Chronik.Ereignis701-800 Die Geschichte von Lo-Sustos
Blutzoll für Almadine[Quelltext bearbeiten]
Fer-Lo war – ähnlich wie Raschtulsrück, aber stets von geringerer Bedeutung – eine aufstrebende Steinbruchsiedlung im Vorgebirge des Raschtulswalls, und wahrscheinlich wäre es die bis heute geblieben, hätte nicht im Jahr 729 BF ein Arbeiter in einer Höhle am Rand des Steinbruchs einen roten Edelstein entdeckt, der Teil eines relativ nahe an der Oberfläche gelegenen Almadin-Vorkommens war. Auch wenn die Gewinnung der Almadine für die Arbeiter äußerst mühselig war und immer wieder Männer und Frauen bei der Förderung rubinhaltigen Kieses in steilen Felsspalten ums Leben kamen, profitierte Baron Heronimo Cavandrago-Valcur von Raschtulsrück, ja die gesamte Baronie von dem seltenen Fund.
Nicht lange aber, und der plötzliche Reichtum der entlegenen Baronie hatte sich bis nach Punin herumgesprochen. Nur ein Jahr nach Entdeckung der Mine erklärte König Eslam IV. von Almada die Baronie Raschtulsrück zum „Königlichen Lehnsland Kornhammer“ und setzte den bisherigen Baron als Vogt ein. Vogt Heronimo jedoch war alles andere als angetan von seiner plötzlichen Enteignung und der Gier seines Lehnsherrn und gestattete sich, einen nicht unbeträchtlichen Teil der Almadine für sich zu behalten. Diese Unterschlagung blieb Eslam IV. keineswegs verborgen, und so ließ er Heronimo Cavandrago-Valcur im Jahr 731 BF wegen Diebstahls an der Krone hinrichten. Des Vogtes Frau und noch junge Tochter flohen außer Landes, und mit ihnen verliert sich die Spur der Cavandragos und Valcurs in der Geschichte.
Eslam IV. ernannte daraufhin den Edlen Yanturio von Scheffelstein zum Junker, machte ihn zum neuen Vogt, und für einige Jahrzehnte wurde Königlich Kornhammer zu einer wichtigen Geldquelle des prunksüchtigen Hauses Almada. Das Glück aber blieb der jungen Vogtei nicht lange hold.
Nicht alle Rubine in der Mine wurden direkt aus dem Muttergestein herausgeschlagen, ja ein Großteil der Edelsteine fand sich in von Geröll verschütteten Spalten und dem schlammigen Boden einst aus dem Fels gewaschener Höhlen. In Fer-Lo gab es jedoch keinen Fluss, in welchem die Arbeiter die Rubine aus dem Kies und Lehm hätten auswaschen können, und so nutzten sie zu diesem Zweck einen unterirdischen Wasserlauf in dem Höhlensystem der Mine. Dieser Bach aber speiste einen unterirdischen See viele Meilen östlich der Mine, welcher den Ferkinas heilig war und in dem sie die Geister ihrer Ahnen wähnten. Diejenigen Ferkinas aber, die aus dem See tranken, in seinem Wasser badeten oder sich längere Zeit in der Grotte aufhielten, erkrankten, manche von ihnen schwer, und einige starben. Zunächst machten sie den Zorn der Ahnen- und Wassergeister für ihr Leid verantwortlich, doch irgendwann (im Jahr 764 BF) fanden sie heraus, wer für die Verschmutzung des Wassers verantwortlich war, und ihre Wut und ihre Rachsucht waren maßlos. Mit zwanzig Kriegern fielen die Ferkinas in Fer-Lo ein, töteten jeden, dessen sie habhaft werden konnten, Männer, Frauen und Kinder, steckten den Ingerimm-Tempel in Brand und metzelten sämtliche Arbeiter der Almadinmine grausamst nieder, ehe sie so plötzlich verschwanden, wie sie gekommen waren.
Der Vogt ließ König Bodar I. von dem Überfall in Kenntnis setzen, und dieser schickte Soldaten, die Mine zu bewachen, sodass die Arbeit bald wieder aufgenommen werden konnte. Nicht lange aber, und die Arbeiter weigerten sich, die Mine zu betreten. Die Geister der Ermordeten gingen darin um, hieß es, und sie zürnten den Lebenden und brächten Unglück. Tatsächlich mehrten sich die tragischen Vorfälle, bei denen Arbeiter von ihrem eigenen Werkzeug erschlagen wurden, Seile oder Kletterhaken sich lösten oder Laternen erloschen und die Männer und Frauen sich im Finstern verirrten. Doch den König verlangte es nach Almadinen, und so hieß er die Soldaten, die Arbeiter notfalls mit Gewalt in die Minen zu treiben. Immer wieder kam es zu erneuten Ferkina-Überfällen oder Aufständen der Minenarbeiter, die jedoch blutig niedergeschlagen wurden.
Irgendwann jedoch gab es nur noch einige Wanderarbeiter aus dem Volk der Zahori, die sich in das Höhlensystem wagten, welches sie Cavernas de los Sustos nannten, Höhlen der Schrecken. Im Jahr 772 BF stürzte das Dach der zentralen Höhle der Mine ein und begrub beinahe alle Arbeiter unter sich, die sich zu dem Zeitpunkt in der Mine aufgehalten hatten. Von da an kamen auch die Zahori nicht mehr. |Bodar I., der nach dem Tod seines Vaters soeben nach Gareth gezogen war, hatte andere Sorgen, und Bodar II., der neue König Almadas, war noch zu jung, um sich um die Freilegung der verschütteten Mine zu kümmern. Die königlichen Soldaten blieben zwar weiterhin in Fer-Lo, hatten aber keine Aufgabe mehr. Einige von ihnen kamen bei Ferkina-Überfällen ums Leben, die übrigen zog Bodar II. einige Jahre später ab, um sie seiner Geliebten als Leibwache zur Verfügung zu stellen.
Erst langsam siedelten sich wieder Menschen in der Nähe der Mine an, um in den Steinbrüchen zu arbeiten. Den Höhleneingang aber verschlossen sie, und seitdem hat nie ein lebender Mensch die einstige Mine betreten, geschweige denn wieder verlassen.