Chronik.Ereignis1036 Pilgerzug Ragath 01: Unterschied zwischen den Versionen

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„Du hast eine Staffelei….?“
„Du hast eine Staffelei….?“
„Shhhh“ Miréîà unterbrach ihren Bruder und drückte ihm die Zügel und den Stecken in die Hand. Dann ging sie zum Fürsten und stellte ihm mit einem wärmenden Lächeln die Schale Wasser vor die Knie. Dieser blickte irritiert auf und sah so ein Gesicht voller Zuversicht, passend zu einer bis an die Zähne bepackten Rahjageweihten. Wortlos setzte sie sich neben den beiden im Schneidersitz auf den Boden. Und auch Dom Savertin kniete nieder. Es konnte los gehen.
„Shhhh“ Miréîà unterbrach ihren Bruder und drückte ihm die Zügel und den Stecken in die Hand. Dann ging sie zum Fürsten und stellte ihm mit einem wärmenden Lächeln die Schale Wasser vor die Knie. Dieser blickte irritiert auf und sah so ein Gesicht voller Zuversicht, passend zu einer bis an die Zähne bepackten Rahjageweihten. Wortlos setzte sie sich neben den beiden im Schneidersitz auf den Boden. Und auch Dom Savertin kniete nieder. Es konnte los gehen.
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'''Autor:''' [[Benutzer:Boraccio D'Altea|Boraccio D'Altea]]
[[Antara D'Altea|Antara]] fluchte leise vor sich als sie mit wehendem Umhang zum ragather Zentrum eilte. Die neuesten Unruhen in Hartsteen und die Kämpfe in der Wildermark hatten Ihre Abreise von [[gar:Garetien:Jagdschloss Drak|Schloß Drak]] immer wieder hinausgezögert und auch einige Umwege erfordert. Und dann schienen zwischen Gareth und Ragath die Menschen plötzlich zu sterben wie die Fliegen, aber weit und breit war kein Geweihter des Boron zu finden um die Gräber zu segnen außer ihr. Oder zumindest kam es ihr so vor.
Sie war bereits mitten in der Nacht wieder aufgebrochen um noch halbwegs pünktlich zum Morgengrauen in der Reichsstadt einzutreffen. Sie hatte sich grade noch die Zeit genommen ihr Roß unterzustellen, bevor weiter zum Marktplatz eilte, immer noch im weißen Wappenrock und der schwarzen Rüstung einer Ritterin des Golgariten-Ordens. "Was für ein angemessenes Pilgergewand" brummte sie spöttisch vor sich hin. Aber andererseits auch wieder passend. Schließlich war sie weniger wegen des geistlichen Seelenfriedens hier sondern hatte handfeste weltliche Interessen. Es ging darum den neuen Fürsten der immer noch wohlhabensten Provinz des Reiches an die notleidenden Menschen in den anderen Teilen des Reiches zu erinnern. Und an die schweigsamen Streiter der Rabenmark, die Wacht hielten gegen die Schrecken aus dem Osten.
Zunächst hatte sie das Schreiben ihre Bruders Boraccio, worin er sie bat sich dem Pilgerzug des neuen almadanischen Fürsten anzuschlißen, einfach ignorieren wollen. Aber ihr [[gar:Garetien:Lüdegast von Quintian-Quandt|Komtur]] fand Gefallen an dieser Idee und schickte sie gen Süden anstatt nach Osten zu ihren hart bedrängten Schwestern und Brüdern ihres Ordens. "Der letzte Herrscher Almadas war ein borongläuber Mann, was man auch sonst von ihm sagen mag und lauschte den Worten seiner Erhabenheit, des Raben von Punin." hatte er argumentiert. "Der neue Fürst ist ein Soldat und ist vielleicht eher geneigt Berichten von der Front zuzuhören als geistlichen Worten." Dieser Logik hatte sie nicht widersprechen können. Sie erinnerte sich noch an ihre Zeit als Novizin im Tempel von Punin. Der Rabe hatte eine beeindruckende Ausstrahlung, man spürte praktisch die Macht des Herrn in ihm. Aber es brauchte mehr als ein einzelnes Wort seiner Erhabenheit, mochte es auch noch so wohl gesetzt sein, um den ehemaligen Marschall und neuen Fürsten sowie seine Magnaten von der Notwendigkeit zu überzeugen ihren Blick von ihren streitlustigen Nachbarn ab und den Menschen in Not weit weg zu zu wenden. Vermutlich war es einfacher einem wandelnden Skelett die Knochen zu zertrümmern als Hilfe von den Edlen Almadas zu erbitten.
Endlich hatte sie den Marktplatz erreicht. Die einsame Gestalt Fürst Gwains kniete im Staub, hinter ihm hatten sich im respektvollen Abstand bereits weitere Pilger eingefunden. Antara erkannte die hünenhafte Gestalt ihres Brudes Boraccio. Ebenso fiel ihr die merkwürdig bepackte Gestalt einer Geweihten der Rahja auf. Sie seufzte innerlich ... borongefälliges Schweigen würde wohl nicht zu den Prioritäten dieser Pilgerreise gehören. Kurz hielt sie an, um Wappenrock und Haare zu ordenen, die ihr Rennen durcheinander gebracht hatte, dann schritt Antara D'Altea, Dierin Golgaris und Ritterin des Orden des heiligen Golgari, in angemesser Würde zu den bereits versammelten Pilgern.


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Version vom 17. Januar 2013, 20:23 Uhr

Anmerkung: HILFE:

(Neuen Artikel bei neuem Sinnabschnitt starten, also Ortswechsel, Zeitwechsel etc. innerhalb von Ragath, dann oben in der Titelleiste ändern (Orts- und Zeitangabe --- wenn der nächste Pilgerort erreicht ist, sagen wir mal Quirod, muss ein neuer Schauplatz (Artikelname) eröffnet werden, z.B. "Chronik.Ereignis1036 Pilgerzug Quirod 01", dieser kann dann unten in der Zeitleiste unter Weiter= verlinkt werden, außerdem im Artikel Chronik:1036.)


Ragath, 15. Praios 1036 BF

Auf dem Marktplatz der Stadt Ragath


Autor: Kanzler

Ein heißer Wind wehte wehmütig von Mittag her, als sich der Rabe vom hohen Himmel herab fliegend auf dem Strohhut einer erbärmlich dreinschauenden Vogelscheuche niederließ. Herr Praios schickte den Atem der Khôm-Wüste dieser Tage bis hoch ins Herzen Ragatiens und plusterte das Gefieder des alten Vogels ungemütlich auf. „Du sahst sicherlich auch schon besser aus“, krächzte er wie auf eine unfreundliche Begrüßung erwidernd nach unten. Doch vergeblich wartete er auf eine Regung des Verzeihens oder des Respekts.

Der Rabe blickte sich um: ein in voller Ähre stehender Acker, dahinter hohe Mauern, ein Fluss und eine Straße. Über den Mauern ließ Frauwen Rondra Blitze aus dem dämmrigen Morgenhimmel kraftvoll erstrahlen, die eine wettergegerbte Burg zitternd aufflackern ließen.

„Und, was gibt es Neues, Strohmann?“ Der Kopf der Vogelscheuche knarrte im Wind und rührte sich nur mühsam. Den Raben vermochte das wenig zu beeindrucken. Er hopste hoch und flatterte auf die Schultern des Feldwächters. „Was für ein jämmerliches Ding“, dachte er bei sich, „und so einer nun will meinereiner scheuchen…“

In der Ferne, auf der über die südlichen Hügel heranrollenden Straße, erspähte er Reiter und Bannern, die heftig im aufziehenden Sturm flatterten. „Menschen und Pferde, pah – nicht gerade eine aufregende Sache“, spottete der Rabe, doch da schlugen die Hemdsärmel der Vogelscheuche wie wild um sich. Der Alte wandte sich nach hinten: Auch auf der Straße rücklings sah er mehrere Gruppen von Reitern mit ähnlich bunten Fahnen und Wimpeln. Weitere Gestalten zogen von den Weinbergen jenseits des Stromes zur Stadt hinab.

„Wo ist der Lärm, den diese Kreaturen sonst so gern veranstalten?“, doch darauf wusste auch die Vogelscheuche keine Antwort. Sie schaute traurig in die Landschaft hinein, als Herr Efferd ohne Ankündigung einen Regenguss flutartig über Feld, Fluss und Stadt auszuschütten begann. „Ich empfehle mich, Kumpel“, krächzte der Rabe und suchte Unterschlupf in einem nahegelegenen Astloch. Er war zu gut erzogen, um auszusprechen, dass er die Unterredung ohnehin als ermüdend eintönig empfunden hatte. Wozu nur hatte ihn der erhabene Herr Boron in diese abgeschiedene Ecke Derens entsandt…

Fürst Gwain von Harmamund kniete inmitten des großen Marktplatzes in Ragath und sprach ein Dankgebet. Er war allein und es war früh am Morgen. Diesem heißen Tag, der mit einem Gewitterregen begann, den man ansonsten eher des Abends erwarten mochte. Doch wenig war gewöhnlich an diesem Morgen, der den Fürsten des Königreichs Almada im schlichten Pilgergewandt barfuß auf dem Kopfstein des großen Platzes kniend den Göttern huldigen sah. Er hatte hier die ganze Nacht verweilt.

„Seid mit uns, Herr Praios, Frau Rondra, Herr Efferd und Herr Boron. Ihr heiligen und immerewigen Vier, Ihr Hüter von Strom und Land, Himmel und Äther. Ihr Wächter über Zeit und Ort und Kraft. Spendet dem niedersten Eurer Diener Segen. Segnet diese Pilgerreise. Segnet all jene, die mit auf diesem Pilgerzuge wandeln werden. Segnet Almada – und haucht Euren friedstiftenden Atem unter die Magnaten dieses stolzen Landes, so dass wir ohne nennenswerte Verluste Brig-Lô erreichen mögen…“

Der Fürst erhob sich, das aus weißer Seide gefertigte Gewandt vom Regen durchtränkt eng an seinem Körper anliegend. An seiner Silhouette war klar zu erkennen, dass sich unter dem Stoff einst die strammen Muskeln eines Kriegers, des Marschall von Almada, befunden hatten. Doch diese Muskeln waren müde, auch wenn sein Geist noch immer wach war. Die Narben der Vergangenheit hatten ihre Spuren auf diesem Körper hinterlassen: Reichsverrat, Gefangenschaft und Flucht, Reconquista, Ferkinna-Feldzug und Kaisersturz. Doch noch konnte, noch durfte er sich keine Ruhe gönnen. Eine Aufgabe noch lag vor ihm, und diese Aufgabe gedachte er zu erfüllen. Denn die Götter selbst hatten sie ihm durch Mund, Hand und Tat der Kaiserin Rohaja auferlegt. Diese letzte Bürde.

„Dieses Land, mein Almada, muss Frieden finden – und eine neue Zukunft, eine neue Hoffnung.“

Ob sie kommen würden? Die stolzen, streitbaren, ewig zürnenden Magnaten des Landes unter dem Mond? Wer würde sich als erster zeigen, welche als erste den heiligen Frieden des Pilgerzuges brechen und heißblütig ihren Fehdehandschuh werfen? Würde auch er kommen, der neue Reichsbaron? Der Herr der Münze, wie man seinen heimlichen Reconquistador-Gefährten und Kanzler Rafik von Taladur inzwischen nannte. Sein wichtigster Berater und doch, so wusste er, nicht länger sein Freund. Hatte dieser, hatte er selbst überhaupt Freunde? Oder Vertraute? Was IST ein Freund? Was IST Almada? Und was SOLL es sein?

Auf diese Fragen Antwort zu finden, das war das Ziel, mit dem er die Barone und Edlen, Junker wie Grafen eingeladen hatte, mit ihm den altehrwürdigen Pilgerzug zu Ehren der Vier Götter nach Brig-Lô zu gehen. Mit all den tausenden von Menschen, die sich alljährlich von Ragath den Yaquir-Strom hinab zum alten Schlachtfeld an den Mündungen der Brigella machten. Schon lagerten diese alle vor den Toren der Stadt, denn in wenigen Tagen sollte der Zug beginnen.

Noch aber war außer ihm niemand erschienen. Noch war er allein. Doch er erwartete sie alle.

Und er würde sie alle nach ihren Gebeten fragen, ihren Wünschen und Zielen für das neue Almada, das er gemeinsam mit ihnen zu errichten trachtete. „Was ist Euer Bild von Almada – und was ratet Ihr mir, als Euren Fürsten, hierfür zu vorderst zu tun?“ Das würde er alle fragen. Jeden einzelnen, sobald er und sie erschienen. Und er würde über die Antworten nachsinnen.

Wieder kniete er nieder zum Gebet – als er verschiedentlich Schritt sich respektvoll nähernd hinter sich vernahm. Nicht länger würde er also warten müssen.

Es hatte begonnen.

Endlich.


Autor: Boraccio D'Altea

Ziellos schlenderte Boraccio D'Altea durch die Gassen von Ragath, trotz der frühen Morgenstunde. Wieder einmal hatte er nicht schlafen können ... die Träume waren wieder gekommen. Die Träume von wandelnden Gerippen, von verfaulten Gestalten, von verwesenden Kadavern. Und vom schwarzen Drachen. Vom Wall des Todes. Seine Hand fuhr über die Klappe, die die leere Höhle verdeckte, wo einmal sein rechtes Auge gewesen war. Er konnte ihn wieder vor sich sehen, den endlosen Heerwurm, so wie damals in der Dämonenschlacht. Und noch immer wanderten die Toten umher. Seine Schwester Antara hatte ihm berichet, vom Wall des Todes und wie die schwarzen Ritter des Golgari dort Wacht hielten wider die toten Lande dahinter. Der schwarze Drache mochte endgültig in sein Grab gefahren sein, aber seine Ausgeburt erhob sich noch immer in jeder schwarzen Nacht aus der Erde.

Es hatte keinen Sinn den Schlaf zu suchen, wenn die Träume kamen. Es gab auch kein dem Herrn des Schlafes geweihtes Haus in der Stadt, in dem er hätte um eine gesegnete Nachtruhe hätte bitten können. Ratlos hatte Boraccio den Schrein der Rondra aufgesucht, aber die Leuin sprach schon lange nicht mehr zu ihm. Vielleicht sollte er es seiner Schwester gleich tun und ein Ritter Golgaris werden. So könnte er wenigstens gegen den echten Feind antreten, anstatt sich mit den kleinlichen Fehden hier zu Hause in Almada befassen zu müssen, die doch so bedeutunglos wurden, wenn erstmal der wahre Feind vor der Tür stand. Ihr König, der so gerne Kaiser sein wollte, hatte das Land noch mehr gespalten, als es ohnehin schon immer war. Zuerst hatte Boraccio gehofft, ja gebetet, daß der Segen des Herrn Boron auf dem jungen Herrscher lag. Daß er das Reich wieder vereinen könnte und mit der Macht der Zwölfe endlich die verderbten Lande wieder befreien könnte. Aber dann hatte er in das kalte Antlitz des jungen Kaiser gesehen und erkannt, daß dieser Jüngling niemanden befreien würde.

Und so war es die Schwester, in die Boraccio sein Hoffnung setzte. Auch wenn alle um ihn herum dem Jüngling zujubelten. Er sollte Recht behalten, denn nun hatten sie wieder eine Kaiserin. Und einen Fürsten. Der seinen Rat suchte. Ausgerechnet seinen Rat! Als ob er etwas von Politik verstünde. Gegen die Oger und Ferkinas, da konnte er damals seinem Marschall Rat geben. Aber gegen die Schlangen und Skorpione im Almadinpalast, was sollte ein einfacher Kriegsknecht wie er da schon raten?

Boraccio seufzte schwer. Hieß es nicht, mit dem Eintritt bei den Golgariten würde man seine Vergangenheit hinter sich lassen? Nur noch dem Herrn dienen, im Kampf wider die Untoten? Eine Rabe krächzte, weit oben in der Luft. Und dann verstand Boraccio. Der Reichsverräter, der gefallene Marschall, hatte dem Reich den Fehdehandschuh hingeworfen und die Kaiserin hatte ihn aufgenommen. Schon bald würden die Streiter der Zwölfgötter wider die Dämonenknechte ziehen. Und Almada würde seinen Beitrag dazu leisten! Das war es, was er seinem Fürsten raten würde. Die Wehr des Königreiches wieder zu stärken, um gegen alle Feinde gewappnet zu sein, mögen sie nun aus der Wüste oder aus der Niederhölle kommen. Und mochten die Magnaten noch so zerstritten sein untereinander, so standen sie doch zu Almada, wenn der Feind vor den Toren stand.

Seine ziellose Wanderung hatte Boraccio auf den Marktplatz geführt. Eine einsame Gestalt kniete dort, im Gebet versunken. Gebeugt vor Demut vor den Göttern, aber nicht vom Alter. Und Boraccio wußte nun, was er ihm raten solle. Und am Ende der Pilgerreise würden die Träume aufhören. Respektvoll kniete er sich hinter seinen Fürsten.



Autor: Dajin

Die Arme verschränkt, den Kopf zur Seite geneigt, so blickte Dom Savertin auf seine Schwester. Irgendwie spöttisch erklang sein „und du bist sicher, dass du auch wirklich NICHTS vergessen hast? Vielleicht noch etwas Punipan, falls auch Dom Raff-ik erscheint?“ Seine Betonung ließ einen Wortwitz zu Lasten des Kanzlers verraten, doch vor allem klang er etwas genervt beim Anblick seiner Schwester. Miréîà hatte die für eine Rahjageweihte gewohnt luftige Kleidung, doch auf ihrem Rücken prangerte ein riesiger und offensichtlich prallgefüllter Rucksack. Zudem an beiden Seiten jeweils eine nicht minder gut gefüllte Tragetasche und am Gürtel hingen diverse, laut klappernde Feldflaschen. Ihre Hand hielt die Zügel einer geradezu bemitleidenswerten Maultierstute, deren Satteltaschen jeweils noch einmal die Breite der Trägerin zu erreichen vermochten. Mit etwas Phantasie konnte man dem Tier sogar einen geradezu mitleidigen Blick andichten. Der Blick der Culmingerin hingegen ließ ob der Bemerkung ihres Bruders eine leichte Verärgerung erkennen. „Hör auf zu unken. Wir werden sicher ein bis zwei Wochen unterwegs sein, da ist es wichtig, gut vorbereitet zu sein. Du wirst mir um das ein oder andere Detail in meiner Ausrüstung noch dankbar sein!“ „Ich sehe mich eher jetzt schon deinen Rucksack tragen, weil du ihn irgendwann nicht mehr packst. Wenn du denkst, du kannst mich so voll packen wie Naschel, dann hast du dich geirrt.“ Miréîà streichelte über die Mähne der Maultierstute. „Naschel wird eine ganz wunderbare Zeit mit meinem Gepäck haben und sehr glücklich sein, es für mich tragen zu dürfen…. Nicht wahr meine kleine?“ Das Maultier gab einen seufzenden Laut von sich. „Siehst du?“ Savertin grinste. „ich bin gespannt... Und nun laß uns los gehen, sonst verpassen wir noch den Pilgerzug. Eh verrückt, das Ganze mit dem Aufgehen der Praiosscheibe anzusetzen. Die meisten Magnaten werden noch tief und fest schlafen.“ „Ach, der Anlass wird sicher das ein oder andere nächtliche Wecken wert sein. Sie werden kommen, da bin ich mir sicher.“ Sie griff nach einem von zwei etwa zwei Schritt großen Stecken, die an die Wand des Ragather Rahjatempels gelehnt waren. Savertin tat es ihr gleich und griff nach dem zweiten. Tatsächlich wirkten sie in ihrer Aufmachung nun wie arme Pilgerer… mit zum Teil überdurchschnittlich viel Gepäck. Die Geweihte griff zudem nach einer großen Schale mit Wasser, welche Sie auf einem kleinen Tischchen parat gestellt hatte. Vorsichtig ob der nun fehlenden dritten Hand stakste sie langsam nach vorne. „Wofür ist die Schale? Du hast doch Wasser dabei?“ „Der Fürst kniet schon die ganze Nacht am Marktplatz seiner Stadt. Er wird froh sein, wenn sich ihm die Gelegenheit einer kurzen Katzenwäsche bietet.“ Dom Savertin lachte. „Du hast wirklich an alles gedacht.“

Kurze Zeit später kamen Savertin und Miréîà von Culming am Marktplatz an. Außer Fürst Gwain und Dom Boraccio D’Altea sowie einiger Bediensteten hatten sich noch keiner am Ort eingefunden, aber das teils hektische Rumoren an diversen passierten Gasthäusern ließ schon vermuten, dass sich dies noch ändern würde. Der noch recht kärgliche Anblick trieb ein Lächeln in das Gesicht der Rahjageweihten. „Savertin, ich sage dir, dieses Bild wird noch Geschichte schreiben. Ein kniender, demütiger, schmutziger Fürst, neben ihm ein ebenso kniender, geschundener Krieger und sonst leere, doch am Horizont der flammende Sonnenaufgang der Hoffnung und mit ihm die Silhouette der Edlen, die ihn wie einen Schatten einzuholen drohen.“ „Da wünscht man sich eine Staffelei…“ „Die packe ich jetzt nicht aus…“ „Du hast eine Staffelei….?“ „Shhhh“ Miréîà unterbrach ihren Bruder und drückte ihm die Zügel und den Stecken in die Hand. Dann ging sie zum Fürsten und stellte ihm mit einem wärmenden Lächeln die Schale Wasser vor die Knie. Dieser blickte irritiert auf und sah so ein Gesicht voller Zuversicht, passend zu einer bis an die Zähne bepackten Rahjageweihten. Wortlos setzte sie sich neben den beiden im Schneidersitz auf den Boden. Und auch Dom Savertin kniete nieder. Es konnte los gehen.



Autor: Boraccio D'Altea

Antara fluchte leise vor sich als sie mit wehendem Umhang zum ragather Zentrum eilte. Die neuesten Unruhen in Hartsteen und die Kämpfe in der Wildermark hatten Ihre Abreise von Schloß Drak immer wieder hinausgezögert und auch einige Umwege erfordert. Und dann schienen zwischen Gareth und Ragath die Menschen plötzlich zu sterben wie die Fliegen, aber weit und breit war kein Geweihter des Boron zu finden um die Gräber zu segnen außer ihr. Oder zumindest kam es ihr so vor.

Sie war bereits mitten in der Nacht wieder aufgebrochen um noch halbwegs pünktlich zum Morgengrauen in der Reichsstadt einzutreffen. Sie hatte sich grade noch die Zeit genommen ihr Roß unterzustellen, bevor weiter zum Marktplatz eilte, immer noch im weißen Wappenrock und der schwarzen Rüstung einer Ritterin des Golgariten-Ordens. "Was für ein angemessenes Pilgergewand" brummte sie spöttisch vor sich hin. Aber andererseits auch wieder passend. Schließlich war sie weniger wegen des geistlichen Seelenfriedens hier sondern hatte handfeste weltliche Interessen. Es ging darum den neuen Fürsten der immer noch wohlhabensten Provinz des Reiches an die notleidenden Menschen in den anderen Teilen des Reiches zu erinnern. Und an die schweigsamen Streiter der Rabenmark, die Wacht hielten gegen die Schrecken aus dem Osten.

Zunächst hatte sie das Schreiben ihre Bruders Boraccio, worin er sie bat sich dem Pilgerzug des neuen almadanischen Fürsten anzuschlißen, einfach ignorieren wollen. Aber ihr Komtur fand Gefallen an dieser Idee und schickte sie gen Süden anstatt nach Osten zu ihren hart bedrängten Schwestern und Brüdern ihres Ordens. "Der letzte Herrscher Almadas war ein borongläuber Mann, was man auch sonst von ihm sagen mag und lauschte den Worten seiner Erhabenheit, des Raben von Punin." hatte er argumentiert. "Der neue Fürst ist ein Soldat und ist vielleicht eher geneigt Berichten von der Front zuzuhören als geistlichen Worten." Dieser Logik hatte sie nicht widersprechen können. Sie erinnerte sich noch an ihre Zeit als Novizin im Tempel von Punin. Der Rabe hatte eine beeindruckende Ausstrahlung, man spürte praktisch die Macht des Herrn in ihm. Aber es brauchte mehr als ein einzelnes Wort seiner Erhabenheit, mochte es auch noch so wohl gesetzt sein, um den ehemaligen Marschall und neuen Fürsten sowie seine Magnaten von der Notwendigkeit zu überzeugen ihren Blick von ihren streitlustigen Nachbarn ab und den Menschen in Not weit weg zu zu wenden. Vermutlich war es einfacher einem wandelnden Skelett die Knochen zu zertrümmern als Hilfe von den Edlen Almadas zu erbitten.

Endlich hatte sie den Marktplatz erreicht. Die einsame Gestalt Fürst Gwains kniete im Staub, hinter ihm hatten sich im respektvollen Abstand bereits weitere Pilger eingefunden. Antara erkannte die hünenhafte Gestalt ihres Brudes Boraccio. Ebenso fiel ihr die merkwürdig bepackte Gestalt einer Geweihten der Rahja auf. Sie seufzte innerlich ... borongefälliges Schweigen würde wohl nicht zu den Prioritäten dieser Pilgerreise gehören. Kurz hielt sie an, um Wappenrock und Haare zu ordenen, die ihr Rennen durcheinander gebracht hatte, dann schritt Antara D'Altea, Dierin Golgaris und Ritterin des Orden des heiligen Golgari, in angemesser Würde zu den bereits versammelten Pilgern.



Ragath, 15. Praios 1036 BF

Kurz vor dem Puniner Tor der Stadt Ragath


Autor: dalias

Die Kutsche polterte über die Landstraße. Staub wirbelte auf. Praios‘ warmer Sonnenschein lag über dem trockenen Land. Alvaro Manticco, Caballero von San Marwan, drückte seinen Rücken in die gelbe, mit kleinen schwarzen Greifen aus Seide verzierte Polsterung der Rückenlehne. Es lag nicht lange zurück, das wusste er, da gehörte diese Kutsche Seiner Exzellenz Dom Gualdo Ippolito Honorio di Dalias y Gurnabán, Banus der Grafschaft Yaquirtal, Junker von Dalias, Castellan von Ratzingen und Sherbeth. Aber Tote brauchen kein Eigentum und keinen weltlichen Besitz. Keine Lakaien, Aufwärter, Mätressen – und keine Pretiosen. Der Caballero de San Marwan drehte seine linke Hand und betrachtete versonnen das Glitzern eines schweren, diamantengeschmückten Goldringes im hereinfallenden Praioslicht. Tote brauchen keine Pretiosen – wahrlich nicht. Lebende dagegen schon. Geringschätzig ließ er seinen Blick über sein Gegenüber wandern. Sein Schwestersohn Pribaldo Tracodi nestelte unablässig in einem dicken Packen Konzepte herum. Er war bleich. Die rasche Fahrt der Kutsche schien ihm in keiner Weise zu behagen. Bei jedem Stoß blickte er erschreckt auf. Pribaldos Bruder Quintiliano hatte alles, was Hesinde und Rahja dem Einfaltspinsel Pribaldo verwehrt hatten. Und doch hatte Pribaldo vor zweieinhalb Götterläufen seinen Nutzen in Santa Catalina im Taubental mustergültig unter Beweis gestellt. Auch wenn Pribaldo nicht so blitzgescheit, scharfzüngig und blendend wie sein Bruder war, so liebte Alvaro Manticco den „Waldwachter“, den „Vivaresen“, wie er seinen Neffen Pribaldo liebevoll und zugleich spöttisch nannte, doch mehr. Er war fleißig und anständig. Außerdem brauchte er Quintiliano als Aufpasser für Baron Ranudo in Ratzingen, da dieser vor lauter Aufregung und Nervosität schier unpässlich geworden war und unmöglich in dieser Kondition dem Fürsten oder den anderen Magnaten hätte begegnen können. Ausgeschlossen. Der bloße Gedanke an diese Zusammenkunft hatte Ranudo IV. Eslamo di Dalias y las Dardas dreimal stündlich auf den Abort getrieben. So war es nun an ihm, Caballero Alvaro Manticco de San Marwan, die Baronie Nemento und die Dominie Dalias bei diesem Pilgerzug würdig zu vertreten und dem Fürsten seinen wohlmeinenden Rat zu bieten. Dabei wurde er zu allem Überfluss von der ältesten Schwester des Barons begleitet.

Alvaro Manticco streckte seinen Kopf aus der fahrenden Kutsche. Vor der Kutsche ritt Yppolita di Dalias y las Dardas, Caballera de Niverocca, auf einem reinweißen stolzen Yaquirtaler. Ihr blauer Caldabreser mit Pfauenfedern schaukelte aufgeregt. Ihr Nacken war breiter als es sich für einen Almadaner Noblen schickte. Gänzlich unschicklich war auch ihr Betragen: Sie fraß und trank, als gäbe es kein Morgen. Neben ihr ritt ein blondbezopfter, drahtiger Waffenknecht, mit dem sie sich laut lachend unterhielt: Sten Helmdahli Varghjärta. Der nordländische Mercenario trug den schwarz-gelben Rock der „Schwarzen Greifen von Dalias“. Hinter den beiden folgten, ebenfalls zu Ross, die beiden jungen Mägde Yppolitas. Die beiden vorlauten und ungeschliffenen blutjungen Dienerinnen Marbiane und Golgariana führten das Streitross und ein weiteres edles Reittier hinter sich und schnatterten – ihren Namen jegliche erdenkliche Unehre erweisend – unentwegt wie die dummen Gänse, die sie waren.

Alvaro Manticco zog seinen Kopf wieder herein und schüttelte ihn. Mit einem „Pribaldo!“ fuhr er seinen Neffen an.

Erschrocken blickte der Angesprochene auf: „Ja, Onkel?“ „Weißt Du, ob dieser Sten Helmdahli etwas von seinem Handwerk versteht? Oder kommt dieser Haferyaquirier nur mit, um sich den Wanst auf Kosten meines Herrn vollzuschlagen?“ Lauernd musterte Alvaro Manticco die Gesichtszüge seines Neffen. „Ich denke… äh… doch. Yppolita, äh, die wohlgeborene Domna Yppolita, also, also, entschuldigt, Onkel, die Dame hat mir erzählt… dass, dass er… also ja… dass er schon einmal einen Tatzel… Tatzelwurm am Schweif… Schwanz, ja Schwanz gezogen hat, ja…. Nur so… zum Vergnügen.“ Pribaldo Tracodi zwang sich zu einem beiläufig und müde wirkenden Lächeln, das nicht verraten sollte, wie sehr ihn diese Geschichte Domna Yppolitas amüsiert hatte. „Nun, wenn es mal kein Regenwurm war, mein Junge.“ Dom Alvaro bleckte seine Zähne zu einem Grinsen. „Mehr Sorgen mach… mach ich mir, wegen der anderen beiden Waffenknechte. Sie-sie haben beide… so… so eine Vergangen…“, raunte Pribaldo seinem Onkel verschwörerisch zu. „Die gute Mondina Al’Kira hat sich schon immer für die Familia di Dalias geschlagen. Nur hat sie das eben zwölf Götterläufe für Dom Ippolito und Dom Gualdo getan. Sie taugt und sie ist verlässlich. Das Panier der Familia ist ihr gewissermaßen ins Herz gebrannt. Ebenso wie ihrer Mutter vor ihr und ihrem Großvater davor. Und zu welchem Wüstengötzen sie dabei betet, ist mir einerlei. Tsacario Wehrheimero ist zwar ein Hitzkopf, aber er hat der Familia von Cerastes gut gedient. Warum soll er nicht auch dem neuen Baron von Nemento treu bis in den Tod dienen?“ Die rechte Augenbraue Alvaros schob sich nach oben und sein Blick fixierte Pribaldo Tracodi. Dieser schlug ergeben die Augen nieder. „Mach Dir keine Sorgen, Pribaldo. Wir haben gute Diener bei uns – zumindest trifft dies auf manche von ihnen zu, und wir sind gut vorbereitet. Wir haben Geschenke dabei: Ein junges Pferd für den Fürsten, einen Raufdegen für den Grafen, Fächer und Schmuck für die Freunde der Familia... und die Damen.“ „Und für jeden der vier Zwö… Zwö… Zwölfe von Brig-Lo die Pilgerzeichen: Bernstein, ja äh,… Bernsteinamulette für Praios, Far… Farbe für das Mythraelsmal, Elidamuscheln für Efferd, Lampen für Ingerimm“, ergänzte Pribaldo seinen Onkel oberlehrerhaft. Als würde er eine lästige Fliege verscheuchen wollen, fuhr Caballero Alvaro Manticco mit der Hand durch die Luft. Stimme legte sich über das Innere der Kutsche. Die beiden Männer, Onkel und Neffe, blickten sich schweigend an.

„Herr, Dom Alvaro!“, hörten sie den Ruf von Alvaros Lakai Praiobur vom Kutschbock, „wir sind am Ziel: Das Tor Ragaths!“ Im nächsten Augenblick schon verlangsamte sich allmählich das Tempo der Kutsche und das Gesicht Pribaldo Tracodis gewann wieder etwas an Farbe.





Chronik:1036
Gwains Pilgerzug
Teil 01