Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 05: Unterschied zwischen den Versionen
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Sein Blick fiel auf die einfache Bettstatt, die ihn an die bescheidenen Verhältnisse während seiner Studienzeit erinnerte, und er verzog missmutig die Lippen. Hier würde er keine sehr geruhsame Nacht verbringen, aber ihm blieb wohl nichts anderes übrig. Gerade wollte er die Robe ablegen, als er einen Schatten an seinem Fenster vorbeihuschen sah. Um bei Sternenlicht selbst durch die geschlossenen Fensterläden sichtbar zu sein, musste sich die Gestalt direkt vor seiner Kammer entlangbewegt haben. Misstrauisch blickte er durch eine der zu breit geratenen Fugen hinaus in die Nacht. War er etwa nicht der Einzige, der Interesse an den Entwicklungen im Hause da Vanya entwickelt hatte? Tatsächlich bewegte sich eine Gestalt vom bäuerlichen Gutshof querfeldein in Richtung Elenta. Der dunkle Mantel, in den sich die Person gehüllt hatte, ließ nur wenig von ihrem nächtlichen Besucher erkennen; ein Umstand, der Amaros jedoch eher noch darin bestärkte, mehr über den Fremden - oder die Fremde - in Erfahrung zu bringen. Kurz entschlossen griff sich der junge Magier seinen Mantel und machte sich daran, die unbekannte Gestalt zu verfolgen. | Sein Blick fiel auf die einfache Bettstatt, die ihn an die bescheidenen Verhältnisse während seiner Studienzeit erinnerte, und er verzog missmutig die Lippen. Hier würde er keine sehr geruhsame Nacht verbringen, aber ihm blieb wohl nichts anderes übrig. Gerade wollte er die Robe ablegen, als er einen Schatten an seinem Fenster vorbeihuschen sah. Um bei Sternenlicht selbst durch die geschlossenen Fensterläden sichtbar zu sein, musste sich die Gestalt direkt vor seiner Kammer entlangbewegt haben. Misstrauisch blickte er durch eine der zu breit geratenen Fugen hinaus in die Nacht. War er etwa nicht der Einzige, der Interesse an den Entwicklungen im Hause da Vanya entwickelt hatte? Tatsächlich bewegte sich eine Gestalt vom bäuerlichen Gutshof querfeldein in Richtung Elenta. Der dunkle Mantel, in den sich die Person gehüllt hatte, ließ nur wenig von ihrem nächtlichen Besucher erkennen; ein Umstand, der Amaros jedoch eher noch darin bestärkte, mehr über den Fremden - oder die Fremde - in Erfahrung zu bringen. Kurz entschlossen griff sich der junge Magier seinen Mantel und machte sich daran, die unbekannte Gestalt zu verfolgen. | ||
Als er das Bauernhaus verließ, war von dem Spitzel kaum mehr als ein Schemen zu erkennen, der kurze Zeit später durch eine der Lücken in der Palisade vollends aus Amaros Sichtfeld entschwand. Obwohl dies seine Hoffnungen dämpfte, wollte der junge Mann sich noch nicht geschlagen geben. Wenigstens ermöglichte es ihm der hölzerne Wall, sich schnell und auf geradem Wege gen Elenta aufzumachen, ohne Rücksicht darauf nehmen zu müssen, ob man ihn sehen könnte. So erreichte er nach kurzer Zeit die Bresche in der Reihe gerade aufregender Pfähle. Amaros Atem ging schnell und schimmerte als schwacher weißer Schleier im Licht des Mondes, welches diffus und gedämpft durch die fahlen Wolken drang. Die Häuser vor ihm lagen schwarz und abweisend im Schatten der Palisade. Ein Schauer lief Amaros über den Rücken und für einen Herzschlag zögerte er. Dann trat er in das Dunkel. | |||
Zu sehen war - wenig überraschend - niemand, aber nach kurzer Zeit, konnte er Spuren im tiefen Schnee ausmachen. Amaros von Lindholz war wahrlich kein Fährtenleser, doch waren dies die einzigen Stiefelabdrücke, deren Umrisse nicht mit einer Schicht des pudrigen Neuschnees bedeckt waren und so hatte er wenig Zweifel, als er, den Blick auf den Boden gerichtet, tiefer in das Dorf eindrang. Jeder seiner Schritte verursachte ein unangenehm lautes Knarzen und so bemühte sich der Adept der arkanen Künste, seine Stiefel in Vertiefungen zu setzen, die sein Vorgänger hinterlassen hatte und die ihn immer näher an das Herrenhaus im Herzen Elentas heranführten. Nun, der Gedanke, dass die Bosquirische Jungfer ein Auge auf die wenig folgsamen da Vanyas hatte, war nicht gerade abwegig. | |||
Angestrengt lauschte Amaros, doch die Nacht blieb still. Schon hatte er die Rückseite des Herrenhauses erreicht, als er verharrte und sich verwirrt umsah. Der Magier hatte die Spur des Fremden verloren. Wie konnte das geschehen? | |||
Das Geräusch von Schnee, dass unter einem schnell ausgeführten Schritt nachgab erreichte sein Ohr nur Bruchteile bevor ein heftiger Schmerz ihn durchzuckte. Ein heftiger Stoß ließ ihn nach gegen die Steinwand taumeln. Noch immer verwehrte ihm die mit Fell besetzte Kapuze den Blick auf den Angreifer. Dann wurde er herumgerissen und eine kurze Klinge blitzte vor dem nächtlichen Himmel auf. Amaros wich zur Seite aus, doch er war zu langsam. Kalter Stahl drang in seine Schulter und ließ ihn laut aufstöhnen. ''Ich darf nicht schreien. Wenn ich schreie, wird nur er Hilfe erhalten!'' hämmerte es in seinem Kopf. ''Deine Neugier wird Dich eines Tages noch umbingen!''verkündete die mütterliche Stimme anklagend. Sein Gegner war kein geübter Kämpfer, das verrieten seine Bewegungen. Für einen Unbewaffneten wie ihn war das Vorgehen jedoch mehr als ausreichend. Ein Faustschlag schickte den jungen Mann gen Boden. Amaros blickte verzweifelt auf. Der Unbekannten ragte wie ein Berg über ihm, dunkel und unheilverkündend, einen Dolch in der Rechten. In einem letzten Auflehnen gegen den drohenden Schlag, warf er dem Angreifer einen Zauber entgegen. | |||
Mit einem tumben Ausdruck blickte der Mann in den wirbelnden Lichterkreis, der seine Züge erhellte. Zu gerne hätte Amaros ihm den Dolch aus den Händen entwunden und der Klinge das Herzblut seines Gegenübers zu schmecken gegeben, doch er wagte es nicht. Stattdessen versuchte der junge Magier sich an einem Heilzauber, doch die arkanen Kräfte entglitten ihm. Qualvoll zog der Adlige sich an der steinernen, kalten Wand empor und wankte davon. Er musste sich beeilen. Wenn der Bewaffnete den Bann brach, bevor er das Gehöft erreichte, mochte diese Nacht noch immer seine letzte sein. Er sog die winterliche Luft durch die zusamengebissenen Zähne ein. Schmerz pulsierte heiß in seiner Schulter und an seiner Seite. Wie schlimm seine Verletzungen wohl waren? Panik überkam Amaros. Trennten ihn nur noch Herzschläge vor seinem Ende? Würde ein argloser Bauer seinen leblosen Körper morgen auf dem eisigen Feld finden? Oder würde ihm Domna Rifada ob der harmlosen Kratzer einen spöttischen Blick zuwerfen? Vielleicht hätte er an einem der Häuser im Dorf klopfen sollen, doch die Häuser wirkten verlassen und tot wie das Schicksal, das sie für ihn bereithielten. So hielt er weiter auf die Palisade zu. | |||
Schritt für Schritt. Schritt für Schritt. Die Welt drehte sich um ihn. Ihm war heiß. Er fror. Schweißtropfen vermischten sich mit Tränen, während Amaros weiter taumelte. Es glich einem Wunder und er dankte den Göttern, als er endlich das Bauernhaus erreichte und gegen die Fensterläden schlug, hinter denen er Domna Rifada vermutete. | |||
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Version vom 26. Juni 2014, 19:56 Uhr
Kaiserlich Selaque, 30. Firun 1036 BF
In Elenta, am späten Abend
Autor: von Scheffelstein
Sie waren den ganzen Tag geritten, durch immer tiefer werdenden Schnee, und hatten am Abend, als es längst dunkel war, Elenta erreicht. Auch Jahre nach dem verheerenden Überfall durch die Ferkinas wirkte das Dorf seelenlos, selbst wenn, so schien es, Amando Laconda da Vanya einen neuen Praiosdiener entsandt hatte, um den Inquisitionsturm wieder zu besetzen. Ein dicker Mann Mitte dreißig war es, mit kurzem braunen Haar, sie hatten ihn sich über den Dorfplatz kämpfen sehen, als sie angekommen waren, er hatte Mühe gehabt, seine Füße hoch genug zu heben, um durch den Schnee zu stapfen.
Dafür, dass Praiosmin von Elenta einst selbst diesem Ort entstammt war, hatte sie sich während der letzten Jahre ganz offensichtlich wenig um dessen Wiederaufbau gekümmert. Die Palisaden waren noch immer unvollständig, viele der Hütten und Häuser nur Ruinen. Das Herrenhaus von Praiosmins Vetter jedoch, in dem sie damals eine Nacht verbracht hatte, umgeben von den toten Anverwandten der Elenterin, war wieder hergerichtet, von einer noch höheren Mauer umgeben und ganz offensichtlich bewacht, sodass sie es nicht als Quartier hatten nutzen können, auch wenn Rifada wieder einmal betont hatte, dass all dieses Land hier eigentlich ihr Land und sie seine Herrin sei.
Richeza jedoch hatte wenig Lust auf einen Streit verspürt, und so hatten sie letztlich bei einem Bauern etwas außerhalb des Ortes Quartier bezogen, der einen großen Hof hatte und genügend Platz, um die drei Frauen, den Magier und die drei bewaffneten Reiterinnen der Junkerin über Nacht zu beherbergen. Die Bauersleute hatten ihnen anstandslos sämtliche Schlafkammern und den Stall überlassen. Richeza wusste nicht, ob ihre Tante sie dafür bezahlte oder es als deren Pflicht ansah, dem Adel Platz zu machen, aber als sie die Kinder des Paares gesehen hatten, die allesamt mager und deren Kleider mehrfach geflickt waren, hatte Richeza der Bäuerin ein paar Silbertaler zugesteckt. Dabei war es auch um Richezas Börse nicht gut bestellt seit dem Ferkinakrieg, aber verdammt, sie war so rührselig seit ein paar Wochen!
Rifada hatte darauf bestanden, die Kammer der Bauersleut mit Richeza zu teilen, wohl, weil Belisetha im Zimmer der Mädchen und der Magier in dem der Knaben Quartier bezogen hatte, und Rifada beide für keine angemessene Gesellschaft für ihre Nichte zu halten schien.
Richeza hatte sich gerade auf dem knarrenden Bett niedergelassen, das mit strohgefüllten Säcken ausgestopft war, und hoffte, dass ihre Tante nicht schnarchen würde, da klopfte es an der Tür.
"Ja?", fragte sie. Rifada, die im Hof austreten war, würde kaum anklopfen, und wirklich war es die alte Belisetha da Vanya, die den Raum betrat, ein Nachtlicht in der Hand, das sie neben die Kerze auf die Truhe vorm Fenster stellte.
"Was für ein Wetter!", sagte sie. "Deine Tante hatte noch nie viel Sinn für die rechte Zeit zum Reisen." Sie schüttelte den Kopf und ließ sich ächzend neben Richeza auf der Bettkante nieder. Sie betrachtete sie aufmerksam, nahm Richezas Hand und tätschelte sie mit ihren verknoteten Fingern. "So selten haben wir uns seit Madalenas Tod gesehen. Wie schön, dass du dich nun des Namens deiner Mutter besinnst. Ein alter und stolzer Name."
Eine Weile schwiegen sie beide, während Belisetha immer mal Richezas Hand beklopfte, und diese sich fragte, ob die Alte einfach nur freundlich sein oder aber eigentlich etwas ganz anderes wollte.
"Ich habe Gujadanya und Lucrann am Mittag eine Taube geschickt und nach Quazzano gebeten", sagte sie. "Es wird Zeit, dass wir uns über die Zukunft unserer Familia Gedanken machen, alle gemeinsam, nicht wahr? Nicht mehr viele sind wir, dann jedenfalls nicht, wenn wir die Bankerte nicht mitzählen."
Richeza spannte unwillkürlich die Muskeln an und widerstand dem Drang, der Alten die Hand zu entziehen. War es Zufall? Hatte Rifada etwas zu Belisetha gesagt? Oder hatte sie sich bereits soweit verändert, dass es offensichtlich war? Sie zog den Bauch ein, auch wenn der noch immer flach wie ein Brett war und es ohnehin lächerlich war, da Belisetha sie so selten sah, dass sie eine Veränderung ihres Aussehens wohl kaum bemerken dürfte. Trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, dass die Alte sie auszuhorchen versuchte. Richeza spürte Wut in sich aufsteigen, schwieg aber, auch, als Belisetha sie fragte, ob es ihr gut gehe, sie sei sie still und sähe betrübt und müde aus.
"Ich bin müde", erklärte Richeza und entzog ihr ihre Hand. "Ich sollte jetzt schlafen."
Belisetha erhob sich lächelnd und nickte, wünschte ihr eine gute Nacht. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. "Wenn es etwas gibt, das dich bekümmert, mein Kind, so findest du bei mir jederzeit ein offenes Ohr. Im Haus da Vanya steht man einander bei." Richeza erwiderte nichts. "Ich hoffe", sagte Belisetha, "du bist dir bewusst, was für einen alten und stolzen Namen du trägst."
"Gute Nacht!", sagte Richeza und wartete, bis Belisetha die Tür hinter sich geschlossen hatte, ehe sie sich entkleidete und unter die düne Decke schlüpfte. Eine Weile noch starrte sie in das im Luftzug unter dem Fenster flackernde Kerzenlicht, doch als ihre Tante vom Hof zurückkehrte, schlief sie bereits.
Autor: Lindholz
Deine Neugier wird Dich eines Tages noch umbingen! Amaros hörte die vorwurfsvolle Stimme seiner Mutter, als wäre es gestern gewesen, dabei hatte sie ihm seinen Wissensdurst nicht mehr zum Vorwurf gemacht, seitdem er als Scholar an die Grangorer Akademie gegangen war. In der heutigen Nacht war er ohnehin mit seinen Nachforschungen kein hohes Risiko eingegangen. Die dünnen hölzernen Wände zwischen den Schlafkammern dämmten nur unzureichend ab, was im Nebenraum gesprochen wurde. Zumindest, wenn man keine Scheu hatte, das Ohr gegen sie zu pressen. Der junge Adlige richtete sich wieder auf, nachdem das Geräusch der sich schließenden Tür verkündete, dass Belisetha da Vanya die Schlafkammer verlassen hatte. Etwas Neues hatte ihm das Gespräch der beiden Damen allerdings nicht verraten und so lockerte er etwas enttäuscht die Muskeln an Hals und Schultern.
Sein Blick fiel auf die einfache Bettstatt, die ihn an die bescheidenen Verhältnisse während seiner Studienzeit erinnerte, und er verzog missmutig die Lippen. Hier würde er keine sehr geruhsame Nacht verbringen, aber ihm blieb wohl nichts anderes übrig. Gerade wollte er die Robe ablegen, als er einen Schatten an seinem Fenster vorbeihuschen sah. Um bei Sternenlicht selbst durch die geschlossenen Fensterläden sichtbar zu sein, musste sich die Gestalt direkt vor seiner Kammer entlangbewegt haben. Misstrauisch blickte er durch eine der zu breit geratenen Fugen hinaus in die Nacht. War er etwa nicht der Einzige, der Interesse an den Entwicklungen im Hause da Vanya entwickelt hatte? Tatsächlich bewegte sich eine Gestalt vom bäuerlichen Gutshof querfeldein in Richtung Elenta. Der dunkle Mantel, in den sich die Person gehüllt hatte, ließ nur wenig von ihrem nächtlichen Besucher erkennen; ein Umstand, der Amaros jedoch eher noch darin bestärkte, mehr über den Fremden - oder die Fremde - in Erfahrung zu bringen. Kurz entschlossen griff sich der junge Magier seinen Mantel und machte sich daran, die unbekannte Gestalt zu verfolgen.
Als er das Bauernhaus verließ, war von dem Spitzel kaum mehr als ein Schemen zu erkennen, der kurze Zeit später durch eine der Lücken in der Palisade vollends aus Amaros Sichtfeld entschwand. Obwohl dies seine Hoffnungen dämpfte, wollte der junge Mann sich noch nicht geschlagen geben. Wenigstens ermöglichte es ihm der hölzerne Wall, sich schnell und auf geradem Wege gen Elenta aufzumachen, ohne Rücksicht darauf nehmen zu müssen, ob man ihn sehen könnte. So erreichte er nach kurzer Zeit die Bresche in der Reihe gerade aufregender Pfähle. Amaros Atem ging schnell und schimmerte als schwacher weißer Schleier im Licht des Mondes, welches diffus und gedämpft durch die fahlen Wolken drang. Die Häuser vor ihm lagen schwarz und abweisend im Schatten der Palisade. Ein Schauer lief Amaros über den Rücken und für einen Herzschlag zögerte er. Dann trat er in das Dunkel.
Zu sehen war - wenig überraschend - niemand, aber nach kurzer Zeit, konnte er Spuren im tiefen Schnee ausmachen. Amaros von Lindholz war wahrlich kein Fährtenleser, doch waren dies die einzigen Stiefelabdrücke, deren Umrisse nicht mit einer Schicht des pudrigen Neuschnees bedeckt waren und so hatte er wenig Zweifel, als er, den Blick auf den Boden gerichtet, tiefer in das Dorf eindrang. Jeder seiner Schritte verursachte ein unangenehm lautes Knarzen und so bemühte sich der Adept der arkanen Künste, seine Stiefel in Vertiefungen zu setzen, die sein Vorgänger hinterlassen hatte und die ihn immer näher an das Herrenhaus im Herzen Elentas heranführten. Nun, der Gedanke, dass die Bosquirische Jungfer ein Auge auf die wenig folgsamen da Vanyas hatte, war nicht gerade abwegig.
Angestrengt lauschte Amaros, doch die Nacht blieb still. Schon hatte er die Rückseite des Herrenhauses erreicht, als er verharrte und sich verwirrt umsah. Der Magier hatte die Spur des Fremden verloren. Wie konnte das geschehen?
Das Geräusch von Schnee, dass unter einem schnell ausgeführten Schritt nachgab erreichte sein Ohr nur Bruchteile bevor ein heftiger Schmerz ihn durchzuckte. Ein heftiger Stoß ließ ihn nach gegen die Steinwand taumeln. Noch immer verwehrte ihm die mit Fell besetzte Kapuze den Blick auf den Angreifer. Dann wurde er herumgerissen und eine kurze Klinge blitzte vor dem nächtlichen Himmel auf. Amaros wich zur Seite aus, doch er war zu langsam. Kalter Stahl drang in seine Schulter und ließ ihn laut aufstöhnen. Ich darf nicht schreien. Wenn ich schreie, wird nur er Hilfe erhalten! hämmerte es in seinem Kopf. Deine Neugier wird Dich eines Tages noch umbingen!verkündete die mütterliche Stimme anklagend. Sein Gegner war kein geübter Kämpfer, das verrieten seine Bewegungen. Für einen Unbewaffneten wie ihn war das Vorgehen jedoch mehr als ausreichend. Ein Faustschlag schickte den jungen Mann gen Boden. Amaros blickte verzweifelt auf. Der Unbekannten ragte wie ein Berg über ihm, dunkel und unheilverkündend, einen Dolch in der Rechten. In einem letzten Auflehnen gegen den drohenden Schlag, warf er dem Angreifer einen Zauber entgegen.
Mit einem tumben Ausdruck blickte der Mann in den wirbelnden Lichterkreis, der seine Züge erhellte. Zu gerne hätte Amaros ihm den Dolch aus den Händen entwunden und der Klinge das Herzblut seines Gegenübers zu schmecken gegeben, doch er wagte es nicht. Stattdessen versuchte der junge Magier sich an einem Heilzauber, doch die arkanen Kräfte entglitten ihm. Qualvoll zog der Adlige sich an der steinernen, kalten Wand empor und wankte davon. Er musste sich beeilen. Wenn der Bewaffnete den Bann brach, bevor er das Gehöft erreichte, mochte diese Nacht noch immer seine letzte sein. Er sog die winterliche Luft durch die zusamengebissenen Zähne ein. Schmerz pulsierte heiß in seiner Schulter und an seiner Seite. Wie schlimm seine Verletzungen wohl waren? Panik überkam Amaros. Trennten ihn nur noch Herzschläge vor seinem Ende? Würde ein argloser Bauer seinen leblosen Körper morgen auf dem eisigen Feld finden? Oder würde ihm Domna Rifada ob der harmlosen Kratzer einen spöttischen Blick zuwerfen? Vielleicht hätte er an einem der Häuser im Dorf klopfen sollen, doch die Häuser wirkten verlassen und tot wie das Schicksal, das sie für ihn bereithielten. So hielt er weiter auf die Palisade zu.
Schritt für Schritt. Schritt für Schritt. Die Welt drehte sich um ihn. Ihm war heiß. Er fror. Schweißtropfen vermischten sich mit Tränen, während Amaros weiter taumelte. Es glich einem Wunder und er dankte den Göttern, als er endlich das Bauernhaus erreichte und gegen die Fensterläden schlug, hinter denen er Domna Rifada vermutete.
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