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==[[Mark Ragathsquell]], 10. Tsa 1036 BF== | ==[[Mark Ragathsquell]], 10. Tsa 1036 BF== | ||
===Grafenwald, am späten Nachmittag=== | ===Im Grafenwald, am späten Nachmittag=== | ||
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===Am Rand des Grafenwalds, am frühen Abend=== | |||
'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]] | |||
Laut zerriss das Gekläff und Gefiepe der drei Spürhunde die Stille der Nacht. Das grünlich gefärbte Licht der Öllampen aus buntem Butzenglas, die die sie begleitenden Lakaien und auch [[Rohaja von Ragathsquell|Rohaja]] und [[Efferdane von Ragathsquell]] selbst vor sich her trugen, reichte nur wenige Schritt weit. | |||
"ESLAM! ESLAM! WO STECKST DU NUR?", rief die Junkerstochter Efferdane zum x-ten Male, aber ihre weitaus pragmatischer veranlagte Zwillingsschwester Rohaja winkte nur ab. | |||
"Er ist hier nicht! Die Dämonen der Hölle mögen wissen, wo er sich herumtreibt. Vielleicht hat er heimlich eine Liebste? Vielleicht liegt er mit ihr im Lotterbett, während sich Mutter und Vater halb zu Tode sorgen?" | |||
"Niemals!", schüttelte Efferdane sofort den Kopf, die ihren jüngeren Brüdern näher stand, als die unlängst außer Haus gegangene Rohaja. "Eslam hat noch nie etwas mit einer Frau gehabt - andernfalls hätte er mir davon erzählt. Ich mache mir genauso Sorgen wie die Eltern! Vier Tage haben wir nichts von ihm gehört! Er wollte nach Quazzano reiten, das war das Letzte, was ich mit Sicherheit weiß. Er hatte ein Gespräch zwischen Vater und dieser Kriegerin von den Da Vanyas belauscht, als sie vor kurzem bei uns war. Es heißt, es wird Krieg geben - die Da Vanyas gegen die Harmamunds - und wir stehen mitten drin! Mit beiden verwandt und zwischen ihnen wohnend ..." | |||
"Wir müssten hier auf den Feldern um Schloss Quazzano sein", stellte Domnatella Rohaja nüchtern fest, die von ihrem Vater gelernt hatte, dass es das Beste war, sich aus den Streitigkeiten anderer Leute herauszuhalten. Andererseits ... sie mochte die Harmamunds nicht. Die alte [[Aldea von Harmamund|Aldea]] war ein irgendwie unheimliches Weib gewesen, und ihre Kinder [[Morena von Harmamund|Morena]] und [[Amando von Harmamund|Amando Almadarich]] kamen ganz nach ihr - abweisend und bösartig wirkende Leute. | |||
"Vorsicht, Jungherrinnen! Da kommt etwas aus dem Wald! Deswegen spielen die Hunde verrückt! Da drüben!", rief einer der Diener und deutete auf den Saum des weitläufigen Grafenwaldes, dem sie sich nun angenähert hatten. Eigentlich hatten sie nur nach Grioli und Quazzano reiten wollen - was sollte ihr vermisster Bruder schon im Wald suchen, den sie jetzt zur Nachtzeit bestimmt nicht betreten würden? | |||
"Es ist nur ein Pferd ... ein gesatteltes Pferd?", stieß Rohaja teils erleichtert, teils rätselnd aus, die beim Warnruf des Dieners schon ihr Rapier gezogen hatte. | |||
"Es scheint verletzt zu sein, es lahmt!", stellte die tierliebe Efferdane bestürzt fest, die schon zu dem Tier hinüber eilen wollte - aber ihre Zwillingsschwester hielt sie zurück. | |||
"''Ich'' sehe mir das an! Bleib hier zwischen den Hunden und Dienern!" | |||
Mit blank gezogener Waffe, aber ganz langsam, um es nicht zu verschrecken, näherte sich Rohaja von Ragathsquell dem schwerverletzten Ross an, das am ganzen Leib zitterte und trotz der beißenden Kälte verschwitzt war. Sein Hinterlauf war blutüberströmt, etwas stak dort tief aus dem Muskelfleisch ... möglicherweise ein Armbrustbolzen. | |||
Durch das viele Blut war es zwar nicht mehr gut zu erkennen, aber wenn Rohaja nicht alles täuschte, trug das Pferd einen Drachen als Brandzeichen - also ein Pferd von den Weiden der Harmamunds. Am Sattelknauf hing eine Degenscheide, die Rohaja dem Tier vorsichtig abhing. Ohne eine Waffenexpertin zu sein, genügte ihr ein einziger Blick auf die Scheide, den Griff und die Klinge, um zu wissen, dass dies eine wertvolle Waffe von vielfach besserer Qualität als ihre eigene war. Einige Kerben auf der Klinge deuteten darauf hin, dass ihr Besitzer - vermutlich der Reiter des unglücksseligen Rosses - sie schon häufiger mit gegnerischen Klingen in Kontakt gebracht hatte. Dennoch war die Waffe scharf nachgeschliffen und in sehr gepflegtem Zustand. Kleine Löwenköpfe zierten die Enden der Parierstange, während in der Hohlkehle eine bosparanische Inschrift prangte: ''Amicus certus in re incerta cernitur.'' – Der wahre Freund zeigt sich in der Not. | |||
Auf der Rückseite, dort wo der Parierring die Klinge umfasste, in der Fehlschärfe, war eine Windmühle eingraviert. | |||
"Was immer demjenigen passiert ist, dem dieses Pferd und die Waffe hier gehören", schlussfolgerte Rohaja, als sie in den Halbkreis ihrer Schwester und des Gefolges zurückkehrte, "so etwas gibt man nicht freiwillig auf. Ich fürchte, die Fehde hat schon begonnen. Und möglicherweise steckt unser naseweiser Eslamino da mittendrin! Wie alle ''Muchachos'' überschätzt er sein Kampfgeschick. Wir sollten diesen Fund hier Vater zeigen." | |||
Die Hunde, die sich kurzzeitig etwas beruhigt hatten, begannen wieder zu kläffen und zu knurren. "Jungherrinnen - irgendetwas geht da gerade im Wald vor sich!", stotterte einer der Diener beunruhigt, "da seht nur! Fackelschein!" | |||
Die beiden Ragathsqueller Zwillingsschwestern folgten seinem Fingerzeig. Tatsächlich war zwischen den Bäumen des Waldes, trotz des leichten Schneefalls, das Licht zweier Fackeln zu sehen, die sich so schnell vorwärts bewegten, dass sie unmöglich von jemandem zu Fuß getragen werden konnten. Da waren Reiter im Grafenwald - und möglicherweise verfolgten sie das verletzte Pferd, das gerade aus dem Wald herausgekommen war und sich nun auf den Feldern um Quazzano tödlich erschöpft zu Boden sacken ließ. | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
Da niemand wissen konnte, wer in diesen unsicheren Zeiten zu dieser Tageszeit aus dem Walde kam, hieß Rohaja ihre Begleiter, vorsichtshalber die Laternen abzudecken. Efferdane sprach leise und beruhigend auf die Hunde ein und gab ihnen kleine Stückchen von dem Trockenfleisch, das sie stets bei sich zu tragen pflegte. | |||
Im Schein einer Fackel nahten zwei Reiter. Der Fackelträger hünenhaft und bullig, der kleinere Reiter, ebenfalls kräftig, mit einer Armbrust bewaffnet. Das Gesicht des Armbrustträgers blieb unter einem Kapuzenmantel verborgen, das des Größeren unter einem geschwärzten Hörner-Helm, der das Fackellicht zu schlucken schien. Er trug ein Kettenhemd und einen Lederharnisch. Als er den Kopf wandte, schien es, als handle es sich nicht einmal um einen Menschen: Augenlöcher und Nasenschutz des Helms erinnerten an ein Stiergesicht. | |||
Wie vermutet, hielten die beiden auf das sterbende Pferd zu, sprachen miteinander. Ohne dass ihre Worte zu verstehen gewesen wären, ließ der hitzige Tonfall einen Streit vermuten. Der Armbrustträger saß ab, ging zu dem Pferd, untersuchte das Tier und ganz offenkundig auch die Spuren im Schnee – Rohajas Spuren! | |||
Einen Augenblick sahen die beiden Gestalten zu ihnen herüber. Die Hunde knurrten leise, aber Efferdane redete weiter flüsternd auf sie ein und tätschelte ihre Hälse. Der Armbrustträger spannte seine Waffe, näherte sich. Der andere rief ihm scharf etwas zu. Wieder stritten sie. Einer der Diener nieste. Die Armbrust fuhr herum, und ehe die Zwillingsschwestern auch nur reagieren konnten, sackte der Mann mit einem Gurgeln in sich zusammen, einen gefiederten Bolzen im Brustbein. Sein sprudelndes Blut färbte den Schnee dunkel. | |||
Der Stierbehelmte gab ein zorniges Brüllen von sich, zog eine fast klafterlange Falcata aus einer Rückenscheide und ließ sie in einer einzigen schwungvollen Bewegung auf den Kopf des Schützen niederfahren. Die Klinge teilte Kapuze, Lederhelm, Schädel und Hals des Mannes bis zum Brustbein, als bestünde er aus Butter statt aus Fleisch und Knochen. Mühelos riss der Behelmte das Schwert zurück, versetzte dem Fallenden einen beiläufigen Tritt in den Schnee und trat seinem Ross in die Flanken. Die Waffe erhoben, kam er genau auf die Ragathsqueller zu ... | |||
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===Im Grafenwald, am Abend=== | |||
'''Autoren:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | '''Autoren:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | ||
Gerade mochte sich bei den beiden Anführern der [[Almadaner Heerbann#Fürstliche Truppen|fürstlichen Reitertruppe]] schon so etwas wie Zuversicht breit gemacht haben, denn immerhin war man auf die Spuren mehrerer Berittener gestoßen, die der leichte Schneefall noch nicht völlig verwischt hatte, und die demzufolge entsprechend frisch sein mussten - und andererseits hatte man wenige Augenblicke zuvor den Markstein von [[Castillo Quazzano|Quazzano]] passiert, sodass man berechtigterweise hoffen durfte, in Kürze das [[Castillo]] zu erreichen, wo die beiden Domnas längst in wohliger Wärme angekommen waren, auf dass sich die leidige Angelegenheit möglichst rasch aufklären mochte. Doch witterten die Rösser, dass irgendetwas nicht stimmte, noch bevor ihre Reiter des Gemetzels angesichtig wurden. | Gerade mochte sich bei den beiden Anführern der [[Almadaner Heerbann#Fürstliche Truppen|fürstlichen Reitertruppe]] schon so etwas wie Zuversicht breit gemacht haben, denn immerhin war man auf die Spuren mehrerer Berittener gestoßen, die der leichte Schneefall noch nicht völlig verwischt hatte, und die demzufolge entsprechend frisch sein mussten - und andererseits hatte man wenige Augenblicke zuvor den Markstein von [[Castillo Quazzano|Quazzano]] passiert, sodass man berechtigterweise hoffen durfte, in Kürze das [[Castillo]] zu erreichen, wo die beiden Domnas längst in wohliger Wärme angekommen waren, auf dass sich die leidige Angelegenheit möglichst rasch aufklären mochte. Doch witterten die Rösser, dass irgendetwas nicht stimmte, noch bevor ihre Reiter des Gemetzels angesichtig wurden. |
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