2.897
Bearbeitungen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 348: | Zeile 348: | ||
"Ist ja gut, ist ja gut!", stöhnte Rohaja, in der die Einsicht reifte, dass ihr Zwilling ihr ohnehin keine Ruhe zur Wiedererlangung ihrer Kräfte lassen würde. "Bettet die Frau unten direkt vor dem Kaminfeuer. Du selbst, der Wirt und wer-auch-sonst-noch kümmert euch um sie. Ich selbst werde, sobald das Praiosrund aufgegangen ist und sich normale Leute aus dem Bett erhoben haben, hinüber nach Schloss Quazzano reiten und dem alten Da Vanya alles berichten. Er und Vater sind Freunde, die Da Vanyas bekamen dieses Schloss von uns - deswegen wird er mir kaum seine Hilfe verweigern. Vielleicht weiß er auch über unseren Bruder mehr? Um ihn mache ich mir mehr Sorgen, als um diese Fremde. Aber nichtsdestotrotz wollen wir uns mühen, ihr zu helfen, vielleicht steht das, was ihr widerfahren ist, ja mit dem Verschwinden unseres Bruders in Zusammenhang?" Sie erhob sich stöhnend - hui, was war ihr schwindelig. "Hilf mir, mich anzukleiden, ehe du wieder hinunter rennst!", befahl sie ihrer Schwester noch. "Eine von Ragathsquell tritt nicht verlottert wie ein Wildfang vor den Großinquisitor." | "Ist ja gut, ist ja gut!", stöhnte Rohaja, in der die Einsicht reifte, dass ihr Zwilling ihr ohnehin keine Ruhe zur Wiedererlangung ihrer Kräfte lassen würde. "Bettet die Frau unten direkt vor dem Kaminfeuer. Du selbst, der Wirt und wer-auch-sonst-noch kümmert euch um sie. Ich selbst werde, sobald das Praiosrund aufgegangen ist und sich normale Leute aus dem Bett erhoben haben, hinüber nach Schloss Quazzano reiten und dem alten Da Vanya alles berichten. Er und Vater sind Freunde, die Da Vanyas bekamen dieses Schloss von uns - deswegen wird er mir kaum seine Hilfe verweigern. Vielleicht weiß er auch über unseren Bruder mehr? Um ihn mache ich mir mehr Sorgen, als um diese Fremde. Aber nichtsdestotrotz wollen wir uns mühen, ihr zu helfen, vielleicht steht das, was ihr widerfahren ist, ja mit dem Verschwinden unseres Bruders in Zusammenhang?" Sie erhob sich stöhnend - hui, was war ihr schwindelig. "Hilf mir, mich anzukleiden, ehe du wieder hinunter rennst!", befahl sie ihrer Schwester noch. "Eine von Ragathsquell tritt nicht verlottert wie ein Wildfang vor den Großinquisitor." | ||
---- | |||
'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
Die Schwestern blickten auf die schlafende Frau hinab. Sie mochte Mitte dreißig sein, vielleicht auch schon um die vierzig, hatte lange schwarze Haare und eine lange blasse Narbe auf ihrer linken Wange. Sie hatte blaurote Erfrierungen im Gesicht, und ihre Stirn glänzte fiebrig, aber wenn man davon absah, war sie für eine Frau ihres Alters ausgesprochen hübsch. | |||
Sie trug Efferdanes Wechselkleidung: Reithosen, knielange Wollstrümpfe, ein besticktes Hemd und ein gefüttertes Wams. Alles war ihr zu groß: Obwohl die Frau nicht so schlank war wie Efferdane, war Letztere doch ein Stück größer. Es war mühsam gewesen, sie davon zu überzeugen, sich den nassen Mantel und das nasse Kleid auszuziehen. Besser: ausziehen zu lassen, denn auch ihre Hände wiesen Erfrierungen auf, und so kraftlos, wie sie war, hatte sie es alleine nicht geschafft. Obwohl sie zu schwach zum Sprechen gewesen war, hatte sie sich gegen jede Hilfe gesträubt. Beinahe so, als schäme sie sich ihres Körpers. Oder als seien ihr die Blicke und Berührungen anderer Menschen unangenehm. | |||
Efferdane schüttelte verständnislos den Kopf. Wie konnte jemand mit einem solchen Äußeren so frigide sein, dass selbst die Gegenwart einer anderen Frau sie einschüchterte? Andererseits ... Efferdane dachte an den unheimlichen Stier-Mann und schauderte bei den Gedanken, den Bildern, die ihr in den Kopf kamen. Unwillkürlich griff sie nach der Hand ihrer Schwester, wie sie es als Kind schon getan, wenn etwas sie geängstigt hatte, denn auch, wenn Rohaja die Jüngere der beiden war, war sie doch auch stets die Forschere und Wagemutigere gewesen. | |||
Man hatte die Arme und Beine der Frau mit Schnee abgerieben, ihr Efferdanes Kleidung angezogen – da sie edel gekleidet gewesen war, hatte Efferdane es für unangemessen gehalten, ihr die Kleidung einer Magd geben zu lassen –, dann hatte man sie zugedeckt und ihr Weidenrindentee, etwas Suppe und einen Weinbrand eingeflößt, und sehr bald war die Fremde vor Erschöpfung eingeschlafen. | |||
Efferdane wandte sich vollends ihrer Schwester zu und betrachtete diese besorgt. Die Verbände unter dem Wams ließen Rohaja unförmig aussehen, und der Verband um ihre geschundene Nase verrutschte ständig. | |||
"Bist du sicher, dass du das schaffst?", fragte sie. Aber was für eine unsinnige Frage: Rohaja war hartgesotten und fest entschlossen! Also rückte Efferdane ihr fürsorglich den Mantel zurecht, drückte ihre Hände und gab ihr einen Kuss auf die Wange. "Pass auf dich auf, ja? Und verzichte auf alle Tollkühnheiten!" | |||
---- | ---- |
Bearbeitungen