Chronik.Ereignis1037 Der fürstliche Cronrat 01: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Almada Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Keine Bearbeitungszusammenfassung
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 51: Zeile 51:
Kurz schweifte dort sein Blick über seine angetretene Garde, ehe er seinen Leuten zufrieden zunickte. Dann setzte er den Stiefel in den Steigbügel des von einem Pferdeknecht gehaltenen Rosses um schwungvoll aufzusitzen. Seine jüngere Schwester [[Rashida di Vascara|Rashida}}, gleichfalls hoch zu Ross und mit dem Banner der Vascaras in der Hand, ritt an seine Seite. „Na, aufgeregt, Bruderherz?“, feixte sie.  
Kurz schweifte dort sein Blick über seine angetretene Garde, ehe er seinen Leuten zufrieden zunickte. Dann setzte er den Stiefel in den Steigbügel des von einem Pferdeknecht gehaltenen Rosses um schwungvoll aufzusitzen. Seine jüngere Schwester [[Rashida di Vascara|Rashida}}, gleichfalls hoch zu Ross und mit dem Banner der Vascaras in der Hand, ritt an seine Seite. „Na, aufgeregt, Bruderherz?“, feixte sie.  


„Niemals“, gab er ruhig zurück, wiewohl sie beide wussten, dass dies gelogen war. Wobei Aufregung wohl nicht ganz das rechte Wort war. Sie wussten beide, dass es ihm an Geduld für derlei Gesellschaften mangelte, und nur zu gerne hätte er dies alles seiner Schwester, die sich ohnehin bevorzugt um die verwaltungstechnischen Details der Familiengüter kümmerte, und seinem ungleich diplomatischeren Vater überlassen. Doch war nun einmal er der Junker und Soberan, und am Ende war es schließlich auch er, der in den [[Cronrat]] wollte. Der Cronrat. Welchen Floh hatte ihm Morena da nur ins Ohr gesetzt. Morena…
„Niemals“, gab er ruhig zurück, wiewohl sie beide wussten, dass dies gelogen war. Wobei Aufregung wohl nicht ganz das rechte Wort war. Sie wussten beide, dass es ihm an Geduld für derlei Gesellschaften mangelte, und nur zu gerne hätte er dies alles seiner Schwester, die sich ohnehin bevorzugt um die verwaltungstechnischen Details der Familiengüter kümmerte, und seinem ungleich diplomatischeren Vater überlassen. Doch war nun einmal er der Junker und [[Soberan]], und am Ende war es schließlich auch er, der in den [[Cronrat]] wollte. Der Cronrat. Welchen Floh hatte ihm Morena da nur ins Ohr gesetzt. Morena…


Sachte drückte der Junker seinem Ross die Fersen in die Seiten, sodass sich der Zug in Bewegung setzte, seine Schwester zu seiner Rechten, um die Gäste noch vor dem sanften Anstieg hinauf zum Gutshof zu empfangen.
Sachte drückte der Junker seinem Ross die Fersen in die Seiten, sodass sich der Zug in Bewegung setzte, seine Schwester zu seiner Rechten, um die Gäste noch vor dem sanften Anstieg hinauf zum Gutshof zu empfangen.

Version vom 26. April 2014, 11:24 Uhr

Junkergut Tyras, 27. Praios 1037 BF

Auf der Reichsstraße (früher Abend)

Autor: León de Vivar

„Zum letzten Mal, Rascal! Benimm dich gefälligst!“ Amando Dhachmani de Vivar, Städtischer Kämmerer Punins und Cronrat Seiner Durchlaucht des Almadanerfürsten, zerrte seinen Sohn vom Fenster fort und drückte ihn neben sich auf die gepolsterte Bank der Reisekutsche. „Habe ich dir nicht gesagt, dass du keine Steine nach den Leuten schießen sollst?“

„Aber es sind doch nur Fellachen, Vater!“, rief der Dreizehnjährige aus und umklammerte die Zwille, mit der er im Vorbeifahren auf die kurzgeschorenen Leibeigenen am Straßenrand gezielt hatte, die unter der Sommersonne die letzten Garben aufsammelten.

„Fellachen, die einen Herrn haben. Er wird aus ihrem Gemurmel und Getuschel heraushören, wie frechlich Rascal de Vivar y Viryamun mit seinen Schutzbefohlenen umgesprungen ist, und bei sich denken, dass die Vivar sich über ihn und seinen Besitz lustig machen. Das wäre schlecht; schließlich sind wir hier, um mit diesem Herrn Geschäfte machen. Also steck die vermaledeite Schleuder endlich weg oder ich nehme dir fort!“ Drohend erhob er die Rechte.

Rascal verstaute umständlich die Zwille in seiner Rocktasche, verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust und suchte mit seinen Blicken Hilfe bei den anderen Mitreisenden. Amir ibn Saiman, der ergraute Leibdiener seines Vaters, tat jedoch, als hätte er nichts gesehen und gehört. Auch die gemütliche Zaya tat sich, obwohl nur vier Jahre älter als Rascal, mit den Erwachsenen gemein und nickte gravitätisch zu den Worten Dom Amandos. Nur sein Halbbruder Rondrigo, der auf Zayas Schoß saß, bot ihm strahlend seine Zuckerstange an: „Ra'ca Sucka haben?“

Rascal schnitt zur Antwort eine Grimasse, die Rondrigo erschreckte und mit seinen Patschehändchen an Zayas weicher Brust Hilfe suchen ließ.

Dom Amando seufzte und blickte aus dem rechten Fenster. Die Kutsche ratterte und polterte über die Reichsstraße, an den Feldern des Weißen Ragatien vorbei, wo Fellachen und Wanderarbeiter die letzten Weizengarben einsammelten. Dahinter erhoben sich sanft geschwungenen Dubianer Höhen, so weit das Auge reichte mit reifendem Obst und Wein bedeckt, und irgendwo dahinter, verdeckt von bauschigen Wolken, dräute der Raschtulswall. Er hatte sich auf die Ausfahrt gefreut. Hinaus aus dem in der Sommerhitze glühenden und stinkenden Punin, die städtischen Aufgaben für eine Weile ruhen lassen, und sich an der Landluft und dem einfachen Landleben erquicken. Vielleicht hätten Odina und er ohne die Kinder reisen sollen? Zu zweit, auf Rössern, mit leichtem Gepäck, und nicht darauf achtend, ob ein weiches Bett oder ein Heuschober ihr Nachtlager war, solange sie sich gegenseitig wärmen konnten? So hatten sie es in Inostal des Öfteren und bisweilen auch noch in Urbasi getan. Eines Stadtkämmerers war ein solches Verhalten jedoch nicht mehr würdig, und so reiste Dom Amando standesgemäß in der Kutsche, während Odina und Isha, Rascals Zwillingsschwester, begleitet von vier kräftigen Khunchomer Doppelsöldnern, vorneweg ritten.

Einer von diesen zeigte sich nun am Kutschenfenster und sagte auf Tulamidya: „Wir sind bald da, ya Sayyidi![1]

Erleichtert beugte sich Dom Amando vor und signalisierte Rascal, dass auch er nun wieder durchs Fenster blicken dürfe. Der Knabe schmollte aber immer noch und rührte sich nicht vom Fleck. Als die Pferde auf eine Zypressenallee einbogen, erhaschte der Kaufherr einen Blick auf seine junge Gemahlin. Rondragleich und mit offenem braunem Haar ritt sie durch die geradlinigen Baumreihen an Ölpressen und Kornmühlen vorbei auf eine Ansammlung weiß getünchter Häuser zu. Jenseits des Weilers schmiegte sich das heutige Ziel ihrer Reise in den Hang des höchsten aller Weinberge – ein großer Gutshof aus Naturstein, überragt von einem gedrungenen Turm und umgeben von terrassierten Wein- und Obstgärten, welcher der Stammsitz der alten Familia Vascara war.

Der Rinderjunker Rasdan di Vascara war einer von mehreren altadligen Magnaten, die unter der Ägide des Mondenkaisers von einem privilegierten Zugang zum Hofe profitiert hatten, deren Häupter nach der Rückkehr Almadas unter die Herrschaft der Kaiserin jedoch bedenklich gewackelt hatten und die nach Fürst Gwains Krönung deutliche finanzielle Einbußen hatten hinnehmen müssen. Im Falle der di Vascaras waren die Einnahmen aus dem Verkauf von Bratochsen an den Eslamidenhof vollständig zusammengebrochen. Als die Kaiserin im Tsamond auf Cumrat ihre Verlobung mit dem Markgrafen von Perricum bekannt gegeben hatte und für den Efferd 1037 ein großes Hochzeitsfest ankündigte, hatte Dom Rasdan schnell begriffen, dass er bei der Zahlung des kaiserlichen Brautgeldes um keinen Preis hintan stehen dürfe. So war er, wie andere auch, im Perainemond im Handelshaus Dhachmani vorstellig geworden und hatte um einen Kredit über eine mittelgroße Summe Goldes gebeten.

Amando Dhachmani de Vivar hatte diesen großzügig gewährt, ohne genauer nach den Einkünften des Junkers zu fragen. Doch nun war Erntezeit, und der Kaufherr wollte sicherstellen, dass Dom Rasdan ordentlich wirtschaftete und bei der Gelegenheit überprüfen, ob sich der Schuldner nicht in einen Lieferanten verwandeln ließe. Auch über die politischen Ambitionen des Junkers würde zu sprechen sein. Er lächelte selbstzufrieden.

Muuuuuh!“ Lautes Gezeter und das Gebrüll einer Kuh schreckten ihn aus seinen Gedanken. Ein Ruck schüttelte die Insassen durch und die Kutsche hielt abrupt an. „Was, bei Phexens Sternenschweif –?“ In die Kutschenwand zu seiner Linken hatte eine schnaubende Kuh ihre Hörner gebohrt und starrte mit großen, blutunterlaufenen Augen durch das Fenster auf Rascal. Ihr Haupt war mit Blumen und Ähren geschmückt, aber vollkommen mit Blut besudelt.

Aus Rascals Gesicht dagegen war alles Blut gewichen. Die Zwille hielt er in der Linken. „Ich habe doch nur... das Biest... so schnell... Vater, es will mich aufspießen!“, stammelte er entgeistert.

Sein Vater versuchte über den Kuhkopf hinweg nach draußen zu sehen, erkannte aber nur einen großen Heuwagen. Von draußen hörte er noch weitere Rinder verärgert brüllen und Menschen drohend fluchen. Rondrigo schrie in höchsten Tönen, Zaya presste ihn eng an sich und Amir versuchte vergeblich, mit dem Sitzpolster zu verschmelzen. Irgendwer trampelte um die Kutsche herum. Da wusste Dom Amando Bescheid: Ein Überfall! „Z-zu Hülf! Odina, zu Hülf!“

Odina di Salsavûr war mit ihrer Stieftochter Isha vorneweg geprescht um mit ihr bis zur Plaza des Dorfes um die Wette zu galoppieren. Als sie nun die Stimme ihres Gemahls vernahm und in Sorge ihr Ross wendete, wurde sie eines seltsamen Anblicks gewahr. Der von vier weißen Kühen gezogene Heuwagen, dem sie zuvor auf den Feldern keine weitere Beachtung geschenkt hatte, hatte die Reisekutsche ihres Mannes gerammt und zum Stehen gebracht. Der Wagen war voller Ähren. Die vier Khunchomer Mercenarios waren von mehreren Dutzend Rustikalen und Fellachen umringt, die wutentbrannt auf sie einschimpften und ihre Sensen und Sicheln in die Höhe reckten.

„Bei den Zwölfen! Die Rustikalen werden Vater umbringen! Wir müssen ihm beistehen!“, rief Domnatella Isha und griff nach ihrem Langdolch.


Autor: Der Sinnreiche Junker

Manchmal beneidete Rasdan di Vascara seinen Lehnsherrn. Kritisch rückte er sein Wams beim Blick in den Spiegel zurecht. Gemeinhin kleidete er sich vornehmlich in Weiß und Schwarz, wobei das Weiß die günstigere Variante des Silbers im Familienwappen war. Für besondere Anlässe aber geziemte es sich die sündhaft teuren Stoffe aus Silberbrokat hervor zu holen. Der Herr Baron, dessen Wappen umgekehrt Silber auf Schwarz zeigte, hatte es da wesentlich besser, da er lediglich schwarze Stoffe mit etwas Silber kombinieren musste.

Nachdem der Junker mit dem Sitz seiner Kleidung zufrieden war, griff er in die Schmuckschatulle und schob je einen Rubinring über Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand, Symbol für die beiden roten Augen des Stieres in seinem Wappen. Mochte sein Besuch aus Punin ruhig sehen, dass die Vascaras keine armen Schlucker waren. In diese Kerbe schlugen auch die unten gerade hörbar antretenden Kämpfer. Sollten sie ruhig sehen, dass sich der Junker ein Dutzend Reisige leisten konnte.

Sein Vater, Banilo III. di Vascara, Alt-Junker zu Tyras, hatte ihm freilich davon abgeraten. „Dom Amando ist ein Kaufherr“, hatte er geraten. „Handel gedeiht im Frieden, sodass Kaufherren häufig wenig übrig haben für Militär und Krieg. Gut möglich, dass sich eine solche Demonstration ins Gegenteil verkehrt.“ War es die richtige Entscheidung gewesen, seine Leute dennoch antreten zu lassen?

Während Rasdan di Vascara noch grübelte, klopfte es an der Türe. Ein Diener trat ein und verneigte sich. „Sie kommen, Herr.“

Vom Wohnturm aus konnte man weit ins Land sehen, und für heute war keine weitere Reisegesellschaft angekündigt, die von der Reichsstraße II auf die Zypressenallee hin zum Junkergut einbiegen würde. „Lass mein Ross vorführen“, befahl der Junker, warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel und begab sich dann auf den Weg nach unten.

Kurz schweifte dort sein Blick über seine angetretene Garde, ehe er seinen Leuten zufrieden zunickte. Dann setzte er den Stiefel in den Steigbügel des von einem Pferdeknecht gehaltenen Rosses um schwungvoll aufzusitzen. Seine jüngere Schwester [[Rashida di Vascara|Rashida}}, gleichfalls hoch zu Ross und mit dem Banner der Vascaras in der Hand, ritt an seine Seite. „Na, aufgeregt, Bruderherz?“, feixte sie.

„Niemals“, gab er ruhig zurück, wiewohl sie beide wussten, dass dies gelogen war. Wobei Aufregung wohl nicht ganz das rechte Wort war. Sie wussten beide, dass es ihm an Geduld für derlei Gesellschaften mangelte, und nur zu gerne hätte er dies alles seiner Schwester, die sich ohnehin bevorzugt um die verwaltungstechnischen Details der Familiengüter kümmerte, und seinem ungleich diplomatischeren Vater überlassen. Doch war nun einmal er der Junker und Soberan, und am Ende war es schließlich auch er, der in den Cronrat wollte. Der Cronrat. Welchen Floh hatte ihm Morena da nur ins Ohr gesetzt. Morena…

Sachte drückte der Junker seinem Ross die Fersen in die Seiten, sodass sich der Zug in Bewegung setzte, seine Schwester zu seiner Rechten, um die Gäste noch vor dem sanften Anstieg hinauf zum Gutshof zu empfangen.


  1. Tul.: "Mein Herr!"


Chronik:1037
Der fürstliche Cronrat
Teil 04