Benutzer:León de Vivar: Unterschied zwischen den Versionen

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==Interessantes/Gedanken==
==Interessantes/Gedanken==
*Liste [[:avwik:Älteres Deutsch/Wortschatz/A|alter Wörter]], die sich zur Verwendung in Rede und Brief ''fürtrefflich'' eignen.
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|Text=Ich verglich Wirklichkeit und Einbildung, und ich sah mich gezwungen, der Einbildung den höheren Rang zuzuweisen; denn die Wirklichkeit hängt stets von der Phantasie ab. Schon damals fühlte ich dunkel, was mir später klar und deutlich geworden ist: daß Liebe nur eine mehr oder weniger lebhafte Neugier ist, wozu noch der von der Natur in uns gelegte Trieb hinzukommt, für die Erhaltung der Art zu sorgen. Die Frau ist wie ein Buch, das immer, mag es gut oder schlecht sein, zunächst durch das Titelblatt gefallen muß. Wenn dieses nicht interessant ist, so erweckt es keine Lust zum Lesen; und diese Lust steht genau im Verhältnis zu dem erweckten Interesse. Das Titelblatt der Frau ist genau wie das eines Buches von oben bis unten zu lesen; ihre Füße, für die jeder, der meinen Geschmack teilt, sich interessiert, besitzen dieselbe Anziehungskraft wie der Druckvermerk eines Buches. Wenn die meisten Liebhaber den Füßen einer Frau nur geringe oder gar keine Aufmerksamkeit schenken, so machen auch die meisten Leser sich nichts aus der Ausgabe eines Buches. Jedenfalls haben die Frauen recht, daß sie große Sorgfalt auf ihr Gesicht, ihre Kleidung und ihre Haltung verwenden, denn dadurch können sie alle, die nicht von der Natur bei ihrer Geburt mit Blindheit begnadet worden sind, neugierig darauf machen, sie zu lesen. Wie nun Leute, die viel gelesen haben, schließlich immer neue Bücher lesen wollen, und wären es auch schlechte, so wird ein Mann, der viele Frauen und lauter schöne Frauen gekannt hat, zuletzt auch auf die häßlichen neugierig, wenn sie nur für ihn neu sind. Wenn auch sein Auge deutlich die Schminke sieht, die ihm die Wirklichkeit verhehlt, so redet ihm doch seine zu einem Laster gewordene Leidenschaft allerlei zugunsten des falschen Titelblattes ein. Vielleicht, sagt er sich, ist das Werk besser als der Titel; vielleicht ist die Wirklichkeit besser als die Schminke, die sie mir verbirgt. Er versucht nun das Buch zu überfliegen; aber dieses ist noch nicht durchgeblättert worden, und er findet Widerstand; das lebende Buch will nach Regel und Ordnung gelesen sein, und der Lesewütige wird ein Opfer der Koketterie, jenes Ungeheuers, das alle verfolgt, die aus der Liebe die Aufgabe ihres Lebens machen.
|Text=Ich verglich Wirklichkeit und Einbildung, und ich sah mich gezwungen, der Einbildung den höheren Rang zuzuweisen; denn die Wirklichkeit hängt stets von der Phantasie ab. Schon damals fühlte ich dunkel, was mir später klar und deutlich geworden ist: daß Liebe nur eine mehr oder weniger lebhafte Neugier ist, wozu noch der von der Natur in uns gelegte Trieb hinzukommt, für die Erhaltung der Art zu sorgen. Die Frau ist wie ein Buch, das immer, mag es gut oder schlecht sein, zunächst durch das Titelblatt gefallen muß. Wenn dieses nicht interessant ist, so erweckt es keine Lust zum Lesen; und diese Lust steht genau im Verhältnis zu dem erweckten Interesse. Das Titelblatt der Frau ist genau wie das eines Buches von oben bis unten zu lesen; ihre Füße, für die jeder, der meinen Geschmack teilt, sich interessiert, besitzen dieselbe Anziehungskraft wie der Druckvermerk eines Buches. Wenn die meisten Liebhaber den Füßen einer Frau nur geringe oder gar keine Aufmerksamkeit schenken, so machen auch die meisten Leser sich nichts aus der Ausgabe eines Buches. Jedenfalls haben die Frauen recht, daß sie große Sorgfalt auf ihr Gesicht, ihre Kleidung und ihre Haltung verwenden, denn dadurch können sie alle, die nicht von der Natur bei ihrer Geburt mit Blindheit begnadet worden sind, neugierig darauf machen, sie zu lesen. Wie nun Leute, die viel gelesen haben, schließlich immer neue Bücher lesen wollen, und wären es auch schlechte, so wird ein Mann, der viele Frauen und lauter schöne Frauen gekannt hat, zuletzt auch auf die häßlichen neugierig, wenn sie nur für ihn neu sind. Wenn auch sein Auge deutlich die Schminke sieht, die ihm die Wirklichkeit verhehlt, so redet ihm doch seine zu einem Laster gewordene Leidenschaft allerlei zugunsten des falschen Titelblattes ein. Vielleicht, sagt er sich, ist das Werk besser als der Titel; vielleicht ist die Wirklichkeit besser als die Schminke, die sie mir verbirgt. Er versucht nun das Buch zu überfliegen; aber dieses ist noch nicht durchgeblättert worden, und er findet Widerstand; das lebende Buch will nach Regel und Ordnung gelesen sein, und der Lesewütige wird ein Opfer der Koketterie, jenes Ungeheuers, das alle verfolgt, die aus der Liebe die Aufgabe ihres Lebens machen.
|Quellenangabe=Casanova, Erinnerungen Bd 1, Kap. 6}}
|Quellenangabe=Casanova, Erinnerungen Bd 1, Kap. 6}}
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|Text=Der Mensch ist ein Knecht Borons, ein Gast auf Deren, ein Wanderer unterwegs. Ein Knecht heißt er, weil er dem Zugriff Borons nicht entrinnen kann; weil ihm Boron alle Arbeit und Tage wegnimmt; weil er nach Verdienst alveranischen Lohn oder niederhöllische Marter erhalten wird. Ferner ist der Mensch ein Gast auf Deren, weil er dem Vergessen überliefert wird. Ferner ist der Mensch ein Wanderer unterwegs; ob er schläft oder wacht, isst oder trinkt oder etwas anderes tut, immer eilt er Boron zu. Deshalb müssen wir uns für die Reise mit Lebensmitteln versorgen, nämlich mit guten Eigenschaften.|Quellenangabe=Belehrung eines Boroni, nach den ''Gesta Romanorum'' in Übersetzung von Arno Borst}}


===Über den Niedergang des Titels Caballero===
===Über den Niedergang des Titels Caballero===
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