Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 28: Unterschied zwischen den Versionen

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"Was ist los? Was schreit der Schwachkopf oben auf dem Tor so laut herum?", brüllte [[Yegua von Elenta]] von der Loggia ihres requirierten Gemachs in den Hof hinunter, wo sie gerade im Begriff war, einen kurzen Lagebericht an ihre Cousine, die Vogtin, aufzusetzen.
"Was ist los? Was schreit der Schwachkopf oben auf dem Tor so laut herum?", brüllte [[Yegua von Elenta]] von der Loggia ihres requirierten Gemachs in den Hof hinunter, wo sie gerade im Begriff war, einen kurzen Lagebericht an ihre Cousine, die Vogtin, aufzusetzen.
"Draußen vor dem Tor ist ein Botenreiter, der hier eine Nachricht für eine gewisse [[Morena Solivai von Harmamund|Morena von Harmamund]] abliefern soll. Er sagt, er habe gerade unterwegs eine Rotte Oger überholt, die ihm ans Leder wollten. Die Ungeheuer wären geradewegs auf dem Weg hierher!"
"Draußen vor dem Tor ist ein Botenreiter, der hier eine Nachricht für eine gewisse [[Morena von Harmamund]] abliefern soll. Er sagt, er habe gerade unterwegs eine Rotte Oger überholt, die ihm ans Leder wollten. Die Ungeheuer wären geradewegs auf dem Weg hierher!"


"Was?" Yegua schüttelte ungläubig den Kopf und stützte sich auf die steinerne Brüstung der Loggia.
"Was?" Yegua schüttelte ungläubig den Kopf und stützte sich auf die steinerne Brüstung der Loggia.
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"Wie merken wir hier unten, wann deine Mutter und deine Schwester mit den Soldaten kommen?", fragte Richeza dann.
"Wie merken wir hier unten, wann deine Mutter und deine Schwester mit den Soldaten kommen?", fragte Richeza dann.


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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]
"Hier unten merken wir das überhaupt nicht!", gab Moritatio unumwunden zu, der erfolglos versuchte, einen Stuhl unter die Türklinke der Kammer zu schieben, um diese zu versperren. Aber die Lehne war zu hoch, sodass er den Stuhl nur schräg darunter klemmen konnte, was nach allem anderen denn nach einem unüberwindbaren Hindernis aussah. Ein kleiner Schubser von außen und der Stuhl flog wahrscheinlich quer durchs Zimmer. Schließlich gab er es auf, stellte den Stuhl direkt vor die Tür und setzte sich selbst darauf.
"Wir müssen uns wohl oder übel von Zeit zu Zeit hier herauswagen. Wenn es uns dabei gelingt, den einen oder anderen Burgbesetzer unauffällig auszuschalten und gefesselt irgendwohin verschwinden zu lassen, so wäre das für unsere Sache schon eine große Hilfe. Ein anderer nützlicher Dienst wäre es sicherlich, wenn wir - wenn es soweit ist - den Bergfried besetzen und dort wieder unsere Strickleiter nach außen herunterlassen können. So könnten peu à peu noch mehr der Unseren in die Burg hineingelangen und so auch schließlich das Öffnen des Tores von Innen heraus bewerkstelligen."
Er verstummte plötzlich und legte den Zeigefinger auf die Lippen, als draußen auf dem Gang Schritte zu hören waren, gepaart mit einer männlichen und weiblichen Stimme, die leise tuschelten, ab und an unterbrochen von einem Kichern der Frau und einem heiseren Lachen des Mannes.
"Ich weiß nicht", flötete die Frau. "Was werden die anderen denken? Unser Fehlen wird schnell auffallen!"
"Ach was!", raunte der Mann. "Bei dem Scheißwetter haben sich eh alle auf ihre Stuben verzogen! Komm schon! Ich will es schon, seit ich dich das erste Mal gesehen habe!"
"Das habe ich schon bemerkt!", kicherte die Frau und schrie plötzlich schrill lachend auf, offenbar weil sie kitzlig war oder jemand grob Hand an sie gelegt hatte.
"Los, mein Bergblümchen! Hier hinein! Hier runter verirrt sich die Commandanta eh nur, wenn sie wieder mal die Vorräte nachzählen will!"
Moritatio erbleichte, als direkt vor seiner Nase die Türklinke heruntergedrückt wurde. Er stemmte sich schnell und um Lautlosigkeit bemüht von innen gegen die Tür, während von außen jemand kräftig dagegen drückte.
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Richeza legte lautlos das Käsestück neben sich aufs Bett und griff nach dem Säbel.
"Verflucht, es ist abgeschlossen!", hörte sie den Mann vor der Tür.
"Unsinn!", erwiderte die Frau. "Die Türen haben keine Schlösser, und die Burgbewohner sind fort. Sie klemmt bestimmt nur."
Mit drei Schritten war Richeza neben der Tür, drückte sich, den Säbel in der Hand, an die Wand, während Moritatio sich mit aller Kraft gegen die Tür stemmte.
"Scheißding, das geht doch nicht mit rechten Dingen zu!", fluchte der Mann, der sich von außen geräuschvoll dagegen warf.
"Dann nehmen wir halt eine andere Kammer, komm schon!", drängte die Frau, aber das Rütteln an der Tür hörte nicht auf, und Moritatio hatte sichtbar Mühe, sie länger geschlossen zu halten. Richeza gab ihm einen Wink, schnell von der Tür zurückzutreten. Ihr Vetter verstand, und im selben Moment, da er in den Raum zurücksprang, flog die Tür auf, und der überraschte Mann stürzte hinterher. Noch bevor er die Hände heben konnte, um seinen Aufprall zu mildern, schnellte Richezas Säbel vor. Ein Schnitt, und als er, Gesicht zuerst, auf dem Steinboden aufschlug, lag er bereits in einer sich rasch ausbreitenden Blutlache. Das schwache Gurgeln aus seiner Kehle erstarb.
Die Überraschung der Frau hielt nicht lange. Sie schrie auf und wandte sich zur Flucht.
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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]
Moritatio starrte Richeza überrascht und mit weit aufgerissenen Augen an und blickte dann zu Raúl, ob dieser genauso verdattert war, wie er selbst. Er hatte zwar bereits vielfach gehört, dass seine schöne Base als eine der besten Fechterinnen Almadas galt - aber mit welcher Mühelosigkeit und Kaltblütigkeit sie einen großgewachsenen Mann mit einem einzigen Stich töten konnte, rang ihm dann doch Respekt, Ehrfurcht und Bewunderung ab. Er selbst hatte sich vor seinem inneren Auge schon im langen, verbissenen Assaut mit dem Mann hier in der engen Kammer gesehen - doch diese Sorge war nun obsolet.
Blieb das verdammte Frauenzimmer, eine grün-weiß berockte Selaquer Gardistin mit feuerroten Haaren und erregt geröteten Wangen, die sich die Seele aus dem Leib schrie: "Alarm! Zur Hilf! Eindringlinge! Alarm! Sie greifen Xavio an!"
Moritatio schleuderte den nunmehr nutzlosen Stuhl nach ihr und traf die Frau im Kreuz, worauf sie - wohl mehr vor Schreck, als vor Schmerz - abermals lauthals schrie. Der junge Vanyadâler gab mit einem panischem Kopfnicken in ihre Richtung dem jungen Valencer zu verstehen, dass der der Frau nachsetzen und sie zum Schweigen bringen sollte. Er hatte von ihnen dreien wahrscheinlich noch die meiste Kraft und war wohl der flinkste.
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'''Autor:''' [[Benutzer:von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Raúl zögerte nicht und stürzte der Fliehenden hinterher. "Alarm!", schrie sie noch immer, aber ein ohrenbetäubender Donner übertönte ihr Rufen, und noch ehe die Gardistin die Treppe erreichte, holte der junge de Vargas sie ein und stellte ihr ein Bein. Die Frau flog der Länge nach auf die untersten Stufen, und Raúl hielt ihr den Mund zu. "Still!", zischte er. "Ein Wort, und du bist so tot wie dein Cumpán! Aufstehen!"
Die Gardistin gehorchte, die Augen schreckensweit aufgerissen, und folgte Raúl zurück in die Kammer. "Ihr Schweine!", stieß sie hervor, als sie den toten Gardisten erblickte, den Richeza und Moritatio derweil von der Tür weggezogen hatten. Sein Blut bildete eine große Lache auf dem Boden.
"Schnauze!", befahl Richeza. "Fesselt sie!" Sie wies mit dem Kopf auf eine Reitpeitsche, die über einem der Betten hing. "Und stopft ihr was in den Mund!"
Ohne die anderen weiter zu beachten, verließ sie den Raum. Irgendwo in der Burg begann eine Alarmglocke zu läuten. Auch das noch, man hatte das Rufen wohl gehört!
Richeza öffnete einige der anderen Türen auf dem Gang, betrat eine der Kammern. Einen Moment lang lehnte sie sich an die Wand, schloss die Augen und rieb sich die Nasenwurzel. "Er oder wir", murmelte sie. "Er oder wir. Was sollte ich tun?" Sie starrte auf die Klinge, von der das Blut auf den Boden tropfte, und wischte sie an ihrer Hose ab.
In der Truhe zwischen den beiden Betten fand sie, was sie suchte: Kleider. Wollhosen, Leinenhemden, einfach, aber trocken. Mal wieder zu groß, aber damit musste sie leben. Rasch zog sie sich um und kehrte in die größere Kammer zurück.
"Hier!" Sie warf zwei Hemden und zwei Hosen auf eines der Betten. Die Hosen würden Moritatio zu kurz sein und der breitschultrige Raúl sähe in dem Hemd wahrscheinlich aus wie ein gestopftes Huhn, aber vielleicht waren ihnen trockene Sachen ja auch lieber?
Die Männer hatten die Frau inzwischen an Händen und Füßen mit Lederriemen gefesselt und ihr einen Tuchstreifen um den Mund gebunden.
Richeza zog eine Decke vom Bett, schlug den Toten darin ein und nickte Moritatio zu. "Schiebt ihn unter eines der Betten!" Dann ließ sie die nassen Kleider fallen, wischte das Blut auf, so gut es ging und schob die dreckigen Lumpen mit dem Fuß unter das andere Bett. Noch immer läutete die Glocke. Durch das winzige Fensterloch hoch unter der Decke floss Regen herein und rann an der Wand herab.
Richeza zupfte sich an der Unterlippe und versuchte nachzudenken. Aber in ihrem Kopf dröhnte die Glocke, hohl und schmerzhaft, und die Gedanken flohen wie Wolken im Wind.
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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]
Moritatio betrachtete die von Raúl gefangene Rothaarige einen kurzen Moment lang. "Hm - ihre Sachen, ihr Wappenrock! Richeza! Sie ist fast genauso klein wie d ... ähm, ich meine - also du und die da - ihr habt fast dieselben Proportionen! Vielleicht solltest du dich als eine der ihren tarnen und dich so hinaus wagen - meinetwegen auf den Wehrgang. Wenn du einen Helm dazu aufziehst, den ich dir besorgen kann, und die anderen nur deinen Rücken sehen, dann könntest du vielleicht an ihrer Stelle durchgehen ..."
"Haltet eure Mäuler, ihr Rebellenschweine!", antwortete ihm die Gefangene anstatt seine Cousine voller Hass. Irgendwie hatte sie es geschafft, das Tuch von ihrem Mund zu streifen. "Wir kennen uns alle sehr genau, und diese Zwergin mit dem Narbengesicht wird im Leben keiner für mich halten! Wenn die Commandanta euch in die Finger bekommt, werdet ihr alle einen Kopf kürzer gemacht und dann draußen an den Zinnen aufgehängt, damit die Krähen eure Kadaver fressen können, dreckiges Mörderpack!"
Moritatio ging sofort vor ihr in die Hocke und presste ihr wütend und grob seine Rechte auf den Mund: "Halt selbst den Rand, hörst du, Rotfuchs? Das Mörderpack seid ihr, denn ihr dient der größten Schurkin von allen! Das hier ist unsere Burg und du und deinesgleichen, ihr habt hier absolut nichts verloren!" 
Er stopfte ihr einen der Lumpen als Knebel in den Mund und zerrte das Tuch wieder vor ihr Gesicht. Anziehen wollte er nichts von den Sachen - lieber wollte er ein pudelnasser Hofjunker bleiben, als sich in einen trockenen Rustikal zu verwandeln.
"Mich wundert, dass jemand sofort die Alarmglocke am rechten Torturm läutet, weil diese Kebse hier unten im Keller herumschreit - das kann man bei diesem Sturm unmöglich bis dort vorne gehört haben! Der Alarm muss irgendetwas anderem als uns gelten. Zumindest hoffe ich das! Los! Dort hinten in die entgegengesetzte Richtung raus! Dort geht es in die Waschküche und von dort aus notfalls wieder ins Freie!"
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'''Autor:''' [[Benutzer:von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Richeza betrachtete die Gefangene noch eine Weile und prüfte, ob Moritatio den Knebel diesmal fest genug angebracht hatte. "Das mit deinem Freund tut mir leid", sagte sie leise zu der Frau und nickte in Richtung des Toten unter dem Bett. "Aber wenn du uns Probleme machst, leistest du ihm schneller Gesellschaft, als dir lieb ist."
Die Frau starrte sie wütend an und würgte, ob der Wolle in ihrem Mund.
Richeza trat von ihr zurück, stopfte ein paar Lebensmittel in ein Hemd, klemmte sich das Bündel unter den Arm und folgte den Männern zur Tür.
"Mmmmhmmmhmmm!", machte die Frau. Solange es regnete und stürmte, würde sie niemand hören. Trotzdem drehte sich Richeza an der Tür noch einmal um.
"Besser, du verhältst dich still und versuchst, ruhig zu atmen", sagte sie kühl, "wenn du kotzen musst, wirst du ersticken." Damit schloss sie die Tür hinter sich und schloss rasch zu Moritatio und Raúl auf.
Die Waschküche war ein großer karger Raum, in dem Bottiche und Eimer über den Boden verteilt standen. An einer Wand befand sich ein gemauerter Ofen mit einer Wanne, in dem man Wasser erhitzen konnte, daneben lehnten Waschbretter, Bürsten und Bleuel an der Wand. Einige Laken, Decken und ein paar wenige Kleidungsstücke hingen an Leinen von der Decke.
Richeza stieß ein Stück Seife in die Abflussrinne, um nicht darauf auszurutschen, denn auch hier rann Regenwasser durch die hoch gelegenen Fenster und durch die halb geöffnete Tür in der gegenüberliegenden Wand plätscherte ein ganzes Rinnsal die Treppe vom Hof herab und bildete große Pfützen auf dem Boden.
Richeza trat zur Tür und spähte durch den Spalt die steile Treppe hinauf. Auf dem Bergfried brannte der Fahnenmast, in den offenbar der Blitz eingeschlagen hatte. Der heftige Regen würde das Feuer bald löschen, aber der Blitz hatte Teile des Mauerwerks weggesprengt, und im obersten Stockwerk, wo sich die Waffenkammer ihrer Tante befand, klaffte ein tiefer Riss. Ein paar Selaquer Gardisten rannten über den Hof, einer stolperte, weil sein triefend nasser Wappenrock an seinen Beinen klebte, und er fiel der Länge nach in eine Pfütze. 
Richeza trat zurück in den Raum. "Da können wir jetzt nicht rauf. Auf dem Hof sind Soldaten."


'Rondra', betete sie, 'lass meine Tante bald hier sein!' Aber wie konnte sie hoffen, dass die Göttin sie erhörte, wo sie doch gerade hinterrücks einen unbewaffneten Mann getötet hatte?