Chronik.Ereignis1033 Der Zenit des Mondes 16
Baronie Artésa, 11. Praios 1033 BF[Quelltext bearbeiten]
Auf Castillo Fels[Quelltext bearbeiten]
Autor: Lindholz
Zur großen Überraschung seiner Kinder befand sich Sarebun von Lindholz immer noch in seinem Arbeitszimmer, wo sie bereits ihre erste Unterredung durchgeführt hatten. Er saß in seinem schweren Lehnstuhl und erfreute sich einer derart entspannten Stimmung, dass Nicetos ein verwundertes Stirnrunzeln nicht unterdrücken konnte. Den Schreiber, der Ahumeda und Nicetos von Lindholz die Tür geöffnet hatte, zog sich auf einen Wink seines Herren zurück, während der alte Mann seine Nachkommen mit einem "Ah, sehr gut, dass ich euch heute noch sehe. Dann kann ich euch gleich meine Entscheidung bezüglich der Verlautbarungen des königlichen Herolds mitteilen, die uns vorhin als Grund zu so großer Sorge erscheinen wollten." "Sind sie das etwa nicht, Vater?" Die Stimme seiner Schwester verriet, dass diese - ebenso wie Nicetos selbst - geistig noch nicht zu ihrem Vater aufgeschlossen hatte.
Die beiden Edelleute nahmen in den beiden mit Schnitzereien verzierten Sitzen gegenüber ihrem Soberan Platz, der sich lächelnd hinter seinem Schreibtisch nach vorne lehnte, wodurch für einen Augenblick das in das Polster gestickte Wappen derer von Lindholz mit seiner weißen Linde auf grünem Grund sichtbar wurde. Die faltige Hand schob ein Pergament und ein Tintenfässlein samt Federkiel in die Richtung seines Zweitgeborenen während der alte Mann in einem kräftigen, aber angenehmen Basston erklärte: "Aus einem schlechten Wein kann immer noch ein guter Essig werden. So heißt es doch, nicht wahr?" Der Soberan schwieg einen Augenblick, um sich wieder zurück zu lehnen und in aller Ruhe einen Schluck Rotwein zu trinken, der sicherlich eine lieblichere Note innehatte als der soeben angesprochene Rebensaft. "Der Bruder ihrer kaiserlichen Majestät beweist großen Mut und mehr politisches Geschick, als ich dem bleichen Jüngelchen zugetraut hätte. Auch wenn ich keinen Zweifel daran hege, dass sein Anspruch auf den Kaisertrohn wie auf die Eslamskrone weiterhin ungerechtfertigt ist, so wird erst die Zeit zeigen, ob seine Schwester nicht gezwungen sein wird, ihn zumindest zeitweilig als Regent zu akzeptieren."
Nicetos von Lindholz starrte auf das vor ihm liegende, noch unbeschriebene Blatt. Sein Vater hatte ausgesprochen, was auch er befürchtete. Doch wo genau lag nun ihr Vorteil, wenn Selindian von Gareth alle Mundillos und Mundillas des Königreiches zu sich befahl? Mit Ahumeda in unmittelbarer Nähe des Königs könnte jede ihrer Handlungen sehr unangenehme und direkte Folgen für seine Schwester haben. Und in diesem Augenblick verstand er, noch bevor sein Vater fortfuhr: "Es ist uns unmöglich, den Befehl Seiner kaiserlichen Hoheit zu ignorieren. Zumal ich unsere Brüder und Schwestern in Ragatien nur ungern im Stich ließe. Und mit meiner Tochter im direkten Einflussbereichs des Hofes wird die Kaiserin kaum erwarten, dass wir etwas unternehmen." Der Soberan machte eine entschuldigende Geste. "Auf diese Weise können wir in Ruhe abwarten, wie sich die Dinge entwickeln und keine Seite kann uns einen Vorwurf machen."
Ahumeda bewegte sich unruhig im Stuhl hin und her, obwohl dieser eigentlich ausgesprochen bequem war. "Das klingt alles schön und gut, aber was ist, wenn wir zum Handeln gezwungen sind? Ich sitze dort doch auf dem Präsentierteller." Das Lächeln ihres Vaters verblasste nun deutlich und er erwiderte ernst: "Ich werde sicher nichts unternehmen, was dir schadet, mein Kind." Immer noch etwas unsicher wiegt die Mundilla den Kopf zur Seite. Sie glaubte zwar ihrem Vater, doch die Götter alleine mochten wohl zu sagen, was das Schicksal für sie alle bereit hielt. Selbst die Mächtigsten konnten zum Spielball der Geschichte werden. Doch die blaublütige Kämpferin fasste sich ein Herz und stellte lediglich fest: "Ich breche also nach Punin auf und schließe mich nach dieser... dieser Hochzeit dem Aufgebot seiner königlichen Hoheit wider die Ferkinas an." Sarebun nickte: "Ich bin sicher, du hast genau verfolgt, welche der jungen Männer sich in den letzten Jahren auf den Dorffesten und in der Jagd besonders hervor getan hat. Suche dir die besten heraus." Dann blickte er auffordernd seinen Sohn an, der daraufhin den im Kerzenschein golden erstrahlenden Federkiel ergriff: "Wir werden inzwischen den Baron informieren, dass wir eine Lanze unserer besten Bogenschützen zum artésanischen Aufgebot beisteuern werden."
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