YB33 Punipan für alle

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Erschienen in den Meldungen des Hauses Yaquirblick Nô 33
Rahja 1030 BF (2 Hal II.)


Des Reiches Kanzler duelliert sich im Caralus-Stadion![Quelltext bearbeiten]

REICHSCAPITALE PUNIN. Nie wird Punin den 20. Rahja 1030 BF vergessen. Denn niemals zuvor wurde ein so denkwürdiges Duell im Caralus-Stadion ausgetragen, nicht einmal während der Eröffnungsfeier des Stadions, bei dem Skorpion Punin die Kusliker Kavaliere mit legendären 17:9 besiegte.

An jenem Rahjatag nämlich war das Stadion Schauplatz der Begegnung zwischen einer der besten Fechterinnen des Landes – und zugleich einer der schönsten – mit niemand Geringerem als dem Kanzler Almada und des Reiches höchstselbst. Bis aufs zweite Blut forderte Ihre Wohlgeboren Domna Richeza Aldonaza von Scheffelstein seine Exzellenz Rafik Listhelm Maldonado von Taladur ä. H. Gerüchteweise hatte der Kanzler die Ragatische Furie erzürnt, als er ihr unterstellte, während ihrer Gefangenschaft in der Festung des Beys von Fercaba dem Werben des Beys gewiss nachgegeben und sich auf ein intimes Techtelmechtel eingelassen zu haben.

Der Kanzler hatte die beiden Handschuhe der Domna entgegen genommen und ihr die Wahl der Waffe überlassen, sich dafür jedoch die Wahl des Austragungsortes und des Zeitpunkts vorbehalten, über die er die Domna kurzfristig informieren würde.

Der Streit zwischen den beiden Mitgliedern der Nobleza hatte sich während der "Schatzsuche" derselben zugetragen, über die in dieser Ausgabe bereits berichtet wurde (s. S. 8). Während derselben hatte sich Dom Rafik nicht nur den Zorn der hübschen Domna zugezogen, sondern auch den seiner übrigen Reisegefährten, so dass nicht nur Seine Wohlgeboren Boraccio Eslam D'Altea Domna Richeza seine Sekundanz zusagte – was niemanden überrascht, wenn man den jüngsten Gerüchten glauben darf (s. S. 18). Nein, auch Seine Hochgeboren Danilo Caer Donn, Baron von Cres, soll der Domna seine Unterstützung angetragen haben. Verwunderlicher als Name und Rang der Sekundanten ist jedoch, dass die Domna diese nicht ablehnte – wie es doch sonst ihrer stolzen Natur entspricht.

Dom Rafik ließ seine Kontrahentin für den 20. Rahja nach Punin zur Kanzlei bestellen, wo er sie und Ihren Sekundanten, den Junker von Aracena, empfing. Domna Richezas zweiter Sekundant, der Baron von Cres, hatte sich wegen einer unschönen Unpässlichkeit, über die uns an dieser Stelle zu schweigen gebietet, entschuldigen lassen. Mehr noch als dies aber dürfte die Domna die Sekundantenwahl des Kanzlers geschmerzt haben, stand diesem doch kein anderer zur Seite als der Marschall Almadas, Dom Gwain Isonzo von Harmamund, der Domna Richeza im Rahja 1026 BF in Omlad hatte arretieren und im Rondra 1027 BF als Hochverräterin vor das Königliche Hofgericht hatte führen lassen (Wie auch den anderen mutmaßlichen Mitgliedern der berüchtigten "Hüter des Almadin" hatte man der Domna jedoch nichts nachweisen können und sie mit halber Ehre entlassen. Der Yaquirblick berichtete in Ausgabe 27).

Der Unmut der Domna dürfte sich noch gesteigert haben, als der Kanzler sie und die Sekundanten zum Austragungsort des Gefechts führte. Beim Anblick des Caralus-Stadions scherzte Domna Richeza noch, der Kanzler hoffe wohl, die Kunde von seiner Niederlage werde die dicken Mauern des Stadions nicht durchdringen. "Wir werden sehen!", erwiderte Dom Rafik lächelnd, und wahrlich, das Spotten verging der Domna, als sie gewahr wurde, dass das Stadion mitnichten leer war, ja, dass der Kanzler sogar jene Eintritt zahlen ließ, die in Scharen herbeiströmten, um Zeugen des Spektakels zu werden.

Donnernder Applaus empfing die Duellanten, als sie in der Arena Aufstellung nahmen. Doch bevor die Sekundanten den Kampf beginnen ließen, wandte sich der Kanzler an die gebannten Zuschauer – und ein Herold (wohl ein Scharlatan mit magisch verstärkter Stimme) verkündete laut seine Worte, dass alle sie hören konnten.

"Hoch verehrte Domnas y Doms, geschätzte Bürgerinnen und Bürger, liebe Kinder", begann Dom Rafik seine ergreifende Rede. "Wir sind heute hier zusammengekommen, nicht nur, um einem Ehrenduell zwischen meiner Person und der hinreißenden Domna Rinaya ... Richeza von Scheffelstein beizuwohnen, sondern auch, um all jenen zu gedenken, die diesen Tag nicht mehr mit uns erleben dürfen. Ihr mögt Euch wundern, welch eigenartige Umstände ich für diesen Hader wählte, doch nichts anderes als Demut bewog mich zu diesem Schritt: Demut vor jenen, die ihr Leben für Almada gaben."

Beifall und Jubel folgten seinen Worten, bis der Kanzler mit erhobener Hand dem Lärmen Einhalt gebot. "Die Heimesnacht zu Eslamsgrund hat mich gelehrt, dass man das Leid und Elend, das der Krieg über unseres, aber auch andere Lande gebracht hat, nicht übersehen darf. Und so bin ich gewillt, mein Blut für Almada zu lassen." Der Kanzler warf einen vielsagenden Seitenblick auf seine Kontrahentin, deren Gesicht ein Bild schlecht verhaltenen Zorns war. "Viele Almadanis haben ihre geliebten Verwandten vor Wehrheim verloren, und viele Vermisste wurden nie widergefunden. Manche, so heißt es, seien gar zu unheiligem Leben wiederaufgestanden" – er schlug ein Boronrad – "oder Leichenfressern zum Opfer gefallen. Und so soll jeder Kreuzer, jeder Heller, jedes Silberstück – und wenn ihr mögt: jeder Dukat – die Ihr als Eintritt zahltet oder freiwillig noch zu geben bereit seid, den treuen Rittern des Ordens des Heiligen Golgari zugeführt werden, auf dass diese dem unheiligen Treiben in der Wildermark ein Ende setzen und vielleicht noch die eine oder andere almadanische Seele in Borons Reich heimführen können."

Domna Richeza reckte sich zu ihrem Sekundanten empor und sprach etwas zu ihm, das im donnernden Applaus der Menge unterging. Auch der Junker zu Aracena blickte finster drein, während der Kanzler sich feiern ließ und der Marschall Almadas mit unbewegtem Gesicht über die Zuschauer hinwegsah. Dom Rafik schritt nun zurück in die Mitte der Arena, gefolgt nicht nur vom Herold, sondern auch von einer jungen Heilmagierin, zwei Dienstmädchen sowie – man staune! – dem Leibmedicus unseres geliebten Kaisers, Seiner Majestät Hal II., Radobard Winhaller.

Der Herold verkündete die Regeln des Duells: Aufs zweite Blut werde es geführt, also bis einer der Kontrahenten nicht mehr fähig sei, weiterzukämpfen. Das Töten des Gegners sei ebenso wenig erlaubt wie unlautere Mittel, allen voran die Zauberei. Die Sekundanten hätten auf die Einhaltung der Regeln zu achten, aber auch darauf, dass keiner der Kombattanten ums Leben käme.

Endlich konnte das Duell beginnen – nicht bevor der Kanzler jedoch die Menge zu erneutem Beifall ermutigte. Den ersten, eher beiläufig geführten Hieben Domna Richezas vermochte Dom Rafik mühelos auszuweichen, dann aber prallten die Raufedegen mit Wucht aufeinander, Funken stoben, und der Terzbügel der Scheffelsteinschen Waffe zersplitterte. Im Rückwärtsstolpern versuchte die Domna einen Angriff, der aber weit fehlte.

Beinahe, erklärte der Herold der aufgeregten Menge, hätte Seine Exzellenz die Domna getroffen, die wohl in keiner zu guten Verfassung sei, und er hoffe, dass sie dem Kanzler nicht ebenso unterlegen sei wie ihre Waffe der seinen, sonst werde der Kampf zu rasch zu Ende sein und das Volk um sein Vergnügen gebracht.

Einen Augenblick sah es so aus, als wolle die Scheffelsteinerin ob dieses Kommentars auf den Herold losgehen, statt auf ihren Gegner, doch dann überlegte sie es sich anders und machte einen raschen Ausfall. Ein Aufschrei des Entsetzens ging durch die Menge, als ihre Klinge auf Herzhöhe durch den ledernen Brustschutz Dom Rafiks stieß und dieser von der Wucht des Aufpralls zu Boden geworfen wurde. Die Domna setzte nach, doch Dom Gwain gebot ihr Einhalt, schien es doch, als wolle sie dem Gestürzten den Todesstoß versetzen. Dieser rappelte sich auf, griff unter sein Wams und zog ein verbogenes Amulett hervor, das, wie der Herold den jubelnden Zuschauern verkündete, einen Fuchskopf zeigte.

"Preiset den Listenreichen!", rief der Kanzler, küsste den Talisman und warf ihn in die tobende Menge, in der sich sogleich junge Bürgerstöchter und -söhne darum zu balgen begannen. Kanzleidiener schritten durch die Reihen und sammelten Spenden ein, die nun reichlich zu fließen begannen.

Der Harmamund gab den Weg frei zum Weiterkämpfen, und Dom Rafik zögerte keinen Moment mit seinem Angriff, der jedoch abgewehrt wurde. Ein neuerlicher Aufschrei, als die Riposte der Domna ihr Ziel fand und sich das edle Hemd des Kanzlers an seiner linken Schulter, just wo der Brustschurz endete, rot färbte. Dom Rafik taumelte, die Hand an seiner Wunde, doch noch immer lächelnd. "Wenn Ihr mein Herz begehrt, Teuerste", stieß er hervor, "dann sollten wir uns nicht im Kampf vereinen."

Zornig sprang die Scheffelsteinerin vor, schien aber über etwas zu stolpern, das aus dem sandigen Boden der Arena ragte, und der Kanzler hatte Zeit, sich zu fangen. Sichtbar geschwächt, ging er zum Angriff über, wurde pariert, doch bei der Riposte stolperte die Domna erneut und fiel dem Taladurer in die Arme.

"Es scheint, als begehrtet Ihr mehr als nur mein Blut, Domna", verkündete der Herold die Worte Dom Rafiks der lachenden Menge, während der Kanzler der Zurückweichenden mit einem raschen Degenstreich auf die behandschuhte Linke schlug.

Nun war es Dom Boraccio, der den Kampf unterbrechen ließ, um einen Immanschläger aus dem Boden zu ziehen – den Gegenstand, über den die Scheffelsteinerin bereits zweimal gestolpert war.

Wütend stieß Domna Richeza vorwärts, und es glich einem Wunder, dass der Kanzler ihren raschen Attacken nicht zum Opfer fiel. Links, rechts, links drehte er sein Haupt, und so verlor er in schneller Folge nur eine Haarsträhne und einen seiner Smaragdohrringe, als ihm die Degenspitze seiner Kontrahentin das Ohrläppchen zerfetzte. Weitere Hiebe folgten, die gezielt die Schnürung seines Brustschurzes auftrennten, der nutzlos zu Boden fiel. Nun endlich konnte Dom Rafik mit einer beidhändigen Parade seine Gegnerin kraftvoll zurückstoßen und etwas Raum gewinnen. Keuchend ließ er verkünden, dass er seine Locke und den Ohrring für den guten Zweck meistbietend versteigere, und eine Dienstmaid eilte herbei, die genannten Andenken aus dem Sand zu retten und den Zuschauern zu präsentieren. Während diese laut schreiend ihr Silber für diese Talismane boten, erwehrte sich der Kanzler weiterer Attacken seiner Kontrahentin. Es hieß später, eine Hofdienerin habe den Ohrring für eine horrende Summe erstanden, während Tassilo di Tornillo, einstiger Gardecapitán und stadtbekannter Held die Haarsträhne einem sicher übel meinenden Schwarzmagus weggeschnappt habe.

Das Gebrüll der Menge und die – wie sich nun herausstellte – sehr einseitig Partei ergreifenden Kommentare des Herolds schienen die hübsche Domna von Scheffelstein zunehmend aus der Fassung zu bringen, so dass Dom Rafik einen Moment ihrer Unaufmerksamkeit zu nutzen und ihr einen empfindlichen Schlag gegen das rechte Bein zu versetzen vermochte. Domna Richeza knickte ein, offenbar nicht mehr in der Lage, das Bein voll zu belasten, und der Kanzler setzte nach und traf sie an der bereits verletzten Linken.

"Ihr wisst schon, meine Liebe“", ließ Dom Rafik lachend verkünden, "dass Ihr mich heiraten müsst, wenn Ihr hier verliert." Die Zuschauer jubelten und skandierten den Namen des Kanzlers, doch die Domna konnte den schon arg keuchenden Kontrahenten noch einmal zurückschlagen – am Nachsetzen aber hinderte sie ihr verwundetes Bein.

Mehrmals prallten die Degen aufeinander, und die Reste des Terzbügels an der Waffe der Domna verbogen sich weiter.

"Wollt Ihr noch mehr Blut sehen?", rief der Kanzler übermütig – und erntete frenetischen Jubel. Allmählich aber schienen die den Tatsachen nicht immer entsprechenden Kommentare des Herolds einen Teil der Zuschauer zu erzürnen, und jemand warf einen Immanball nach dem Sprecher, der diesen am Kopf traf. Pfiffe wurden laut, als der Herold dies als Versuch der Domna wertete, den Kampf mit unlauteren Mitteln für sich zu entscheiden.

Kaum noch zu forschen Ausfällen in der Lage, stieß die Domna von Scheffelstein ihre Waffe vor – und zuckte vor Schmerz zusammen, als der zersplitterte Terzbügel sich durch ihren Handschuh in ihren Handrücken bohrte. Bleich, mit gequältem Gesicht verharrte sie, unfähig, die Waffe zu bewegen, ohne dass es diese weiter in ihr Fleisch getrieben hätte. Ihr Sekundant eilte herbei, um das Metall aus ihrer Hand zu ziehen, und als er den Handschuh entfernte, lief das Blut der Domna in Strömen über ihren Arm.

Dom Rafik schien es kaum besser zu gehen: Vornüber gebeugt stand er da, bleich, zitternd und noch immer aus seiner Schulterwunde blutend. Der Herold verkündete zögernd ein Unentschieden, erntete jedoch Pfiffe und Buhrufe, denn Domna Richeza schob ihren besorgten Sekundanten kraftlos zur Seite und nahm den Degen in ihre blutige Hand. Die Scheffelsteinerin stolperte vorwärts, ihre Hiebe nur noch wenig gezielt, und doch hatte Dom Rafik Mühe, sie zu parieren. Der Schlagabtausch glich nun eher der Rauferei zweier Betrunkener als einem Ehrenduell, aber noch wollte sich keiner geschlagen geben. Während aber dem Kanzler ob seiner Wunden schon schwindelte, zeigte die Scheffelsteinerin einen eisernen Willen. Ihren Schmerz missachtend, stieß sie vor und erwischte den Gegner in einem unbedachten Moment. Tief fuhr ihre Klinge in seine ungeschützte Brust. Als sie den Degen zurückriss, schoss eine Blutfontäne aus seiner rechten Schulter. Domna Richeza schlug dem Kanzler die Waffe aus der Hand, die samt seines zerfetzten Handschuhs durch den Sand fegte. Auf der Tribüne fielen mehrere junge Höflinge in Ohnmacht, und Bürgerstöchter kreischten und schluchzten um die Wette.

Mit leicht geöffnetem Mund ging der Kanzler in die Knie, seine Augen auf dem fahlen Gesicht seiner Gegnerin, die ihm die Degenspitze an die Kehle legte. Das Kreischen verebbte, eine atemlose Stille legte sich über das Stadion. Fahrig tastete Dom Rafik nach seiner Waffe, die viel zu weit weg lag, dann brach er zusammen.

Dom Gwain und Dom Boraccio zogen die Domna von dem Gefallenen fort, und der Herold verkündete ihren – überraschenden – Sieg. Jubel und Beifall wurden laut, aber auch das verhaltene Grollen jener Mutigen, die auf den Sieg des Kanzlers gesetzt hatten.

Der Medicus und die Heilmagierin eilten zu Dom Rafik, der schwach etwas zu dem Leibarzt des Kaisers sagte, als dieser sich zu ihm herunterbeugte. Radobard Winhaller zögerte, doch als der Kanzler ihn entschieden fortwinkte, trat er an den Herold heran, und dieser verkündete den Willen des Verwundeten.

Man solle den Sieg der Domna gebührend feiern, sagte er, und daher spendiere Seine Exzellenz, der Kanzler Almadas, in seiner Großzügigkeit "Punipan für alle!"

Als sei dies ein Stichwort gewesen, auf das man nur gewartet habe, öffneten sich einige Pforten in der Arena, und Diener brachten eine unvorstellbare Menge erlesener Süßspeisen herein, welche an die begeisterten Zuschauer verteilt wurden.

Dom Rafik hob schwach die Hand, während das Blut ihm aus Mund und Nase brach, und winkte der Menge, ehe er wohl einer Ohnmacht anheim fiel und die Heilmagierin und der Medicus um sein Leben kämpften.

Domna Richeza stand bleich, zitternd und blutend auf den Arm ihres Sekundanten gestützt, kaum fähig, sich aufrecht zu halten und fassungslos ob des Spektakels. Kaum jemand rief noch den Namen der Siegerin, denn allerorten schrie man nur "Punipan! Punipan!" und mal auch "Es lebe der Kanzler!"

Noch Tage nach dem Ereignis sprach die Stadt von nichts anderem als der Großzügigkeit des Kanzlers, nur wenige Stimmen wurden laut, die erklärten, gehört oder gesehen haben zu wollen, dass Dom Rafik am Morgen des Duells durch einen Kanzleiangestellten dem Phextempel eine unverschämt hohe Summe Kaiserdukaten habe zukommen lassen.

Kovara Londirez