Chronik.Ereignis1033 Streit ums Taubental 19

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Waldhauser Posse

Wie sich auf Gut Waldhaus eine Posse abspielte, in deren Verlauf die Comtessa sich ein funkensprühendes Wortgefecht mit Dom León lieferte. Wie Domnatella Flavia zu einem Gemahl, Dom Halmdahl zu einem Edlengut und Dom León zu einem neuen Gefolgsmann kam.


Baronie Taubental, 2. Travia 1033 BF[Quelltext bearbeiten]

Auf Edlengut Waldhaus (2. Tsastunde)[Quelltext bearbeiten]

Autor: vivar

„Muss das wirklich sein?“, maulte Halmdahl von Sindelsaum und blickte an sich herab. Er trug einen jagdgrünen Gehrock mit goldenen Tressen und Knöpfen, dazu schwarze Pluderhosen, weiße Kniestrümpfe und polierte Spangenschuhe. Sein Haar war sorgsam nach hinten gekämmt, der zuvor noch wuchernde Vollbart sorgsam gestutzt. Mitten im lehmigen Hof des Edlenguts stehend, kam er sich wie ein Lackaffe vor.

„Es muss“, fällte der Vivar, seinerseits immer noch den cremefarbenen Reitmantel tragend, sein abschließendes Urteil. „Wir hätten Euch zwar auch in die Gewänder des seligen Falk Fröhling stecken, Euch aufwändig waschen und frisieren können, aber dafür ist keine Zeit. Wie ich finde, hat Maestra Lariana ganze Arbeit geleistet. Nicht einmal Maestro Knabenschuh hätte Euch einen derart prachtvollen Rock schneidern können.“ Er nickte der kleinen Magierin in der grauen Robe bestätigend zu, die Halmdahls zerschlissenen Waffenrock in ein so prächtiges Gewand verwandelt hatte – zumindest für die nächsten paar Stundengläser.

Die restlichen Koscher sahen, wie der Baron im Taubental befand, noch immer erbärmlich aus, aber das war in der Eile nicht zu ändern gewesen. Maestra Lariana hatte ihm mitgeteilt, dass die Ragather Comtessa, Domna Fiona und das Mädchen bereits wieder auf dem Weg hierher waren. Er wusste nicht, wie die rehäugige Magierin das in Erfahrung gebracht hatte, aber er vermutete, dass der schwarze Rabe, der ihr auf dem Weg von der Escarrabrücke nach Waldhaus zugeflogen war und nun auf ihrer linken Schulter saß, daran seinen Anteil trug.

Comtessa Romina Alba! Von ihr hatte der Rabe Domna Lariana wohl nichts geflüstert, doch der Schultheiß Eulalio hatte ihm bei seiner Ankunft freilich sofort erzählt, welch hohe Herrschaft Waldhaus mit ihrem Besuch geehrt hatte und wie edelmütig sie sich gegen ihn und die übrigen Bewohner des Gutes verhalten hatte. Dom León kannte die Comtessa von Ehrenstein-Streitzig kaum, doch erinnerte er sich an ein ebenmäßiges, etwas zu ernstes Gesicht, blaue Augen und honigblondes Haar. Auf dem Ständetag zu Ragath im vergangenen Praiosmond war sie an der Seite ihres gräflichen Vaters gesessen und hatte auch das ein oder andere Mal das Wort erhoben, doch auch wenn er versucht hatte, sie kennen zu lernen, war es ihm nie gelungen, ihr einmal außerhalb des Sechsecks zu begegnen. Es war, als hätte sie ihn mit Absicht gemieden. Was brachte die Ragather Grafentochter nun ins Taubental? Besonders rahjagläubig schien sie ihm nicht zu sein, ja, er hatte sogar gehört, dass sie bei Shahane Al'Kasim, dieser halben Amazone, in Knappschaft gewesen sei und nun überall hin ritt, wo Rondra ihre donnernde Kriegstrommel rührte. Kribbelnde Neugier erfüllte ihn und paarte sich mit Ungewissheit. Hoffentlich schickte sich die Ragatierin nicht an, die von ihm geplante Scharade zu durchkreuzen.

Dom León war auf jeden Fall fest entschlossen, Domnatella Flavia einen angemessenen Empfang zu bereiten, auch wenn ihm der Koscher Ritter dabei noch einiges Kopfzerbrechen bereitete. Von Cortezia hatte dieser nicht den blassesten Schimmer. „Dom Halmdahl, wenn ich Euch Domnatella Flavia vorstelle, was werdet Ihr dann tun?“

Mit den Armen ausholend, vollbrachte Halmdahl von Sindelsaum eine ungelenke Verneigung.

„Passabel. Und dann sagt Ihr?“

„Euer Wohlgeboren, Euer Anblick... äh... bringt alle Diener in Wallung und lässt... und lässt die schönen Rosen im Taubental... äh.“

Dom León schlug sich mit der Hand auf die Stirn. „'Euer Wohlgeboren, Euer Anblick bringt das Herz Eures alluntertänigsten Dieners in Wallung und lässt die schönsten Rosen des Taubentals vor Neid erbleichen.' Am besten, Ihr überlasst das Reden ganz mir, Dom Halmdahl. Ihr dort hinten, für Euch gilt das Gleiche!“

Alara von Semmelstock und Ferk von Alrichsbaum, die einige Schritt hinter Halmdahl Aufstellung genommen hatten, feixten nur stumm. Sie trugen zwar noch ihre alten Rüstungen und Wappenröcke, aber immerhin hatten sie die auffälligsten Blutflecken und Dreckspuren fort gerieben. Die restlichen Koscher saßen gemeinsam mit Dom Leóns blauberockten Kürassern zu Pferd und bildeten ein Ehrenspalier zwischen dem Gutshaus, wo Dom Halmdahl, seine beiden Caballeros sowie Maestra Lariana standen, und dem Tor. Dahinter hatten sich die Einwohner von Waldhaus versammelt.

„Sie kommen, Dom León!“, rief in diesem Moment Nuerta vom Palisadenwall herunter.

„Gut. Versucht wenigstens freundlich dreinzublicken, Dom Halmdahl. Aufstellung! Das Spiel beginnt!“, lachte der Vivar, setzte sich den Caldabreser auf und eilte raschen Schrittes zum Tor.

Als Nuerta und Eulalio dieses öffneten, trug er sein gewinnendstes Lächeln im Gesicht und blickte die drei Frauen, die ihm entgegenkamen, mit leuchtenden Augen an. Während sie näher kamen, wanderte sein Blick von seiner Vasallin Fiona de las Dardas – mit ihrer Wespentaille, dem Schwanenhals und den weichen Locken stets eine Freude vor der Herrin – zu der ragatischen Comtessa – Honiglocken, wie er sie in Erinnerung hatte –, wanderte kurz über ihren schwer gepanzerten Leib – ritt sie in die Schlacht? – und machte dann bei seinem Mündel, der jungen Maid in schlichter Landtracht, Halt. Ihr Leib war fast noch der eines Kindes, doch ihr kluger Blick verriet, dass sie für das entbehrliche Leben hier draußen in Waldhaus mehr als vorbereitet war.

Der Vivar vollführte drei formvollendete Verneigungen, zunächst vor Domnatella Flavia, dann vor Domna Fiona und schließlich vor Domna Romina. „Bei Rahjas Nasenspitze!“, rief er dann aus und riss die Augen auf. „Man erzählt auf Castillo Chellara viel von Eurer sommertagsgleichen Anmut, aber nie hätte ich mir träumen lassen, dass Euer wahrhaftiger Liebreiz diese Erzählungen als schamlose Untertreibungen entlarvt. Ich wünschte wohl, von wunderschönen Kreaturen wie Euch gäbe es mehr auf dieser Welt, denn dann würde die Schönheit nie aussterben. Euch in Gefahr zu wissen, ließ mich zittern wie im tiefsten Firunswinter, und ich glaubte, dass selbst den Vögeln des Waldes aus Sorge um Euch die Stimme versagte. Dass Ihr den Weg zurück hierher gefunden habt und uns erneut mit Eurer Grazie beschenkt, lässt in mir alles Leben wie im Frühjahr neu erblühen. Erlaubt mir, süßestes Wesen, Eurer zarten Hand einen Kuss als Zeichen meiner innigsten Dankbarkeit zu verehren.“ Er machte einen Schritt nach vorne.


Autorin: lasdardas

Waren beim Anblick des beeindruckenden Empfangskommitees Domna Fionas Augenbrauen verwundert nach oben gewandert, so hatte sie Dom Leóns Auftritt rasch wieder auf Normalhöhe gebracht und ihre Lippen formten bei seinem formvollendeten Auftritt ein lautloses „oh“. Beeindruckte es sie doch tief, welch schmeichelhafte Worte er für drei gerade aus dem Wald gestolperte Domnas fand.

Nicht sicher, ob sie lachen oder sich lieber erst einmal anschauen sollte, wohin das Schauspiel im Weiteren führte, biss sie sich energisch auf die Unterlippe. Um die zuckenden Mundwinkel zu verbergen, hatte sie wie verlegen die Hand vor den Mund gehoben. Hinter den niedergeschlagenen Wimpern hervor warf sie einen prüfenden Blick in Richtung Domna Rominas, wollte sie sich doch unter gar keinen Umständen entgehen lassen, wie diese auf Dom León in seiner Paraderolle reagieren würde.

Oder sollte sie sich mehr Sorgen um Domnatella Flavia machen? Hoffentlich erlag diese Dom Leóns Charme nicht gleich beim ersten Ansturm. Doch immerhin hatte das Mädchen den Ruf, mit hesindianischen Gaben wohl gesegnet zu sein. Damit sollte sie doch eigentlich gut genug gerüstet sein, dem Vivar zu widerstehen.


Autorin: ehrenstein

Hatte er wirklich „bei Rahjas Nasenspitze“ gesagt?! Romina spürte, wie perlendes Lachen in ihr aufsteigen wollte. Sie gluckste leise und betrachtete den schönen Baron mit leicht schief gelegtem Kopf. Das also war der Domjuan, der Onkel Gendahar den Rang ablaufen würde, wenn man den Stimmen bei Hofe glauben wollte. Er war in helles, gerautes Leder gekleidet. Und das in einer Zeit, in der die Mode immer dunkler wurde. Es stand ihm vorzüglich, ließ seine Haut dunkler erscheinen und modellierte seinen Körper regelrecht. Dazu kam, dass kein Stäubchen an ihm zu sehen war. Er wirkte, als käme er direkt aus den kundigen Händen eines Leibdieners und wolle jetzt auf eine höfische Jagd oder zu einem Ausritt.

Sie schluckte, als sich ihr Sinn für die Cortezia meldete. Sie hob den Blick zum Gesicht von Dom León, verdrängte jeden Gedanken an seine Größe, versagte sich den direkten Blick in diese schwarzen Augen und zwang sich zu einem emotionslosen Lächeln. Es war schwer, denn gerade kam ihr wieder Rahjas Nasenspitze in den Sinn und wollte sich in einem Kichern Bahn brechen. Sie hatte noch nie gekichert. ‚Rahja, schöne Göttin, bitte verschone mich! Ich trage einen Kürass mit den Wappen meiner beiden edlen Familien.’ Sie schloss die Augen und dachte an die Ferkinas, das Kichern verging. Sie öffnete die Augen wieder, hob den Blick betont langsam und stoppte unterhalb seiner Nase. Selbst seine Wangenknochen waren schön.

„Alle Zwölfe zum Gruß, Baron Vivar.“ Sie senkte höflich das Haupt und dadurch auch den Blick. „Achtet nicht weiter auf mich, ich begleite nur Eure Vasallin Domna Fiona.“ Sie schaute wieder hoch und wich seinem Augen gekonnt aus.


Autoren: vivar, ehrenstein

„Euer Wunsch ist mir Befehl, Comtessa“, wandte derselbige seinen Blick von ihr. „Auch wenn es ein seltsamer Wunsch ist, und, wie ich zugeben muss, einer, den kaum ein Mann mit viel Lust erfüllen wird, so werde ich tun, als wäret Ihr gar nicht vorhanden.“

Domna Romina flatterte mit den Lidern und sah zum ersten Mal in seine schwarze Augen. „Das trifft sich gut, denn ich hatte nicht vor Euch oder einen anderen Mann hier und jetzt mit Lust zu erfüllen, Baron.“

Die Schärfe ihrer Worte ließ Leutnant von Kündoch erbleichen. Er tat zwei große Schritte und stand mit einem Mal hinter seiner Comtessa, den Blick fest auf Dom León gerichtet.

"Ihr seid ohnehin nicht mein Typ, Comtessa", antwortete dieser ohne mit der Wimper zu zucken.

Sie keuchte. „Warum, Möchtegernkhabla?“ Helle Wut sprang aus ihren Augen. „Weil ich mich nicht gleich vor Eure Füße werfe oder vor lauter Sehnsucht vergehe? Weil ich kein wehrloses Kind bin, dass auf Eure wohlfeilen Worte hereinfällt? Oder trage ich nicht den richtigen Namen? Man sagt ja, Ihr bevorzugt die Madalena Galandi, aber vielleicht ginge ja auch Rahjada, denn zu meiner läufigen Schwester würdet Ihr vortrefflich passen!"

"Nein, das alles stört mich nicht", winkte er belustigt ab und machte eine mentale Notiz über Domna Rahjada. "Aber um Missverständnisse zu vermeiden, bevorzuge ich es, verheiratete Frauen zu verführen – und Ihr seid noch ledig."

Missverständnisse? Ihr denkt wohl, jede Frau, die Ihr berührt, will Euch behalten? Selbst wenn Ihr der letzte Mann in Almada wärt, würde ich Euch nicht heiraten."

"Euch heiraten? Da sei Rahja davor! Wie kommt Ihr nur auf solch abstruse Gedanken? Wenn Ihr einmal einen der einzigen beiden ledigen Grafensöhne Almadas geehelicht haben solltet, den Al'Kasim, diesen öden Waldedlen von Flingenförsten, der mit Euch gewiss fürtreffliche Konversation über das Holzfällen und die Goblineskenjagd zu führen vermag, oder Euren kindlichen Vetter Valdemoro, der seine ehelichen Pflichten an Euch erst erfüllen können wird, wenn Ihr schon alt und grau seid, dann, das prophezeie ich Euch, werdet Ihr Euch danach sehnen, dass Euch ein echter Mann mit Lust erfüllt."

Domna Romina wurde leichenblass. "Nimmermehr! Gehabt Euch wohl, Dom León! Ich schau' nach dem einzigen Hengst an diesem Ort, der nicht schamlos und eingebildet ist.“ Sie stapfte an dem Vivar vorbei in Richtung der Pferdeställe. Ihr Leutnant schluckte trocken und folgte ihr.


Autor: vivar

Dom León zuckte mit den Schultern und wandte sich dann der sichtlich verwirrten Flavia Fröhling zu. Er ergriff ihre schlanke Hand und hauchte, ohne sie mit den Lippen zu berühren, einen angedeuteten Kuss darauf. Das brachte diese noch in viel größere Verlegenheit, denn sie hatte erwartet, dass ihr schöner Lehnsherr der stolzen Comtessa, nicht aber gerade ihr die Hand zu küssen gedachte. Noch nie hatte ihr jemand die Hand geküsst. Mit scheu gesenktem Blick knickste sie vor Dom León.

"Nun kommt, meine Augenweide. Ich danke der Göttin, dass sie diese beiden streitbaren Waldnymphen und ihre... - "er warf einen Blick auf den von Kündoch - "Satyrn gesandt hat Euch von den Hängen der Berge zu befreien." Er bot ihr galant seinen Arm und schritt mit ihr würdevoll dem Gutshaus entgegen. "Wir waren alle sehr in Sorge um Euch, müsst Ihr wissen – und wenn ich alle sage, so meine ich vor allem jenen Mann, dem kein Tal zu tief war, kein Berg zu hoch, kein Fluss zu weit, um hierher zu gelangen. Als er von Eurer Schönheit erfuhr, hat er eine glänzende Laufbahn in seiner fernen Heimat aufgegeben, sich mit den wildesten Tieren geschlagen und sich gegen die verruchtesten Briganteros zur Wehr gesetzt. Ein Caballero aus altem Geschlecht, mein Liebes, der am heutigen Tag sogar allein um Euretwillen mit mir die Klinge gekreuzt hat. Dom Halmdahl von Sindelsaum hat nur aus einem einzigen Grund all diese Mühen auf sich genommen: Er ist unsterblich verliebt in Euch, Domnatella Flavia!"

Ungläubig blickte Flavia Fröhling zu ihm auf. "Aber, Hochgeboren... er hat uns überfallen! Seine Knechte haben Falk... und Vater ist..."

"Nur ruhig, mein scheues Rehlein! Ihr wisst ja selbst, dass Euer Vater, unser lieber Vasall, dem Trunk in einer Weise zuzusprechen pflegte, der in seinem Alter der Gesundheit wenig zuträglich ist. Nun hat er es so manchem catalinensischen Abt gleichgetan und ist im Rausch in Rahjas Zelt aufgefahren, wo er selig lächelnd wie ein junger Gott den köstlichsten Tharf schlürft. Ich kann mir einen wenig rahjagefälligeren Tod vorstellen. Na gut, ich kann, aber das ist nichts, worüber eine junge Dame in der Blüte ihres Lebens sich Gedanken machen bräuchte.

Was den Unfall Eures Bruders betrifft, so ist er freilich äußerst bedauernswert und Ihr tut Recht daran, zu wehklagen und zu trauern. Es zeugt von der mangelnden Cortezia des Koschervolks, ihrer Ungestümheit und Direktheit. Doch ändert es nichts an der Tatsache, nein, es unterstreicht sie sogar, das der edle Dom Halmdahl weder rastet noch ruht, bis er vor Euch knien und sich seinen innigsten Wunsch erfüllen kann."

"Und was für ein Wunsch wäre das, Hochgeboren?", argwöhnte Flavia.

"Na, um Eure Hand anzuhalten, natürlich! Bei den Göttern, glaubtet Ihr, der Koscher Caballero würde ohne triftigen Grund hier nach Almada reisen? Er ist verliebt in Euch, wie ein kleiner Knabe! Nur mit dem Unterschied, dass er schon ein rechter Mann ist, freilich. Seit ich ihm auf der Escarrabrücke begegnete, schwärmte er mir ununterbrochen von Euch. Ach, Dom León, sagte er mir, 'mein liebstes Herzensfräulein Flavia ist die Schönste unter den Frauen des Reiches! Wenn sie geht, erscheint sie so aufrecht und gerade, dass selbst der braune Schaft der Lanzen ihrem Wuchs nachsteht. In ihrer Anmut übertrifft sie die Schönen aller Horizonte. Ihr Gesicht strahlt heller als der aufgehende Vollmond und sie besitzt alle Schönheit, die sie sich nur wünschen kann. Ihr wiegender, geschmeidiger Körper spottet den biegsamen Zweigen, ihre vielen schönen Eigenschaften machen mein Herze schwach. Hesindes Klugheit selbst leitet sie und selbst die Praiosscheibe ist von ihrer Wange geliehen.' So sprach Dom Halmdahl zu mir."

Erstaunt hatte das Mädchen ihrem Baron zugehört. Noch nie hatte jemand solche Worte für sie gefunden. Ihr Bruder hatte sie meist 'Besenstiel' genannt. Ihr Vater hatte stets 'Mein Kleines' zu ihr gesagt. Er hatte es immer voll Zärtlichkeit gesagt, aber es war sein einziges Kosewort gewesen. Eine zarte Röte breitete sich auf ihren Wangen aus. Dann aber zog sie nachdenklich die Brauen zusammen: "Wenn tatsächlich Rahja ihn zum Handeln trieb, warum erschien er dann in finsterer Nacht wie ein Räuber und fiel über uns her?"

"Weil er so schüchtern ist!", lachte Dom León. "Der arme Kerl fürchtete, dass Ihr ihn am hellichten Tag abstoßend und hässlich finden, mit einem einzigen Wimpernschlag all seine Sehnsüchte zernichten und ihn in den Abgrund des Elends stoßen würdet. Als ich ihn fand, war er in tiefstem Zweifel versunken. 'Wenn mein Täubchen mir doch nur meine Unhöflichkeit vergeben und mein wahres Ich erkennen könnte!', so quälte er sich und Tränen quollen aus seinen Augen hervor. Ich redete ihm gut zu, unserem Koscher Caballero, denn ich wusste, dass Ihr ein herzensgutes Kind seid, und gewiss ein gutes Auge für die wahre Natur des armen Dom Halmdahl habt. Also, seid milde zu dem armen Tropf, Domnatella Flavia!"


Autor: Geron

Halmdahl stank die ganze Sache ziemlich. Obwohl es sich nur um eine Illusion handelte, sah er aus, als hätte er sein Rückgrat an der Almadaner Grenze abgegeben. Alara, Ferk und seine übrigen Gefolgsleute konnten sich das Grinsen kaum verkneifen. Der sonst so raue Halmdahl sah ja auch viel zu albern aus. Es wurmte ihn besonders, dass die Zauberei auch seinen Bart verändert hatte. Sollte sich das nicht rückgängig machen lassen, würde diese Magierin dafür bitter büßen. Dass er sich hier von Magie helfen lassen musste, war sowieso schon ein Skandal an sich. Bei Gelegenheit würde er wohl dem Bannstrahlorden eine größere Spende überreichen müssen.

Alara stupste Halmdahl von hinten an und riss ihn damit aus seinen düsteren Gedanken. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen. Diese Spangenschuhe waren schon eine Herausforderung an sich. Es kostete ihn alle Konzentration sich nicht auf die Nase zu legen. Anstatt elegant daher zu flanieren, stakste er einher, als wäre er bei einem Storch in die Lehre gegangen.

Endlich bei dem Baron und dem Mädchen angekommen, verbeugte Halmdahl sich ungelenk vor ihr. Als er sich aufrichtete, war sein Gehirn wie leer gefegt. Was hatte der Baron ihm gleich noch aufgetragen zu sagen? „Euer Anblick bringt mein’n Diener in Wallungen und lässt alle Rosen im Taubental verblühen.“ Er fragte sich, ob das so richtig gewesen war. Irgendwie hörte es sich komisch an, aber für ihn klang alles hier in Almada komisch.


Autoren: vivar

"Ahahaha, da seht Ihr, was ich meine, Teuerste. Der Ärmste ist ganz von Sinnen bei Eurem Anblick und spricht nur im Koscher Dialekt, wo man 'meinen' und 'Euren' zu vertauschen pflegt und 'verblühen' 'aufblühen' meint, nicht wahr, Dom Halmdahl? Einerlei, ich glaube, es wäre angebracht, wenn Ihr ihm Eure Hand zum Kusse reichen würdet, Domnatella."

Zögerlich streckte Flavia ihre Rechte aus.


Autor: Geron

Halmdahl ergriff sie mit seiner eigenen Pranke und drückte einen feuchten Kuss darauf. Sein Bart kitzelte ihre Hand, aber der Blick, den er ihr dabei zuwarf, war nicht der eines blutdürstigen Verrückten, sondern strahlte Freundlichkeit aus. Vielleicht steckte unter der Schale des rauen Koschers ja doch eine gute Seele?

„Wohlgeboren“, adressierte Halmdahl Flavia in der ungewohnten Titulatur. „Ihr müsst mir mein ungehobeltes Benehmen verzeihen. Ein schurkischer Hinterkoscher hat mir einen Bären aufgebunden und mich so zu meinem rauen Vorgehen bewegt. Ich bin betrübt, dass euch dadurch so viel Leid widerfahren ist, aber ich gelobe hiermit den Schurken Rezigus von Alstingen zur Rechenschaft zu ziehen.“

Ob das Mädchen ihm wohl die Geschichte abkaufen würde? Der Vivar hatte ihm so manches auf dem Ritt nahe gelegt, aber ob das Herz der Almadanerin nur mit schönen Worten und verdrehter Wahrheit zu gewinnen sein würde?


Autorin: lasdardas

Zuerst noch verstohlen amüsiert, hatte Domna Fiona den Schlagabtausch zwischen Dom León und der Comtessa verfolgt, der wie von ihr in Kenntnis Domna Rominas Wesen erwartet, ordentlich gepfeffert gewesen war. Der rasche Abgang der Ragatherin brachte diese Begegnung jedoch zu einem vorschnellen Ende. Aber ein solches Thema wäre auch besser auf dem Feste der lieblichen Göttin vorgebracht und würde dort sicher zu einem interessanteren Ergebnis führen. In jedem Falle war sie zuversichtlich, dass ihr Töchterchen sich um seine Knappschaft keine Sorgen machen musste.

Als sie jedoch das Süßholz vernahm, das Dom León hier raspelte, hatte sie das Gefühl, langsam aber nachdrücklich ein Reißen an allen 31 Zahnwurzeln – eines Hesindenzahns hatte sie sich mit Hilfe eines Zahnreißers vor fast drei Jahren entledigt – spüren konnte. Dazu gesellte sich ein langsames Aufsteigen der Galle und sie konnte sich nur im letzten Moment beherzt auf die Zunge beißen, ehe ihr eine praiosgefällige – Satuaria bewahre! – Erwiderung auf Dom Leóns Lobpreisungen auf diesen Usurpator Halmdahl über die Lippen kommen konnte. Das arme Mädchen mit dem – zugegebenermaßen etwas arm an Hesindes Gaben wirkenden – Koscher Eber verheiraten zu wollen, brachte ihr almadanisches Blut in Wallung.

Sie schnaufte und kniff die Augen zu zwei schmalen Schlitzen zusammen, aus denen hervor sie ihrem Baron einen ärgerlichen Blick zuwarf. Dann wandte sie sich – schon längst der Aufmerksamkeit der Anwesenden entzogen – leise ab und folgte Domna Romina zu den Stallungen, bevor sie ihrem dringenden Wunsch, einige hier Anwesenden Personen mit Verwünschungen zu bedenken, nachgeben konnte.

Der Rabe auf Maestra Larianas Schulter gab ein leises Krächzen von sich und trippelte unbehaglich von einem Fuß auf den Anderen.


Autor: vivar

Flavia Fröhling lächelte den Koscher scheu an. "Und Ihr seid wirklich hierhergekommen, weil Ihr mich liebt und zur Frau nehmen wollt?"

"Eeeh... etwas anderes wäre ja kaum vorstellbar", brachte sich Dom León wieder ungefragt ein. "Und bedenkt, Domnatella Flavia, dass Dom Halmdahl aus einer ehrbaren und alten Familia stammt. Zwar wurde die Familia von Sindelsaum erst vor etwa 40 Götterläufen in den Adelsstand erhoben, also nur kurz, bevor Euer eigener Vater Herr zu Waldhaus wurde, doch reichen ihre Wurzeln als ehrbare Rustikale über 300 Jahre in die Vergangenheit. Dom Halmdahls Mutter, Domna... äh, Palina vom Kargen Land, führt ihre Ahnenreihe gar bis in die Morgendämmerung des Reiches zurück. Unser Koscher Freund ist also nicht nur ein tapferer Fechter und kräftiger Beschützer, sondern aufgrund seines edlen Geblüts auch ein vollkommen standesgemäßer Gemahl. Er bringt seinen alten Namen und seine kriegerische Tapferkeit, ihr Eure unvergleichliche Schönheit und Euren wachen Geist in die Ehe, und ich gebe das Gut Waldhaus zu Lehen, auf dass Eure Kinder angemessen aufwachsen. "

"Hm...", machte Flavia. Sie dachte eine Weile über das Gehörte nach. Dann blickte sie Dom Halmdahl in die Augen und sprach: "Ich will Euch als meinen Gatten annehmen, Euren Hof verwalten, Eure Kinder austragen und Euch ehren und achten allezeit – unter einer Bedingung."

"Nennt sie, mein Kind! Gewiss wird Dom Halmdahl alles tun, was in seiner Macht steht, um Euch zu Willen zu sein", lächelte Dom León aufmunternd.

"Ich kann nicht dulden, dass die beiden Mörder meines Bruders Falk ungestraft davonkommen. Und Ihr dürft das auch nicht tun, edler Dom Halmdahl, denn sie haben Euren zukünftigen Schwager erschossen. Wenn Ihr mich also wirklich liebt, so werdet Ihr ihre vier Hände, jene mörderischen Hände, welche die Armbrüste hielten, abschlagen und mir zum Brautgeschenk machen."


Autor: Geron

Halmdahls Grinsen erstarrte, als er die Forderungen Flavias hörte. So hatte er sich das sicher nicht vorgestellt. „Ich verstehe Euren Zorn,“ begann Halmdahl langsam, „aber Zorn sollte doch niemals zu blinder Gewalt führen. Ich verspreche Euch die beiden Schützen gebührend zu bestrafen. Ich könnte sie etwa dazu zwingen dem Orden der Therbûniten für einen Götterlauf beizutreten, damit sie mit ihren Händen das Werk der Herrin Peraine vollbringen. So könnten sie Sühne tun und Aventurien ein Stück besser machen.“


Autor: vivar

„Jahaha, Therbûniten, das ist doch eine glänzende Idee“, unterstützte Dom León den Vorschlag des Sindelsaumers. Ihm war ganz anders geworden, als er die Rachegelüste der kindlichen Flavia vernommen hatte. „Zu Punin gibt es, soweit ich weiß, ein Ordensspital, da könnten die beiden Spitzbuben gewiss mit Hand anlegen.“

„Wenn er mich wirklich heiraten will, so wird er tun, was ich verlange“, beharrte Flavia stur. „Oder seid Ihr etwa nicht Manns genug, Eure eigenen Gefolgsleute zu züchtigen, Dom Halmdahl? Dann braucht Ihr auch nicht um meine Hand anzuhalten, denn dann werdet Ihr es hier in der Waldwacht keinen Mond lang aushalten. Dies ist ein hartes Land, besonders, wenn der Winter kommt, und Ihr müsst beweisen können, dass Ihr der Dom seid.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.


Autorinnen: ehrenstein, lasdardas

Das Halbdunkel im Stall veranlasste Domna Fiona an der Holztür inne zu halten, auf das sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse anpassen konnten. Die große Silhouette von Kündochs hatte sie als erstes ausgemacht, also schweifte ihr Blick auf der Suche nach Domna Romina weiter, die sie nahe bei ihrem edlen Hengst stehen sah. Ein Schmunzeln legte sich auf die Lippen der Waldwachterin, als sie die Comtessa leise und aufgebracht auf den Hengst einreden hörte, der nervös mit den Ohren spielte und den Blick aufmerksam auf seine Herrin gerichtet hatte.

Wie sie bei Dom Leóns erstem Anblick bereits befürchtet hatte, schien sich die Ragatherin bereits ein gewisses Urteil über den Waldwachter Baron gefällt zu haben. ‚Oh Rahja, wie beliebt es dir, mit den Menschen zu spielen!’, seufzte sie innerlich. Vermutlich würden der Baron und die Comtessa bei nächster Gelegenheit erneut wie die Feuerpfauen aufeinander losgehen. Nunja, Rahja und sie wussten ja, wohin das vermutlich noch führen würde und es war durchaus interessant, dem Spektakel beizuwohnen. Nur fürchtete sie im Moment doch um den Geisteszustand der jungen Comtessa, nach allem, was Zaida ihr über die Erlebnisse im Raschtulswall erzählt hatte. Andererseits schien der Kampfgeist die junge Domna geradezu zu beleben. Und vielleicht würde sie bei der nächsten Begegnung auch mehr darüber nachdenken, wie man den Herrn Baron möglichst rasch all dieser Kleidung entledigen und...

Sie räusperte sich. „Verzeiht, Domna Romina, mir scheint, als hättet Ihr mit der Einschätzung der Hengste hier durchaus recht gehabt.“ Sie war an die Box heran getreten und legte nun die Unterarme auf den Rand der Absperrung, darüber hinweg zur Angesprochenen blickend. „Aber lasst Euch nicht täuschen. Ich bezweifle, dass Domnatella Flavia blindlings in diese Hochzeit hineinlaufen wird; das würde nicht zu dem passen, was ich bisher über sie hörte. Nun gut, ich muss zugeben, die umschmeichelnden Worte meines Barons könnten ihren Verstand etwas vernebelt haben, aber ich bin guter Dinge, dass dies nur von kurzer Dauer ist.“

Die Comtessa flatterte mit den Lidern und spähte über den Widerrist des Hengstes zur Waldwachterin. „Hochzeit? Welche Hochzeit?“, erkundigte sie sich irritiert. Der Silberschimmel schnaubte wie zur Unterstützung der Worte seiner Herrin.

„Pardonniert’s mir, Comtessa. Das habt ihr ja gar nicht mehr mitbekommen.“ Innerlich seufzte Domna Fiona und stählte sich für ihren Bericht: „Dom León, also mein Baron, hat offenbar beschlossen den Streit mit den Koscher Wild…ersachern möglichst rasch aus dem Weg zu räumen und… ich habe nicht die geringste Ahnung, was ihn da gerade reitet!“ Auf halbem Wege ging jedoch das Temperament mit ihr durch und überwand erfolgreich die Absicht zu einem möglichst neutralen Bericht. „Er hat Domnatella Flavia angetragen diesen Koscher Eb…elmann zu heiraten!“ Erbost runzelte sie die Stirn. „Und jetzt spielen sie da draußen Theater um die Domnatella zu überzeugen, das alles sei nur ein böses Unglück gewesen und Dom Halmdahl habe seiner großen Liebe Flavia wegen… ach, es ist ein Drama!“

"Bitte was hat dieser unverschämte Jungbaron vor?" Domna Romina kam um das Pferd herum. „Sie spielen da draußen Theater? Das muss ich sehen." Sie machte sich auf, den Stall wieder zu verlassen, ihr Hengst wieherte ihr leise hinterher.

Leutnant von Kündoch folgte der Comtessa eilig wieder nach draußen.

Noch auf dem Weg lieferte Domna Fiona die letzten Informationen nach, die sie noch hatte verfolgen können. „…nur deswegen gekommen, da er von Domnatella Flavias Liebreiz gehört habe“, sie imitierte recht treffend den Tonfall des Barons und endete schließlich mit, „…um ihre Hand anhalten.“ Noch immer aufgewühlt schüttelte sie den Kopf.


Autor: Geron

Halmdahl fiel vor ihr auf die Knie. „Nale und Grimm sind zwei arme Sünder, aber sie sind nicht von Grund auf böse. Alles, was sie getan haben, taten sie auf mein Geheiß. Ich kann die Wut und den Schmerz gut verstehen, der Euch plagt, aber sie richten sich auf getäuschte Werkzeuge und nicht auf den wahren Täter.“

Flavia öffnete den Mund um Einspruch zu erheben, aber Halmdahl hob die Hand. „Bitte lasst mich ausreden, Wohlgeboren.“

Sie klappte den Mund wieder zu und ließ den grimmigen Koscher weiter sprechen.

„Es ist nur wenige Monate her, dass ich im Haus meines Vaters in Gôrmel weilte. Dort war zur selben Zeit auch ein Gast aus dem fernen Almada eingetroffen. Rezigus von Alzingen war sein Name, oder so ähnlich. Er war wohl einst Baron dieser Lande und ist es nach Willen der Kaiserin bis heute noch. Er berichtete so manches von Eurer Schönheit und Klugheit, vom Klang Eurer Stimme und von Eurer Willensstärke.

Als ich in wilder Liebe entflammte und mein Interesse äußerte, wagte ich es kaum zu glauben, dass die Blume der Waldwacht noch unvermählt sein sollte. Es muss wohl am verdrehten Hirn der almadanischen Adligen liegen, dass sie solche Schönheit nicht zu schätzen wissen.“ Er warf einen Seitenblick auf Dom León, der unschuldig in die Luft starrte.

„Für mich gab es kein Halten mehr. Schon lange bin ich auf der Suche nach einer Gemahlin und nun schien ich endlich fündig geworden zu sein. Rezigus lobte Euch in den höchsten Tönen und wie ich sehe, sprach er in diesem Belang nichts als die Wahrheit. Ja, ganz im Gegenteil! Eure Schönheit und Willensstärke übertreffen die Lobhymnen des Alzingers bei weitem. Eine Frau aus einer rauen Grafschaft für einen Ritter aus einem rauen Fürstentum schien mir eine gute Wahl zu sein, und so wollte ich sofort aufbrechen um um Eure Hand anzuhalten. Doch Rezigus warnte mich, dass Euer Vater ein grausamer Kämpfer sei und Euch nicht hergeben wolle. Auch habe er so manches Verbrechen begangen und halte eine ganze Reihe schwer bewaffneter Mordbuben in seinem Sold.

In meiner Begeisterung wollte ich Euch aus den Unbillen Eures grausamen Vaters befreien und so sammelte ich einige Freunde aus alten Tagen und brach auf. Nichts ahnend, dass ich mich zu einem willfährigen Werkzeug des Alzingers machte, den er plant das Taubental mit Waffengewalt zurückzuerobern und mich dabei zu seinem nichts ahnenden Wegbereiter zu machen.

Als wir den Hof angriffen, befürchteten wir einen harten Kampf und eine Bande grausamer Soldknechte, doch im Eifer des Gefechtes erkannten wir erst zu spät, dass wir belogen worden waren. Wir klammerten uns an den Gedanken, dass die angeblichen Spießgesellen Eures Vaters sich auf einem Raubzug befanden und so standen wir die Nacht über Wacht und befürchteten einen Angriff, aber soweit kam es nie. Erst León von Vivar öffnete uns die Augen über das Lügengespinst des Alzingers. Erst die Worte des tapferen Barons zeigten uns, dass wir, anstatt eine unterdrückte Jungfrau aus den Klauen ihres schurkischen Vaters zu befreien, zu Mördern und Spießgesellen eines rachsüchtigen Hinterkoschers geworden waren.

Wenn also jemanden Euer gerechter Zorn treffen sollte, dann muss er Rezigus gelten und nicht uns, die wir aufs ärgste getäuscht worden sind. Ich werde weder rasten noch ruhen, bis diesem Schurken das Handwerk gelegt ist und mein Schwert in die Dienste Baron Leóns stellen, denn der elende Rezigus ist auf dem Weg ins Taubental. So Ingerimm es will, werde ich Euch in wenigen Tagen seinen Leib vor die Füße legen und sein Banner in den Staub des Taubentals trampeln. So er uns lebend in die Hände fallen sollte, lege ich sein Schicksal in Eure Hände. Dies sind meine Geschichte und mein Versprechen an Euch. Nun liegt es an Euch eine Entscheidung zu treffen.“

Noch immer kniete Halmdahl vor Flavia. Er hatte ihre rechte Hand ergriffen und blickte ihr treu und aufrichtig in die Augen, auch wenn er sich innerlich wunderte, woher er so schnell eine solche Geschichte her genommen hatte.


Autor: vivar

Flavia hatte ihm aufmerksam zugehört. Die Worte des Koschers hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Zwar waren sie nicht glatt poliert und feinsinnig wie die des Vivar, sondern holprig und ungeschliffen wie Granit, doch dafür wirkten sie umso ehrlicher. Die Maid reichte dem rauen Caballero auch ihre linke Hand und blickte ihn sanft an. „Ich glaube Euch. Ihr seid von Remigius von Alstingen getäuscht worden, so wie mein Vater einst von ihm getäuscht wurde. Auch wenn Ihr uns übereilt angegriffen habt, so habt Ihr doch nicht in böser Absicht gehandelt. Ich will also darauf verzichten, die Hände Eurer Werkzeuge als Brautgeschenk zu fordern, denn gute Werkzeuge sind zu kostbar um sie zu zerstören. Wenn sie den Kampf gegen Remigius von Alstingen überleben, so will ich ihnen vergeben und keine Feindschaft soll zwischen mir und ihnen bestehen. Und wenn Ihr den Kampf überlebt, so will ich Euch als einen tapferen und edlen Caballero ansehen und Euch zu meinem Manne nehmen.“

„Bravo! Bravo!“ Der Baron klatschte in die Hände. „Freunde, wir haben eine Hoch... wir haben Frieden! Die Fehde, die Dom Halmdahl mit der Familia Fröhling heraufbeschworen hat, ist beendet! Rahja sei gepriesen! Rahja sei gelobt! Da Ihr gerade kniet, Dom Halmdahl: Seid Ihr bereit Euren Lehnseid auf mich abzulegen? Sobald wir gemeinsam diesen lästigen Alstinger Festverderber in die Schranken gewiesen haben, könnt Ihr dann mit dem guten Gualdini die Einzelheiten Eures Ehebunds besprechen. Ich vertraue ihm völlig in diesen Dingen, beschränken sich meine eigenen Kenntnisse doch auf das Vollziehen der ehelichen... Pflichten.“ Er hielt inne, als er Romina von Ehrenstein-Streitzig aus dem Stall eilen sah. „Schön zurück, Comtessa? Habt Ihr dort drinnen keinen Hengst gefunden? Ich hätte schwören können, dass vorhin noch einer darinnen stand.“


Autorin: ehrenstein

Romina, die gerade überrascht den knienden Koscher betrachtet hatte, hob den Blick zu den schwarzen Augen des Barons. Ihr Mund wurde hart. „Ihr wart vorhin bei meinem Hengst?“, antwortete sie ruhig. „Ich bitte Euch inniglich, jeglichen Umgang mit ihm einzustellen, Eure merkantile Cortezia könnte auf ihn abfärben!“ Sie lächelte gönnerhaft und legte den Kopf schief. „Aber wie schon gesagt, lasst Euch von unserer Anwesenheit nicht weiter beeindrucken, meine Person ist rein privatim in Eurer hübschen, kleinen Baronie.“


Autor: vivar

Anstatt einer Antwort verneigte sich Dom León lediglich kurz in Richtung der Comtessa um ihr zu bedeuten, dass sie tun möge wie es ihr beliebe, und wandte sich dann wieder Halmdahl von Sindelsaum zu.


Autor: Geron

Dieser war sichtlich erleichtert ob der Antwort Flavias. Auch die Eile des Barons kam ihm sehr gelegen. Er hatte sein Ziel erreicht: ein tüchtiges Weib und ein eigenes Landgut! Er faltete beide Hände und Dom León umschloss sie mit den seinen. Feierlich sprach Halmdahl: „Im Namen Ingerimms, dem Herrn der Berge, des Kosch und Schutzpatron meines Hauses gelobe ich Euch ewigliche Treue. Sei es in Zeiten des Überflusses oder der Not, stets werde ich dem Ruf Eures Banners mit meinen Mannen folgen und Eure Feinde sollen auch meine sein. Stets werde ich Euch treu und aufrecht zur Seite stehen und Euch, nach bestem Wissen und Gewissen, Rat spenden. Dies gelobe ich im Namen Ingerimms bei meiner Ehre. Mögen er und seine elf Geschwister meine Zeugen sein.“


Autor: vivar

Der Vivar schmunzelte. „Fürs Erste bin ich damit zufrieden, wenn Ihr mir Eure Treue bis in den Tod hinein gelobt. Das Ewige ist die Sphäre der Götter, und dabei wollen wir es belassen. Halmdahl von Sindelsaum, Ihr habt mir in der heiligen Zwölfe Namen Eure Treue geschworen und Treue soll mit Treue vergolten werden. So gewähre ich Euch meinen Schutz und Schirm. Ich nenne Euch einen Edlen zu Waldwacht und fordere Euch auf, götterfürchtig, gerecht und weise über Waldhaus zu herrschen, wie es einem Edlen geziemt. Zu den gleichen Bedingungen wie Euer verblichener Vorgänger, erhaltet Ihr dieses Gut aus meiner Hand als Lehen bis zu Eurem Tode, wenn es wieder an mich oder meine Nachkommen, die ich bis dahin noch in die Welt zu setzen gedenke, zurückfällt. So wird ein heiliger Bund der Treue zwischen uns geschlossen, den niemand brechen soll. Solltet Ihr mir untreu werden, so werdet Ihr des Titels und Lehens verlustig gehen. So wahr mir Rahja helfe. Erhebt Euch, Dom Halmdahl zu Waldhaus!“

Der neue Edle erhob sich und der Baron umarmte ihn, wie es Sitte war. Dabei flüsterte er: „Ich möchte Euch außerdem eindringlich davor warnen, Dom Halmdahl, Euch an Eurer zukünftigen Gattin gegen ihren Willen Genüsse zu verschaffen. Nach dem Glauben der Rahjakirche würdet Ihr Euch dadurch nämlich einen ganz besonderen Platz in den Niederhöllen verdienen – einen Platz für Kinderschänder und Leute, die im Theater dazwischenplappern.“

Dann klopfte Dom León seinem Vasallen auf die Schultern und lächelte wieder fröhlich. „Domnatella Flavia“, hauchte er dann dem Mädchen einen erneuten Kuss auf die Hand“, gestattet mir, Euch zu Eurem Verlobten zu gratulieren. Ich glaube, dass Ihr mit dem Caballero zu Waldhaus eine exzellente Wahl getroffen habt. Wenn es Euch keine Umstände bereitet, würde ich ihn Euch jedoch gerne für einen Augenblick entführen, denn die reichlich unpläsierliche Angelegenheit um den Herrn von Alstingen verlangt nach den Diensten Eures Gatten.“

Flavia verneigte sich. „Er ist Euer. Ich werde derweil etwas Speise bereiten lassen, Dom.“

„Ihr seid ein kluges Kind, Domnatella“, zwinkerte Dom León und führte den Sindelsaumer hinüber zum Brunnen des Anwesens. Der in der Stalltür erstarrten Caballera von Las Dardas rief er zu: „Domna Fiona, meine Teure, würdet Ihr Euch uns für einen Moment anschließen?“


Autorin: ehrenstein

Domna Romina verfolgte das Treiben auf dem Hof aufmerksam. Es fiel ihr sichtlich schwer dabei ernst zu bleiben. Dieser Baron hatte doch wirklich im Handumdrehen aus dem Wildschwein einen Gärtner gemacht! Wäre es nicht so unmoralisch, wäre es ein wahres Phexenstück. Sie betrachtete Dom León und legte nachdenklich den Kopf schief. Es war wirklich eine phexische Leistung, die der Rahjabaron wie auch immer vollbracht hatte. Ob er wohl über die Folgen nachdachte? Sie hätte diesem Koscher keinen Steinwurf weit getraut. Aber das war nicht ihre Sache. Der Vivar ignorierte sie jetzt, wie sie es von Anfang an gewollt hatte und sie würde sich davon nicht irritieren lassen. Energisch wandte sie sich ab und ging zurück zum Stall.


Autorin: lasdardas

Ungläubig bis schockiert hatte Domna Fiona erst den verbalen Konter der Comtessa verfolgt – den sie ihr kaum hatte verdenken können – und dann zu ihrer Bestürzung mit ansehen müssen, wie ihr verehrter Baron – und das war mehr als nur schmückende Bezeichnung, hielt sie ihn sonst doch wirklich hoch in Ehren, aber wer konnte ihr dies verdenken, so rahjagefällig wie eben dieser Baron daherkam – Domnatella Flavia mit diesem Koscher Eber verkuppelte. Entrüstet war sie an der Stalltür stehen geblieben. Diese Wendung hatte sie nun wahrlich nicht vorhergesehen, auch wenn ihre Karten ihr irgendetwas über die Vermehrung der Schwarzkittel in der Waldwacht hatten mitteilen wollen. Bah! Nicht, dass sie Domnatella Flavias Vater sonderlich zugetan gewesen war, als ehemaligem Gefolgsmann des alten Alstinger Suppenhuhns. Aber wenn es zwischen Waldwachtern – wenn auch recht neuen Geschlechts – und Koschern – egal welchen Alters, Geschlechts oder Abstammung – zu wählen galt, dann stand ihre Meinung so fest wie die Waldwachter Tannen. Blieb abzuwarten, ob der schmeichlerische Baron die passende Säge bereithielt.

Das Gesicht mit kühler Neutralität geschmückt, näherte sie sich ihrem Baron und suchte von diesem unbemerkt der Comtessa einen beruhigenden Blick zuzuwerfen. Dieses aufbrausende streitzigsche Blut schien sich ja besonders gut an dem Vivar zu entzünden. Hoffentlich hielt dies auch für rahjanisches Feuer eine Lunte bereit, sonst würde sie ganz tief in die satuarische Trickkiste greifen müssen, um ihrer wilden Tochter die angebetete Herrin für die Knappschaft zu verschaffen. Wenn dieser kleine Sturkopf sich nur auch von dem Baron so leicht um den Finger wickeln ließe, wie die Domnatella Flavia, wäre das Problem ja keines, aber wenn sich Zaida erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte…

„Welch unerwarteter Zuwachs für Eure Getreuen, mein willig angebeteter Baron“, murmelte sie wenig begeistert und gerade so laut, dass es wohl der Vivar noch verstand, derweil sie den Koscher beäugte.


Autor: vivar

„Ja, nicht wahr?“, schmunzelte Dom León belustigt. „Doch wie mein guter Sadiq zu sagen pflegt: ‚Vom Zerschneiden der Melone allein bekommst du keinen kühlen Mund.’ Was lag näher, als die Gunst der Stunde zu nutzen um eine harmonische Lösung herbeizuführen? So haben wir uns unnütze Stecherei und Blutvergießen erspart und können uns dem Kern des Problems widmen.“

„Hoffentlich erweist sich besagte Melone nicht als faulig, Hochgeboren“, sagte die Caballera etwas kühler als beabsichtigt.

„Oh, ich bitte Euch, liebste Fiona, keine Eifersucht! Sie steht Euch nicht und ist ganz und gar unangemessen! Dass ich Dom Halmdahl hier zum Edlen zu Waldhaus ernannt habe, bedeutet nichts für das Verhältnis zwischen Euch und mir. Ihr seid immer noch meine liebste, klügste und schönste Gefolgsfrau, deren Rat ich sehr schätze.“ Er hatte ihre Hand ergriffen und blickte treuherzig drein. „Deshalb sollt Ihr auch mit mir zurück gen Santa Catalina reiten und auf dem Weg Schutz und Schild für mich, Maestra Lariana, Ihre Gnaden Elea und natürlich meine liebe Tante Yashima sein.“

„Aber Ihr seid mit mehr Degen hergezogen als ich!“, blickte ihn Domna Fiona erstaunt an, entzog ihm jedoch die Hand nicht.

„Meine Soldaten werde ich dem Edlen von Waldhaus unterstellen. Dom Halmdahl, führt mein Dutzend Knechte und Eure eigenen Mannen zur Escarrabrücke, dem Ort unserer ersten Begegnung. Lasst niemanden von drüben nach hüben, der Waffen länger als zwei Spann bei sich trägt, und vor allem keinen, der den goldenen Dreschflegel der Alstingerbauern im Schilde führt. Ihr müsst den Übergang Remigius' um jeden Preis verhindern. Die Pilger, die zum Hochfest der Santa Catalina kommen und die Brücke queren wollen, werden verstehen, dass sie keines Schwerts und keines Degens bedürfen. Sagt Ihnen zu, dass auf dem Fest die Harmonie Rahjas währt und der Frieden des Barons gilt. Haltet also die Brücke, so lange Ihr könnt, doch wenn Ihr nicht mehr standzuhalten vermögt, so brecht sie ab, denn sie ist der einzige Weg über die Escarra.

Domna Fiona und ich werden derweil nach Santa Catalina reiten, von wo ich geheime Botschaft an Alrik Grantelbart, Sumudan von Viryamun und Gerone vom Berg schicken will, auf dass sie uns Beistand senden. Denn wer weiß, ob Remigius wirklich so tolldreist ist, mit wenigen Kämpfern über uns herzufallen, oder ob der Spitzbube nicht noch einen Windritter im Boltanblatt hat? Bisher wissen nur wir drei von den Plänen des Alstingers, und dabei soll es bleiben. Wenn die Pilger von einem anrückenden Heerzug erführen, würden sie alle Fröhlichkeit fahren lassen und möglicherweise gar abziehen – auf jeden Fall aber wäre das schöne Fest verdorben. Habt Ihr verstanden, meine treuen Freunde?“


Autor: Geron

Halmdahl war erfreut über die Entwicklung und nickte nur kurz als Antwort auf die Ausführungen seines Barons. „Wie Hochgeboren wünschen“, erwiderte er knapp. Dann wandte er sich um und gab seinerseits eine Reihe von Befehlen. Letztlich war er froh, dass es jetzt wieder handfester würde. Dieses Palavern lag ihm einfach nicht. In einem Kampf herrschten klare Linien und Halmdahl würde diese Brücke mit aller Macht halten. Sollte der Alstinger doch mal sehen, wie er über die Escarra kommen sollte. Wenn die Übermacht zu groß sein sollte, würde Halmdahl einfach die Brücke abbrechen und sich nach Waldhaus zurückziehen.

Während seine Truppen sich zum Abmarsch formierten, ging er zügigen Schrittes zu seiner Verlobten hinüber. Erneut beugte er leicht das Haupt. „Fräulein Flavia! Es betrübt mich Euch bereits zu verlassen, aber mein Baron ruft mich zu den Waffen, um den gemeinen Umtrieben des Alstingers ein Ende zu bereiten. Seid versichert, dass ich Euer Angesicht stets in Ehren halten werde und, so die Götter es wollen, werde ich Euch das Haupt dieses Schurken vor die Füße legen. So weilt denn wohl und sorgt Euch nicht um mich, doch versichert Euch Eurer eigenen Sicherheit. Herr León wird Eure Sicherheit gewährleisten, bis ich aus dem Kampf zurückkehren werde.“


Autor: vivar

„Das werde ich!“, rief der Baron herüber. „Ich werde Euch Nuerta und Isonzo zur Bewachung hier lassen. Die beiden sind erfahrene Klingenjäger und werden niemanden an Euch heranlassen, Rose von Waldhaus!“

Das junge Mädchen, das gerade wieder aus dem Haus getreten war und eine Holzplatte mit dunklen Brotscheiben, einem irdenen Krug und Räucherschinken balancierte, blickte erstaunt drein. „So wollt Ihr nicht hier zu Abend speisen, mein Dom? Wo wollt Ihr denn schon wieder hin?“

„Zurück an die Escarrabrücke, meine Dame, um dort den Feind aufzuhalten.“

„Achje! Und werdet Ihr dort am Fluss lagern? Die Nacht wird ja bald hereinbrechen!“, rief sie aus. „So nehmt doch wenigstens ein wenig Brot, Käse und Schinken für heute Abend mit und ein paar Krüglein Bier, damit Ihr und Eure Mannen nicht hungern und dürsten müsst. In der Frühe will ich Euch dann schon ordentlichen Proviant bringen lassen – es ist ja nicht weit bis zur Brücke.“

„Da seht Ihr, was für ein kluges Kind die holde Flavia ist, Domna Fiona“, schmunzelte der Vivar. „Sie denkt stets pragmatisch. Doch nun kommt, meine Teure, auch wir wollen uns auf den Weg machen! Ich habe noch einige Dinge mit Euch zu bereden, die unseren koscheren Freund und unsere hübsche Comtessa nicht zu interessieren brauchen.“

Indem er dieser Art leise sprach, beobachtete er, wie ebendiese, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, hocherhobenen Hauptes auf ihrem Ross und an der Spitze ihrer Garde das Gut verließ. Dom León gab Eulalio Anweisung, dass sein und der Caballera Pferde gesattelt würden. Dann verabschiedete er sich mit einem erneuten Handkuss und der Bitte, dass sie ihn doch über den Verlauf der Vorbereitungen für die Hochzeit auf dem Laufen halten solle, von Domnatella Flavia und gab seinen beiden Mercenarios Bescheid, dass sie hier auf dem Hof bleiben sollten. Weder Nuerta, die lieber mit Dom León geritten wäre, noch Isonzo, der sich nach einem echten Kampf sehnte, blickten zufrieden drein, mussten sich aber fügen.

Nachdem er Fiona de las Dardas den Steigbügel gehalten hatte, schwang er sich selbst auf Mulaika. In lockerem Trab bog die kleine Gruppe, bestehend aus dem Baron, der Caballera Fiona de las Dardas, Domna Yashima Dhachmani, Maestra Lariana Lampérez, der Burgkaplanin Elea Colombi und einigen Waffenknechten aus Las Dardas, auf den Weg nach Santa Catalina ein. Während Domna Yashima die Rahjageweihte über die bevorstehenden Festtage ausfragte und Maestra Lariana stumm lauschte, ließen die beiden Adligen ihre Pferde in gemächlichen Schritt übergehen und sich etwas zurückfallen. Das zahme Rabentier, dem es auf der Schulter der Magierin wohl zu langweilig geworden war, hatte sich wieder in die Lüfte erhoben und flog nun über sie hinweg.

„Bezaubernd, dieser Herbstwald, nicht wahr?“, plauderte Dom León. „Die Palette der Farben könnte kein Borongama besser zusammen mischen. Dieses brennende Rot, dieses wärmende Orange, dieses irdene Braun – dieses keck leuchtende Gelb! Ach, die Götter haben uns mit dem Taubental einen wahren Schatz anvertraut! Nie hätte ich gedacht, als ich noch in den Mauern Punins lebte, dass mich die Schöpfung je so verzaubern könnte. Punin war alles für mich, und vor seinen Toren endete die Welt. Dann reiste ich durch aller Doms Länder und stellte mich in aller Domnas Dienste, rastlos und ruhelos, wie der Avesvogel auf der Suche nach dem Paradies, ohne zu ahnen, dass hier im Taubental ein derisches Paradies meiner harrte. Manchmal beneide ich Euch, Domna Fiona, dass Ihr Euer ganzes Leben hier verbracht habt...“

„Das Leben hier war, mit Verlaub, nicht immer beneidenswert. Die Winter sind hart und die Arbeit schwer. Doch wolltet Ihr wirklich mit mir über das Landleben philosophieren, Hochgeboren?“

Der Vivar lachte. „Zumindest nicht ausschließlich! Ich wollte bei Euch Verständnis dafür wecken, dass ich Dom Halmdahl das Gut Waldhaus übergeben habe. Ihr müsst wissen, dass Remigius in der Südpforte einen Haufen zusammenzieht, mit dem er gedenkt über uns herzufallen. Wie mir Dom Halmdahl verriet, hat er sich mit den Alcortas gemein gemacht, die mir schon seit Jahren gram sind, und gedachte über Waldhaus eine Einfallpforte nach Santa Catalina zu erlangen. Es wäre unklug gewesen, sich Dom Halmdahls Leuten mit der Waffe in der Hand entgegen zu stellen, denn auch wenn wir mit Rondras Hilfe gewonnen hätten, so wären wir doch geschwächt aus der Bataille hervor gegangen und hätten dem Alstinger weniger entgegenzusetzen gehabt.

So jedoch können wir zwei Schwerter in dieselbe Scheide stecken. Ich halte Halmdahl von Sindelsaum für einen aufrechten Mann, bemerkenswert grob und ungeschlacht zwar, aber ehrbar, gerade heraus und mit jugendlichem Elan. Siegt er über Remigius, so hat er unser Problem gelöst. Ist es umgekehrt, so wird Remigius beim Kampf um die Brücke zumindest erheblich geschwächt. Das Abbrechen der Brücke würde uns dazu zusätzliche Zeit verschaffen. Da ich, wie Ihr wisst, ein Mann Rahjas bin, lege ich die Entscheidung in Rondras Angelegenheiten also lieber in die Hände eines Mannes, der in diesen Dingen bewanderter ist als ich. Meint Ihr nicht?“


Autoren: lasdardas, vivar

Anmutig den Kopf zur Seite gewandt hatte Domna Fiona den Ausführungen ihres khablaischen Barons gelauscht. Nun furchte sich ihre Stirn. „Ich sehe schon, Rondras Angelegenheiten mögen bei einem Mann für's Grobe wie diesem Halmdahl durchaus gut aufgehoben sein, wohingegen ich jedoch weiß, dass Phexens Schläue Euch wohl zu Gesicht steht, werter Dom León“, gurrte die Rabenhexe wie ein Täubchen. „Und ich mag gerne hintanstellen, ob es denn notwendig war, diesem Koscher Eb…elmann unbedingt sogleich eine Hochzeit mit Eurem Mündel anzutragen, solange es ihm nur gelingt diesem Alstinger Leuteschinder den Garaus zu machen. Meine Klinge mag schlanker sein, als die des Koschers, aber ich werde sie wohl in Euren Angelegenheiten zu führen wissen.“

„Das weiß ich zu schätzen, meine Teure“, nickte der weit gereiste Dom León. „Doch ich hoffe und bete, dass Ihr sie nicht einsetzen müsst, sondern dass Dom Halmdahl uns auf die eine oder andere Weise von Remigius befreien wird. Danach mag er sich in Waldhaus häuslich niederlassen und als Waldedler glücklich werden, sich ingerimmgefälliger Holzschnitzerei, perainegefälliger Schweinezucht oder phexgefälligem Kohlenhandel widmen ohne Euch oder mich weiters zu belästigen.“

Domna Fiona stimmte ihm schweigend zu. Waldhaus war weit genug weg von Las Dardas, mit dem hübschen Santa Catalina dazwischen, so dass sie hoffentlich auf Jahre hinaus keinen Umgang mit dem Koscher Grobian pflegen musste.

„Wo wir gerade so über phexische Tugenden parlieren, Dom León, möchte ich bitteschön, bevor wir zurück in Santa Catalina sind und sich die Ereignisse dort womöglich überschlagen – was Rahja hoffentlich zu verhüten weiß – noch ein anderes Thema anschneiden. Euch mag sicher nicht entgangen sein, dass Elenas Zwillingsschwester von gar phexischer, wenn nicht gar avischer Wanderlust beseelt ist“ – dass dies auch auf ihren ältesten Spross zutraf unterschlug sie erst einmal – „und ihre letzte Wanderung sie gar bis zur Landesständeversammlung in Ragath und darüber hinaus führte.“ Mit nur teilweise gespielter Verlegenheit hielt sie inne und senkte den Kopf.

„Mir ist allerdings zu Ohren gekommen, dass Eure Tochter – Zaida, nicht wahr? – offensichtlich an sehr lockere Zügel gewohnt ist“, entgegnete der Vivar belustigt. Innerlich kümmerte ihn das wenig, schließlich war er in ihrem Alter genau so gewesen. Allerdings war er auch in einem Puniner Stadtpalacio aufgewachsen, wo es tausendundeine Möglichkeit gab, den wohlwollenden Erziehern zu entkommen, während Zaida ihre Kindheit in der wilden Waldwacht verbracht hatte, wo jedes Aufbegehren gegen den Soberan streng geahndet wurde.

„Anbinden wäre auch keine Lösung; auch hier vermag sie phexische Tugenden aufzuweisen“, grollte die Caballera zu sich selbst, schüttelte den Kopf und nahm dann hastig den Faden wieder auf. „Ich will mich kurz fassen. Der jungen Domnita gelang es bei ihrem Ausflug nicht nur dem Fechterkönig Dom Gendahar von Streitzig das Leben zu retten – Eure Fechtkunst steht der seinen sicher in nichts nach, auch wenn Ihr bislang noch mehr für Eure anderen Qualitäten berühmt seid –, sie hat sich auch vertraut gemacht mit der edlen Comtessa von Ehrenstein und Streitzig.“

Vorsichtig blinzelte sie hinüber zu ihrem Baron. „Was auch die Anwesenheit der Comtessa hier in der Waldwacht erklärt. Hat sie doch, von großer Verantwortung geführt, mir mein Lämmchen sicher wieder zurückgebracht.“ Von tiefen Muttergefühlen ergriffen, hatte Domna Fiona die Hand auf ihren wohlgeformten Busen dicht über dem Herz gelegt.

„Und nun muss ich zu meiner großen Schmach gestehen, mich einem Dilemma gegenüber zu sehen, hat sich doch mein Töchterlein – sehr ergriffen von den rondrianischen Tugenden der Streitzigs – in ihr hübsches Köpfchen gesetzt hat, doch bitteschön die Knappin der von ihr sehr verehrten Comtessa zu werden. Etwas, das ich pflichtbewusst zuvor schon Euch angetragen habe. Und es war mir eine ausgesprochene Ehre, dass Ihr sie aufnehmt. Doch zugleich möchte ich doch auch meinen Wildfang glücklich wissen und die, ähm, gestrenge Art der Comtessa könnte sicher dazu beitragen, den phexischen Tugenden etwas rondrianische Disziplin hinzuzufügen.“


Autor: vivar

Der Baron schwieg einen kurzen Moment, dann blickte er sie aus seinen dunklen Augen scharf an. „Bona dea, verstehe ich Euch recht? Euer Töchterlein ist davon gelaufen um gegen Euren Willen mit Dom Gendahar, mit dem ich noch nicht das Vergnügen hatte die Klinge zu kreuzen, und dessen Nichte, die ihre gute Laune von einem Zitronenbaum geerbt hat, durch das rahjawärtige Ragatien zu ziehen – man liest den Yaquirblick, meine Liebe –, und nun wollt Ihr unsere Abmachung brechen, weil Ihr glaubt, ich würde zu milde mit Eurem Wildfang umspringen? Eure Tochter wohin? Nach Ragath oder Punin schicken? Zu den Streitzigs, damit sie rondrianische Tugenden lernt? Mit dieser, ...dieser halben Amazone, die in vollem Harnisch durch meinen Wald poltert, wollt Ihr sie mitsenden, während Ihr Eurem Lehnsherrn höflich deutlich macht, dass Ihr seiner Dienste nicht mehr bedürft? Ich sage Euch, Domna Fiona, die Streitzigs sind nichts als aufbrausende Hitzköpfe, die von Disziplin weniger verstehen als ein Zwerg vom Segeln. Wozu? Damit die Comtessa Eure Tochter erneut in Schwierigkeiten stürzen kann? Damit sie sich in Ragath für eine große Dame zu halten beginnt und dann in Punin im Vipernnest der Residencia erstickt?

Nimmermehr, Domna Fiona! Ihr habt mich um die Aufnahme Zaidas gebeten, und ich habe es Euch zugesagt. Man soll einem Vivar nicht nachsagen können, er hielte sein Wort nicht. Ich werde Euch schon zeigen, dass ich Euren Wildfang zu bändigen verstehe. Schickt sie gleich morgen früh zu mir, so mag sie im Stall mit dem Rossdienst beginnen! Guten Tag!“ Mit einem „Yidiyi!“ drückte der Baron seiner Shadifstute die Schenkel in den Bauch und sprengte davon. Musste sich diese Comtessa aber auch in alles einmischen?


Autorin: lasdardas

Domna Fiona blies unwillig die Backen auf. Der Hengst war wohl bockig geworden, nachdem ihm die hübsche Comtessa so die Stirn geboten hatte? Wobei er durchaus auch selbst recht dick aufgetragen und gut gefrotzelt hatte. Und das, wo die Comtessa doch ihr Gast war, diejenige, die ihr kleines aber ungehorsames Töchterlein lebend zu ihr zurückgebracht hatte und der sie dafür in der Tat ausgesprochen dankbar war, Loyalität zu ihrem rahjanischen Baron hin oder her.

Und jetzt ritt ihr eben dieser Baron auch noch vor der Nase weg, nachdem er erst noch die Comtessa davon getrieben hatte und jetzt seine Begabung für die Kindererziehung entdeckt zu haben schien. Hah! Hoffentlich würde er selbst noch früh genug eine ganze Rotte von Bälgern haben, die ihm dann auf den glänzend polierten Schuhspitzen herumtanzten, damit er am eigenen Leibe erfuhr, wie im das Wohlergehen der Sprösslinge zu Herzen – und auf die Nerven – gehen konnte!

Na das waren ja herrliche Aussichten! Also nicht die unmittelbaren, denn Dom Leóns Kehrseite wusste durchaus zu faszinieren, wenn auch eher vom Zorn befeuert auf die hitzige Weise. Aber die Aussicht die Sache umständlich bereinigen zu müssen, war ihr nicht so angenehm. Und sie würde sich sicherlich bei der Comtessa dafür entschuldigen, dass ihr Baron sich gerade von seiner schillernden aber nicht unbedingt angenehmsten Seite zeigte. Die Comtessa mochte auch etwas verstockt gewesen sein, doch im Moment zumindest gehörte ihr Mitgefühl der jungen Frau, die im Raschtullswall solch Schreckliches erlebt hatte.

Missmutig und in Gedanken schon darüber spekulierend, ob sie Dom León ob der Unterstellung nicht mit einem Hexenschuss piesacken sollte, ritt sie hinter ihm her, nicht darum angehend, ihn gar vor Santa Catalina noch einzuholen.