Chronik.Ereignis1033 Feldzug Ragath 03

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Ragath, 24. Praios 1033 BF, Abends

Palacio Sforigan

Autor: Der Sinnreiche Junker

Hernán von Aranjuez. Wie lange ist es her?“

„Über drei Götterläufe, Dom Vigo. Beinahe vier.“, antwortete der Gast des Reichsvogtes von Ragath. Dieser würde in einigen Monden seinen siebzigsten Tsatag feiern, doch war der alte Condottiere noch immer eine eindrucksvolle Gestalt von gedrungener Statur, und mit Händen wie Schaufeln.

„Viel ist seither geschehen. Noch mehr, seit Ihr damals auf den Silkwiesen bei meinen Hakenspießen dientet. Ha, das waren Zeiten!“, hieb Ludovigo Sforigan lachend mit einer eben jener auf die Tischplatte, ehe er den Humpen prostend in Richtung seines Gegenüber hob. Höflich ging der Baron von Dubios darüber hinweg, dass Dom Vigo seinerzeit gar nicht gewusst hatte, dass sich der quasi-flüchtige unter die Seinen gemischt hatte, sondern es erst Jahre später erfahren hatte. Und es ihm niemals übel genommen hatte.

„Ein weiter Weg, von damals zur Baronswürde.“, wischte sich der Hausherr mit dem Handrücken über die Lippen. Da es mehr eine Feststellung, denn eine Frage gewesen war, schwieg der Baron und Junker, und nippte stattdessen nur an seinem Wein. So fuhr der Reichsvogt fort, leicht nach vorne gebeugt und den anderen mit prüfendem Blick messend: „Bei allen angebrachten Glückwünschen ist das doch keine geringe Bürde. Die Pfeffersäcke in Heldor haben sich in den letzten Götterläufen einiges heraus genommen. Eure Vorgänger waren dahingehend zu nachgiebig. Um nicht zu sagen: unfähig. Hier in Ragath sorgt sich der eine oder andere darum, was auf halbem Wege zwischen hier und der Capitale erwachsen könnte, wenn dort nicht bald mit harter Hand durchgegriffen wird…“

Die Bürgerschaft von Heldor, das wussten sie beide, hatte sich für einen Markt über die Jahre und Jahrzwölfte hinweg einige außergewöhnliche Privilegien erstritten, und nicht wenige unterstellten den dort Handelnden, dass sie mittelfristig den Aufstieg zur Landstadt anstrebten. Hinzu kam nun die besondere Konstellation, dass Hernán von Aranjuez vom Kaiser höchstselbst zum Baron erhoben worden war, und manch einer munkelte, dass dem übergangenen Grafen von Ragath vielleicht stattdessen eine Landstadt Heldor zugesprochen werden würde. Dies mochte zwar im Interesse Graf Brandils sein, der neben den finanziellen Vorteilen den eher ungeliebten Vasallen geschwächt sähe, doch wäre ein solcher Aufstieg den Ragathern zweifellos ein Dorn im Auge.

Die Oberhoheit über diese hatte wiederum der dahingehende Nutznießer im Grafenrang im Jahre 1018 BF für die erkleckliche Summe von 50.000 Dukaten abgegeben. Eine Summe, welche sich der Gildenrat seinerseits von Domna Radia von Franfeld geliehen hatte, und die kurz vor der Rückzahlung zwölf Jahre später auf rätselhafte Art und Weise verschwand, sodass sich heute gleichermaßen der Gildenrat – der Domna Radia selbst des Diebstahles bezichtigte – wie auch eben jene als Herren über Ragath sehen. Beiden jedoch hatte Ludovigo Sforigan einen Strich durch die Rechnung gemacht, als er, zum Reichsvogt bestellt, mit seinen Hakenspießen in die Stadt einzog, und somit nicht zuletzt Kraft seiner Söldner faktisch die Stadt regiert. Und im Hintergrund dieses verworrenen Geflechts stand eben noch Graf Brandil, der eine Gelegenheit die Stadt zurück zu gewinnen, oder falls dies nicht möglich war zumindest zu eigenem Gewinn zu schwächen, gewiss nicht verstreichen lassen würde. Und so waren der neue Baron des südlich der Stadtmark gelegenen Dubios, wie auch die Zukunft Heldors durchaus Faktoren in diesem Ringen mit ungeklärtem Ausgang.

„Zweifellos lag dort zuletzt einiges im Argen.“, stimmte der neue Baron vorsichtig zu. „Sobald sich die Lage im Königreich ein wenig beruhigt hat, werde ich mich dieser Sache mit aller gebotenen Aufmerksamkeit widmen. Die Heldorer sind ja nicht die erste Bürgerschaft, die sich als renitent erweist.“, umspielte ein schmales Lächeln die blassen Lippen des jüngeren Condottiere. Vielsagend grinste der Reichsvogt, der die Anspielung auf sich selbst wohl verstanden hatte, doch war ihm die Antwort wohl noch nicht verbindlich genug: „Ihr führt ja jetzt Euer eigenes Terzio. In Unterfels. Zweifellos wird es Euch dabei von großem Nutzen sein, wenn Ihr es erst hierher verlegt…“

Obgleich sich beide Männer eines jovial-freundlichen Umgangstones befleißigten, machte sich keiner von beiden Illusionen: hier ging es nur ums Geschäft. „Man wird sehen…“, zuckte Hernán von Aranjuez mit den Schultern. Ein paar Leute würde er sicherlich brauchen, so wie es Ludovigo Sforigan in Ragath vorgemacht hatte. Ein weiteres größeres Terzio in der Gegend konnte dieser freilich nicht brauchen. Tatsächlich hatten auch in Ragatien die Preise angezogen, da viele Mercenarios in den letzten Jahren in den unruhigen Yaquirbruch oder noch weiter ins Horasreich gezogen waren, wo es während des Krieges der Drachen gutes Gold zu verdienen gab. Und entsprechend hatte sich Ludovigo Sforigan als praktischer Monopolist in weitem Umkreis mit seinen zurückgebliebenen Hakenspießen gleichfalls eine goldene Nase verdient.

„Meinen Leuten gefallen die unterfelser Freudenhäuser und Würfelstuben. Gewiss würden sie es mir übel nehmen, wenn ich sie dort abziehen würde. Selbst der horasische Rebensaft ist für almadanische Kehlen recht verträglich.“, stellte der Jüngere in Aussicht.

„Soll mir recht sein. Das fehlte gerade, noch mehr durstige Kehlen, die diesen elenden Panscher Lampérez reich machen, ha!“, lachte der alte Landsknechtsführer - der bekanntermaßen kein Freund des weinkelternden Ratsmeisters war - zweifellos nicht unzufrieden über diese Andeutung.

„Es gibt da freilich eine Angelegenheit, bei der Ihr behilflich sein könntet, Dom Vigo.“, fuhr der Aranjuezer fort. Natürlich, umsonst war schließlich nur der Tod. Es hatte einiger in Aussicht gestellter Zugeständnisse bedurft, doch war nun der Boden fruchtbar bereitet für jene Gefälligkeit, wegen der er eigentlich hier war. „Wie Ihr gewisslich erfahren haben werdet, hat der Aracener nach der Landständeversammlung kaum brauchbare Mercenarios in der Stadt gelassen. Von euren Hakenspießen einmal abgesehen…“

Der Rest war Feilschen…