Chronik.Ereignis1033 Feldzug Gwain 02
Kaiserstadt Punin, 3. Rondra 1033 BF[Quelltext bearbeiten]
Alte Garnison[Quelltext bearbeiten]
Autor: Der Sinnreiche Junker
Die Alte Garnison, ein Bau noch aus der Zeit des Bosparanischen Reiches, glich dieser Tage einem Bienenstock. Normalerweise waren hier primär Stab und Magazin des Leibregimentes Eslam von Almada untergebracht, doch seit auf der anderen Yaquirseite, auf der Schwanenhöhe Truppen zusammen gezogen wurden, wimmelte es hier nur so vor Offizieren, Condottieri, Würdenträgern, Bittstellern und dergleichen mehr. Auch in der Schreibstube, in welcher Gwain von Harmamund, des Kaisers Marschall, sich eingerichtet hatte, herrschte an diesem Morgen ein stetes Kommen und Gehen. Gerade war ein junger Ragather eingetreten, und hatte schneidig salutiert.
„Nachricht aus Kornhammer, Eure Exzellenz. Traf gestern Abend ein“, meldete er knapp.
„Wie? Gestern schon? Und ich erfahre erst jetzt davon?“, hob der alte Harmamund seinen Blick von mehreren auf seinem Tisch ausgebreiteten Listen, und winkte den jungen Leutnant ungeduldig heran. Dieser überreichte ihm das kleine Papier, und trat dann wieder respektvoll zwei Schritte zurück.
„Die Brieftauben fliegen zum Goldacker, Eure Exzellenz. Die Depesche wurde uns gerade erst übergeben“, entschuldigte er sich.
„Schon gut, schon gut“, winkte Gwain von Harmamund ab, ehe er den Jungen interessiert musterte. „Ihr seid der junge Aranjuez, nicht wahr? Ich kannte Euren Vater.“ Genau genommen kannte er seinen Vetter Hernán wesentlich besser als den in Albernia gefallenen Dom Alonso, doch hatte dessen Name in gewissen Kreisen einen besseren Klang. „Ein guter Mann. Das wäre dann alles. Und schickt mir den Schreiber herein.“
Während Hillero von Aranjuez mit stolzgeschwellter Brust hinaus marschierte, beinahe so, als sei er gerade vom Kaiser höchstselbst ausgezeichnet worden, war der Marschall Almadas bereits in den kleinen Zettel versunken. Ein kurzes Abwinken, als der Schreiber eintrat und sich anschickte Meldung zu machen, dann erhob er sich, kreuzte die Hände auf dem Rücken, und durchmaß den Raum mit langen Schritten.
„Schreibt: Zu Händen Hesindian von Kornhammer-Scheffelsteins, Cronvogt zu Königlich Kornhammer und Junker zu Scheffelstein, die üblichen Höflichkeits- und Begrüßungsfloskeln, Ihr kennt das ja.“ Kurz hatte er innegehalten, und ungeduldig mit der Rechten gewedelt. Es war nicht so, als hätte er morgen schon mit dem Heer aufbrechen können, doch gewiss vor dem Ende der Hochzeitsfeierlichkeiten. Was der Kaiser freilich nicht erlaubte, und so übertrug sich die Ungeduld darob auf seine Laune, wie sich Gwain von Harmamund eingestehen musste. Die Hand wieder auf dem Rücken machte er mit knirschenden Absätzen auf der Stelle kehrt, ging nun bewusst langsamer. Was sollte er dem Königlichen Vogt schreiben? Er würde ausharren müssen, doch galt es das in schöne Worte zu verpacken.
„…wurden mir die jüngsten Zeilen Eurer Hochgeboren zur Kenntnis gebracht, und wiewohl ich Euch gleichermaßen der Besorgnis Seiner Kaiserlichen Majestät versichern kann…“ Tatsächlich? Der Kaiser schien den Ferkina- und Ogereinfall eher als unangenehme Störung der Hochzeitsvorbereitungen zu empfinden, denn sich wirklich den Kopf darüber zu zerbrechen, dass in seinen östlichen Ländereien ganze Burgen belagert wurden.
„…wie auch der meinigen, so sehe ich mich doch außerstande Euch umgehenden Entsatz in Aussicht zu stellen.“ Woher sollte er den auch nehmen? Graf Brandil hatte genug damit zu tun, die Ferkinas von seinen gräflichen Landen fern zu halten, dazu galt seine Tochter als vermisst, und die ragatischen Magnaten…nun, nach der Unternehmung im Anschluss an die Landständeversammlung war deren Enthusiasmus auch merklich geschrumpft, und spätestens seit der Kaiser sein Heer sammelte, fühlte man sich wohl nicht mehr recht zuständig. Was die Kaiserlichen und Königlichen Truppen in Ragatien betraf…
„Sofern wir von den Königlichen und Kaiserlichen Garnisonen im Osten der Grafschaft überhaupt Zeitung haben, so sieht die Lage überall prekär…nein, halt, streicht das. Schreibt: ist die Lage allerorten angespannt. Aus Khahirios fehlt jede Nachricht, und Domna Praiosmin von Elenta musste sich selbst auf Castillo Albacim verschanzen.“ Freilich schien die Lage dort entspannt genug, als dass die Vogtin es sich leisten konnte, parallel die da Vanyas zu befehden, ein weiterer Grund weshalb man sie gewiss nicht zum Entsatz von Kornhammer bewegen können würde. Ob der Cronvogt wohl wusste, was in seiner südlichen Nachbarschaft vor sich ging?
„Seine Majestät sammelt augenblicklich Almadas Wehr, um seinen bedrängten Untertanen zu Hilfe zu kommen…nein, schreibt stattdessen: eilen, zu Hilfe zu eilen. Ich beschwöre Euer Hochgeboren den Mut nicht sinken zu lassen, und noch bis zum Ende des Mondes auszuharren.“ Viel anderes würde dem bedauernswerten Vogt freilich auch nicht übrig bleiben, waren die Ferkinas doch niemand, dem man sich einfach so ergab. Er konnte nur hoffen, dass der Scheffelsteiner genug Vorräte angelegt hatte, um all die Menschen noch drei, vier Wochen versorgen zu können.
„Der Entsatz wird kommen, mein Wort darauf. Rondra mit Euch…und den Rest kennt Ihr ja.“ Flink kratzte die Feder des Schreibers über das Papier. Um das ganze hernach noch einmal klein genug für eine Brieftaube zu schreiben, würde es mehr Kunstfertigkeit bedürfen. „Bis zum Ende des Mondes…“, wiederholte der Marschall leise, und ballte die Hand zur Faust.
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