Chronik.Ereignis1044 Dubiose Hochzeit 12
Während der Feierlichkeiten auf dem Junkergut Tyras, Ingerimm 1044 BF[Quelltext bearbeiten]
Autor: de Verlez
Die Feierlichkeiten näherten sich ihrem Höhepunkt und genau deswegen hatte sie den Gutshof Al'Tyras hinter sich gelassen und war hinunter zum Weiler geritten. Der ganze Trubel wurde ihr doch etwas zu viel und sie brauchte etwas Ruhe. Auch der Weiler war aufgrund der Hochzeitsfeierlichkeiten mit Wimpeln in den Farben der di Vascaras und der de Verlez geschmückt.
Schnell hatte sie die bei den Fellachen bekannte Taberna El Calor Tórrido gefunden. Schlicht, einfach und um diese Zeit noch nicht gut besucht, da die üblichen Gäste noch auf den Feldern, den umliegenden Gehöften oder bei dem Fest beschäftigt waren.
Sie stieg von ihrem Tralloper Riesen ab und drückte die Zügel einem heran eilenden Jungen in die Hand. Ob dieser sich wegen ihr oder der Größe des Pferdes erschrak war ihr ziemlich egal. Mit schweren Schritten betrat sie die Taberna und setzte sich an einem der freien Plätze unter der überdachten Terrasse. Der Wirt kam auf sie zu, aber sie schaute ihn nur an und verharrte. "Ein Bier. Und nicht die Plörre für deine üblichen Gäste." Mit einer winkenden Geste ihrer behandschuhten Linken gab sie dem Wirt zu verstehen, dass er sich ohne viel Worte an seine Arbeit machen sollte. Sie hatte das bestellte Bier recht zügig auf dem Tisch und schaute in die Richtung aus der sie gekommen war.
Auf dem Weg war ein weiterer Reiter, ebenfalls auf einem Trallopper Riesen und mit der gleichen Uniform wie sie, zu sehen. Als er die Bodega erreichte schwang er sich aus dem Sattel und auch diesmal kam der Junge auf die Reiter zu, aber zögerlicher als vorhin. Der Mann lächelte, sprach kurz mit dem Jungen und drückte ihm eine Münze in die Hand. Danach betrat auch er die Terrasse und ging zielstrebig auf den einzig besetzten Tisch zu. Er räusperte sich.
"Roxalba, darf ich….", begann er. Sein Gegenüber unterbrach ihn rüde. "Was willst du, Bruder? Und erspare mir irgendwelche Gefühlsduseleien." Rohalijo nahm auf einen Stuhl seiner Schwester gegenüber Platz. Vorher gab er dem Wirt ein Zeichen und bestellte ebenfalls einen Humpen. "Ich möchte wissen, wie deine Beziehung zu den di Vascaras ist und wieso du dich so in die familiären Geschicke einmischt." Roxalbas Augen verengten sich und auf ihrer Stirn erschienen Falten. "Weil du ja in deinem schönen Taladur sitzt, um dort Soldat zu spielen anstelle auf die Zeichen innerhalb der Familia zu achten. Unsere Soberana war ja bereits seit längerem auf der Suche nach einem Eheweib für Cousin Alonso . Du, oder besser gesagt Issime , waren aber eher damit beschäftigt Douro an die Hand zu nehmen und sich der Culmingerin anzubiedern." Sie nahm einen Zug aus ihrem Humpen. "Schau nicht so überrascht. Ich diene zwar auf der Feste Arbasim , habe aber trotzdem die Familia im Blick. Im Gegensatz zu unserem zukünftigen Soberan." Den letzten Satz sprach sie mit einem deutlich verhöhnenden Unterton. "Und was mein Verhältnis zu den di Vascaras angeht, hat dich das einen Dreck zu interessieren. Siehe es politisch. Ein Erstarken der Dubioser Familias untereinander wider dem Baron aus dem Ragathsqueller Land, dem Land dem du ja auch zugetan bist."
Trotz der offenen Anfeindungen seiner Schwester verzog Rohalijo keine Miene. "Dadurch haben wir aber jetzt Aufmerksamkeit erweckt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Hochzeit von jedem wohlwollend angesehen wird. Ich denke….." "Du oder Issime?", unterbrach Roxalba ihn wieder und ihr Ton wurde zunehmend gereizter. "Und was interessiert mich die Meinung anderer. Wir demonstrieren dadurch Einheit und Stärke. Etwas was schon zu lange vernachlässigt wurde. Vielleicht ist das Buckeln in Taladur gang und gebe, aber nicht dort wo das Wort Rondras Scharfrichters gilt. Willst du weiterhin vor anderen kuschen und alles hinnehmen und dich vor deinen Pflichten der Familia gegenüber verstecken?" Ein leises Knirschen war zu hören und Rohalijos Griff um den Humpen wurde fester. Roxalba war aber immer noch nicht fertig mit ihrer Schimpftirade und Rohalijo musste noch einiges über sich ergehen lassen. Mit einem Mal standen der Krieger und seine Schwester zusammen ruckartig auf. "Du hast mich damals im Stich gelassen und bist einfach nach Taladur abgehauen, weil du Angst hattest dich deiner Verantwortung mir gegenüber für das hier zu stellen." Sie strich sich ihre Haare aus dem Gesicht. "Schau es dir an. Sieh genau hin. Und genauso wie du dich bei mir aus der Verantwortung gestohlen hast, wirst du es als Soberan unserer Familia machen. Aber dem werde ich nicht tatenlos zusehen." Damit ließ sie Rohalijo trotz dessen Aufforderung zu bleiben einfach stehen, holte sich ihr Pferd und ritt davon.
Am frühen Abend gingen ein junger Stallbursche und eine junge Dame in einfacher tulamischer Kleidung den Weg zum Gutshof hinauf.
Interessiert lauschte diese den Worten des Jungen über die Geschehnisse in der Taberna. Nachdem dieser seine Erzählung beendet hatte, griff sie in einen kleinen Beutel und drückte ihm einige Kupfermünzen in die Hand.
Danach beugte sich sich zu ihm und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Verdutzt blieb der Junge stehen und schaute ihr nach. Demeya Lacara von Dubios lächelte als sie sich wieder auf den Weg zu den Feierlichkeiten machte. Ihre Mutter würde diese Neuigkeit bestimmt sehr interessieren. Und welchen Nutzen sie selber daraus ziehen würde, musste sie sich noch sehr genau überlegen.
Rohalijo warf einen Blick in das dunkle Zimmer und lauschte dem ruhigen Atmen seiner Kinder Rayan und Amaia . Er konnte nur die Umrisse der beiden sehen. Rayan hatte seine Schwester im Arm und Amaia hatte sich ganz fest an ihn gekuschelt. Es war so wie früher, bevor Rayan seine Ausbildung an der Akademie in Ragath begann. Beide vermissten sich sehr, umso größer war die Freude über das Wiedersehen.
Auf Rohalijos Gesicht zeigte sich ein Lächeln und vorsichtig schloss er die Tür wieder. Langsam ging er auf das offene Fenster im Raum zu und schaute nach draußen. Er sah die Zelte der Ragather Schlachtreiter, welche seitlich vom Gutshof ihr Lager aufgeschlagen hatten. Einige Lagerfeuer brannten noch und ab und zu sah man auch Patrouillen das Lager durchschreiten. Dabei war es völlig egal welcher Schwadron sie angehörten, der des Aranjuez , seiner Schwester oder seiner eigenen. Es war wie bei einer großen Familia wo jeder für den anderen instand.
Er seufzte auf und spürte dann eine Berührung an seiner Schulter. Seine Frau Issime schmiegte sich an seinen Rücken. "Habe ich dich geweckt? Entschuldige." "Es ist schon in Ordnung", erwiderte Issime und gähnte. "Kannst du nicht schlafen? Belastet dich das Gespräch mit Roxalba so sehr?" Rohalijo schloß seine Augen. "Wir waren früher einmal genauso wie Rayan und Amalia. Genauso eng und innig. Auch im gegenseitigen Wettstreit waren wir füreinander da. Bis zu diesem Tag, als
……"
Sein Körper begann zu zittern. Issime löste sich von seinem Rücken, ging um ihn herum und ergriff seine Hände. "Du kannst nichts dafür. Ès war ihr Schicksal. Wäre sie nicht gewesen, wärst du auf dem Schlachtfeld gefallen. Es war der Wille der Götter. Sei es RONdras, oder wie sie es sieht KORs Plan für sie." Sie drückte seine Hände ganz fest und schaute ihm dabei in die Augen. Erst als er nicht mehr versuchte ihrem Blick auszuweichen sprach sie weiter. "Ihr habt heute das erste Mal seit Götterläufen miteinander gesprochen. Auch wenn es nicht erfreulich war und du mit Vorwürfen und Anschuldigungen überhäuft wurdest." Rohalijo seufzte wieder. "Sie hat in gewissen Dingen aber auch recht und…." Issime drückte ihren rechten Zeigefinger auf Rohalijos Lippen. "Das einzige wo sie vielleicht etwas recht hat, ist der Vorwurf die Pflichten des zukünftigen Soberans zu vernachlässigen. Deine Aufmerksamkeit darf nicht nur bei den Schlachtreitern liegen, sondern auch bei deiner Familia . Regelmäßiger Schriftverkehr oder auch Besuche wären angebracht. Und auch der Gedanke Taladur eines Tages zu verlassen und nach Ragath zurückkehren darf dir nicht so abwegig sein. Marquesa wird bestimmt noch viel Zeit bei der Familia verbringen, aber eines Tages…" Issime wurde kurzzeitig still. "....wirst du Soberan sein und die Geschicke deiner Famila kannst du nicht von Taladur aus lenken."
Vorsichtig löste Rohalijo seine Hände aus denen seiner Frau. Er nahm sie in den Arm und drückte sie an sich. Einen kurzen Blick warf er noch aus dem Fenster und sah auf das Lager hinab. Danach hauchte er Issime einen Kuss auf die Stirn. "Genug jetzt. Lass uns zu Bett gehen. Wir brauchen Schlaf. Die nächsten Tage werden hart und wir werden wohl nicht viel Zeit füreinander haben." "Aber…" Mehr konnte Issime nicht mehr sagen, denn Rohalijo versiegelte ihre Lippen mit einem weiteren Kuss.
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Bund und Unverständnis (vor und während der Oben beschriebenen Ereignisse)
Autor: Jan
Dom Resadan di Vascara schlenderte durch die Hochzeitsgesellschaft wie dahinplätscherdes Wasser oder ein feiner Windhauch. So beiläufig schien er sich zu bewegen, dabei folgte sein Pfad einem genauen Muster. Nachdem er natürlich seinem Bruder und vor allem seiner Schwester samt baldigem Ehegatten seine Aufwartung gebührlich lang gemacht hatte, hatte er diesen Pfad entlang wichtiger und weniger wichtiger Stationen begonnen, zweitere um erstere nicht zu offensichtlich werden zu lassen. Dann hatte er wie beiläufig Juanito di Dubiana bei sich eingehakt um mit ihm ein amüsiertes, aber zweideutiges Gespräch zu führen, nach dem sich die beiden wieder getrennt und weiteren Stationen zugewendet hatten, dabei hatte Resadan Juanito die einfachen Gespräche überlassen. Er selber hatte sich dem Caballero/a von San Bordana bzw. Mithras, einigen Edlen aus der dubiosen Nachbarschaft und vorallem der Familie der Braut gewidmet. Alles mit gewissem Fingerspitzengefühl, er wollte sich immer noch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, abtasten, er liebte dieses Spiel. Doch, so sehr er dieses Spiel auch liebte und verstand, während er all diese Schleifen und sanften Haken ablief, so konnte er beim besten Willen keinen Sinn in der Auswahl der (besonderen) Gäste seines Bruders erkennen und er bezweifelte, dass dieser Finten setzte wie er selbst tat. So erblickte Resadan hier, ab von der noch sinnhaften Brautfamilie, diese seltsamen (Groß-)Garetier mit nebachotischen Wurzeln, Rasdans zusammengestückelte, unbedeutende ragathische Stierkämpfer-Entourage(*), den obskuren, landlosen Castari-Rittern, ebenso wie den bulligen Alphonzo der Jüngere von Valkendâl, aber auch die El'Kargendes, Familia seiner verstorbenen Frau und seines Knappen, zu denen er offensichtlich wieder Kontakt geknüpft hatte. Die meisten davon politische Leichtgewichte, zumeist ohne Ambitionen und vorallem völlig unterschiedlichen Agenden, das ergab alles keinen Sinn, zumindest für jemand der Ahnung von Politik hatte. Aber was sollte ihn das kümmern, dieses Verwirrspiel lenkte hervorragend von seinem Tanz zwischen den Reihen ab. Aber doch beunruhigte ihn etwas, doch diesen Gedanken trank er sich mit gutem Wein und blühenden Gesprächen wieder weg. Sollte sein Bruder doch seine Zeit verschwenden, er folgte seinem Pfad.
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(*)Dulcinea di Alina, Roxalba de Verlez, Tsaya de Quentulán (und Anhang), Jervan Mayor, Yeza Botamacher etc.
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