Chronik.Ereignis1043 Selkethaler Pferderennen zu Ehren der schönen Göttin 1043 BF 36

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Edlengut Selkethal, 23. Rahja 1043 BF

In der Laube des Gasthofs Burg An Holt (abends)

Autor: vivar

Es war Abend geworden im Selkethal, einer dieser Sommerabende, an dem der Bergwind von Calcato die sengende Hitze des Tages in eine angenehme Wärme verwandelte, so dass selbst der hohe Herr Praios zu so später Stunde noch mit Freude am Himmel verweilte. In der Laube des Gasthofs Burg An Holt, welche mit Reben umrankt war und so auch tagsüber kühlenden Schatten gespendet hatte, hatte sich neben der jungen Horasierin Gwena ya Pirras wohl ein Dutzend Zuhörer versammelt, um dem alten novadischen Karawanenführer Sadiq ben Omar zu lauschen.

„Ihr edlen Herren und Damen! Ich bin“, hob dieser, die Hand gen Himmel reckend an zu sprechen, „Heschinja sei meine Zeugin, kein Haimamud, und die Kunst des Geschichtenerzählens ist mir so fremd wie dem Steinbock das weite Meer. Doch hat mich die junge Sayyida Gwena gebeten, von der Reise meines Herrn, des kühnen León Dhachmani de Vivar, in ihre Heimat zu berichten, die man auch als das Liebliche Feld kennt, und sagt nicht das Sprichwort:

Jugend, höre auf das Alter? Du aber, Alter,
verweigere dich nicht der Jugend?

Es war im 266ten Jahre nach Rastullahs Erscheinen, welches das 1026te nach dem Fall der Hunderttürmigen ist, als ich aufbrach, um jenen zu finden, der heute als gestandener Mann unter euch wandelt, damals aber wenig mehr als ein Jüngling war, den man soeben zum Caballero geschlagen hatte und den das Schicksal daraufhin aus dem prächtigen Punin hinaus in die Weiten Aventuriens getrieben hatte.

Ich stand damals wie heute im Dienste des Hauses Dhachmani und führe für gewöhnlich deren Karawanen von Punin durch Al'Khôm bis in die Niemals Schlafende, wo sie mit den Schätzen der Lande Zulhamids und Zulhamins beladen werden und dann wieder nach Al'Mada zurückzukehren. Damals aber hatte mein Herr, Djerid ibn Dhachmani, mich ausgesandt, seinen geliebten Sohn aufzuspüren, der Punin und Al'Mada Hals über Kopf hatte verlassen müssen, und ihm in allen Fährnissen beizustehen. Finstere Machenschaften hatte der Jüngling aufgedeckt, und seine Liebste war ihm für immer genommen worden, so dass er, einem Rasenden gleich, ohne Rast und Ruh durch die Berge des Kosch, die Marken des Nordens und den wilden Windhag zog, bis er schließlich ins Liebliche Feld gelangte.

Dort fand ich ihn schließlich in einem Schloss im Lande Veliris. Dieses hatte mein Herr nach seiner langen Reise aufgesucht und war nun Gast dreier Brüder. Der älteste war der Schlossherr, der zweite ein tapferer Krieger, der jüngste aber, Balafur mit Namen, war ein junger Rechtsgelehrter. Mein Herr León und Herr Balafur waren miteinander verbunden, denn obgleich sie verschiedener nicht hätten sein können – mein Herr war ein Reiter und Degenfechter, Balafurs Waffe dagegen waren Feder, Tinte und der Talar des Rechtsgelehrten – floss das gleiche Blut durch ihre Adern. Eines Tages betraten die jungen Herren eine Kammer im Schloss, die Balafurs verstorbener Mutter gehört hatte, und entdeckten dort etwas Seltsames – es war ein Spazierstock, der aber zugleich ein Degen war. Der Griff war ein aus lauterem Silber geschlagenes Echsenhaupt.

Voll Neugier zog Sayyid León die Klinge aus dem Holzstock. Doch wie staunte er, als gleich darauf zwei Pergamente aus dem hohlen Stock fielen, die um die blitzende Klinge gewickelt gewesen war. Das eine war die Karte eines unzugänglichen Wadis in der Wüste Al’Khôm, das andere ein Brief eines alten Zauberers an die verstorbene Schlossherrin, in dem er sie einlud, gemeinsam mit Juana de Vivar, der Tante meines Herrn und mit dem Grafen von Belhanka jenes Wadi aufzusuchen. Er habe dort einen unermesslichen Schatz gefunden und wolle ihn mit ihnen teilen. Jedem der drei habe er einen Schlüssel gesandt. Doch nur gemeinsam könnten sie die Gefahren des Wadis überwinden und den Goldschatz heben.

Oh, hätte mein Herr doch niemals diesen Stockdegen gefunden und niemals die Klinge entblößt! Viel Unheil wäre begraben geblieben, so mancher Tod wäre vermieden worden und Mord und Brand den velirischen Landen erspart geblieben! Ich sage Euch: Wenn Ihr den Brief eines Zauberers erhaltet, verbrennt ihn, zerreißt ihn, zerstreut ihn in alle Winde oder noch besser, rührt ihn gar nicht an – so wie es die Mutter des Herrn Balafur in ihrer Weisheit getan. Die beiden Jünglinge aber sprachen bald von nichts anderem mehr als von dem zwölfmal verfluchten Echsenschatz und wie sie diesen erlangen könnten. Und obwohl ich sie um ihrer Jugend willen anflehte, das Vergangene ruhen zu lassen, so wie es die gute Sayyida Morena getan hatte, ließen sie nicht ab von mir und frugen, was ich von der Angelegenheit wisse, der ich Sayyida Morena und Sayyida Juana doch wohl gekannt habe. Sie drangen von früh bis spät in mich, so wie Ihr heute, Sayyida Gwena, ihnen den Teppich der Geschichte auszubreiten und ihnen davon zu erzählen, was die velirische Schlossherrin, die Almadanerin und den Grafen von Belhanka verband.

Da seufzte ich, denn ich war selbst ein Faden, der in diesen Teppich verwoben war, setzte ich mich zu ihnen, wie ich mich heute zu Euch gesetzt habe, und begann zu erzählen:

Im Jahre 245 nach der Offenbarung, welches das 1004te nach dem Fall der Hunderttürmigen ist, begab es sich, dass auf der Insel Jardinata zwischen dem für seine Spielsucht bekannten jungen Grafen von Belhanka, Herrn Mondino Torbenias von Crasulet und seinem Spielpartner, dem Comto Sarastro Orando della Trezzi, eine Partie Boltan ausgetragen wurde.
Im Verlaufe des Abends stiegen die Einsätze der beiden Spieler in immer schwindelerregendere Höhen, bis der junge Comto schließlich das Spiel verloren geben und obendrein zähneknirschend seinem Kontrahenten eingestehen musste, dass er die erforderlichen Schulden – in Höhe von 12.000 blinkenden Golddukaten – nicht ohne Weiteres würde begleichen können. Seine eigenen Barmittel beliefen sich auf knappe 2.000 Goldstücke, seinen Vater Elmarin, mit dem er im Zwist liege – einer Nichtigkeit wegen zwar, aber doch eben im Zwist – könne er unmöglich um die Auszahlung einer so hohen Summe bitten und bei diversen Kusliker Häusern stehe er bereits in der Kreide. Vielmehr habe er gehofft, mit einem Gewinn gegen Seine Hochwohlgeboren…
Seine Hochwohlgeboren wollte von derlei Peinlichkeiten zunächst keine Silbe hören; Spielschulden seien in Phexens Namen nun mal Ehrenschulden und er, Graf Mondino, habe sich im vollsten Vertrauen auf des Comtos Kreditwürdigkeit überhaupt erst auf das Spiel eingelassen (dass es um seine eigenen finanziellen Belange zu jenen Zeiten kaum rosiger aussah, verschwieg der Crasuleter wohlweislich). Als dem Comto die Röte immer höher ins Gesicht stieg, schlug der Graf, von dem ich bereits angedeutet hatte, dass seine Liebe zum Spiel diejenige zum Gewinn übertraf, ihm unter feinem Lächeln ein weiteres, jedoch gänzlich anderes Spiel vor. Bei diesem könne Comto Sarastro nicht nur seine Schuldbriefe bei ihm und seinen Gläubigern wieder auslösen, sondern mit etwas Phexensglück auch einen gehörigen Überschuss einfahren, der ihm standesgemäßen Müßiggang gestatten würde, solange er lebe.
Begierig nahm der Comto die Einladung zu diesem Spiel an und erfuhr von dem Grafen die Regeln: Er solle für ihn nach einem geheimen Tal in der Wüste Khôm suchen, in dem es einen verborgenen Götzentempel der geschuppten Rasse gebe, in welchem wiederum unermesslicher Reichtum seines Entdeckers harre. Die eine Hälfte dieser Schätze, die Graf Mondino in den kühnsten Farben schilderte, solle er zu ihm nach Belhanka bringen, die andere dürfe er als Finderlohn behalten.
So führte Comto Sarastro della Trezzi bald darauf eine waghalsige Expedition in die brennende Wüste Khôm. Da er in der Abenteurerei – und, wie sich noch zeigen wird, auch in andren Bereichen des Reisens und Lebens in der Fremde – gänzlich unbeleckt war, nahm er lediglich sechs Leute für diese Expedition in seinen Dienst.
Die ersten beiden waren Sayyida Morena, eine erfahrene Expeditionsleiterin und Kämpferin, deren Augen so stechend waren wie der Sandsturm und deren Stimme so kraftvoll wie der Donner und ihre Base, die Caballera Juana de Vivar y Sangrín, eine hübsche Almadanerin, deren Haut so gegerbt war wie Leder und deren Arm so muskulös war wie der eines Kamels. Drittens Totto, der treue Hausknecht des Comtos, dessen Hingabe so groß war wie die Wüste und dessen Gehorsam so tief wie das Meer. Viertens der Drôler Söldling Coralio Colleone. Fünftens der Zauberwirker Tamino von Bethana. Und schließlich ich, Sadiq ben Omar, ein junger novadischer Führer aus dem Stamm der Beni Ankhara, der die Sprache der Wüste verstand und die Pfade des Windes kannte.
Unsere Reise begann voller Tatendrang, doch schon bald zeigten sich die ersten Risse in der Gruppe. Der Comto, der an die Annehmlichkeiten des höfischen Lebens gewöhnt war, litt unter der sengenden Hitze und der harten Wüstenumgebung. Totto, der treue Hausknecht des Comtos, brach sich beim Abstieg vom Güldenen Steig ein Bein und musste zurückgelassen werden. Ein Unglück, das wie ein Schatten auf uns fiel und uns mit Trauer erfüllte. Der Söldner Coralio Colleone, ein Mann mit dem Herzen einer Hyäne und der Seele eines Schakals, versuchte, den Comto zu betrügen. Frau Morena, eine Löwin in der Gestalt einer Frau, besiegte ihn im Zweikampf und bewahrte uns so vor Verrat und Habgier.
Doch der Comto, geblendet von seinem eigenen Stolz, missachtete die Sitten und Gebräuche meines Volkes und versuchte, einer Frau Unaussprechliches anzutun. Eine Karawane, die uns barmherzig aufgenommen hatte, setzte uns daraufhin mit nur wenig Wasser und nur einem Kamel aus. Ein Schicksalsschlag, der uns Demut lehrte. Der Zauberer Tamino, dessen Seele so finster war wie die Nacht und dessen Herz so kalt war wie der Mond, verriet uns. Er stahl das Wasser und das Kamel, ließ uns in der Wüste zurück und ward nicht mehr gesehen. Das war ein Verrat, der uns wie ein Dolch in den Rücken traf.
Nur durch Glück, das uns wie ein gütiger Stern am Nachthimmel leuchtete, wurden wir vier Verbliebenen von einer vorbeiziehenden Karawane gerettet. Die Expedition war gescheitert, ein Traum zerplatzt, die Hoffnungen auf den Schatz der Echsen begraben im Sand der Wüste. Der Comto, der einst so hochmütig war, musste seine Schulden bei Graf Mondino durch Jahre des Dienstes abtragen.
Die Wüste Khôm hat uns viel gelehrt. Sie hat uns gezeigt, dass der Mensch klein ist und Rastullah groß. Sie hat uns gelehrt, dass Demut wichtiger ist als Stolz und Zusammenhalt wichtiger als Reichtum. Und sie hat uns gelehrt, dass die Geschichten, die wir erzählen, uns am Leben erhalten, selbst wenn unsere Träume zerplatzt sind.

So sprach ich zu Sayyid León und Sayyid Balafur, doch weh mir! Anstatt ihre Neugier zu stillen, hatte ich sie nur noch weiter angefacht. Wie toll lasen sie erneut den Brief durch und zählten zusammen, was ich längst verstanden, aber vor ihnen zu verbergen getrachtet hatte – dass niemand anderes als der finstere Zauberer Tamino den Brief unterschrieben hatte.

Wie eifrige Schüler, die bereits nach den Sternen schauen, während ihre Füße noch im Schlamm stecken, beschlossen die beiden Jünglinge, der Sache auf den Grund zu gehen und und suchten nach Sayyida Juana, die ja auch einen Schlüssel erhalten haben musste. Juana de Vivar war schon seit längerem im Hohen Norden verschollen, hatte aber eine Zeitlang in der Stadt der hundert Türme gelebt, und so brachen wir umgehend dorthin auf.

Während unserer Suche in dieser Stadt, die heute Vinsalt genannt wird, trafen wir auf eine edle Kriegerin aus dem Tal des Yaquir, über deren Namen ich zu schweigen gelobt habe, deren Anblick ich aber nie vergessen werde. Ihre Gesichtszüge waren edel und fein wie die der Elfen, ihre Augen von strahlendem Blau und ihr Haar vom Rot der Abendsonne. Es war, als hätte der Dichter über sie gesagt:


Sie geht wiegend wie ein schlanker Zweig,
Den am Kirschpflaumenbaum
Ein feiner Windhauch in Bewegung setzte.

Sie schreitet stolz dahin. Wie schön sie ist!
Welch Glanz und welche Feinheit ihrer Glieder!
Sie lacht, und ihre Zähne leuchten auf:

Gleich Sternen, die aus dunkler Nacht aufsprühn.
Sie breitet ihre Haare vors Gesicht:
Und Feuerbrand umhüllt die ganze Erde;

Sie deckt ihr Antlitz auf: und diese Welt,
So weit sie reicht, von Osten bis nach Westen,
Erstrahlt in einem wunderbaren Schein.[1]


Gewiss ist Euch bekannt, dass mein Herr selbst von wohlgefälligem Äußeren ist und dass dies seinen charakterlichen Stärken in nichts nachsteht. So wird wohl nur ein Blinder darüber staunen, dass die junge Kriegerin an ihm alsbald ein großes Wohlgefallen fand und, seit sie ihm begegnet war, weder am Tage noch in der Nacht von seiner Seite wich. Nun ist es leichter, auf der geschärften Messerklinge eines gewissenhaften Barbiers von Thalusa nach Baburin zu reiten, als sich ein Urteil über die Liebe zu erlauben. Bei diesen beiden jungen Leuten war jedoch allen, die ihnen begegneten, zweifelsfrei offenbar, dass sie durch das unsichtbare Band der Liebe aneinander hingen wie zwei Zicklein, die man zum Markte führt.

Ach, hätte mein Herr diese Schönheit zu seiner Frau genommen und wäre in seine Heimat zurückgekehrt! Viel Unheil wäre begraben geblieben, so mancher Tod wäre vermieden worden und Mord und Brand den velirischen Landen erspart geblieben! Doch keiner ist sich seines Schicksals sicher, bevor er ins Grab kommt. Also suchten wir zu viert in der großen Stadt nach einem Zauberschlüssel und fanden schließlich ein Buch – ja, ein Buch. Dieses Buch war kein gewöhnliches Buch, denn als Sayyid Balafur es aufschlug, war es leer wie frisch geschabtes Pergament. Und doch lag auf den Seiten ein unsichtbarer Schimmer wie von Dschinnenhand.“

Der alte Novadi blickte in die Runde. „Nun ist das letzte Licht des Tages vergangen und ich habe lange gesprochen. Morgen werde ich, so Rastullah will, davon erzählen, wie es meinem Herrn gelang, in einem leeren Buch zu lesen.“


  1. frei nach einem Gedicht Aus Tausend und einer Nacht, Nachdichtung Hans Bethge



Am Gasthof "Burg An Holt" (später abends)

Autor: Elmar

Draußen vor dem Gasthof machte es "pft", "pft", "pft". Es war das Geräusch der drei Stöße aus dem doch eher stillosem Glasflakon, die auf den doch recht speckigen schwarzen Caldabreser mit der neuen grauen Straußenfeder zielten. Das einfältige Grautier dahinter schrie protestierend auf "öh-äh", schüttelte dabei seinen Kopf und zog an dem Strick, mit dem es an der Linde angebunden war, und trat auch noch die Schiefertafel um, die dort angelehnt war.

Im Licht seiner funzeligen Laterne blickte der untersetzte Mann zufrieden mit den pomadigen dunklen, leicht graumelierten Haaren und dem Kaiser-Alrik-Bart auf seinen Hut. Eine Hand fuhr durch das pomadige Haar und zupfte sich dann den Schnauz noch zurecht und er setzt sich den Hut auf. Die Hand streifte er dann an dem schwarzen Wolldoublet ab - was dort aufgrund der Dunkelheit keine sichtbaren Spuren zeigte, doch generell hatte das Kleidungstück schon einige Götterläufe hinter sich.

Er stolzierte recht aufrecht auf die Tür des Gasthofes zu, hielt dann inne und hörte noch Stimmen bei der Laube, und er trat dann an diese näher heran.

Um sich dort mit der rechten Hand den straußenbefiederten Caldabreser in weitem Bogen vom Haupte zu nehmen, das rechte Bein abwickelte und im linken Bein gerade blieb den Oberkörper vorbeugte, und mit der linken Hand eine schwingende Geste vollführte. "Alrico Praiostreu Dukate mein Name, die Herrschaften, ich möchte Eure kostbare Zeit nicht weiter in Anspruch nehmen, und suche hier nur ein bescheidenes Quartier."

Dabei waberte der liebliche Geruch von Vanille und Veilchen in Kopfnote und Bergamotte und Arange in Herznote zu den Verbliebenen in der Laube, die Basisnote von Praiosandelholz ist noch stark von den anderen überlagert und vermischt sich dort aber mit dem Geruch der Getränke und Speisen.

Dukate tritt zurück, setzt sich den Hut wieder auf und wendet sich wieder der Gaststube zu.



Vor dem Gasthof "Burg An Holt" (noch etwas später)

Autor: BBB

Jodga seufzte tief.

Wo war er da nur hineingeraten?

Erst war der hohe Adel gekommen. Barone im Selkethal..! Das hatte es noch nicht gegeben. Er gab sich größte Mühe, ein gutes Bild abzugeben, einem jedem von ihnen die Wünsche von den Augen abzulesen. Vielleicht würde ihn ja einer der hohen Herren mitnehmen... würde seinen Wert erkennen und ihn endlich aus dieser Provinz befreien.

Für diese Aussicht akzeptierte er sogar, dass es mittlerweile überall nach Pferdemist stank.

Aber jetzt das. Ein Novadischer Märchenerzähler! Das würde seinem Herrn gar nicht schmecken. Jodga wusste, dass Dom Algerio, wie sie ihn hier nannten, Novadis hasste. Aber was sollte er machen? Was konnte er schon machen? Immerhin war der Novadi im Gefolge des Barons von Taubental angereist und stand entsprechend unter dessen Schutz. Das würde schon gutgehen, irgendwie, dachte sich Jodga, und sandte ein kurzes Stoßgebet zu Rahja.

Mehr Sorgen bereitete ihm der Buchmacher, der vor kurzem angekommen war. Ein komischer Kauz. Machte keinen sehr vertrauenserweckenden Eindruck... und jeder andere Adlige hätte ihn wahrscheinlich davongejagdt, hätte man ihn über dessen Anwesenheit informiert. Aber Dom Algerio... nun... der Edle des Selkethals hatte ein gewisses Faible fürs Glücksspiel, soviel war klar, was Jodga in eine Zwickmühle brachte...

Sollte er Dom Algerio über den Buchmacher informieren, und damit riskieren, dass dieser ein kleines Vermögen verlor?

Oder behielt er es für sich...?