Punin
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Punin, die Stadt der Vereinten Gegensätze, Haupt- und Kaiserstadt des Neuen Reiches, ist eine große, altehrwürdige Schönheit. Eine Metropole der Künste und Wissenschaften, ein lebhaftes Handelszentrum und einer der bedeutensten Verkehrsknotenpunkte Mittelaventuriens. Neben der kaiserlichen Residencia und der Reichserzkanzlei sind hier alle Institutionen der kaiserlichen Reichsverwaltung zentralisiert und wie Blutbahnen laufen die Reichsstraße II, der Yaquirstieg, die Wein- und Eisenstraße und Karawanenrouten wie der Blutpass aus allen Himmelsrichtugen in Punin zusammen, aus denen die volkreiche Provinzhauptstadt ihre Nahrung und ihren Reichtum zieht.
Der Handel steht hier an allererster Stelle, denn die 'Domna', wie die Bürger Punins ihre Stadt liebevoll und ehrfürchtig nennen, gilt als Tor zum Land der Ersten Sonne. Auch das Horasreich ist durch den Flusshafen und den Yaquirhandel ein wichtiger Handelspartner.
Derographische Lage
Punin liegt zwanzig Meilen stromab der Valquir- und zehn Meilen stromauf der Bosquirmündung am Oberlauf des Yaquir in den fruchtbarsten Auen des Neuen Reiches. Die Stadt liegt in unebenen, hügeligem Gelände, wobei der etwa 100 Schritt hohe Palasthügel Goldacker im Nordwesten und die nur unwesentlich niedrigere Schwanenhöh am gegenüberliegenden Yaquirufer die höchsten Erhebungen darstellen. Im Norden der Stadt begrenzen die von sieben Windmühlen bekrönten Hügel von Gozzoli das Blickfeld, im Westen davon das Bagailloner Hügelland und noch weiter südlich der Wald von Elys, allesamt bereits auf dem Gebiet der Stadtmark Punin gelegen, die die Freie Reichsstadt Punin beinahe komplett umschließt. Etwa 200 Schritt vom westlichen Stadtrand Punins entfernt, fließt der Therbunsbach, ein schmales Bächlein, der etwas breiteren Horne zu, der die Grenze zwischen Stadt und Stadtmark Punin markiert. Fast alle Bauern des ländlich geprägten Stadtzehntels Pendulum haben ihre Äcker auf dem Gebiet der Stadtmark (genauer gesagt in der angrenzenden Junkerschaft Madasee), während das Landvolk der Stadtmark umgekehrt seinerseits seine Erzeugnisse fast ausnahmslos auf dem Großen Bazar und den sonstigen Märkten Punins zu Geld macht.
In früheren Tagen floss mit dem Gorm ein weiterer kleiner Bach mitten durchs Puniner Stadtgebiet. Dieser ist heute jedoch fast überall überbaut beziehungsweise als natürlicher Zufluss der Kanalisation genutzt, so dass er zu einer argen Kloake verkommen ist, die sich vor allem dann geruchsintensiv in der Erinnerung der Puniner zurückmeldet, wenn der Yaquir Hochwasser führt und alle Fäkalien und Unrat in seinen Zufluss Gorm zurückschiebt...
Stadtbild
Fast jedem Landsassen, den es zum ersten Mal nach Punin verschlägt, bleibt beim ersten Anblick seiner Capitale - gleich aus welcher Himmelsrichtung er sich ihr nähert - vor Begeisterung sprachlos der Mund offen stehen, denn die Kaiserstadt gleicht einem im Sonnenlicht funkelnden Häusermeer weißer- und sandsteinfarbener Bauten, aus dem ein knappes Dutzend goldener und silberner Tempelkuppeln und über siebzig oft bannergeschmückte Türme emporragen. Manche der Türme, wie der weiß schimmernde Elfenbeinturm der Academia der Hohen Magie, der Taubenturm des Ratshauses oder der bedrohliche Hungerturm sind schon aus der Entfernung klar auszumachen, da sie den steinernen Wald der privaten Streittürme deutlich überragen. Auf dem Palasthügel Goldacker thront das weiße Residenzschloss Seiner Majestät Hal II., wie eine strahlende Krone hoch über der Stadt.
Punin ist - oder vielmehr war - zu bosparanischer Zeit eine massiv befestigte Stadt, nachdem es bereits im Jahre ihrer Gründung zu militärischen Auseinandersetzungen mit den Goblins, den Ambosszwergen und dem Heer des Diamantenen Sultanats gekommen war. Die inneren Stadtzehntel oder Contraden sind bis heute von einer mächtigen, 6 Schritt hohen und 2 Schritt breiten Ringmauer eingefasst, die heute ihren Daseinszweck jedoch weitestgehend verloren hat, da die Stadt schon lange über ihren schützenden Mauergürtel hinausgewachsen ist. Im Norden erstreckt sich allein die noble Contrade Ober-Punin über eine Fläche, die anderswo leicht drei Dörfern Platz bieten würde. Im Westen breiten sich Pendulum und diverse Zelt- und Wagenlager der Zahoris über eine Meile außerhalb der Stadtmauer aus und im Süden liegt das verrufene Elendsquartier Unter-Punin, wo ohnehin fast kein Einwohner das Bürgerrecht besitzt.
Da Punin anders als die meisten anderen mittelaventurischen (Groß-)Städte im Laufe seiner Geschichte noch niemals zerstört wurde, gilt sein Stadtkern als der älteste, vollständig erhaltene beider Kaiserreiche. Bis heute findet sich hier das typische Gepränge und die Institutionen einer einstigen bosparanischen Garnisons- und Provinzhauptstadt mit einem großen Amphitheater, Arenen für Wagenrennen und Gladiatoren-Kämpfe, weitläufigen (Exerzier-)Plätzen, Thermen und eben starken Befestigungsanlagen. Auf der anderen Seite haben sich die Almadanis diese bestehende Struktur zu Eigen gemacht und für ihre Zwecke umfunktioniert - die tiefen Gräben zwischen der Innenstadt und Unter-Punin dienen heute als Pferdetränke oder für die Elenden (die ärmsten Bewohner der Unterstadt) auch als Badestätte, während der Dicke Ghirlando, der heute mitten in der Stadt steht, als Uhren- und Glockenturm fungiert - früher war er als Torturm der Waldwachter Pforte ein Teil der Stadtbefestigung.
Tief im Erdboden unter weiten Teilen der ummauerten Innenstadt und auch unter dem nördlich gelegenen Stadtzehntel Ober-Punin verläuft die Kanalisation, die allen Unrat 200 Schritt südlich der Stadtmauer am Yaquirufer von Unter-Punin in den Strom leitet - sehr zum Leidwesen der Fischer von Arbasim weiter stromabwärts. Dieser Abwasserausfluß dient allerlei lichtscheuem Gesindel aus Unter-Punin auch als Eintrittspforte in die innere Stadt, denen auf normalem Wege von den Stadtbütteln an den Toren der Zutritt verwehrt werden würde. Unter dem Theaterviertel und Teilen des benachbarten Stadtzehntels Tiefenbrunn erstreckt sich außerdem - noch tiefer gelegen als die Kanalisation - das Labyrinth der Magierakademie, denn es gibt in Punin viele Gebäude die im Erdgeschoß weder über Fenster noch Türen verfügen, da sie über unterirdische Verbindungsgänge zum riesigen Komplex der Academia der Hohen Magie gehören. Unter dem Stadtzehntel Tempelhof schließlich und fast unter dem kompletten Platz des Schweigens liegen die Katakomben von Punin, die nur vom Borontempel, den Allerheiligsten Hallen des Schweigens, betreten werden können. Hier liegen die Gebeine Abertausender Puniner in schmucklosen Grabnischen bestattet.
Die Puniner
Almadaner
sind niemals nur Almadaner. Wer aus Al'Muktur kommt ist Yaquirtaler - und stolz darauf! Wer aus Ragath stammt ist Ragatier - und wehe dem, der ihn anders tituliert. Die Puniner aber sind nochmals ein besonderes Völkchen für sich, die im restlichen Land als arrogant, hochnäsig und geldgierig verschrien sind.
Weltoffenheit, Bildung, Geschäftstüchtigkeit - aber auch Patriotismus und Freiheitsliebe sind dagegen die Tugenden, mit denen sich die Puniner selbst charakterisieren würden.
Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Einwohnerschaft der Hauptstadt - etwa 6000 bei einer Gesamtbevölkerungszahl von über 25.600 - hat auch tatsächlich das Bürgerrecht inne. Ein Privileg, das nur 'Secondos' zuteil wird, Sippen die mindestens in der zweiten Generation in der Stadt leben, und die zudem ein Steueraufkommen in einer gewissen Höhe nachweisen können. Alle anderen sind bloß gemeine Populanis, Einwohner ohne Bürgerrecht, die wenig mehr Rechte haben, als ein Landsasse in der Provinz, obwohl sich die Stadt gerne ihrer fortschrittlichen und freiheitlichen Verfassung rühmt (die vielen traditionsbewußten Magnaten seit langem ein Dorn im Auge war - besonders dem jetzigen Valedor Vesijo de Fuente y Beiras). So war es in Punin möglich, daß Personen aus dem gemeinen Volk wie der Schmiedemeister Abdul Assiref oder der Buchdrucker Bodar Sfandini bis zum Ratsmeister und höchsten Regierungsrepräsentanten des Stadtlehens aufstiegen - ein äußerst mächtiges Amt, das andernorts ohne hochadlige Abkunft unmöglich zu erreichen wäre.
Nach Meinung der Puniner steht einer Person Macht nicht deshalb zu, weil sie einen vornehmen Namen trägt oder besonders reich ist, sondern nur dann, wenn sie über so viel Autorität und Urteilskraft verfügt, wie sie für eine gute Regierung notwendig sind - zumindest sieht so das in frommen Praiostagsreden beschworene Ideal aus.
In Wahrheit war die Gilborns- und Eslamsstadt immer klientelären Spaltungen und Cliquenkämpfen innerhalb ihrer Regierung unterworfen. Schon in den Tagen als bosparanische Provinzhauptstadt stand Streit zwischen den führenden Familias und Parteiungen um Ämter, Macht und Einfluß auf der Tagesordnung und er wurde bis zuletzt - wenn es hart auf hart kam - mitunter auch blutig ausgetragen, ohne daß die politische Grundordnung der Stadt oder ganz Almadas dabei angetastet worden wäre.
Der Valedor von Punin
Als nomineller Oberlehnsherr einer jeden Reichsstadt entsandten die Kaiser in Gareth lange Zeit traditionell einen kaiserlichen Beamten als Beaufsichtiger in die ihnen untertänigen Städte, hierzulande Podesta genannt, die vor Ort aber mehr oder weniger machtlos waren und vor allem repräsentativen Zwecken dienten. Seine Majestät Kaiser Hal II. brach nun aber mit dieser Sitte und ernannte mit dem Valedor (almad. für "Beschützer") einen mit tatsächlicher, faktischer Macht und weitreichenden Befugnissen ausgezeichneten Statthalter in seiner Hauptstadt, der die über 870jährige Regierungszeit des "Hohen Rats" beendete und mit harter Hand für Ordnung, Untertänigkeit und vor allem Kaisertreue in den Straßen und Gassen der Capitale sorgt. Seine "Greifer", ganz in Dunkelblau gekleidete Schlägertrupps, patrouillieren durch die Stadt auf der Suche nach "Aufrührern und Umstürzlern". Sie können wahllos jedweden 'Verdächtigen' verhaften und in die übervollen Kerker und Gefängnisse schaffen - ganz besonders dann, wenn der Besitz des Inhaftierten dem Valedor und der Krone pfändungswert erscheinen.
Der Hohe Rat von Punin
Im Jahre 163 BF von der Viryamun-Fürstin Antara instituiert, herrschte das »Collegium der Stadtoberen zu Punin«, das man später nur noch den "Hohen Rat von Punin" nannte, bis zu seiner Auflösung im Jahre 1033 BF über die Geschicke der Stadt und zeitweise sogar über die ganz Almadas, da zur später sogenannten "Ratsfürstenzeit" das Stadtoberhaupt zugleich auch den Rebenthron inne hatte.
Der Hohe Rat erwählte alle 5 Jahre aus seiner Mitte in geheimer Wahl den oder die Ratsmeister/in und aus seinen Mitgliedern rekrutierten sich auch die Inhaber aller bedeutenden städtischen Ämter. Neben den örtlichen Tempelvorstehern, den Gildenoberen und Zunftmeistern und den Soberans der wichtigsten Familias des Stadtadels, verfügten auch die 10 Procuradores der einzelnen Puniner Stadtzehntel über einen Sitz im Hohen Rat, für die - zumindest theoretisch - jedweder Einwohner mit Bürgerrecht kandidieren konnte. In Wahrheit lag alle Macht in den Händen von etwa zwei Dutzend Patrizier- und Großbürgerfamilias, die ihre Pfründe eifersüchtig gegen jeglichen Parvenü, Emporkömmling und alle homines novi (bosp. "neue Leute") verteidigten. Vor allem die finanzielle und wirtschaftliche Macht des Hohen Rates war der almadanischen Krone seit langem ein Dorn im Auge, so daß Kaiser Hal II. die Unruhen nutzte, die nach den rätselhaften Morden an Städtkämmerer Riario von Bleichenwang und später an Ratsmeister Bodar Sfandini aufkamen, um den Rat abzuschaffen und ihn durch einen einzelnen Statthalter nach seinem Gusto zu ersetzen.
Die Stadtzehntel
Punin untergliedert sich in 10 Contraden oder Stadtzehntel, die allesamt eine unterschiedliche Bevölkerungsstruktur und auch Architektur aufweisen und die untereinander alte Rivalitäten pflegen, die besonders beim "Gilbornslauf", einem alljährlich stattfinden Pferderennen zum Gedenken an den Stadtheiligen, sehr deutlich zu Tage treten. Jedes Stadtzehntel feiert an diesem Tage für sich und ertränkt gegebenenfalls die eigene Niederlage in Unmengen von Wein. Nach Möglichkeit heiraten die Puniner auch nur innerhalb der eigenen Contrade oder zumindest nur innerhalb des eigenen Standes und Gewerbes. Ein weiteres Stadtzehntel (bzw. dann -elftel) ist gerade am gegenüberliegenden Yaquirufer auf der Schwanenhöh' in Planung - aber da das Gebiet vormals zur benachbarten Reichsbaronie Bosquirien gehörte und vom dortigen Baron Rolban di Quirod-Bosquiria an die Hesindekirche und den Draconiterorden verpachtet war, erwies sich der Erwerb als kostspielig. Außer der Sternwarte der Draconiter und dem Mautturm an der Kaiser-Raul-Brücke existiert Schwanenhöh' daher bislang nur auf dem Reißbrett der Baumeister.
Die existierenden Stadtzehntel von Punin sind im folgenden einzeln beschrieben:
DIE STADTZEHNTEL DER KAISERSTADT PUNIN