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(Die Seite wurde neu angelegt: „==Kaiserlich Selaque, 1. Tsa 1036 BF== ===Zwischen Elenta und San Owilmar=== '''Autor:''' SteveT Als sich [[Rifada da Vanya|Rifada]…“) |
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"Herrin!", rief sie, ohne die Bewaffneten zu beachten, während das schwer atmende Pferd am Zügel auf der Stelle tänzelte. "Herrin, sie haben ihn, Euren Begleiter!" Sie klopfte dem Pferd auf den Hals, um es zu beruhigen. "Muss in der Nacht gewesen sein. Ist vor unserm Haus zusammengebrochen! Hab' ihn am Morgen gesehen, ich die Fenster auf, und da lag er! Die Großmutter so: Geh raus, ihm helfen! Aber dann: drei Männer, Bewaffnete aus dem alten Herrenhaus, das von dem Ucurian, dem Elenta, der wo von den Ferkinas, Ihr wisst schon. Sie haben ihn mitgenommen!" Das Pferd schnaufte noch immer, sein Fell dampfte schweißnass in der eisigen Luft. "Ham ihn getreten, überall Blut! Die so: So geht's jedem, der der da-Vanya-Fo... ääh... ähh... da Vanya ... also, der mit der Verräterin – hat der Mann gesagt – gemeinsame Sache macht. Großmutter so: Julenya, reit los, die Herrin warnen! Hält große Stücke auf Euch, Großmutter, nich' auf die Vogtin! Ich gleich los, und hier bin ich!" | "Herrin!", rief sie, ohne die Bewaffneten zu beachten, während das schwer atmende Pferd am Zügel auf der Stelle tänzelte. "Herrin, sie haben ihn, Euren Begleiter!" Sie klopfte dem Pferd auf den Hals, um es zu beruhigen. "Muss in der Nacht gewesen sein. Ist vor unserm Haus zusammengebrochen! Hab' ihn am Morgen gesehen, ich die Fenster auf, und da lag er! Die Großmutter so: Geh raus, ihm helfen! Aber dann: drei Männer, Bewaffnete aus dem alten Herrenhaus, das von dem Ucurian, dem Elenta, der wo von den Ferkinas, Ihr wisst schon. Sie haben ihn mitgenommen!" Das Pferd schnaufte noch immer, sein Fell dampfte schweißnass in der eisigen Luft. "Ham ihn getreten, überall Blut! Die so: So geht's jedem, der der da-Vanya-Fo... ääh... ähh... da Vanya ... also, der mit der Verräterin – hat der Mann gesagt – gemeinsame Sache macht. Großmutter so: Julenya, reit los, die Herrin warnen! Hält große Stücke auf Euch, Großmutter, nich' auf die Vogtin! Ich gleich los, und hier bin ich!" | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]] | |||
Rifada nickte dem Mädchen anerkennend zu. "Meinen Dank! Das war sehr mutig von dir! Richte deiner Großmutter aus, dass ich solche Fellachentreue schätze und in Erinnerung behalten werde! Aber der Mann, denn sie gefangen haben, gehört nicht zu uns. Er reiste nur zufällig in dieselbe Richtung ..." | |||
Sie strich sich nachdenklich über das Kinn. Da hatte sich der Yaquirtaler unwissentlich in eine prekäre Lage gebracht – und das auf ihrem Grund und Boden! Die Elenterin warf ihr also erneut den Fehdehandschuh hin, beziehungsweise auch für sie war diese Querella noch lange nicht abgeschlossen. Sie ließ sie ganz offensichtlich bespitzeln. Sie war hin- und her gerissen zwischen dem Drang, sofort zurückzureiten und die Angelegenheit auf der Stelle zu klären und dem Wunsch andererseits, Belisetha an einen sicheren Ort mit ausreichend großem Abstand zu schaffen, sodass sie ihr bei ihren Racheplänen nicht in die Quere kommen konnte. Dazu die Sache mit Richeza und dem Kind ... alles war widerlich verzwickt! Wo steckte diese überhaupt? | |||
"Einen Moment noch!", rief sie der Bauerstochter Julenya hinterher: "Ist dir gerade auf dem Weg hierher nicht eine der unseren entgegengekommen? Die Frau, mit der ich in der Kammer deiner Eltern übernachtet habe?" | |||
"Bedauere, Euer Wohlgeboren! Es ist mir gar niemand entgegengekommen – die ganze Straße und das Dorf hier sind wie ausgestorben ...", schüttelte das Fellachenkind den Kopf. | |||
"Reitet weiter in Richtung Burginum!", befahl Rifada leise ihren Reiterinnen und schloß darin mit beredsamen Blicken mit ein, dass diese auch Belisetha weiter nordwestwärts aus dem Ort eskortieren sollten. "Es wäre zu gefährlich, hier zu rasten. Man ist uns nicht wohlgesonnen! Ich suche meine Nichte und schließe dann wieder zu euch auf!" | |||
"Ich suche Richeza!", beschied sie Belisetha knapp und wandte ihr Pferd in Richtung des südöstlichen Ortsausgangs. Weit konnte sie in der kurzen Zeitspanne ja nicht gekommen sein, möglicherweise hatte sie noch nicht einmal den Ort verlassen. Andernfalls würde sie sie in der Weite der Elentinischen Ebene auch auf meilenweite Entfernung sehen. Die einzige Reiterin, die sie aber weit und breit erkennen konnte, war die heimkehrende Bauerstochter. Rifada wendete ihr Pferd also wieder am Ortsausgang und zog ihr Schwert. Wenn der Hund Azzato von San Owilmar dahintersteckte und Richeza nur ein Haar gekrümmt wurde, dann würde sie ihn in Stücke hauen, so viel war sicher – selbst wenn es die letzte Tat ihres Lebens sein sollte ... | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
Jetzt, da ihr Magen leer war, ging es Richeza gleich besser. Die Schneeflocken, die sich auf ihr Gesicht setzten, belebten sie, der Boden aber wurde langsam kalt. | |||
Die Reiterin kam zurück, ritt eilends die Straße wieder in Richtung Elenta hinunter. Kurz darauf erschien auch Rifada da Vanya am Ausgang des Dorfes, allein, zu Pferd, die Waffe gezogen. Suchte sie sie? Und wo war Belisetha? Richeza rappelte sich auf und wollte rufen, auch wenn der Wind aus Richtung des Dorfes kam und nicht sicher war, ob ihre Tante sie hören würde, da der Schnee alle Geräusche dämpfte. Eine plötzliche Bewegung in ihrem Augenwinkel ließ sie stattdessen herumfahren. | |||
Ein Mann näherte sich ihr, in einem weißen, zerschlissenen Gewand, das ihn kaum abhob von den verschneiten Hügeln. Er taumelte auf sie zu wie ein Betrunkener. Vielleicht war er auch verletzt? Sein schwarzes Haar hing ihm strähnig ins Gesicht. | |||
Richeza wandte den Kopf in Richtung Straße, aber von ihrer Tante war nichts mehr zu sehen, sie musste zwischen den Hügeln verschwunden sein. | |||
"Hola?", rief Richeza in Richtung des Mannes. "Wer seid Ihr?" | |||
Der Fremde antwortete nicht, torkelte weiter auf sie zu. Er musste ''sehr'' betrunken oder ''schwer'' verletzt sein. Und er hatte keine Schuhe an. Richezas Nackenhaare stellten sich auf, und sie zog den Raifedegen. Ihr Pferd blähte witternd die Nüstern, stapfte unruhig im tiefen Schnee. Richeza streckte die Hand nach den Zügeln aus, doch es wich zurück, schnaubte. | |||
Der Mann kam noch immer näher. "HALT!", rief Richeza und streckte die Waffe aus. Das Pferd wieherte und trabte davon. "HALT!", rief die Edle nun auch in Richtung des Tieres, fluchte, wandte sich wieder dem Fremden zu, der geradewegs auf die Waffe zuhielt. Reflexartig riss Richeza den Degen hoch, erwischte den Fremden am Arm. Die Klinge schnitt durch das Leinenhemd, traf auf einen Knochen, fuhr auf der anderen Seite des Armes wieder heraus, durchtrennte Muskeln und Sehnen. Der Mann gab keinen Ton von sich. An der Klinge klebte kein Blut. | |||
Richeza schrie, taumelte zurück, doch da streckte der Fremde die Hände aus, griff nach ihrem Arm, riss an der Klinge, riss sie ihr aus der Hand, auch wenn er sich schnitt, auch wenn zwei seiner Finger abgetrennt und blutlos zu Boden fielen. Abermals schrie Richeza auf, gellend, in ungläubiger Furcht, als die verstümmelte Hand ihr ins Gesicht griff, die zweite sich um ihren Hals legte, die scharfkantigen Fingernägel ihre Haut ritzten. | |||
Sie umfasste beide Arme des Fremden, wollte ihn von sich stoßen, stolperte stattdessen im tiefen Schnee, und wurde unter seinem Gewicht begraben. Strampelnd versanken sie tiefer im Schnee. Fäulnis schlug ihr aus seinem Gesicht entgegen, einem fahlen, blutlosen Gesicht mit eingefallenen, toten Augen. | |||
Schreiend angelte Richeza nach dem Dolch in ihrem Stiefel. Einhändig versuchte sie, die Kreatur von sich zu halten, stach wieder und wieder in den Rücken des Fremden, durch dessen dünnes Gewand hart seine Knochen in ihre Beine, ihren Bauch, ihre Brust drückten und dessen Hände sich immer fester um ihre Kehle schlossen, bis ihr Schreien nur noch ein Röcheln war und ihr Kopf tiefer und tiefer im Schnee versank. | |||
War das das Ende? Sie dachte an den, den sie liebte, dachte an das Kind, das ohne sie nicht leben würde, und mit einer letzten, verzweifelten Kraft trieb sie den Dolch tief in den Schädel des Monsters, durch die Schläfe, das Auge, mitten hinein in den Kopf, bis der Griff um ihren Hals sich etwas löste und der Tote auf ihr zusammensank. | |||
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