Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 03

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Kaiserlich Selaque, 29. Firun 1036 BF

Auf dem Castillo da Vanya im Vanyadâl, am späten Abend

Autor: von Scheffelstein

Peregrin wischte die Hühnerknochen vom Tisch, die kleinen Fleischreste, schrubbte das angetrocknete Fett von der Platte. "Hol neues Wasser!", befahl er Dela, warf den schmutzigen Lappen in den Eimer und wischte sich die Hände an einem Tuch ab, das von seinem Gürtel hing. Abschätzig beobachtete er, wie die junge Ayla das Kaminsims abstaubte. Was drückte sie sich die ganze Zeit dort herum, als gäbe es nicht noch mehr zu tun?

"Ein bisschen schneller, du dummes Gör!", schalt er sie. "Wir haben noch viel zu tun. In diesem Hause wird nicht getrödelt!"

"Ja, Herr Peregrin", murmelte das Mädchen mit ihrer etwas schleppenden Sprache. Sie war so einfältig! Es war allein dem guten Herz der alten Zofe Hazinda zu verdanken, dass ein derart unbegabtes Kind auf dem Castillo Anstellung gefunden hatte. Hazinda glaubte an das Gute im Menschen und behauptete, noch aus jeder das Beste herausholen zu können. Aber was gab es über Ayla schon Gutes zu sagen? Sie war langsam und begriffsstutzig. Gerade deshalb schien sie Hazindas Ehrgeiz geweckt zu haben. Sie versuchte ihr die Arbeit in der Küche nahezubringen, in den Kammern und im Hof. 'Wir finden schon etwas, dass sie gut kann', hatte Hazinda gesagt.

Peregrin schüttelte den Kopf und wandte sich den bronzenen Leuchtern auf dem Tisch zu. Hazinda sollte sich nur nicht einfallen lassen, die Neue am Tisch aufwarten zu lassen. Nicht auszudenken, was geschähe, wenn das Gör der Herrin den Wein über den Schoß gösse oder mit der Suppenterrine stolperte!

Der alte Hofdiener kratzte das Wachs von dem Leuchter und rümpfte die Nase. Früher hatten silberne und goldene Leuchter den Saal geschmückt, aber die unverschämte Vogtin hatte vor Jahren das ganze Castillo geplündert und ihn und Hazinda und die alte Köchin Ludovica und die anderen in den Weinkeller gesperrt. Doch sie waren entkommen, dank der Herrin, die einen Geheimweg aus der Burg gewusst hatte. Doch dann waren Männer der Reichsvogtin gekommen, ohne Wappen zwar, aber Peregrin war sich sicher, dass sie zu ihr gehört hatten, und die hatten den Gemahl der Herrin mitgenommen, der seither nicht mehr gesehen ward, und Ludovica hatte versucht, sie aufzuhalten, doch da hatten die fremden Soldaten sie niedergeritten, und sie war ihrer schweren Kopfverletzung erlegen.

Ein brandlöchriger, rußverschmierter Brief (zum Vergrößern anklicken).

"Was denn, bist du noch nicht fertig?", fuhr Peregrin das Mädchen an, das noch immer vor dem Kamin hockte. "Was machst du da?", fragte er misstrauisch, als Ayla sich nicht rührte. Von hinten trat er an sie heran. Sie hielt ein Papier in den Händen, angesengt, stark verrußt und an den Rändern brüchig. "Gib das her!", rief er und zog es dem Mädchen aus der Hand. Es schien ein Brief zu sein. Doch die Schrift war verschmiert und unter dem Schmutz schwer zu lesen, hier und dort waren Brandlöcher in dem Papier.

"Es lag im Kamin!", lallte Ayla.

"Und es wird seinen Grund haben, warum es dort liegt!", fauchte Peregrin und versetzte ihr einen Nackenstüber. "Das ist nicht für dich bestimmt, hörst du?"

"Ja, Herr Peregrin."

Nur gut, dass das Kind zu dumm war zum Lesen! Peregrin faltete den Brief vorsichtig an den rußigen Knicken zusammen und wollte ihn sich in die Tasche des Wamses stecken, doch die Ränder bröselten ab und schwarze Asche verteilte sich auf Aylas Hemd und Rock.

Dela kam mit einem Eimer und sauberen Lappen zurück.

"Steh auf!", befahl Peregrin dem knienden Mädchen und dann, an Dela gewandt, die ältere Dienstmagd: "Macht hier fertig! Und du sorge dafür, dass das Kind hier ein bisschen schneller wird!"

"Gewiss, Herr Peregrin", erwiderte Dela und scheuchte die Neue auf, die Tische zu wischen.

Peregrin stieg die Treppe hinauf ins obere Geschoss des Palacios, in dem die Gemächer der Herrin waren. Im Salon begegnete er Hazinda, die einen Stapel Decken in den großen Wäscheschrank räumte und ihn erstaunt anblickte. Er reichte ihr den gefalteten Brief.

"Sei so gut und gib das der Herrin, unverzüglich! Die neue Dienstmagd hat ihn im Kamin gefunden, im Großen Saal. Nun nimm schon!", befahl er, als die alte Hazinda ihn fragend anblickte. "Es wird seinen Grund haben, warum die Herrin ihre Briefe verbrennt, sie sollten nicht von den Dienern gelesen werden. Nun", sagte er und strich sich das schüttere Haar aus der Stirn. "Ich habe ihn natürlich nicht gelesen, und die Mädchen sind zu dumm dazu, aber besser, die Herrin erhält ihn zurück, ehe dieser neugierige Gast seine Nase in den Saal steckt."

Peregrin vergewisserte sich, dass Hazinda auch wirklich an der Kammertür der Herrin klopfte, dann stieg er wieder die Treppe hinab. Zeit für seinen wohlverdienten Schank Wein und ein Herr-Praios-Unser vor dem Zu-Bett-Gehen.