Chronik.Ereignis1033 Feldzug Khahirios 01
Khahirios, 13. Praios1033 BF, vormittags
Arbeitszimmer der Vogts
Autor: Boraccio D'Altea
Das ehemalige Arbeitszimmer der Kronvogtin Olenga glich einem Bienenstock. Schreiber, Diener, Soldaten, Söldner ... sie alle gingen hektisch ein und aus, brachten Botschaften, Nachrichten und nehmen neue Befehle wieder mit hinaus. Im Zentrum dieses Treiben stand ein Schreibtisch, an dem Boraccio D'Altea Platz genommen hatte und nun das Chaos um ihn herum steuerte. Während er einen Boten anhörte und neue Anweisungen für ihn diktierte und unterschrieb diskutierten die Wartenden die aktuellen Ereignisse. Gerade unterzeichnete er einen Erlass, als das Murmeln um ihn herum plötzlich verstummte. Verwundert sah der Junker von Aracena von dem Pergament vor ihm auf. Die Menschenmenge vor ihm begann sich schweigend zu teilen und die Anwesenden senkten ehrerbietig den Kopf. Boraccio spähte neugierig in Richtung Tür, um den Grund für dieses merkwürdige Verhalten herauszufinden.
Eine zierliche Frau im grauen Wappenrock und Umhang betrat den Raum. Auf ihrer Brust prangten schwarze Schwingen und das Boronsrad. Auch wenn die schwarze Rüstung den größten Teil des Körpers verdeckte, so war ihre außergewöhnliche Schönheit doch unverkennbar.
"Antara!" keuchte er verwundert. Der Junker sprang von seinem Stuhl auf und das erste Mal seit Tagen war ein Lächeln auf seinem Gesicht zu sehen. "Wir machen nach dem Mittagessen weiter!" verkündete er knapp aber bestimmt und das Zimmer begann sich zu leeren. "Bringt Wein und eine Stärkung für Ihre Gnaden!" wies der Junker noch einen Diener an. Ungeduldig wartete er, bis alle bis auf die Boroni den Raum verlassen hatte und die Tür geschlossen wurde. Mit zwei schnellen Schritten stürmte er hinter seinem Schreibtisch hervor, legte Arme um die Boroni, hob sie ein kleines Stück vom Boden hoch und drehte sich um die eigene Achse, bevor er sie wieder absetzte.
Der ernste Gesichtsausdruck der Golgartin schmolz dahin wie Wachs in der Mittagssonne und sie lachte laut auf. "Wie gut, daß ich gerüstet bin, sonst würdest Du mich glatt erdrücken, Bruderherz!" "Ah ... nun, Du wirst Deinem alten Bruder doch die kleine Freude gönnen. Er hat in der letzten Zeit nur wenig, an dem er sich erfreuen kann." "Ja" entgegnete die Ordenskriegerin, "ich hörte bereits davon. Ich bin auf der Rückreise vom Puniner Tempel, wo ich einen wichtigen Auftrag für Komtur Lüdegast zu erledigen hatte und schon vor Ragath befand sich alles in hellem Aufruhr. Ich wollte sowieso vorbei kommen und sehen, wie es Mutter noch geht. Als ich hörte, daß Du hier in Khahirios ein Heer versammelst, bin ich so schnell geritten wie ich konnte."
Boraccios Mine war wieder wie versteinert. "Ich weiß nicht, was Du bereits gehört hast, aber es steht tatsächlich schlimm um den Osten." Eine Dienerin hatte unauffällig eine Karaffe mit rotem Wein und Tablett mit etwas Brot, Schinken, Käse und Trauben herein gebracht und auf den Tische gestellt. "Setz Dich doch erstmal, Antara." sagte Boraccio, während er die Weingläser füllte. "Ein guter Roter aus dem Amhallassih. Auch wenn unser sogenannter Kaiser das Land an die Heiden verschenken will als Morgengabe an seine Metze, die zu heiraten er wohl offensichtlich für wichtiger hält als sein Volk zu schützen. Aber ich schweife ab." Er lächelte wieder kurz, als er mit seiner Schwester anstieß, schaute aber sofort wieder grimmig drein. "Wie es Mutter geht, weiß ich nicht. Ich wollte sie eigentlich nach Norden zu Base Tsaiana schicken, aber Du kennst sie ja ... bis sie sich zu einer Reise durchringen kann vergehen Wochen. Und nun sind die blutsaufenden Barbaren aus den Bergen herab gekommen. Aracena ist belagert, die Dörfer ringsum sind geplündert. Wer nicht erffertwärts fliehen konnte wurde von den Wilden entweder erschlagen oder verschleppt. Aus Kornhammer wird das gleiche berichtet. Dom Hesindian hat sich verschanzt und hofft auf Hilfe. Aber soviel Zeit bleibt uns nicht. Ich habe jeden Mercenario, den ich finden konnte, unter Sold genommen und an Landwehr ausgehoben, was uns noch geblieben ist. Morgen marschieren wir los, in drei Kolonnen. Eine im Norden, eine Süden und ich marschiere im Zentrum mit der Hauptstreitmacht. Wir treiben die Heiden zurück in die verdammten Berge und wen wir von ihnen habhaft werden soll meinen Zorn zu spüren bekommen!"
Die Golgaritin sah dem Junker in die Augen. "Der Herr weiß meine Schritte offensichtlich wohl zu lenken. Mir scheint, daß Golgari bald schon sehr beschäftigt sein wird. Ich komme mit Dir!" Boraccios Gesichtsausdruck schwankte zwischen Freude und Trauer. "Da muss es erst soweit kommen, damit wir wieder vereint sind."
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