Chronik.Ereignis1033 Feldzug Ferkinalager 02
Im Raschtulswall, 16. Praios 1033 BF
Am Fuße des Djer Kalkarif im Raschtulswall
Autor: Romina Alba
Romina kam zu sich und als erstes waren wieder die Schmerzen da. Und dann auch gleich die Erinnerung. 'Onkel...' Sie hatte gesehen, wie der Speer ihn vom Pferd geholt hatte. Sie hielt die tränenden Augen geschlossen und versuchte sich zu entspannen, obwohl sie lieber laut geschrien hätte. Ihre Lage war momentan aussichtslos und einen kurzen Augenblick fluchte sie innerlich über die Tatsache, dass sie noch lebte. Aber sie lebte nunmal und man würde kommen und nach ihr suchen. Die Frage war nur, wann. Und war sie die einzige Entführte. Sie dachte an die junge Waldwachterin, die ihnen nachgeschlichen war. Verdammt, sie hätte Zaida nahtlos wieder heimschicken sollen, auch wenn das für die Kleine bedeutete, an den Hof des weiberfressenden Händlerbarons zu geraten.
Plötzlich stolperte das Pferd, sie ruckte in die Riemen und schrie kurz vor Schmerz und Überraschung auf. Der Reiter legte ihr die Hand auf den Po und sie zuckte unwillkürlich zusammen. Er lachte rauh, hielt aber diesmal nicht an. Ekel stieg in ihr auf, sie schob alle Gedanken über das, was man ihr antun würde, energisch beiseite. Stattdessen hob sie den Kopf und versuchte etwas zu sehen. Ihr Haare waren offen und nahm einen Großteil der Sicht, sie sah nur einige Pferdebeine, Steine und knorrige Zweige. Es war kühler geworden, sie waren wohl hoch in den Bergen.
Kurze Zeit später wurde Geschrei laut, Frauen und Kinderstimmen überschlugen sich und sie sah teilweise nackte und sehr dreckige Beine und Füsse zwischen die Pferd laufen. Viele davon liefen, auf eine schrille Art johlend, neben den Reitern her und drängten sich, sie zu berühren.
Endlich hielt das Pferd an und der Reiten stieg ab. Er vertrieb die Frauen und Kinder und machte sich daran, Romina loszubinden. Er lies sie zu Boden gleiten. Sie biss die Zähne zusammen und zwang ihren Körper sich aufzusetzen. Erst dann sah sie auf. Sie war umringt von jetzt überraschend stillen, teils in Fell, teils in Stofffetzen gekleideten Ferkinafrauen und -kinder, die versuchten ihr Haar zu berühren; und vor ihr stand eine exotische Erscheinung von Krieger. Er trug eine sonderbare Mischung aus metallenen und ledernen Rüstungsteilen und war für einen Bergwilden recht groß. Ihr Blick glitt über ihn, sich schnell die Stellen merkend, an denen er Waffen trug und landete bei seinem dunklen Gesicht. Er war auf eine überraschende Art schön, trotz oder vielleicht wegen der gleichmässige Narben, die seine Wangen und die Stirn zierten. Und er strahlte eine wilde Aggressivität aus. Sie sah tief in seine dunklen Augen und erschauderte wiederwillig. Plötzlich und blitzschnell gab der Mann ihr eine schallenden Ohrfeige. Ihr Kopf ruckte herum und scharf gesellte sich der Schmerz zu dem Anderen.
Er beugte sich zu ihr hinunter, befehlend erklang seine Stimme in ihrer Sprache:
„Du mich nicht ansehen, du bist Sklavin, helles Weib... meine Sklavin... du verstehst...“
Romina keuchte einige Male, um der Übelkeit Herr zu werden, sammelte Flüssigkeit in ihrem Mund, drehte den Kopf, sah fest in die dunklen Augen und spuckte ihm ins Gesicht.
Er schrie auf und schlug sofort wieder zu, diesmal mit der Faust.
Wieder ein explodierten Schmerz, kurz der Gedanke, dass es darauf auf nicht mehr ankam, dann wurde sie ohnmächtig.
Autor: SteveT
Hüllenlos, nackt wie ihn die Magie seines Vaters im Leib der Mutter erschaffen hatte, stieg Aureolus von Schrotenstein aus seiner mit Zhayad-Zauberzeichen bestickten Robe und ließ sie im Schutz eines Felsens an der Ostflanke des fast dreitausend Schritt hohen Djer Kalkarif zurück. Selbst jetzt im Hochsommer war es hier oben zur Nachtzeit empfindlich kühl - er hasste diesen Part des Zaubers. Er verschränkte die Arme vor dem Körper und nickte mit dem Kopf, wie es ihn sein Vater und seine Lehrmeisterin Mordaza Maraneta gelehrt hatten, dann wisperte er den uralten Cantus: "VISIBILI VANITAR!"
Er wartete einige Augenblicke, dann sah er an sich herab - und erblickte nichts. Statt seiner Brust, des Geschlechts, seinen dünnen Beinen oder den großen Füßen sah er nur den steinigen Boden
des Raschtulswalls im Schein des zunehmenden Madamals. Zufrieden lächelnd trat er aus der Dunkelheit und ging unbeschwerten Schrittes auf die hellen Koch- und Wachfeuer des nahen Sommerlagers der Bâni Khadr zu - jenes Wildenstammes, der ihn einst gemeinsam mit seiner Mutter gefangen gehalten hatte - den er nun aber selbst über die Beherrschung ihres Häuptlings kontrollierte.
Eine der angepflockten Khoramsbestien, die sich die Wilden wie Wachunde hielten, nahm seine Witterung auf und begann zu heulen. Der harter Schlag eines Wachpostens brachte sie aber sogleich wieder zum Schweigen.
Zielsicher und unsichtbar schritt Aureolus mitten durch das Lager der Ferkinas, wo offenbar ein Fest gefeiert wurde. Zahlreiche Ziegen drehten sich auf Spießen über den Feuern, die Krieger des Stammes führten einen wilden Ringeltanz auf, der Aureolus wie eine barbarische Version der Puniner Polonaise vorkam - nur mit der Ausnahme, daß bei dieser gewöhnlich niemand über ein Feuer
sprang, bei den Ferkinas dagegen ständig, wobei sich auch einige böse die Beine ansengten, was aber niemand weiter zu kümmern schien.
Aureolus schritt geradewegs auf das größte Zelt mitten im Lager zu, in dem er den Shâr Nasfágul Pascha vermutete. Er war unzufrieden mit diesem und befand, daß er eine kleine Lektion verdient hatte,
weil er seiner ungezügelten Mordlust und Beutegier freien Lauf gelassen hatte. In einem jener Momente, in denen Aureolus die Kontrolle über ihn verloren hatte. Zunächst war noch alles nach Plan verlaufen:
die Ferkinas hatten den Rossbanner-Orden exakt nach dem Plan aufgelauert und vernichtet, den Aureolus dem Häuptling mittels Beherrschungsmagie als seine vermeintlich eigene Idee eingeimpft hatte.
Die Wilden waren nun mit den Waffen und Rüstungsteilen des Ordens gut ausgerüstet - das Lieblingstöchterlein des arroganten Grafens von Ragath war in ihrer Hand.
Dann aber waren die Dinge aus dem Ruder gelaufen und die Ferkinas hatten sich gen Elenta gewandt - den Geburts- und Heimatort seiner Mutter. Sie hatten dort kaum jemanden am Leben gelassen, selbst
sein eigenes Blut, seine Vettern und Basen, waren von ihnen wie niederes Getier dahingeschlachtet worden.
Aureolus erreichte das große Zelt und spähte durch einen großen Riß in der Zeltwand aus Kuh- und Ziegenfellen hinein: Im Inneren sah er zwei Ferkinafrauen mit langem zotteligem Haar und dünnen Körpern, die sich über eine weitere Gestalt beugten, die auf einem Bärenfell lag. An ihren goldblonden Locken erkannte er sie sofort als Romina-Alba von Ehrenstein-Streitzig, die entführte Tochter Graf Brandils, die der Shâr also als seine persönliche Sklavin beansprucht hatte, wie er es von vorneherein erwartet hatte. Aureolus schluckte blinzelnd und spürte, wie ihn bei ihrem Anblick die Erregung überkam. Bei Dar-Klajid, der vielgeschlechtlichen Versucherin, was war sie schön! Die Ferkinafrauen hatten die Comtessa komplett entkleidet und waren offenbar damit beschäftigt, sie von Kopf bis Fuß zu waschen und anschließend am ganzen Körper mit einem glänzenden Öl einzureiben. Nur mühsam konnte Aureolus seinen Blick vom bildschönen Körper der Domnatella losreißen - sie war offenbar ohnmächtig und ihre Hände waren mit Lederriemen gefesselt - ihr Gesicht wies eine Schwellung auf, als ob sie geschlagen worden war. Aureolus zuckte zusammen, als er eine weitere Gestalt in einer Ecke der recht geräumigen Jurte erkannte - ein klapperdürrer alter Tattergreis saß dort mit übereinander geschlagenen Beinen an einer kleinen Feuerstelle und warf Kräuter in einen darüber dampfenden Kessel. Hin und wieder begann er ohne erkennbaren Grund zu lachen und radebrechte im krummen Kauderwelsch der Bergbarbaren mit einem offenbar nur in seiner Einbildung existierenden Gesprächspartner. Aureolus kannte den Alten nur zu gut aus der Zeit seiner eigenen Gefangenschaft bei den Bâni Khadr - es war Ghazal iban Muyanshîr, der Schamane und Weissager des Stammes. Spätestens jetzt wurde ihm bedauernd klar, daß er nicht in das Zelt eintreten konnte - der Alte würde ihn trotz seiner Unsichtbarkeit bemerken - wodurch, das mochte nur sein obskurer Stiergötze oder die Geister seiner Ahnen wissen.
Aureolus hörte Schritte, die sich von hinten näherten und wandte sich um. Der Stammeshäuptling Nasfágul Pascha näherte sich, das Gesicht wie üblich hinter einem schwarzen Kopftuch verborgen. Er ging dicht an Aureolus vorbei und trat ins Zelt ein. Auf einen Wink des Shârs hin ließen.die beiden Ferkinafrauen sofort von Romina-Alba ab und zogen sich in den hinteren Teil des Zeltes zurück. Der Shâr betrachtete seine nun von Kopf bis Fuß ölglänzende Gefangene einige Zeit lang mit ersichtlichem Wohlgefallen. Dann wanderte seine Rechte unter den knappen Lendenschurz aus Ziegenfell, den er als einziges Kleidungsstück an seinem muskulösen Körper trug, und zuckte dort in erst langsamen, dann immer schneller werdenden Bewegungen vor und zurück - offenbar, um sich selbst in die rechte Stimmung für das zu bringen, was die Ferkinas nach landläufiger Meinung mit gefangenen Sklavinnen am allerliebsten taten... Daß der alte Schamane und die beiden Frauen dabei mit im Zelt weilten, schien den Häuptling nicht zu stören. Das Bewußtsein der Grafentochter kehrte langsam wieder zurück, sie wand sich unruhig auf dem Lager hin und her und stöhnte manchmal vor Schmerzen. Mit einem Mal wußte Aureolus, wie er dem Shâr die Vernichtung Elentas heimzahlen und ihn tief in seinem Stolz und seiner männlichen Würde treffen konnte. Er konzentrierte sich auf den bekannten Beherrschungszauber und implizierte in den Geist des Häuptlings Bilder von abgrundtief häßlichen Ogerweibern mit hängenden Zitzen, von splitternackten, faltigen alten Männern und zahnlosen, haarigen Goblinfrauen. Der Shâr schüttelte unwillkürlich den Kopf, seine schüttelnden Handbewegungen wurden immer schneller und schneller, aber offenbar ohne den gewünschten Erfolg. Nach einer Weile hob er resignierend die Arme in Richtung des Schamanens, was wohl soviel bedeuten sollte wie:: "Was soll man machen?", worauf dieser ihm schulterzuckend etwas auf alt-tulamidisch in verständnisvollem Tonfall zurief, was wahrscheinlich in etwa soviel bedeutete wie: "Kann ja jedem mal passieren..." Kopfschüttelnd und schweißüberströmt verlies der Shâr wieder das Zelt, die beiden Ferkinafrauen begannen zu kichern, nachdem er gegangen war. Der alte Schamane erhob sich mit knackenden Knochen aus seiner Sitzhaltung und hinkte langsam auf die Grafentochter zu, der er auffordernd einen Becher des rötlichen Suds an die Lippen hielt, den er die ganze Zeit gebraut hatte. Aureolus wußte bereits, dass der Alte auch viele Worte in der Sprache der Flachländer kannte, aber die blonde Grafentochter zuckte sichtlich erschrocken zusammen, als sie der Nuranshâr radebrechend in ihrer eigenen Zunge ansprach: "Wahr was Geister Ghazal sagen? Scheene Kind von große Hairan von rote Stadt auf Goblingrabhügel Du bist?"
Autor: Romina Alba
Romina war gerade zu sich gekommen und hatte durch die hochbrandenden Schmerzen realisiert, dass sie gänzlich nackt und gefesselt war, als man ihr einen Becher an die Lippen hielt. Und noch bevor sie reagieren konnte, redete der alte Mann, der den Becher hielt, sie auch noch in ihrer Sprache an. Verblüfft vergas sie den Kopf wegzudrehen und nahm einen großen Schluck von dem bitteren, heißen Zeugs. Sie brustete und fluchte halblaut, hob die gefesselten Hände und schob den Becher energisch weg.
"Verdammt, ja, ich bin Romina Alba von Ehrenstein und Streitzig, Alter... " sie hustete nochmal, der Nachgeschmack dieses Gebräus war schrecklich, " mein Vater regiert die rote Stadt, wenn du Ragath meinst". Sie rümpfte die Nase, was brabbelte der Alte da über einen Goblingrabhügel? Aber egal, sie musste hier weg.
Sie sah dem Greis in die Augen, versuchte ein Lächeln:
"Er wird dich reichlich belohnen, wenn du mich freilässt", mehr zu sich selbst, "falls du mich nicht gerade vergiftet hast..."
Sie versuchte sich umzuschauen und ruckte an ihren Handfesseln.
|