Chronik.Ereignis1033 Feldzug Mark Ragathsquell 03
Mark Ragathsquell, 25. Praios 1033 BF
Auf Caballerogut Simancas (nachmittags)
Autor: Dom Thallian
Dom Thallian hatte es sich seit gut zwei Wassermass gemütlich auf der Veranda seines Guthofes gemacht. Seine Füße hatte der Dom auf dem Stuhl vor sich platziert. Auf dem Tisch waren etwas Brot, Käse, Oliven und natürlich der fast schon obligatorische Wein adrett angerichtet. Die ausgestrecken Schenkel dienten als Ablage für einen dicken Wälzer mit vergilbten Blättern, während weitere Bücher, teilweise aufgeschlagen, auf dem Tisch vor ihm lagen. Gerade aber beobachtete er, den Becher Wein in der Hand gedankenverloren drehend, die Gruppe von insgesamt zwei Handvoll Frauen und Männern, die dort mit Waffen hantierten. Da es inzwischen dunkel geworden war, brannten bereits rund die Kämpfenden diverse leicht im Sommerwind flackernde Fackeln.
Mühelos war über das Geklirr der Waffen die Stimme seines alten Freundes Ferox zu hören, wie er in altbekannter Manier herumkommandierte und Anweisungen erteilte. Ferox war vor gut einem Wochenlauf auf Simancas eingetroffen und damit zu einem Zeitpunkt, wie er nicht hätte besser sein können, wie Thallian fand.
Auch ihm bereitete die Ferkinaplage Sorgen und schließlich gab es auch einen Aufruf an alle Edlen sich dem Kampf gegen die Blutsäufer aus dem unwirtlichen Gebirge anzuschließen. Nicht zuletzt auch deswegen, weil er des alltäglichen Trotts auf seiner kleinen, durchaus prosperierenden Dominie etwas überdrüssig geworden war, erschien es ihm mehr als konsequent sich diesem Aufruf anzuschließen.
Sein Vogt Alejandro, der auch schon dem vorherigen Dom gedient hatte, war indes wenig begeistert von der ganzen Sache und noch weniger davon, dass der Dom im Sinn hatte, seine Leute aus Simancas zu bewaffnen um mit ihnen Richtung Rashtullswall zu ziehen. Aber Thallian hatte sich davon nicht beirren lassen und wenig später hatte er Waffen für gut ein Dutzend Leute beschafft. Zu seinem Verdruss war es ihm aber nicht gelungen auch nur einen halbwegs gut beleumundeten Söldner aufzutreiben, der zudem noch in der Lage gewesen wäre die bisher noch in Kampf unerprobten Bauern zu unterweisen. Aber da war ihm das Schicksal – wie er befand auch durchaus angemessen – zur Hilfe geeilt und hatte einen früheren Reisegefährten und Söldner in seine Dominie geführt. Dieser hatte zwar eigentlich nur einen Freundschaftsbesuch abstatten wollen, da er auf dem Wege an die Südpforte war, aber Thallian hatte es vermocht ihn davon zu überzeugen, noch etwas zu bleiben und in den Abendstunden die Freiwilligen seines kleinen Landwehrhaufens an den Waffen zu unterweisen.
Die Übungen mit den Simancanern, unter denen sich auch einige unfreie Fellachen des Doms befanden, gestalteten sich zwar als echte Geduldsprobe für den bulligen, vernarbten garethischen Veteranen, aber dafür war der Rest des Tages mehr als angenehm. Sein Freund schien nämlich kein Problem damit zu haben, dass er den Rest des Tages damit zubrachte, bei Wein auf der Veranda zu sitzen und gelegentlich die ein oder andere Frage von ihm zu beantworten, während er in die Lektüre diverser Bücher vertieft war.
Was Ferox nur einen fragenden Blick an den Dom abgenötigt hatte, als er des Haufens Freiwilliger das erste Mal ansichtig geworden war, hatte indes beim Vogt, der sich schließlich schon in fortgeschrittenem Alter befand, fast zu einem Herzstillstand geführt. Während Thallians alter Weggefährte und abgebrühter Haudegen das ganze dann mit Schulterzucken, sowie einem lakonisch „De kannst' alle nicht leiden wa'?“, abgehakt hatte und umgehend angefangen hatte diese nach guter alter Armeeweise zu schikanieren, war für den Vogt das Thema nicht so einfach durch. Energisch brachte er seinen Protest gegenüber dem Dom zum Ausdruck, der erst seit kurzem über diese Dominie gebot, auf der er selbst die meiste Zeit seines Lebens verbracht hatte.
Dieser war eine Weile den Ausführungen Alejandros gefolgt, hatte diesem dann aber doch irgendwann mit einer Handbewegung den Redestrom abgeschnitten. Mit ruhiger, aber entschlossener Stimme hatte er dem Verstummten dann erwidert, dass er es sich auch nicht ausgesucht hätte und dass schließlich die Ferkinas gestoppt werden müssten. In guter almadanischen Tradition hatte sich dies noch eine Weile in einer hitzigeren Diskussion fortgesetzt, bis der Dom in einem für ihn eher untypischen lauten und barschem „Genug jetzt, Alejandro!“ dem Disput ein Ende gesetzt hatte.
Gerade machte sich Ferox auf den Weg zur Veranda um sich dort noch einen Becher kühlen Wassers zu gönnen, als ein junger Bursche wie von einer Maraske gestochen auf den Gutshof gestürmt kam. Schnurstracks eilte dieser dann auf die Veranda zu, als er dort den Dom erblickt hatte. „Hollaholla... da hats jemand aber eilig...“, brummte Ferox und ging ohne Hast weiter.
„Dom!“, rief der Bursche bereits einige Schritte, bevor er Thallian erreichte und dort mit schlitternden Schuhen auf dem staubigen Untergrund zum Stehen kam. „Dom!“, wiederholte er nochmals und rang mit dem Atem. Das Gesicht des vielleicht 14 Götterläufe zählenden Burschen war rot, verschwitzt und der Staub der trockenen Wege klebte an seiner Haut. „Dom!“, setzte er erneut zwischen schnaufenden Atemzügen an. „Ich muss berichten...“.
Die Stimme Alejandros schnitt ihm barsch das Wort ab. „Schweig, Bengel! Noch hat dir der Dom nicht das Wort erteilt!“ Der junge Fellache, der unzweifelhaft auch einen deutlichen Schuss Südländer Bluts in sich hatte, hielt überrascht inne und meinte: „Aber...“
„Nichts aber!“ brauste Alejandro erneut auf bis der Dom beschwichtigend die Hand hob.
„Ist gut, Alejandro. Er ist sicher nicht ohne Grund hierhergerannt. Was ist, Jacinto?“, wandte sich Dom Thallian an den Burschen und stellte den Becher Wein ab. „Brennt es irgendwo?“
Der Junge schüttelte den Kopf. „Nein, Dom. Aber da unten, an der Straße, da lagern Ritter und Söldner!“ Thallian stutzte – er hatte mit einem Unglück oder Brand gerechnet, aber das war unerwartet für ihn. „Vater sagte, ich soll es Euch sofort sagen!“, fuhr der braungebrannte Fellachensohn fort.
„Gut. Das war klug von Deinem Vater“, erwiderte Thallian. „Lass dir von Alejandro was zu trinken geben.“ Dann wandte er sich an Ferox. „Ich denke, wir sollte da mal nachsehen, oder?“ Er stand auf und sah ihn fragend an. „Können die eine Weile ohne dich?“, deutete er auf die Übenden, die innegehalten hatten und neugierig herüberspähten.
„Jo“, brummte der Soeldner und wandte sich zu den anderen um, um aus dem Stegreif die Truppe anzubrüllen, was sie so faul herumständen und ob sie keinen Befehl gehabt hätten?! Thallian fasste sich kurz mit der Hand an sein klingelndes Ohr, als Ferox so losbrüllte und rollte mit den Augen, um sich dann an Alejandro zu wenden. „Sag Juanito, er soll unsere beiden Pferde satteln. Ich will so schnell es geht losreiten und sehen, wer da angekommen ist.“
Während der Stallbursche noch die Pferde bereitete, versuchte der Dom aus dem inzwischen wieder zu Atem gekommenden Jacinto noch weitere Informationen herauszuholen. Aber viel mehr konnte der Junge auch nicht berichten, lediglich, dass sich an der Strasse ein Trupp aus Rittern, Söldnern und Soldaten eingefunden hätte, die dort ein Lager errichtet hätten. Auf die Frage wie viele es denn seien, schmunzelte Ferox leise und Jacinto schaute ihn aus großen Augen an. „Ähm...“, erwiderte er und sah dann nachdenklich drein, betrachtete sein Hände und antwortete dann: „Mehr als meine beiden Hände voll. Vielleicht nochmal beide Hände voll.“ Er zuckte mit den Schultern. „So ungefähr, Dom.“
Thallian seufzte. Wie man nicht zählen oder rechnen konnte, war ihm als Sohn eines Kaufmann einfach ein vollkommenes Rätsel. „Dank Dir.“ Er steckte die Hand in eine Tasche und wand sich dabei wieder an Jacinto. „Hier, junger Mann“, schnippte er dem Burschen eine Münze zu.
Wenig später saßen Ferox und Thallian auf den Pferden und ritten, so schnell es die inzwischen spärlichen Lichtverhältnisse zuließen, den gut gepflegten Weg in Dorf hinab, um von dort dem Weg weiter zur Straße zu folgen. Dort verlangsamten sie ihr Tempo und dämpften die Lautstärke ihrer Unterhaltung darüber, wer dort unten wohl lagern könnte.
Im lockeren Schritt, die Waffen griffbereit und bereit jederzeit das Pferd herumzureißen und kehrtzumachen, näherten sich der Dom und sein schlachterfahrener Begleiter dem Lager.
- Die Geschichte wird hier fortgesetzt: Schauplatz: Mark Ragathsquell, Teil 05.
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