Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 29

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Mark Ragathsquell, 10. Tsa 1036 BF

Burg Harmamund, am frühen Nachmittag

Autor: von Scheffelstein

"Wie viele sind es?"

"Ein Dutzend, Euer Wohlgeboren."

"Ein Dutzend Reiter unter dem Banner des Fürsten?"

"Jawohl, Euer Wohlgeboren."

Morena Solivai von Harmamund knetete ihre Unterlippe mit zwei Fingern. Verdammt! Wieso schickte ihr Oheim jetzt noch Reiter? Ahnte er, dass sie seinen Brief zerrissen hatte? Hatte der Soberan der da Vanyas ihn kontaktiert und ihm mitgeteilt, seine Schwester sei noch nicht auf Quazzano eingetroffen, worum er sie, des Fürsten Nichte, ersucht habe?

Düster betrachtete sie ihren Condottiere und Vertrauten. "Wann werden sie hier sein."

Berengar di Cornimo zuckte mit den breiten Schultern. "In zwei Stunden?"

Morena ballte die Faust. Zu früh! Doch dann nickte sie entschlossen. "Sorgt dafür, dass unsere Ge... Gäste in spätestens einer halben Stunde auf dem Weg nach Quazzano sind. Capitana Silvana und fünf Mann als Bedeckung. Domna Belisetha soll einen warmen Mantel erhalten. Sorgt dafür, dass das Ross der Scheffelsteinerin eine Mähre ist, mit der sie auf keine dummen Ideen kommt. Nehmt ihre Waffe mit und lasst sie wissen, dass sie diese auf Quazzano zurück erhält."

Der Condottiere runzelte die Stirn. "Ihr wollt sie wirklich freilassen? Nach allem ..." Er begegnete Morenas Blick und nickte langsam. Ein spöttisches Grinsen legte sich um seine Mundwinkel. "Verstehe!"

"Sie sollen es glauben. Und der Fürst." Morena warf einen Blick aus dem Fenster auf den mit vereistem Schnee bedeckten Burghof. "In einer halben Stunde."

"Wenn ich fragen darf: Wie erklärt Ihr denen Euren plötzlichen Sinneswandel?"

Morena lächelte süffisant. "Mein lieber Berengar: Von welchem Sinneswandel sprecht Ihr?" Sie legte sich in einer theatralischen Geste die Hand auf die Brust. "Hat irgend jemand je etwas Anderes behauptet, als dass wir Domna Belisetha nach bestem Vermögen gesund pflegen und unter Geleitschutz nach Hause zurückzubringen gedachten?"

"Ich hab' nichts gehört", erklärte di Cornimo trocken.

"Ich schon", seufzte Morena. "Die Vanyadâlerin mal wieder."

Di Cornimo verzog keine Miene. "Wer würde die ernst nehmen?"

Einen Moment lang begegneten sich zwei dunkle Augenpaare.

"In einer halben Stunde werden sie aufbrechen", erklärte der Condottiere.

"Ob sie jemals dort ankommen?", fragte Morena in gespielter Sorge.

Di Cornimo zuckte mit den Schultern. "Der bosquirische Winter ist gefährlich." Grußlos verließ er den Raum.

"Das ist er", flüsterte Morena. "Und deshalb, liebster Onkel, habe ich den da Vanyas meine Leibgarde als Bedeckung mitgegeben. Was sonst hätte eine Frau tun können? Was sonst?"


Autor: von Scheffelstein

"Das ist eine Falle!", zischte Richeza von Scheffelstein y da Vanya. Rastlos schritt sie in der Kemenate auf und ab, blieb vor ihrer Großtante stehen, die nichts Besseres zu tun hatte, als vor dem Spiegel ihren Dutt zu richten, drehte sie zu sich herum und blickte der kaum größeren, aber deutlich älteren Frau eindringlich in die Augen. "Hört Ihr mir eigentlich zu? Das ist eine götterverdammte Falle."

"Na, na!", sagte die alte Junkerin tadelnd. "Was soll denn wohl geschehen sein, dass Domna Morena uns nun nach Quazzano geleiten lassen wird? Sie wird ein wenig mit dem Säbel gerasselt haben, und nun hat der Fürst ein Machtwort gesprochen, und ihr bleibt nichts Anderes übrig, als sich seinem Wort zu beugen."

"Der verfluchte Fürst ist ein götterver..."

"Richeza!"

"...dammter Harmamund!"

"Der Fürst", erwiderte die alte Hofdame und nahm Richezas Hände von ihren Schultern und zwoschen ihre knotigen Finger, "mag nicht immer auf der richtigen Seite gekämpft haben, aber immer für seine Überzeugungen, und ..."

"Ja, und vielleicht ist er überzeugt davon, dass es das Einfachste ist, die da Vanyas einfach aus dem Weg zu räumen!"

"... nicht zuletzt ist er mein Bruder."

Richeza lachte laut auf und schüttelte den Kopf. "Seid Ihr von Sinnen?", fragte sie ebenso respekt- wie fassungslos.

"Ich verbitte mir diesen Ton!", erklärte Belisetha verstimmt. "Er wird genau diese Tatsache nicht unbeachtet lassen!" Nicht zuletzt, da sie die einzige da Vanya war, die auf diesen Umstand immer wieder mahnend hingewiesen hatte. Selbst ihr Bruder, der Soberan des Hauses, sah die Ehe ihres Vaters mit Morena der Älteren von Harmamund als nicht rechtmäßig an, aus der Gwain und seine verstorbene Schwester Aldea hervorgegangen waren.

"Selbst wenn!", sagte Richeza. "Dann haben wir es hier mit Morena von Harmamund zu tun, nicht mit dem ... alten Gwain. Und selbst, wenn man für Euch noch ... Gnade walten ließe ... Für mich wird das nicht gelten. Mich will sie nur als Druckmittel, um Rifada in ihre Hände zu kriegen. Und wenn sie mich dafür umbringen muss!"

Belisetha betrachtete sie nachdenklich, schien zum ersten Mal in Erwägung zu ziehen, ob die Bedenken ihrer Großnichte vielleicht berechtigt wären. Schließlich tätschelte sie Richezas Wange. "Sei unverzagt, mein Kind! Wir sind in den Händen der jungen Harmamund, und es mag den Anschein haben, als stünde es nicht gut um uns. Aber mit der Götter Hilfe und dem rechten Vertrauen in ihre Gnade, wird uns kein Leid geschehen!"

Richeza schüttelte verzweifelt den Kopf, nicht wissend, ob sie lachen oder weinen sollte. "Ich habe noch nie auf die Götter gehofft, wenn ich mir selbst helfen konnte! Und wie gnädig haben sie sich wohl gezeigt in meinem Leben?" Sie schnaubte wütend.

"Versündige dich nicht!", mahnte Belisetha streng. "Ich weiß wohl um deine Schicksalsschläge. Doch bislang, scheint mir, haben die Zwölfe dir zugelächelt und dich stets vor dem Schlimmsten bewahrt!"

Richeza öffnete den Mund für eine wütende Entgegnung, schloss ihn wieder und wandte sich ab, wütend jetzt über die Tränen, die ihr schon wieder in die Augen traten. Wenn wahr wäre, was ihre Großtante behauptete, hieße das nichts Anderes, als dass sie froh sein solle für alles, was ihr widerfahren war, denn es hätte ja noch schlimmer kommen können. Trotzdem nahm sie ihren Mantel auf, zog sich die Handschuhe über, setzte sich in einen der Sessel vor dem Kamin, wartete. In einem allerdings hatte Belisetha recht: Mehr konnten sie nicht tun, als zu warten, zu hoffen. Vorerst.


Autor: Boraccio D'Altea

Am späten Nachmittag

Boraccio D'Altea zügelte seinen prächtigen Rappen und hob die Hand. Der Trupp Reiter, der ihm folgte, hielt ebenfalls an. In der Ferne waren bereits die Umrisse von Burg Harmamund auszumachen. Grübelnd betrachtete der Condottiere die Feste, dann wandte er sich dem Mercenario hinter sich zu. "Joss, du nimmst dir Simyana und zwei Mann und hälst dich versteckt. Falls wir angegriffen werden oder nicht zurück kehren, dann schick einen Boten nach Khahirios und sieh zu, ob du uns helfen kannst. Jacopo soll in diesem Fall mit allem, was er auf die Beine stellen kann, hier her marschieren!"

Der bärtige Söldner nickte. "Jawoll, Capitan! Rechnen wir denn mit Ärger?"

Der Aracener brummte "Die werte Domna scheint mir kampflustig zu sein, besser wir sind vorbereitet. Also los, auf in die Höhle des Löwen."

Einige Zeit später hatte sich die kleine Kolonne dem Tor der Burg genähert. "He da!" rief Boraccio. "Jemand zu Hause?"


Autor: von Scheffelstein

Das Tor der Burg war nicht verschlossen, die Wachen aber, die Boraccio D'Altea erwartet hatte, waren nicht zu sehen. Dafür herrschte geschäftiges Treiben im Burghof, und auf seinen Ruf hin ertönte ein Pfiff vom Torturm und ein lautes "Halt, wer da?". Gleichzeitig kamen zwei Gardisten aus dem Hof herbei gelaufen, um die Neuankämmlinge in Empfang zu nehmen. Boraccio schien es, als seien die Gardisten von seiner Ankunft überrascht worden. Ein Blick auf die Spuren im verharschten Schnee zeigte ihm, dass offensichtlich vor kurzer Zeit ein größerer Reitertrupp hier eingetroffen war. Ein weiterer Blick vorbei an den Gardisten, die wieder Posten bezogen hatten, ließ ihn das fürstliche Banner im Hof der Burg entdecken.

Die Gardisten warfen sich einen Blick zu und sahen dann zu dem berittenen Aracener auf. "Wer seid Ihr, und was wollt Ihr?", fragte der ältere misstrauisch.


Autor: Boraccio D'Altea

Boraccio mustere aufmerksam die Spuren und das fürstliche Banner im Hof und zog seine Schlüsse. Er beschloss die Anwesenheit fürstlicher Gesandter als eine positive Entwicklung zu sehen. Der Aracener richtete sich auf im Sattel seines imposanten Hengstes "Mein Name Boraccio D'Altea, Cronvogt zu Khahirios. Ich bin den weiten Weg gekommen um mit Euer Herrin Domna Morena Angelegenheiten dringlicher Art zu bereden. Wenn Ihr so freundlich wärt meine Ankunft zu melden?"


Autor: von Scheffelstein

Das Kerzenlicht ließ die blaue Seide schimmern. Ein Lilienmuster war in den teuren Stoff eingewebt. An den Ärmeln war das Kleid mit rotem Samt abgesetzt, am Kragen gar mit Goldbrokat und winzigen Almadinen. Wie stets gab Morena von Harmamund eine fürstliche Erscheinung ab.

Die Junkerin saß am Kopfende des Tisches unter dem Erkerfenster, den Blick auf die Gestechrüstung neben der Tür gerichtet. Die Tafel war üppig gedeckt mit Fleisch und Brot und Kohlpasteten, Bratäpfeln und reich in Öl angebratenem Gemüse.

Morena von Harmamund ließ sich Wein in einen silbernen Pokal einschenken und den Braten auf dem Teller zerlegen.

"Ihr seid also zurück", stellte sie fest, als Hernán von Aranjuez nach Ankündigung durch einen Lakaien den Rittersaal betrat. "Und wieder zur Vesper. Man könnte meinen, auf Aranjuez oder in Dubios seien die Speisen rar geworden, seit Ihr eine Dame im Hause habt." Ihre Lippen kräuselten sich, ihr Blick war ungerührt auf ihr Gegenüber gerichtet.

"Nun, dann setzt Euch auch diesmal", wies sie ihm mit dem Messer in der Hand einen Platz zu, "und lasst uns Brot und Salz und Öl und Wein teilen, und versucht auch das Reh, es wird Euch sicher munden."

Zweifellos war ihr nicht entgangen, in Begleitung wessen Soldaten er diesmal kam, aber sie schien nicht geneigt, ihn darauf anzusprechen.

Noch ehe der Dubianer Baron zu einer Antwort ansetzen konnte, trat der Lakai ein zweites Mal an seine Herrin heran und raunte ihr leise etwas zu. Diese runzelte daraufhin leicht die Stirn, nickte und winkte den Lakaien fort, der an dem Baron vorbei ging, um die Saaltür erneut zu öffnen.

"Hier geht es ja zu wie im Taubenschlag", kommentierte sie spöttisch, als die Gestalt des Khahirioser Cronvogts den Türrahmen ausfüllte.



Autor: Der Sinnreiche Junker

"Ich gehe dorthin, wo es meinem Fürsten gefällt mich hinzuschicken", lächelte der Condottiere schmal. "Wenn es ab und an nicht mit dem Schwert in der Hand wider wilde Ferkinas ist, sondern mit der Gabel gegen dies gebratene Reh ist, will ich über derlei Dienstplichten nicht Klage führen." Sprachs, und stieß die zweizinkige Gabel in das Stück Fleisch auf seinem Teller.

"Andererseits...", schürzte er vielsagend die Lippen, und wechselte mit den Augen zwischen dem aufgespießten und auf Mundhöhe gehaltenen Happen und der Gastgeberin gegenüber "...könnte man es auch als Entschädigung sehen, dass ich in dieser Tage Firunskälte scheinbar nichts Besseres zu tun habe, als zwischen hier und Ragath hin und her zu reiten. Erinnert mich beizeiten daran, dass mir die da Vanyas ein gleichermaßen oppulentes Mahl schuldig sind."

Im Gegensatz zur Junkerin war Hernán von Aranjuez geradezu schlicht angezogen. Und das lag ausnahmsweise weniger am von ihm seit jeher bevorzugten Schwarz, sondern dass er ob der vielen Meilen der letzten Tage zwar frische, aber doch offensichtlich eher für die Reise denn fürs Bankett ausgelegte Kleidung trug.

Vor weiteren Erörterungen dieser Art jedoch wurden sie vom eingetretenen Diener unterbrochen, sodass der Baron und Junker seine Gabel wieder sinken ließ, und ebenfalls das Haupt in Richtung des Eintretenden wandte.