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(Beiträge: Steve/Scheffelstein) |
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Richeza zupfte sich an der Unterlippe und versuchte nachzudenken. Aber in ihrem Kopf dröhnte die Glocke, hohl und schmerzhaft, und die Gedanken flohen wie Wolken im Wind. | Richeza zupfte sich an der Unterlippe und versuchte nachzudenken. Aber in ihrem Kopf dröhnte die Glocke, hohl und schmerzhaft, und die Gedanken flohen wie Wolken im Wind. | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]] | |||
Moritatio betrachtete die von Raúl gefangene Rothaarige einen kurzen Moment lang. "Hm - ihre Sachen, ihr Wappenrock! Richeza! Sie ist fast genauso klein wie d ... ähm, ich meine - also du und die da - ihr habt fast dieselben Proportionen! Vielleicht solltest du dich als eine der ihren tarnen und dich so hinaus wagen - meinetwegen auf den Wehrgang. Wenn du einen Helm dazu aufziehst, den ich dir besorgen kann, und die anderen nur deinen Rücken sehen, dann könntest du vielleicht an ihrer Stelle durchgehen ..." | |||
"Haltet eure Mäuler, ihr Rebellenschweine!", antwortete ihm die Gefangene anstatt seine Cousine voller Hass. Irgendwie hatte sie es geschafft, das Tuch von ihrem Mund zu streifen. "Wir kennen uns alle sehr genau, und diese Zwergin mit dem Narbengesicht wird im Leben keiner für mich halten! Wenn die Commandanta euch in die Finger bekommt, werdet ihr alle einen Kopf kürzer gemacht und dann draußen an den Zinnen aufgehängt, damit die Krähen eure Kadaver fressen können, dreckiges Mörderpack!" | |||
Moritatio ging sofort vor ihr in die Hocke und presste ihr wütend und grob seine Rechte auf den Mund: "Halt selbst den Rand, hörst du, Rotfuchs? Das Mörderpack seid ihr, denn ihr dient der größten Schurkin von allen! Das hier ist unsere Burg und du und deinesgleichen, ihr habt hier absolut nichts verloren!" | |||
Er stopfte ihr einen der Lumpen als Knebel in den Mund und zerrte das Tuch wieder vor ihr Gesicht. Anziehen wollte er nichts von den Sachen - lieber wollte er ein pudelnasser Hofjunker bleiben, als sich in einen trockenen Rustikal zu verwandeln. | |||
"Mich wundert, dass jemand sofort die Alarmglocke am rechten Torturm läutet, weil diese Kebse hier unten im Keller herumschreit - das kann man bei diesem Sturm unmöglich bis dort vorne gehört haben! Der Alarm muss irgendetwas anderem als uns gelten. Zumindest hoffe ich das! Los! Dort hinten in die entgegengesetzte Richtung raus! Dort geht es in die Waschküche und von dort aus notfalls wieder ins Freie!" | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
Richeza betrachtete die Gefangene noch eine Weile und prüfte, ob Moritatio den Knebel diesmal fest genug angebracht hatte. "Das mit deinem Freund tut mir leid", sagte sie leise zu der Frau und nickte in Richtung des Toten unter dem Bett. "Aber wenn du uns Probleme machst, leistest du ihm schneller Gesellschaft, als dir lieb ist." | |||
Die Frau starrte sie wütend an und würgte, ob der Wolle in ihrem Mund. | |||
Richeza trat von ihr zurück, stopfte ein paar Lebensmittel in ein Hemd, klemmte sich das Bündel unter den Arm und folgte den Männern zur Tür. | |||
"Mmmmhmmmhmmm!", machte die Frau. Solange es regnete und stürmte, würde sie niemand hören. Trotzdem drehte sich Richeza an der Tür noch einmal um. | |||
"Besser, du verhältst dich still und versuchst, ruhig zu atmen", sagte sie kühl, "wenn du kotzen musst, wirst du ersticken." Damit schloss sie die Tür hinter sich und schloss rasch zu Moritatio und Raúl auf. | |||
Die Waschküche war ein großer karger Raum, in dem Bottiche und Eimer über den Boden verteilt standen. An einer Wand befand sich ein gemauerter Ofen mit einer Wanne, in dem man Wasser erhitzen konnte, daneben lehnten Waschbretter, Bürsten und Bleuel an der Wand. Einige Laken, Decken und ein paar wenige Kleidungsstücke hingen an Leinen von der Decke. | |||
Richeza stieß ein Stück Seife in die Abflussrinne, um nicht darauf auszurutschen, denn auch hier rann Regenwasser durch die hoch gelegenen Fenster und durch die halb geöffnete Tür in der gegenüberliegenden Wand plätscherte ein ganzes Rinnsal die Treppe vom Hof herab und bildete große Pfützen auf dem Boden. | |||
Richeza trat zur Tür und spähte durch den Spalt die steile Treppe hinauf. Auf dem Bergfried brannte der Fahnenmast, in den offenbar der Blitz eingeschlagen hatte. Der heftige Regen würde das Feuer bald löschen, aber der Blitz hatte Teile des Mauerwerks weggesprengt, und im obersten Stockwerk, wo sich die Waffenkammer ihrer Tante befand, klaffte ein tiefer Riss. Ein paar Selaquer Gardisten rannten über den Hof, einer stolperte, weil sein triefend nasser Wappenrock an seinen Beinen klebte, und er fiel der Länge nach in eine Pfütze. | |||
Richeza trat zurück in den Raum. "Da können wir jetzt nicht rauf. Auf dem Hof sind Soldaten." | |||
'Rondra', betete sie, 'lass meine Tante bald hier sein!' Aber wie konnte sie hoffen, dass die Göttin sie erhörte, wo sie doch gerade hinterrücks einen unbewaffneten Mann getötet hatte? | |||
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