2.897
Bearbeitungen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 198: | Zeile 198: | ||
Irgendwie musste es doch gelingen ... Knappin der edlen Comtessa zu werden, Dom Gendahar weiter ein bisschen anhimmeln zu können - wo er doch der beste Fechter ganz Almadas war und noch dazu nett anzuschauen - und am Wichtigsten: der Standpauke der werten Frau Mama entgehen zu können! | Irgendwie musste es doch gelingen ... Knappin der edlen Comtessa zu werden, Dom Gendahar weiter ein bisschen anhimmeln zu können - wo er doch der beste Fechter ganz Almadas war und noch dazu nett anzuschauen - und am Wichtigsten: der Standpauke der werten Frau Mama entgehen zu können! | ||
---- | |||
'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
Das Essen hatte Richeza gestärkt und ließ sie zuversichtlicher in die Zukunft blicken, aller Schwierigkeiten zum Trotz, die während der nächsten Tagen und Wochen unvermeidlich noch auf sie warten würden. Dom Hernán schien einige seiner Leute zu vermissen, die er in die Berge geschickt hatte, um nach ihr, dem Streitzig oder Domnatella Romina zu suchen, und zumindest ein Teil seiner Söldner würde sich nun auf die Suche nach den Verschollenen machen. Wenigstens aber die Gräflichen würden bis zum Morgen bleiben. | |||
Richeza machte sich auf die Suche nach dem Heiler und fand Tsacharias Krähenfreund auf einer Anhöhe nahe des Marmorsteinbruchs, von der aus er nach Süden über den Wald in Richtung des [[Djer Kalkarif]] blickte. | |||
"Was sucht Ihr?", fragte sie. | |||
"Raffzahn. Meinen Hund." Der Alte seufzte. "Ich dachte anfangs, er hätte uns begleitet, aber mir scheint fast, als sei er dann doch bei Eurer Verwandten ... der Junkerin geblieben." | |||
Richeza folgte seinem Blick nach Süden und fragte sich, wo ihre Tante nun sein mochte, mit oder ohne Hund, und wie diese ganze Geschichte hier einmal ausgehen würde. | |||
"Ihr habt gestern gesagt, dass ihr meinen Vetter, den kleinen meine ich, Tsa ... anvertrauen könntet, um ihn zu ... heilen. Ich möchte Euch bitten, dass Ihr das tut. Es stehen uns weitere gefährliche Wochen bevor und vor allem wird die Reise nach Ragath beschwerlich, wenn wir den Jungen tragen müssten. Könnt Ihr ihm helfen? Schnell, meine ich? Verzeiht, wenn ich um Eile bitte und gestern ungehalten war. Die letzten Tage ... waren ... nicht einfach. Helft ihm, ja? Jetzt schon, ich mag nicht warten, bis wir in Ragath sind. Bitte tut, was Ihr könnt! Ihr würdet mir einen großen Dienst erweisen!" | |||
Der Alte lächelte freundlich und wirkte doch bekümmert. Sein Blick ruhte in ihren Augen, bis sie sie abwandte. "Wie Ihr es wünscht!", sagte er. | |||
Auf Tsacharias Bitte hin, ließ sie den Jungen aus dem Dorf tragen, auf einen Felsvorsprung unweit des Steinbruchs, der verborgen zwischen rot blühendem Oleander und gelben Diestelsträuchern lag. Sie betteten Praiodor auf einer Decke, und nachdem die Träger ins Dorf zurückgegangen waren, half der Alte dem Knaben aus seinen Kleidern. Er versorgte die Wunde an Praiodors Bein und wusch seinen mageren Leib mit Wasser aus einer nahen Quelle. | |||
"Bist du bereit, Praiodor, dein Leben und deine Ängste der gütigen Tsa anzuvertrauen?", fragte Tsacharias. | |||
Praiodor nickte schwach und blickte zu Richeza. Sie lächelte ihm zu, in der Hoffnung, ihm Mut zu machen, ohne selbst genau zu wissen, was sie oder ihn nun erwarten würde. | |||
Tsacharias entnahm seinem Beutel eine junge Wildrosenblüte, die er Praiodor auf die nackte Brust legte, und zwei Fläschchen. Aus einem träufelte er duftendes Öl auf die Stirn des Knaben. Mit dem Finger zeichnete er mehrere Figuren auf Praiodors Stirn und summte leise dabei. Richeza lehnte sich an den Stamm einer Zeder am Rand des Vorsprungs und schaute zu. | |||
"Gütige Tsa, junge Schwester der Rahja, liebliche Schöpferin des Lebens, ich will dir diesen Knaben anvertrauen", sprach Tsacharias mit sanfter Stimme, während er Praiodors Hände hielt und ihm lächelnd in die Augen sah. "Schwester Tsa, freundliche Rahja, ich bitte euch, befreit den jungen Praiodor von seiner Last und seinen Fesseln, die ihn in Angst und Kummer gefangen halten und seinen Leib schwächen. Lasst ihn vergessen, was seiner Jugend im Wege steht und seiner Lebendigkeit. Gebt ihn dem Leben zurück und ihm Lachen und Unbeschwertheit, wie sie das Recht der Kinder sind. Lasst ihn frei sein und seinen Weg finden, sorglos und voller Zuversicht ..." | |||
Richezas Gedanken schweiften ab, während der Gesang eines Vogels in die Liturgie des Mannes einfiel. Die Schatten der Sträucher wurden länger, goldenes Licht hüllte den Körper des Knaben ein, und Richeza bemerkte einige Eidechsen, die aus Rissen in der Felswand hervorkrochen und sich rings um den Jungen auf dem Plateau niederließen, die kleinen Köpfe in die Sonne gestreckt. | |||
Endlich beendete der Alte seine Fürbitte mit einem Gesang in einer Richeza unbekannten Sprache und setzte die zweite Flasche an die Lippen des Knaben, dessen Gesicht entspannt und friedlich wirkte. | |||
"Schlafe, Praiodor", sagte der Mann, "und erwache zu neuem Leben an einem neuen Tag!" | |||
Praiodor legte sich zurück. Richeza trat an sein Lager und lächelte. Er erwiderte ihr Lächeln schwach, während die Lider ihm bereits schwer wurden. Tsacharias Krähenfreund erhob sich. | |||
"Lasst ihn ruhen! Ich werde über seinen Schlaf wachen, in dem sein Geist die neue Freiheit festigen und die Sorgen vergessen wird." | |||
Richeza schaute auf Praiodor herab, der unverändert aussah. Oder hatte er doch etwas mehr Farbe im Gesicht bekommen? Sie nickte dem alten Heiler zu. "Ja. Danke! Danke, dass Ihr ihm helft!" | |||
Nachdenklich und doch voller Hoffnung kehrte sie ins Dorf zurück. | |||
Bearbeitungen