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"Aber natürlich." erwiderte Grordan großzügig und trat in das Innere der Kate, welche ihm eiligst aufgetan wurde. | "Aber natürlich." erwiderte Grordan großzügig und trat in das Innere der Kate, welche ihm eiligst aufgetan wurde. | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Lindholz|Lindholz]] | |||
Dumpf tönte das ''Platsch'' zu ihm hinauf, als der Eimer auf der dunklen Wasseroberfläche, tief unten im Brunnen, aufschlug. Fahd beobachtete, wie das hölzerne Gefäß langsam absank, während es sich mit kaltem Nass füllte. Vereinzelte Schneeflocken umtanzten sein Haupt, setzten sich sich auf seinen fadenscheinigen Überwurf und in das krause Haar. Vielleicht fühlten sie sich einsam, nun, da der Himmel seine kalten Boten immer zögerlicher aussandte. ''Bald dringen die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolken. Praios schenkt mir seinen Segen. Und die gute Göttin Peraine auch.'' Er konnte sein Glück kaum fassen! Einen Medicus hätte er sich schon kaum leisten können, bevor die Ferkinas über das Land hergefallen waren. Damals hatten Sie ihr kärgliches Einkommen als Hirten für die Tiere der wohlhabenderen Dorfbewohner verdient. Es war kein leichtes Leben gewesen; weder für ihn, noch für Dela. Doch schweiften seine Gedanken zu jener Zeit zurück, so erinnerte sich sein Herz nur an tausend Küsse voller Glück. | |||
Fahd griff nach der schwerfälligen Kurbel. Langsam zog er den gefüllten Eimer nach oben und während Bahn um Bahn des Seils sich um das sich drehenden Holz legte, dachte er an die Zerstörung durch die Ferkinas. Keiner hatte mehr Tiere gehabt, die es auf die Wiesen zu treiben galt: Von den wenigen Schafen und Ziegen, die nicht dem Hunger der Wilden zum Opfer gefallen waren, hatten die Besitzer viele selbst geschlachtet, da die Felder arg gelitten oder ganz verhehrt waren. Die Tage waren für Dela und ihn voller Mühen gewesen, doch des Nächtens in ihren Armen, waren die schmerzenden Knochen vergessen und als sie ihm sagte, dass sie ein Kind in sich trage, hatte er sie so heftig in die Arme geschlossen und mit Liebkosungen überhäuft, dass sie beinahe gestürzt wären. Für jede Bitterkeit schien das Leben auch etwas Süßes bereit zu halten. Daran hatte er geglaubt, bis... ja, bis Dela krank geworden war. | |||
Der junge Mann wuchtete den Brunneneimer auf die Ummauerung und schüttete das Wasser in den mitgebrachten Kübel. Jene erste Schwäche lag jetzt einen Mond zurück und ihm war klar, dass spätestens die Geburt Dela töten würde, wenn die Sieche ihm Frau und Kind nicht schon vorher nahm. Fahd griff den Eimer und trat eiligen Schrittes den Rückweg an. Noch war es jedoch nicht so weit. An diesem Tage würde sich ihr Schicksal wenden! | |||
Nur noch wenige Schritte trennten ihn von seiner Kate, als ein Schrei voller Pein an sein Ohr drang: "Das kann nicht sein! Wie konnte das nur passieren?" | |||
Das war Grordans Stimme erkannte Fahd bestürzt und eilte in höchster Sorge zur Tür. Es kostete ihn all seine Willenskraft nicht einfach den Eimer beiseite zu werfen, aber kaum hatte er die Schwelle überschritten, da rief er schon aus: "Was habt Ihr, gelehrter Herr? Was ist geschehen?" | |||
Der hagere Mann stand an der Bettstatt seiner geliebten Frau, doch schien er nicht auf diese zu achten, sondern etwas in seinen Händen zu betrachten. Auf Fahds Worte hin, zuckte er heftig zusammen und brauchte eine Weile, bevor er sich schließlich wieder aufrichtete. Schon überlegte Fahd, ob er wohl näher treten und seine Fragen wiederholen sollte, als Grordan sich zu ihm umdrehte. | |||
"Entschuldigt diesen Ausbruch, mein junger Freund." | |||
"Geht es um Dela?" fragte Fahd besorgt und versuchte einen Blick auf die Hände seines Gegenübers zu erhaschen, doch dieser hielt sie in den über der Brust gekreuzten Ärmeln seines Mantels verborgen. | |||
Grordan seufzte und begann damit, in dem kleinen Raum umher zu wandern. "Als treusorgender Gatte verdient Ihr, es zu erfahren, auch wenn es Euch Schmerzen mag", gestand er schließlich ein, "Die Lage ist ernster als ich annahm." | |||
"Gibt es denn keine Hoffnung für sie... und für das Kind?" | |||
"Es gibt immer einen Weg, mein Freund. Doch warne ich Euch: Es ist kein leichter - für keinen von uns. Doch wenn uns Erfolg beschieden ist, so wird Eure geliebte Dela wieder so stark sein, wie sie es einst war." | |||
"Dann sagt mir nur, was ich tun kann!" | |||
Zum ersten Mal, seit Fahd den Raum betreten hatte, zeigte sich wieder der Anflug eines Lächelns auf den Zügen des Fremden: "Nun, warum fangt Ihr nicht damit an, das Wasser aufzukochen, wie ich es von Euch erbat." | |||
Der junge Mann errötete. Den Eimer in seinen Händen hatte er trotz des Gewichts völlig vergessen. "Natürlich." | |||
Fahd stellte den hölzernen Kübel ab, nahm den Kupferkessel vom Haken und füllte das Brunnenwasser hinein. Gerade wollte er das Gefäß wieder über die Feuerstelle hängen, als er sich des Schattens in seinem Rücken gewahr wurde. Grordans Linke presste sich auf seinen Mund. Ein seltsamer Geruch, süßlich wie verwesendes Fleisch drang Fahd in die Nase. Er würgte, dann drang die Dolchklinge zum ersten Mal in seinen Rücken. Unglauben füllte seine Gedanken. Selbst als die Klinge das zweite Mal durch seine Rippen gestoßen wurde, konnte er noch nicht verstehen, warum. Er schrie, doch die Klaue des bärtigen Mannes hatte sich wie ein Schraubstock um seinen Kiefer geschlossen. Er ließ den Kupferkessel fallen und Dunkelheit umfing sie als das Wasser das Herdfeuer in seiner Flut erstickte. Fahds Hände fuhren nach oben, doch der ältere Mann, legte eine erstaunlich Kraft an den Tag, während seine eigene erlahmte. Fahd trat nach hinten, traf etwas und büßte es mit einem weiteren Stich. Ihm war, als ob etwas Vielbeiniges den Weg in seinen Mund gefunden hatte. Aber das war unmöglich: Es hätte Grordan direkt aus der Hand krabbeln müssen. Er biss zu, als die Klinge ihn erneut traf und ein bitterer Geschmack breitete sich in seiner Kehle aus. Mandibeln zwickten ihm protestierend in das Innere der Wange. ''Das muss ein Traum sein, ein schrecklicher Traum.'' dachte er als der Griff um ihn sich endlich löste. Er wollte laufen, doch er fühlte seine Beine nicht. Kraftlos sank er zu Boden. Lauwarme Nässe breitete sich um ihn aus, der Geruch von Blut gesellte sich zum Verwesungsgestank. Zweimal noch mühte er sich, Atem zu schöpfen, während er in die Finsternis starrte. Dann erreichte die Dunkelheit sein Herz. | |||
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