Chronik.Ereignis1033 Feldzug Raschtulswall 09

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Kaiserlich Selaque, 19. Praios 1033 BF

Nahe Elenta


Rückkehr zum Castillo da Vanya

Autoren: von Scheffelstein, SteveT

Die Sonne kletterte höher und höher über die schneebedeckten Gipfel des Raschtulswalls. Die Regenwolken der Nacht hatten sich aufgelöst, allein im Norden verdeckte ein finsterer Streifen die Ausläufer der Berge. Die Söldner waren guter Dinge. Gestärkt vom Brot und beschwingt vom Wein der alten Udinia erzählten sie sich von vergangenen Abenteuern. Eine der wenigen berittenen Mercenarias aus dem Gefolge des Aranjuezers hatte Dom Gendahar freiwillig ihr Ross überlassen und darauf bestanden, es selbst am Zügel zu führen, damit "der arme hohe Herr" nicht herabfalle. Eine Riesin von Frau war sie, kaum kleiner als der Yaquirtaler selbst und an Muskeln der Vanyadâlerin in nichts nachstehend, diese aber um einen halben Kopf überragend. Und doch warf sie dem Grafensohn immer wieder verstohlene Blicke zu und wandte - scheu wie eine junge Dienstmagd - den Kopf ab, wann immer der Streitzig zu ihr herunter sah, gerade als schämte sie sich ihres einst von einem Säbelhieb entstellten Gesichts, das wahrlich so aussah, als wäre es von einem Pfuscher wieder zusammengeflickt worden: ein Auge stand tiefer als das andere, die Nase hatte einen Knick nach innen, und eine Narbe spaltete das trübe rechte Auge, die Lippen und den linken Kieferbogen.

Dom Hernán und sein Gefährte, Anzures Ballan, ritten hinter einer Vanyadâler Späherin voran, sich leise unterhaltend. Die übrigen Magnaten schwiegen und hingen ihren Gedanken nach, während die kleine Schar durch den Pinienwald hinab ins Tal ritt. Auf halber Höhe hielt der Aranjuezer mit einem Mal sein Ross an und hob die Hand, um auch den anderen Einhalt zu gebieten. Eine Weile lauschten sie in die morgendliche Stille hinein, die nur unterbrochen wurde vom Gesang der Vögel und dem Glucksen eines nahen Baches. Dann aber vermeinten sie, Stimmen zu vernehmen, Rufe, die der Wind aus dem Tal zu ihnen herauftrug, ja, sogar Waffengeklirr war zu hören.

Domna Rifada schickte die Späherin nordwärts auf einen Seitenpfad, um sich einen Überblick zu verschaffen, und kurz darauf kehrte die Frau zurück und berichtete, unter ihnen in einer Schlucht hätte sie Ferkinas gesehen. Die Vanyadâlerin wollte sich nun selbst ein Bild machen, und so bewegte sich die Gruppe so leise wie möglich voran, bis der Pfad sich zwischen Klippen oberhalb eben jener Schlucht verlief, in der der Rossbanner-Orden sein schreckliches Ende gefunden hatte.

Von genau dort, wo sie jetzt standen, sagte die kleine Zaida, hätten die Ferkinas mit vergifteten Pfeilen auf die Ritter geschossen und sie mit Felsbrocken und Speeren beworfen. Domna Rifada hieß eine Kriegerin, ihre Nichte Richeza und Dom Hernán, sie zu begleiten, und bald lagen sie zu viert hinter Felsblöcken und Sträuchern verborgen und blickten hinab in die gut dreißig Schritt tiefe Schlucht.

Und wirklich: Dort kämpften Ferkinas. Aber weder hatten die toten Ritter sich wieder erhoben, um sich an ihren Mördern zu rächen, noch hatten sich andere Selaquier an den Ort des Grauens verirrt. Nein, die Barbaren schienen sich untereinander um die Beute zu streiten, rissen und zerrten an den Helmen und Schwertgehängen der Verstorbenen und schlugen sich gegenseitig die Schädel ein mit den erbeuteten Waffen.

"Die spinnen ja völlig", flüsterte Richeza, und eine Weile verfolgten sie gebannt das Schauspiel. Mindestens vierzig oder fünfzig Ferkinas waren dort unten in der Schlucht versammelt, die genaue Zahl ließ sich schwer schätzen, da viele der Wilden zwischen den Büschen und Bäumen herumliefen und sich immer wieder nach den Toten bückten.

Plötzlich ballte Domna Rifada die Fäuste. Da ritt doch der dreiste Dieb auf ihrem stolzen Almanzor! "Das Rossbanner!", sagte sie, "diese ver..." Aber Richeza hielt ihr kurzerhand den Mund zu.

"Still!", flüsterte die Edle erschrocken, denn selbst, wenn ihre Tante leise sprach, hallte ihre Stimme noch bedenklich von den Felsen wider. Zum Glück aber waren die Ferkinas zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Die Vanyadâlerin schien wild entschlossen, ihr Ross und das heilige Banner nicht ein weiteres Mal verloren zu geben, doch Richeza redete auf sie ein, dass es sinnlos wäre, die Ferkinas zu verfolgen, zum einen seien sie gewiss schon fort, bis man den Weg zurückgenommen hätte und dann in die Schlucht geritten sei, schließlich könne man nicht einfach hier die dreißig Schritt auf die Wilden hinunter springen. Zum anderen aber seien es nun wahrlich zu viele Ferkinas, als dass man es mit ihnen aufnehmen könne. Domna Rifada riss vor Wut einige vertrocknete Grasbüschel aus dem Boden, hatte jedoch mit aufeinander gebissenen Zähnen ein Einsehen.

Im Folgenden war die Vanyadâlerin in finsterer Stimmung. Diese wurde genährt von der Tatsache, dass sie erneut einen gehörigen Umweg in Kauf nehmen mussten, um den Ferkinas zu entgehen. Als schließlich Dom Gendahar in der gleißenden Mittagssonne in Ohnmacht fiel und sie ihn vom Pferd heben und in den Schatten legen mussten, damit er wieder zu sich käme, schlug die Junkerin im Vorrüberreiten auf eine junge Birke ein, dass deren Stamm splitterte und in den Bach Selaqua stürzte, an dem sie eine Rast einlegten.

Als der Yaquirtaler nach einem Wasserlauf noch nicht wieder erwacht war, zog sie den Bewusstlosen vom Boden hoch und warf ihn sich wie einen Sack Kartoffeln über die Schulter, um ihn - alles andere als sanft - zu seinem Pferd zu tragen und ihn bäuchlings über den Rücken des Tieres zu werfen. "Vorwärts!", befahl sie in ihrer üblichen Donnerstimme. "Es ist nicht mehr weit! Wir können nicht den lieben langen Tag auf die Genesung dieses Gecks warten!“

"Das könnt Ihr nicht tun!", rief Richeza und sah für einen Moment nicht minder erschrocken aus als die Söldnerin, die nur durch beherztes Zupacken verhinderte, dass Dom Gendahar von ihrem Ross rutschte. "Was, wenn er stirbt?"

"Schmachfug!", knurrte die Vanyadâlerin. "Er hat das Massaker in der Schlucht überlebt, dann wird er die nächsten drei Meilen auch noch schaffen. Wenigstens so lange, bis er uns verraten hat, wo wir deinen kleinen Vetter finden."

Richeza senkte ertappt den Blick, musste sie doch zugeben, dass genau dies ihre größte Sorge war. Doch wie er so über dem Pferd hing, leichenblass in seinem von Blut verdrecktem Hemd, konnte er ihr fast leidtun. Der Anblick weckte unschöne Erinnerungen an jenen Tag, als die Schergen des Beys von Fercaba sie nahe Alming überfallen, niedergeschlagen und eben so über ein Pferd geworfen hatten. Im Thangolforst.

"Zum Glück müssen wir uns um die Ferkinas kaum Sorgen machen, wenn sie sich schon untereinander kaltmachen!", versuchte Moritatio, seine Base zu beruhigen.

"Schwachkopf!", brummte die Junkerin, beinahe gutmütig. "Das waren nicht nur Bâni Khadr, da war noch ein anderer Stamm dabei, hast du die Ziernarben nicht gesehen?"

"Seid Ihr Euch sicher, Mutter?", fragte Moritatio. "Die sahen doch alle gleich aus."

"Für dich vielleicht", beschied Domna Rifada und bedachte ihren Sohn mit einem kritischen Blick. "Ich erkenne einen Iban Khadr, wenn ich ihn sehe, auf Meilen!" Damit schwang sie sich auf ihr Roß und gab ihm die Sporen.

Richeza betrachtete den Bewusstlosen noch für einen Moment. Wo war der Thangolforster damals gewesen, als Novadyas sie von seinem Lehnsland entführten? Ihre Tante hatte recht: Drei Meilen waren nicht weit. Sie hatte den Kerker der Amhashal überlebt – mit einem schlimmeren Fieber als seinem –, da würde er es wohl gerade noch bis zum Castillo da Vanya schaffen! Und doch ritt sie hinter der Söldnerin und achtete wohl darauf, dass diese ihr Pferd durch kein unnötiges Schlagloch führte.


Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 09