Chronik.Ereignis1033 Feldzug Gwain 01

Aus Almada Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Reichsstadt Punin, 28. Praios 1033 BF, vormittags

Kaiserliche Garnison

Autor: Ancuiras

Der Marschall hatte sich auf den Ostturm der Garnison zurück gezogen, der eine hervorragenden Blick über die Kaiserstadt und den Fluss bot. Nur wenige hundert Schritt entfernt, innerhalb der Stadtmauern, erhob sich der von Palacios überzogene Hügel Goldacker. Hier konnte er am besten nachdenken.

Gwain von Harmamund betrachtete schweigend die Nachricht seiner Nichte Morena, die ihn heute morgen mittels Brieftaube erreicht hatte. Domna Praiosmin hat der Schurkin Rifada endlich das Handwerk gelegt. Castillo da Vanya wurde genommen und wird in den Besitz unserer Familia übergehen. Doch die Menschenfeindin widersetzt sich, konnten nur knapp ihrem feigen Straßen-Hinterhalt entgehen. Lage prekär, erbitte schnellstmögliche Unterstützung.

Er vergewisserte sich, dass es wirklich der Schriftzug seiner Schwestertochter war, dann zerriss er das Papier in kleine Stücke. Wut keimte auf, wurde aber sofort von eiserner Disziplin unterdrückt. Dachte Morena, er habe das Vertrauen des Kaisers und das Marschallsamt errungen, um alten Familienfehden nachzugehen? Nein, seit seine Schwester Aldea ihn einst als answinistischen Reichsverräter aus der Familie ausgeschlossen hatte, waren diese Bande zerschnitten. Auch die gnädige Wiederaufnahme, natürlich erst nachdem er durch die Eroberung Omlads die königliche Gunst wieder errungen hatte, hatten daran nichts mehr ändern können. Selbst wenn er der Bitte seiner Nichte hätte nachkommen wollen, die Befehle des Kaisers waren klar: Kein Kaiserlicher sollte vor Abschluss der Hochzeitsfeierlichkeiten Punin verlassen.

Die Hochzeit. Gwain war noch immer verbittert, dass der Kaiser sich entschieden hatte, die Novadimetze zu ehelichen. Mochte sie auch hundertmal konvertiert sein, das waren Lippenkenntnisse, hohle Worte, da war sich Gwain sicher. Praios Blitzstrahl hätte sie treffen sollen, als sie ihren falschen Eid leistete, doch zu Gwains Entsetzen war nichts geschehen. Die Mörder seiner Tante Solivai, der letzten Fürstin Almadas, hatten nun eine Verbündete an der Seite und im Bett des Kaisers. Der Marschall fluchte stumm. Ihm stand es nicht zu, die Entscheidung des Kaisers zu beurteilen. Poltisch mochte sie Sinn machen, er selbst hatte dem Kaiser oft genug versucht vor Augen zu führen, was es bedeutete, wenn das Königreich - das Kaiserreich, korrigierte sich Gwain - weiterhin isoliert blieb. Die Lücken in den Reihen der Gardereiter, welche die Schlacht von Morte Folnor gerissen hatte, waren in den wenigen Jahren kaum zu schließen gewesen. Verbündete waren also dringend vonnöten, doch hatte Gwain auf eine Aussöhnung mit Rohaja gehofft, der er seine Begnadigung und die Vogtei Omlad zu verdanken hatte, notfalls an einen Separatfrieden mit Vinsalt. Aber nicht an ein Bündnis mit den verhassten Wüstenreitern!

Er wischte seine Ärger beiseite, es half nichts. Politik und Diplomatie waren die Spielfelder des windigen Kanzlers. Gwain hatte dem Kaiser einen Treueeid geleistet - und sich selbst geschworen, nie wieder einen solchen zu brechen. Jetzt dräute eine andere Gefahr, der er seine volle Aufmerksamkeit widmen. Menschenfressende Oger und blutsaufende Ferkinas bedrohten die Ostgrenze Almadas. Zahlreiche Magnaten hatten sich der Gefahr bereits gestellt und hatten Erfolge gefeiert - und herbe Rückschläge erlitten, so wie offenbar der Rossbannerorden bei Selaque. Um so mehr schmerzte ihn, dass ihm aufgrund des Kaiserlichen Befehls die Hände gebunden waren, selbst schon jetzt gegen die Wilden vorzugehen.

Zumindest war aus Ragath die Kunde gekommen, dass der Graf Truppen nach Kaiserlich Selaque entsandt hatte. Diese standen offiziell unter dem Befehl Rondrigos vom Eisenwalde, einem ehrenhaften Kämpen, der aber vor wenigen Tagen seinen fünfundsechzigsten Geburstag gefeiert hatte. Fast schon ein Greis - beinahe so alt wie ich selbst, dachte Gwain schmunzelnd. Hoffnungsvoll stimmte ihn hingegen die Nachricht, dass ein Gefolgsmann aus alten Tagen, der Gwains Streben nach der Kaiserkrone unterstützt hatte, ebenfalls in dem Aufgebot war, das Selaque entsetzen sollte. Dom Hernán de Aranjuez war ein erfahrener und gewiefter Kriegsführer. Wenn einer mit den Ferkinas fertig wurde, dann er, dachte der Marschall zuversichtlich.

Aber niemand, wirklich niemand, braucht zudem noch eine Adelsfehde, welche die Reihen der Almadaner schwächte. Der Kaiser würde den Stab brechen über jedem, der durch eine solche Provinzposse den Frieden im Vorfeld seines Eheschlusses stören wollte. Nein, das musste ein Ende haben, bevor die Wellen höher schlugen. Bisher konnte es noch durch die Wirren der Ferkinaüberfälle verdeckt oder notfalls als Missverständnis erklärt werden. Das würde schwierig genug sein, denn Domna Praiosmin und die Vanyadalerin hassten sich gegenseitig wohl mehr als jeden brandschatzenden Ferkina. Doch die Streithühner mussten zur Räson gebracht werden.

Gwain warf die Schnippsel von Morenas Nachricht in den Wind und lief die Treppe in das Turmzimmer hinab, wo sein Adjutant auf ihn wartete.

"Sendet eiligst einen Boten nach Selaque. Er soll die Caballera Morena von Harmamund ausfindig machen, die dort als Gast der Kaiserlichen Vogtin weilt. Mit folgender Botschaft..."

Der Adjutant hatte sich bereits an den Schreibpult ergeben, die Schreibfeder ergriffen und begann nach den Worten des Marschalls zu schreiben.




Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 01