerkennen, der junge Caballero von San Owilmar hing mit seinen öligen Stielaugen an ihr, als wäre die Heilige Rahja höchstselbst aus Alveran herabgestiegen.

"Ein blonder Jüngling mit goldenen Augen", kicherte Praiosmin geziert und schüttelte den Kopf darüber. "Wann hat man so etwas schon gehört? Es gibt keine Menschen mit güldenen Augen - nur die Alveraniare unseres Herrn, des Götterfürsten, sehen dergestalt aus! Ein Boroni sagte mir einmal, Träume dienten der Reinigung der Seele. Ich halte nichts von dieser These, denn ein rechtschaffener Mensch hat auch nur rechtschaffene Träume! Ihr solltet Euch also fragen, mein Kind, was so einen schmucken blonden Jüngling in Eure Träume geführt haben könnte ..." Sie grinste anzüglich.

Ihr Majordomus Zalameos und der junge Azzato von San Owilmar hatten indes bei Rominas Ausführungen überrascht aufgeblickt und glotzten dann nicht minder überrascht ihre Herrin an, ehe Letzterer schließlich mit seinem Frühmahl fortfuhr. Die Beschreibung der Comtessa hatte ja beinahe haargenau auf Ramin, das hochnäsige Mündel Domna Praiosmins gepasst, der sich auf Castillo Albacim oft aufspielte, als wäre er nicht etwa nur ein gemeiner Zögling der Burgherrin, sondern selbst der leibhaftige Herr der großen Burg. Sonderbar, dass der Herrin dies nicht ebenfalls auffiel - sie kannte doch selbst jemanden mit so sonderbar goldgelber Augenfarbe.

Ehe sie diesen Gedanken weiter vertiefen konnten, öffnete sich die lederbespannte Tür des Speisezimmers und eine den Gräflichen bereits wohlbekannte, schwarzhaarige Edeldame mittleren Alters trat ein.

"Hochedle Domnas und Doms," stellte sie Haushofmeister Zalameos sogleich mit tragender Stimme vor, "Ihro Wohlgeboren Morena von Harmamund!"


Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 22