Chronik.Ereignis1036 Mescher Trubel 01
Gräflich Agum, Travia 1036 BF
Heerrat in Agum
Autor: Sindelsaum
Shahane Al'Kasim war ob der vielen Anwesenden Adligen und Hauptleuten die Freude ins Gesicht geschrieben. Es war lange her gewesen das sich derart viele Bewaffnete unter ihrem Kommando eingefunden hatte. Jahr um Jahr hatte sie verzweifelt für ihre Grafschaft gekämpft und hatte dabei doch gewusst das sie auf verlorenem Posten gestanden hatte. Mal um Mal war sie zurückgedrängt worden. Nur hier in Agum hatte sie sich halten können. Von hier aus unternahm sie mit ihren Reitern immer wieder Versuche die umtriebigen Taifados der Südpforte zur Strecke zu Bringen. Viel Erfolg war ihr dabei bisher nicht gegönnt gewesen, doch dies sollte sich nun ändern. Während Gerone vom Berg auf Dâl marschierte, hatte sie es sich zum Ziel gesetzt die Baronie Mesch zu befrieden. Über die vergangenen Monde hatten ihre Leute unermüdlich Informationen gesammelt und so hatte sie ein gutes Bild von der Lage vor Ort. Da war ihr gerade Recht das sich vor wenigen Wochen der rechtmäßige Erbe der Baronie Aquitanyo Rahjian von Mesch bei ihr eingefunden hatte. Über die Qualität seines Anspruches war sie sich bisher noch nicht völlig sicher, aber er würde ihr von Nutzen sein. Die einfachen Bauern würden sich ihr leichter unterwerfen wenn der Erbe ihres alten Barons an ihrer Seite ritt.
Nachdem Shahane jeden der Anwesenden einzeln begrüßt hatte kam sie gleich zur Sache.
„Meine Späher haben über die letzten Wochen zahlreiche Informationen über die Stärke unserer Feinde gesammelt. Das Castillo San Iñiago ist der Hauptsitz der Goblins unter Raganishu von Pilzenklamm. Meine Späher schätzen seine Hauptstreitmacht auf insgesamt zweihundertfünfzig Goblins. Eine beachtliche Zahl, doch bleibt natürlich zu bedenken, dass es sich nur um feige Rotpelze handelt. Durch die Erfolge der vergangenen Jahre sind sie jedoch dreist geworden und werden es vielleicht auf einen offenen Kampf ankommen lassen wenn wir schwächer wirken als wir sind. Neben den Rotpelzen gibt es aber noch weitere Taifados in Mesch.
Haricella von Eslamsbach ist rechtmäßige Junkerin und Herrin über die kleine Burg Eslamsbach im Südwesten der Baronie. Sie verfügt über zwanzig Bewaffnete und die Goblins halten sich von ihren Ländereien fern. Meine Späher vermuten, dass sie Tribut an die Goblins entrichtet. Von ihr dürfte keine Gefahr ausgehen, auch wenn es sich um eine Kollaborateurin handelt so wird sie uns doch zumindest nicht bekämpfen. Im äußersten Süden der Baronie hat sich eine große Bande entlaufener Fellachen unter Falador aus Dâl gesammelt. Sie haben den Gutshof El Mojal leidlich befestigt. Die Bande umfasst etwa hundert entlaufene Hörige, doch viele von ihnen werden nicht kämpfen können. Sie pressen von El Mojal aus die umliegenden Dörfer und Höfe aus und auch sie haben wohl eine Abmachung mit den Goblins gefunden. In den letzten Wochen sind sie aber immer wieder stark von einer Bande Mercenarios unter einem gewissen Gorfar Haro bedrängt worden. Diese neue Gruppe Mercenarios ist größtenteils beritten und unternimmt vom alten Junkersitz Loredo immer wieder weite Raubritte. Die Burg Loredoblick ist die zweitgrößte der Baronie und strategisch bedeutsam im Grenzgebiet zwischen Culming, Mesch und Phexhilf gelegen. Was aus den ehemaligen Junkern geworden ist wissen wir nicht, doch wir müssen mit dem schlimmsten rechnen.
Die Hauptgefahr geht also von den Goblins im Norden und Zentrum der Baronie aus. Unser Hauptstoß wird daher nach Castillo San Iñiago zielen. Von Agum aus sind das zwei Tage Marsch auf schlechten Straßen. Es gibt keine natürlichen Hindernisse, aber viel Wald, so das wir jederzeit mit einem Hinterhalt der Rotpelze rechnen müssten. Es steht zu vermuten das sich die Goblins nicht in San Iñiago verschanzen werden, sondern uns bereits auf dem Anmarschweg angreifen werden.
Ich habe Gerüchte streuen lassen das mein Heer nur hundertfünfzig Streiter umfasst, da der Rest des Heeres in Dâl kämpft. Es bleibt daher zu hoffen das sich die Goblins zum Kampf stellen werden. Wir werden also mit dem gesamten Heer und unter äußerster Wachsamkeit den Weg nach San Iñiago heraufziehen. Wir werden eine starke Vorhut ein kleines Stück vor dem restlichen Heer voraussenden um mögliche Hinterhalte rechtzeitig zu erkennen. Ich selbst werde mit den berittenen Truppen die Spitze des Hauptheeres bilden und der Vorhut bei Bedarf schnell zur Hilfe zu eilen. Auf lange Belagerungen und langwierige Scharmützel können wir es nicht ankommen lassen, denn schließlich ist bereits Travia. Wir müssen also alles daran setzen schnell und hart zuzuschlagen und zur Not auch mit List zu agieren. Für denjenigen der den Goblin Raganishu erschlägt lobe ich das Schwert meines ehrwürdigen Vorfahrens Ruban Al'Kasim aus. Er fand in der Schlacht von Yrosien einst den Heldentod."
Autor: Lindholz
Rahjeïs riss überrascht die Augen auf. Was für ein großzügiges Geschenk die Gräfin in Aussicht stellte! An sie, als leidliche Schwertkämpferin, war es zwar geradzu verschwendet; doch sollte es das Schicksal so fügen, dass Ihr dieser Raganishu in der Schlacht begegnete und die Götter mit ihr waren, würde sie sicher nicht zögern, diese Ehre anzunehmen.
"Euer Hochwohlgeboren, ich bitte Euch, mir und meinen Truppen die Aufgabe anzuvertrauen, die Vorhut zu bilden!", verkündete die junge Kriegerin, nachdem sie sich erhoben hatte.
Shahane Al'Kasim nickte zustimmend: "Möge Rondra Euch treu zur Seite stehen, Caballera. Schärft Euren Truppen ein, den Gegner schnell und ohne Rücksicht zu beseitigen. Glaubt mir, diese Tiere verdienen keine Gnade und werden Euch Milde nur mit Heimtücke vergelten. Die Wälder hier sind ihnen bekannt und wenn es genügend der Rotpelze schaffen, sich in ihnen zu verbergen, werden wir dieser Plage vielleicht nie Herr."
Die junge Frau musste schlucken, doch Domna Shahane, die versierte Kämpin, hatte zweifelsohne Erfahrung in diesen Belangen, während sie selbst kaum vertraut mit großen Schlachten war.
Die Augen der kampfgestählten Gräfin blitzten voll ungezügeltem Kampfeseifer. Kaum zu glauben, dass dies die gleiche Frau war, die bei Rahjeïs Ankunft in Agum noch so ausgelaugt und müde gewirkt hat. Wie sie jetzt im Kreise ihres Stabes stand, konnte man die große, charismatische Anführerin erkennen, die einst das Vertrauen so vieler auf sich zu ziehen vermocht hatte!
Mit einer Verbeugung signalisierte Rahjeïs von Lindholz ihre Zustimmung. Für ihre mannstarke, jedoch unerfahrenen Glevner war dies genau die richtige Obliegenheit, um sich in der Schlacht zu beweisen. Blieb nur zu hoffen das sie im Angesichts eines feindlichen Hinterhalt standhielten.
"Mit Eurer Zustimmung würde ich mich der Dame Rahjeïs mit meinen Truppen anschließen, Euer Hochwohlgeboren", ergänzte Erlan von Sindelsaum mit dunkler, ruhiger Stimme.
Rahjeïs blickte zu dem koscher Baron hinüber, dessen Anwesenheit wohl größtenteils dem Wirken ihres Soberans zu verdanken war. Der bärtige Mann mit den braunen Haaren machte einen zuverlässigen und freundlichen Eindruck. Dennoch war auch er nicht ohne Hintergedanken hier. Ob Aquitanio von Mesch wohl ahnte, dass die Unterstützung, die man ihm angedeihen ließ, mit einem Preis verbunden war? Rahjeïs wünschte sich, dass wenigstens sie dem jungen Mann, wie es die Ritterlichkeit gebot, ohne jeden Eigennutz zur Hilfe gekommen wäre, doch auch für die junge Caballera waren die kommenden Schlachten mit Selbstsucht durchsetzt. Nicetos von Lindholz stand ihr immer noch skeptisch gegenüber und so hing auch ihre Zukunft innerhalb der Familia vom Ausgang der kommenden Ereignisse ab.
Ihr Soberan hatte Pläne mit Mesch, doch die Anwesenheit eines Erben des verschiedenen Dom Obidos, war von ihm nicht vorhergesehen worden. Nun war es an ihr, den jungen Mann auf ihre Seite zu bringen. Das würde nicht ganz einfach werden, wenn er in der Nähe der Gräfin blieb. 'Wie schön wäre es, wenn es Dom Aquitanio vergönnt wäre, auf dem Land seiner Vorfahren die Klinge des Ruban Al'Kasim zu erringen' dachte Rahjeïs bei sich.
Autor: Sindelsaum
Es war noch früh am Morgen als sich die Sindelsaumer Truppen zum Abmarsch bereit machten. Erlan hatte es sich vor langer Zeit zur Gewohnheit gemacht den Tag in aller Frühe zu beginnen und so hatten sich seine Leute bereits bei Sonnenaufgang daran gemacht das Lager abzubrechen. Erlan selbst war mit einer leichten Platte gerüstet und stand neben Larona von Bardostein und Barthalm von Rohenforsten. Seine Begleiter hätten unterschiedlicher nicht sein können. Die eine war eine junge, nicht direkt unansehnliche, Ritterin, die noch immer darauf brannte sich zu beweisen. Der andere hingegen war ein einäugiger Veteran vieler Schlachten. Barthalm lehnte sich fast völlig entspannt auf seine mannlange Streitaxt, während Larona stolz das Banner des Hauses Sindelsaum führte. Mit dem Tross würden die drei Ritter auf ihre Pferde zurücklassen, denn Erlan war nicht besonders wild darauf in einem Hinterhalt als leichtes Ziel aus dem Sattel geschossen zu werden. Erlan prüfte kurz den Sitz des Panzerhandschuhs und steckte ihn dann zurück an den Gürtel. Den würde er noch früh genug brauchen. Über die Gründe für seine Anwesenheit hier im Feldlager der Grafschaft Südpforte machte er sich keine falschen Vorstellungen. Er und seine Waffenknechte waren eine Art vorgezogene Mitgift für seinen Sohn Ambros. 1038 würde Ambros zum Ritter geschlagen und am gleichen Tag Lianna von Lindholz heiraten. Die Familie Lindholz würde sich dann um seinen Lebensunterhalt kümmern und hatten dafür das fette Junkergut Loredo in Mesch im Visier. Das musste allerdings erst einmal befreit werden und deswegen war er hier. Er war nicht gerade glücklich darüber nun auch noch gegen Horden von Goblins zu kämpfen, aber eine große Wahl blieb ihm wohl nicht. Ein kurzer Blick genügte um ihm zu zeigen das sich dreißig seiner Waffenknechte hinter ihm versammelt hatten. Die übrigen würden beim Tross bleiben. Schon gesellte sich eine Gruppe Späher Shahanes zu ihnen, die ihnen den Weg zeigen sollten. Wenn Shahane Wort gehalten hatte dann hatte sie den Weg gründlich auskundschaften lassen.
Erlan wurde durch den Klang von gerüsteten Kämpfern aus seinen Gedanken geschreckt. Rahjeïs von Lindholz marschierte mit ihren Kämpfer heran. Die junge Adlige war nicht unansehnlich anzusehen stellte Erlan fest, doch schien sie kaum über zwanzig Götterläufe zu zählen. „Schau an sie schicken uns mit einem Kücken in die Schlacht.“ Stellte Barthalm fest, dann bemerkte er den Pailos den die junge Kriegerin in der Hand führte. „Was will sie den damit?“ „Dir eine Lektion in gutem Benehmen verpassen?“ warf Larona sarkastisch ein. „Ruhe jetzt.“ Rief Erlan seine Ritter zur Ordnung.
„Guten Morgen Wohlgeboren.“ Rief er in Richtung Rahjeïs „Sucht eure dreißig besten Kämpfer aus und schickt den Rest zum Hauptheer. Wir wollen ja das sich die Goblins aus ihren Verstecken herauswagen.“ Dabei grinste er schief, denn eigentlich wäre es ihm gar nicht Unrecht wenn es zu keinem Kampf kommen sollte.
Autor: Lindholz
Rahjeïs von Lindholz begrüßte den Baron von Sindelsaum und dachte einen Augenblick nach. Dann nannte sie dem Begleiter zu ihrer Linken - einem hochgewachsenem Mann namens Espejo, der mit den gewellten, pechschwarzen Haaren und der bronzefarbenen Haut Klein-Alriks Bild eines Almadaners schon sehr nahe kam - die Kämpfer, die sie in der Vorhut zu sehen wünschte. Sie wusste nicht die Namen von allen ihr Untergebenen, doch musste sie ja nur solche nennen, die ihr schon zuvor durch gute Leistungen ins Auge gefallen waren. Zudem bestimmte sie die meisten der erfahreneren Männer und Frauen an ihre Seite, die zu den Haustruppen derer von Lindholz zählten und für die neu gebildete Miliz in den letzten Monden als Ausbilder fungiert hatten. Vier Veteranen beließ sie jedoch beim lindholzer Hauptrupp, damit dieser sich nicht sämtlicher bewährten Leute beraubt sah. Espejo salutierte knapp und wandte sich dann ab, um die Soldaten entsprechend einzuteilen.
Während sich hinter ihr langsam zwei Einheiten aus der Schar aus Glevnern herausbildeten, stellte Rahjeïs von Lindholz ihre beiden verbliebenen Begleiter vor: "Dies sind Gilion und Delayar aus dem Lindholzer Forst. Sie sind in den Wäldern des Yaquirtals aufgewachsen und werden sich den gräflichen Spähern anschließen, um uns zu unterstützen. Ich verspreche mir viel von ihren scharfen Sinnen." Die Vorgestellten, im Gegensatz zu Espejo wohl kaum älter als ihre Befehlshaberin, verbeugten sich knapp vor den anwesenden Adligen. Weißblondes Haar, tannengrüne Augen - die Verwandschaft der beiden war kaum zu übersehen. Sie trugen Lederrüstungen und waren mit Bögen und Degen bewaffnet. Bei dem Anblick kam Erlan von Sindelsaum die Frage in den Sinn, ob sich die junge Anführerin nur gerne mit Männern umgab, die hübsch anzusehen waren, oder ob sich auch so etwas wie Eignung hinter den rahjagefälligen Zügen verbarg. Wie man hörte, spielten Äußerlichkeiten in der Akademie zu Rethis, an der die Caballera ihre Ausbildung absolviert hatte, durchaus eine Rolle. Wenigstens deuten die leicht spitzen Ohren darauf hin, dass an der unterstellten Sinnesschärfe etwas dran sein könnte.