Gruben von Dorgrasch
Die Gruben von Deokrath sind eine der größten baulichen Meisterleistungen von Almada,
wiewohl sie keines Menschen Auge jemals erblickt hat und obgleich man sie allenfalls aus Legenden oder vom Hörensagen her kennt.
Sie erstrecken sich unterderisch unter den Baronien Bangour und Braast bis hinauf in den nordmärkischen Teil des Eisenwaldes über eine Stollenlänge von insgesamt 112 Meilen (!), so daß selbst die größten menschlichen Tunnelbauten wie die Kanalisation von Punin oder das Labyrinth der Magierakademie daneben nur wie lachhafte Mäusebauten wirken.
Für die Menschen, insbesondere für die außerhalb der Waldwacht, gelten die Gruben von Deokrath als Inbegriff, Hort und Ursprung des sagenumwobenen zwergischen Reichtums. "Denkst Du, ich komme aus den Gruben von Deokrath?" ist die almadanische Entsprechung von "Sehe ich vielleicht aus wie Stoerrebrandt?" - wer einmal dort war, verfügt hernach über unermesslichen Reichtum.
Von Gold, Silber, Bronze und Platin bis hin zu Alaun, Emeralden und Almadinen wird dort nach des Landvolks abergläubischer Vorstellung alles in mühevollem Tagwerk aus dem Fels gebrochen und gehauen, was unermeßlich kostbar, wertvoll und teuer ist.
Die Amboßzwerge selbst runzeln die Stirne, wenn ihnen derartige Phantastereien zu Ohren kommen. Für sie sind die Deokrather Gruben bloß eine von insgesamt über 30 Minen auf dem Gebiet der Waldwacht - wenn auch eine recht alte, traditionsreiche und nach wie vor ergiebige. Obschon hier tatsächlich - alle paar hundert Jahre einmal - auch schon Goldvorkommen in kleinen Mengen gefunden wurden, sind die Gruben für sie in erster Linie eine Bronze-Mine. Bronze gilt ihnen viel weniger als den Menschen als Edelmetall und Zahlungsmittel, sondern in erster Linie als nützliches, gut form- und schmiedebares Gebrauchsmetall aus dem die Angroschim Gegenstände des täglichen Bedarfs wie Essgeschirr, Töpfe, Pfannen, Fackelhalter und Werkzeug, aber auch Signalgongs, Schmuck, sowie Waffen und Rüstungen anfertigen. Aus den Deokrather Minen fördern die Amboßzwerge jahrein jahraus mehr als 100 Stein Bronze.
Die Gruben von Deokrath entstanden vor über 8000 Jahren und werden bis heute immer weiter ausgebaut und verzweigt. Sie verfügen nicht über einen einzigen Eingang, nach dem schon ganze Generationen menschlicher Schatzsucher und Glücksritter suchten und für dessen Kenntnis sie sofort bereit wären, ihre Seele zu verpfänden, sondern in Wahrheit über deren viele, da die Deokrather Gruben über Verbindungsstollen mit anderen Minen und zwergischen Siedlungen im Herzen des Eisenwaldes verbunden sind. So soll zum Beispiel ein dutzende Meilen langer Stollen bis zu den genauso sagenumwobenen Pforten von Isnatosch führen - einem titanischen, über 100 Quader schweren unterderischen Bronzetor, das die Grenze zum Reich der Erzzwerge und dem Volk des Bergkönigs Fargol, Sohn des Fanderam, markiert.
Obwohl erwähntermaßen mehrere Eingänge zu den Gruben von Deokrath existieren, liegen sie allesamt verborgen und in den den Menschen verbotenen Bereichen des Gebirges. Sie werden von Gardisten des Bergkönigs bewacht, da hier häufig die in der Mine arbeitenden zwergischen Bergleute ans Tageslicht kommen, um Schutt, Geröll und Abraum fortzuschaffen. Wie jeder Zwerg, aber kaum ein Mensch weiß, entstand der riesige, heute fast 850 Schritt hohe Berg Rebzacke auf ebendiese Weise. Sein zwergischer Name Toggatatsch, was im Rogolan schlicht soviel wie "Abraumhalde" bedeutet, verrät schon, daß er nicht auf natürliche Art und Weise entstanden ist. Er besteht aus den gigantischen Mengen an Schutt und Abraum, den die Zwerge in den letzten 8000 Götterläufen aus den Gruben von Deokrath herausgekarrt haben. Inzwischen ist der Berg längst begrünt und wie die anderen Gipfel in der Umgebung untenherum mit Nadelwald bewachsen. An seiner Westflanke liegt auf halber Höhe sogar ein kleines Holzfäller-Dorf - eine der wenigen Dorfschaften in der ganzen Waldwacht, in der sich kein einziger Angroschim niedergelassen hat, denn jedem Zwerg wird schon am Geruch der Steine klar, daß er gewissermaßen auf einem großen Abfallhaufen steht.
Selbst wenn es einmal menschlichen Glücksrittern gelingen sollte, einen der Eingänge zu den Deokrather Gruben zu entdecken, so wäre ihre Freude nur von kurzer Dauer, denn die Gruben führen inzwischen fast 500 Schritt tief in Sumus Leib. Neben der in der Tiefe immer mehr zunehmenden Hitze treten an vielen Stellen giftige Erdgase aus, die die Angroschim nicht zu beeinträchtigen scheinen, die bei Menschen (oder gar Elfen) aber innerhalb weniger Stunden zu einem qualvollen Tod führen würden. Zum Leidwesen der Amboßzwerge gibt es aber noch andere Völker denen die giftigen Gase nichts weiter anhaben können und vor allem wegen ihnen, werden die Grubeneingänge so stark bewacht. Neben verfemten Klanarodoschs, also clan- und bruderlosen Gesellen, die aus dem Volk der Amboßzwerge ausgestoßen wurden, sind dies in erster Linie die Wühlschrate und die Grolme. Während die Wühlschrate als nur mäßig intelligente Wesensheiten von Natur aus triebbedingt Stollen graben, die planlos kreuz und quer verlaufen und damit auch die ausgeklügelste Statik zwergischer Gangsysteme zum Einsturz bringen können, dringen die Feilscher oder Grolme ganz bewußt in zwergische Minen ein, um Edelmetall zu stehlen und es anderswo teuer zu verkaufen.
Entgegen einem anderen Irrglauben, der bei den Menschen über die Zwerge der Waldwacht und ihre Minen im Schwange ist, arbeiten keineswegs alle Amboßzwerge die meiste Zeit in ihren Stollen und Minen, sondern es gibt auch unter ihnen Bergleute, die hierin besser sind als alle anderen. Diese arbeiten oft im Sippenverbund oder sogar als ganzer Clan in einem räumlich begrenzten (nämlich vom Rogmarok an sie verpachteten) Teilabschnitt der Gruben und das Auskommen dieser Sippe hängt ganz vom rechten Gespür ihres Anführers ab. Wer ein schlechter Erzsucher ist, der taugt in den Augen der Angroschim generell nicht viel und in ihrem Dünkel und Konkurrenzverhalten untereinander unterscheiden sie sich nicht allzu sehr von den Menschen.