YB06 Ein furioser Landtag
Erschienen in den Meldungen des Hauses Yaquirblick Nô 06
Firun 1022 BF
Landständesprecher als Dämon entlarvt - Neue Magnaten belehnt - Skandalöse Vorfälle am Rande des Zusammentritts![Quelltext bearbeiten]
KGR. ALMADA: In der Gestalt des Sprechers der Almadaner Landstände hat sich eine dämonische Entität unter die Magnaten und Großwürdenträger des Königreiches gemischt und versucht, Zwietracht und Unruhe zu sähen. Nur dem raschen Eingreifen der Heiligen Inquisition ist es zu verdanken, dass die Entlarvung der vom Schwarzen Rakolus eingeschleusten Creatur rechtzeitig durchschaut werden konnte.
Der Dämonenmeister ist geschlagen, doch seine Erben und ihre dämonischen Diener bedrohen noch immer die freien Lande. Nur wenige Wochen ist es her, da gelang es einer Handvoll Magnaten, den Sprecher der Almadaner Landstände, Alrik de Braast, aus der Gefangenschaft einer Jüngerin des Schwarzen Rakolus im transbosquirischen Blutfels zu befreien. Zunächst schien Dom Alrik bis auf einige Schrammen auch keine größeren Wunden von seiner niederträchtigen Entführung zurückbehalten zu haben; gleichwohl wirkte er aber sehr verschlossen und auch verändert auf all diejenigen, die ihn näher kannten. Doch erklärte man sich dies einstweilen mit den grauenhaften Dingen, derer er zu Blutfels gewiss ansichtig geworden war, denn die Rakolusjüngerin Mordaza Maraneta ist eine gar üble Daimonenbuhle und Schwarzmagierin. Kaum zuhause in Braast angekommen, überraschte der Landständesprecher alle mit seiner Ankündigung, seine freiwillige Kerkerhaft zu Selaque nicht wieder anzutreten. "Sollen sie doch das verfluchte Spitzohr jagen und tüchtig einbuchten!" hörten einige Personen den Baron sprechen, und waren entsetzt ob solcher Worte, denn der Landständesprecher hatte immer als Freund des Elfenbarons Danilo Caerdonnati von Cres gegolten.
Auch seinen wackeren Neffen, Dom Rondrigo de Braast, kritisierte der Soberan hart für seine unnachgiebige Haltung im monetären Streit der Waldwachter mit Punin unter diesem "wahrhaft großen Manne" womit Dom Alrik – zur allergrößten Verwunderung jedermanns – wohl Abdul Assiref meinen musste! Wie demürigend muß es für den jungen Heißsporn Rondrigo gewesen sein, dass sein Oheim ihn vor dem versammelten Burggesinde wie einen dummen Knappen ausschalt.
In den folgcnden Wochen machte sich Dom Alrik mit großem Eifer an die Vorbereitung der Versammlung der Almadaner Landstände am 1. Tage des Boronmondes. Niemanden ließ er in dieser Zeit an sich heran, und selbst die Kunde, daß sein zwar enterbter – aber doch wohl noch immer geliebter – leiblicher Sohn Alvaro de Braast auf dem Schlachtfeld an der Trollpforte zu Tode gekommen war, nahm er bloß mit einem ungerührten Kopfnicken zur Kenntnis.
Anfragen von Seiten der verbündeten Famiglias Viryamun, vom Berg und von Hellenwald, die gegenseitig die Positionen abstimmen wollten, welche die Waldwacht auf dem Landtage vertreten solle, wurden vom Landständesprecher erst gar nicht beantwortet, so dass sein Neffe insgeheim einiges zu tun hatte, um die verstimmten Gemüter der nachbarlichen Magnaten zu beruhigen.
Insbesondere den zukünftigen Ehegemahl seiner Nichte Tsajane, Landvogt Ansvin Ferbras von Al'Muktur, demütigte der Braaster schwer, indem er geruhte, in aller Öffentlichkeit über "geeignete Traviabundscandidaten" zu spekulieren. Der Landvogt verließ daraufhin gekränkt Burg Braast mit unbekanntem Ziel.
Als nun der Tag der Abreise gen Punin gekommen war, bestimmte der Baron zur allerseitigen Überraschung, dass sein Neffe – immerhin selbst Edler von Deokrath – ihn nicht begleiten solle, sondern statt dessen lieber zuhause bliebe, "um Haus und Hof zu bewachen". So kam es, dass der Landständesprecher, just begleitet vom diesjährig ungewohnt scharten Hereinbruch der winterlichen Tristeza, in seiner Kutsche allein nach Punin abreiste.
Dom Rondrigo aber machte sich ernsthafte Sorgen um den Geisteszustand seines Oheims, und entschied sich, dieses eine Mal nicht dessen Willen zu gehorchen, und so brach auch er hoch zu Ross in die Provinzcapitale auf.
Wer weiß, wie die Geschichte noch weiter verlaufen wäre, hätten die Guten Götter es nicht gefügt dass Dom Rondrigo auf dem eingeschneiten Waldwachter Stieg auf Dom Ansvin Ferbras traf, der ihm eine schockierende Neuigkeit verkündete: Er habe aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass die so genannten "Bel-Dechis", die hauptstädtische Diebes- und Meuchlergilde, hinter der Entführung Dom Alriks stecke, und wenn dies der Wahrheit entspräche, dann sei nur schwer vorstellbar, wieso sich Dom Alrik weiland in Blutfels befunden habe.
Möglicherweise habe man das eine oder andere Detail bei der Examinierung der Entführung übersehen. Lange überlegten die beiden Herren da, was zu tun sei, und schließlich kamen sie überein, die Hl. Inquisition in dieser Sache einzuschalten. So wandte man sich aller gebotenen Unauffälligkeit an Seine Eminenz Amando Laconda da Vanya, der zu dieser Zeit im Gilbornstempel weilte. Der hohe Inquisitionsrat nahm sofort das Heft in die Hand, und so kam es, dass sich Seine Eminenz in einer von fünf Bannstrahlrittern eskortierten Pferdesänfte in Begleitung von Dom Rondrigo und Dom Ansvin sogleich auf den Weg nach Selaque machte, um dort noch einmal die Umstände der Entführung zu rekonstruieren.
Wie es nun genau zur Aufklärung der bislang verborgen gebliebenen Details kam, entzieht sich der Kenntnis des Hauses Yaquirblick, doch es darf vermutet werden, daß der Inquisitor Mittel und Wege wußte, um auch die letzte Kleinigkeit in Erfahrung zu bringen und sie recht zu würdigen und zu deuten.
Alles deutete darauf hin, daß Dom Alrik zwar tatsächlich aus dem Karzer der Reichsfeste entführt worden war, aber es gab auch Hinweise darauf, dass sich seine Entführer noch immer in der Nähe, nämlich im benachbarten Schrotenstein aufhielten.
Schließlich wurde ebendort ein verlassener Gutshof aufgespürt, um den sich schon seit einiger Zeit – so munkelten die Ansässigen – "schwerbewaffnetes Gesindel" herumtreiben sollte.
Seine Eminenz gab den Befehl, die Scheuer des einstmaligen Edlengutes zu stürmen, und tatsächlich stieß man darin auf eine Gruppe von vier bis an die Zähne bewaffneten Schurken, die einen Mann gefangen hielten, der dem Sprecher der Almadaner Landstände zum verwechseln ähnlich sah. Es entbrannte sofort ein wildes und blutiges Gefecht, in dessen Verlauf aber die Bannstrahler und die beiden Magnaten schnell die Oberhand gewinnen konnten.
Als die vier Strolche schließlich in ihrem Blute darniederlagen, machte sich seine Eminenz daran, ihren Gefangenen, der gefesselt und an einen Pflock gekettet auf einem Strohsack lag, genauer zu examinieren. Und in der Tat musste dieser Mann hier unbestreitbar der Sprecher der Almadaner Landstände sein, Dom Alrik de Braast y Braast, denn der Interrogatio und dem lodernden Blick des Inquisitionsrates vermag kein Sterblicher zu widerstehen.
So verfinsterte sich Dom Amandos Blick, als er sprach: "Dies hier ist Dom Alrik, den wir gesucht und gefunden haben. Wer aber ist dann der Mann, der zu dieser Stunde in der Stadt des Heiligen Gilborn die Versammlung der Landstände eröffnet?"
Ein Schrecken fuhr da allen durch die Glieder, und in großer Hast brach man in die Königsstadt auf, um unheilige Vorgänge zu beenden.
Im Großen Saal der Kgl.-Gfsl. Hofkanzlei hatte der "falsche Alrik" indes den Zusammentritt der Landstände für eröffnet erklärt und sogleich einen Paukenschlag für die fast vollständig versammelten Magnaten parat: Er verlas lauthals ein Schreiben, in dem er vollkommen haltlos und ohne jeden Beweis namhafte Vertreter der Yaquirtaler Magnatenschaft zieh, ein Massaker gegen die Edelleute der Waldwacht geplant zu haben.
"Ach ja?" geiferte da Maqueda von Rebenthal zur Waldwachter Bank hinüber (denn die Großwürdenträger des Königreiches sitzen einander in altgewohnter Tradition im Sechseck gegenüber, wobei nicht nur die Magnaten Ragaths, der Südpforte, des Yaquirtals und der Waldwacht über eine eigene Bank verfügen, sondern auch die landlosen Edelleute aus Amhallas ebenso wie die Caldaier, die noch immer eine eigene, von den übrigen Ragathern separierte [halbierte] Bank besetzen).
"Tres Vacas Flacas hat doch wohl bewiesen, dass wir uns an Bergschraten wie euch gar nicht erst die Klingen besudeln müssen", fuhr der Rebenthaler fort.
"Dann lasst es doch auf einen Versuch ankommen, ihr feigen Hundsfotte!" brüllte Junker Jandor von Hellenwald echauffiert zurück. Sofort prasselte ein wahrer Hagelschauer von geschleuderten Handschuhen auf ihn nieder.
Ein Tumult brach los, bloß weil eine Anschuldigung ohne jeden Beweis ausgesprochen worden war, und schon zogen die ersten die sorgsam versteckten Stilette, als die Türflügel des Saales aufgestoßen wurden und Seine Eminenz und die mit ihm gereisten Frauen und Männer hereinstürmten.
"Haltet ein, ihr Narren! Seht ihr denn nicht, dass ihr einem Betrüger aufgesessen seid? Dies hier ist euer wahrer Sprecher!" donnerte da Vanya, wobei er auf den zerschundenen Dom Alrik deutete, der neben ihm stand.
Und siehe da – die Raserei, die einige der Magnaten überkommen hatte, war wie verflogen. Da Vanya aber bediente sich der Stimme die befielt, als er sprach: "Dieses Subjectum dort vorne, welches sich als Dom Alrik ausgibt – lasst es nicht entkommen!"
So griffen einige tapfere Domñas und Doms, die um den falschen Landständesprecher standen, beherzt zu, und zerrten den fluchenden und sich mit überderischen Kräften wehrenden Betrüger vor den Hochgeweihten der Reichskirche. Dunkle Verwünschungen sprach der falsche Alrik da aus und sprach in fremden Zungen, die niemand der Anwesenden je gehört hatte, und die doch allen das Blut in den Adern gefrieren ließen.
"Ja, fluche nur, du Brut der Niederhöllen!" rief Seine Eminenz ungerührt zurück. "Glaubst du, ich hätte dein wahres Wesen hinter der Verlarvung nicht längst durchschaut? Deine letzte Stunde auf Deren ist gekommen, ich schicke dich dorthin zurück, woher du gekommen bist – in die ewige Verdammnis!"
Und mit diesen Worten hob Seine Eminenz Amando sein Sonnenszepter, deutete auf die wilde Fratzen schneidenden Creatur und stimmte einen praiosheiligen Choral an.
Beißender Gestank und niederhöllischer Rauch waberte in Schwaden durch die Hofkanzlei, als die Creatur – ein viergehörnter Gestaltenwandler wohl, wie wir später erfuhren – mit einem schrillen Schmerzensschrei vor unseren Augen verschwand.
Ehrfürchtige Ergiffenheit vor der Allmacht des Himmelsfürsten war da unter den hohen und höchsten Damen und Herren des Königreiches auszumachen, und viele blickten beschämt zu Boden, hatte man sich doch von finsteren Mächten zum Hass gegen den eigenen Lehnsnachbarn oder Landsmann aufwiegeln lassen. Aber Seine Eminenz sprach Worte der Absolution über alle Anwesenden, denn dämonische Mächte seien es gewesen, welche von den Magnaten Besitz ergriffen hätten.
Die Versammlung der Landstände aber wurde unterbrochen und erst am nächsten Tage – unter der Leitung des wahren Barons von Braast – aufs neue aufgenommen. Dom Rondrigo aber erbat vom Hohen Inquisitionsrat zu erfahren, was nun mit der gewaltigen Belohnung geschehen solle, die er für die Befreiung seines Onkels ausgelobt hatte. Seine Eminenz lächelte milde und riet: "Tut etwas PRAiosgefälliges in Euren Landen damit!"
Und so beschloss man, sich sofort an die Errichtung eines prächtigen Schreins zur höheren Ehre des Himmelsfürsten in Braast zu machen.
Die Ratschlüsse der Landständeversammlung im einzelnen:[Quelltext bearbeiten]
1tens: Der Anschluss der einstweilig von den Heiden zurückeroberten Vogtei Blutfels ans Königreich wurde ob "nicht tragbarer financieller Risiken" vorerst abschlägig beschieden. Stattdessen wurde das Land dem neugegründeten "Orden vom wundersamen Rossbanner der Heiligen Hadjinsunni zu Blutfels" übertragen, der auf Wildenfels und Blutfels Quartier beziehen wird, um den fürerst als "assimiliertes Gebiet" geltenden Landstrich zu befrieden.
2tens: Das Stimmrecht in der Landständeversammlung bleibt weiter allein den Magnaten (Edelleuten von nachweislich vierschildriger Abkunft) vorbehalten, wobei jenen von gräflichem Rang fünf, von barönlichem Rang drei, von Edlem- oder Junkerstande zwei und jenen vom Caballerostande eine Stimme gebührt. Die Städte Punin, Ragath, Taladur, Jassafheim, Al'Muktur und Jurios dürfen nunmehr Vertreter entsenden, aber den Provinzherrn zu beraten, kommt ihnen auch weiter nicht zu.
3tens: Die amhallassidische Edlenbank und die (halbierte) Caldaier Edlenbank bleiben weiter bestehen.
4tens: Der gefallenen Majestät Brin von Gareth wird posthum die "Ragathsky-Medaille" verliehen. Die Truppenführer Ancuiras Alfaran und Ludovigo Sforigan wurden mit der "Silbernen Rebe am Blau-Weiß-Roten Bande" ausgezeichnet. Dieselbe Ehrung wurde Dom Danilo Caerdonnati von Cres wegen Nichterscheinens vorenthalten.
Mit der „Bronzenen Rebe am Blau-Weiß-Roten Bande“ wurden geehrt: Rondrigo de Braast, Fermiz Viryamun, Dajon von Taladur, Roderich von Eisenwalde, sowie – posthum – Graf Rabosch Sohn des Reshmin von Waldwacht und Gaugraf Kelsor von Rengor. Baron Konnar vom Berg (dem diese Ehrung bereits infolge der "Rakolus-Expedition" zugesprochen worden war) wurde in den Kreis der Träger der Silbernen Rebe erhoben.
5tens: Der Baron von Yasamir, Magister Elvek Ida, trat von seiner Würde auf eigenen Wunsch zugunsten seines Sohnes Jan Ida zurück.
Zum Nachfolger des (vermeintlich) gefallenen Freiherrn Vernon Aramir von Cerastes zu Nemento wurde dessen Stammhalter Therengar-Eric erhoben.
Sukzessor des in Reichsacht befindlichen Erzverräters Rakolus in der Würde des Barons von Schrotenstein wird Seine Hochgeboren Lucrann da Vanya – ein aus Ragath stämmiger Neffe Seiner Eminenz Amando Laconda da Vanya.
Zur fürderen Junkerin von Soldharsch wurde unter Einwilligung Ihrer Hochgeboren Yanis di Rastino deren Base, Wohlgeboren Corvara di Rastino, bestellt.