Chronik.Ereignis1036 Mescher Trubel 04: Unterschied zwischen den Versionen

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Keuchend zog sich Rahjeïs weiter durch den engen Kanal. Stück für Stück ging es, auf den linken Arm gestützt, voran. Vor sich ertastete sie die Sohlen von Laronas Stiefeln. Die Ritterin aus dem Norden bewegte sich nicht weiter. "Gitter", flüsterte sie nach hinten. Zum zweiten Mal. Und wieder hörte die Caballera, wie sich ihre Gefährtin mit dem Hindernis in ihrem Weg abmühte. Hoffentlich war dies endlich das Ende der Wasserleitung! Der nasskalte Schlamm hatte ihr mit jedem kleinen Stück, das sie vorankamen, weiter die Bluse und die Hose durchnässt. Die Kälte ließ sie erschauern, schlimmer war jedoch die bedrückende Enge, die sie umgab. Zwar konnte sie immer weniger von ihrer Umgebung erkennen, je weiter sie in den schmalen Gang eindrangen, aber das Geräusch ihres Atem schien sich nur weniger Finger neben ihrem Kopf zu brechen. Eine kaum erträgliche Angst vor dem Ersticken ließ ihr das Atmen schwer werden. 'Oh ihr Götter, lasst mich hier nicht verenden, wie eine Ratte in den Abwasserkanälen von Punin!', flehte sie stumm. Noch immer konnte sie kein Licht vor sich sehen, aber das musste nichts bedeuten, wenn Gonzalo recht behielt. Selbst er hatte nichts von der Existenz dieses künstlichen Zuflusses gewusst, doch kümmerten sich die Hausangestellten auch stets darum, Wasser aus der Zisterne unter dem Palas der Burg zu holen und weder er noch der Junker hatten sich je darum geschert, woher das lebensnotwendige Nass überhaupt stammte, solange es wohlschmeckend und ausreichend vorhanden war. Eine Nachlässigkeit, die den angreifenden Truppen nun zu Gute kam: Die Gitter, die den Weg versperrten, waren wohl nach dem Bau der Anlage niemals erneuert worden und wurden nur durch Rost und Gewohnheit an ihrem Platz gehalten. Rahjeïs vernahm ein leises Klirren vor sich als Larona den ersten Eisenstab vor ihnen aus der Verankerung gerüttelt hatte. Bald würde es weitergehen. Um ihre Nerven zu besänftigen, lauschte sie auf das Kratzen vor sich - und hätte beinahe laut aufgeschrien, als etwas über ihre Beine huschte. 'Delayar. Es ist nur Delayar.' beruhigte sie sich. Für diesen Schreck hätte sie den Halbelf den Kopf abreißen können, würde sie nicht in einem engen Loch verstecken, dass es ihr kaum erlaubte, den Arm zu bewegen! Freilich war sie auch dankbar, dass es ihm seine Zauberei ermöglichte, sie zu begleiten, aber in  seiner tierischen Gestalt schien der sonst so ruhige Delayar nur zum Teil Herr seiner selbst zu sein und Neugier und Spieltrieb ließen ihn hinter ihr hin und her trappeln. Zumindest waren Larona und sie so nicht völlig alleine: Zwar befanden sich unter den Belagerern noch weitere Frauen, aber keine sonst erschien ihnen schmal, geschickt und geeignet genug für ihr Unterfangen. Gilion, dessen Verbindung zu den astralen Kräften stärker war, wäre sicherlich auch eine Hilfe gewesen - hatten viele Truppen Magier in ihren Reihen, waren die beiden Halbelfen das einzige an astralen Möglichkeiten, was ihnen zur Verfügung stand - doch dieser hatte erklärt, dass sein anderes ich nicht geeignet wäre, ihnen durch den Kanal zu folgen. Rahjeïs wusste nicht, ob dies der Wahrheit entsprach oder ob er bereits dieser kriegerischen Auseinandersetzung müde war; manchmal fragte sie sich, ob der jüngere der beiden Brüder jemals die heimischen Wälder verlassen hätte, wenn die Neugier Delayar nicht fortgezogen hätte, aber sie gab sich mit der Erklärung zufrieden.
Keuchend zog sich Rahjeïs weiter durch den engen Kanal. Stück für Stück ging es, auf den linken Arm gestützt, voran. Vor sich ertastete sie die Sohlen von Laronas Stiefeln. Die Ritterin aus dem Norden bewegte sich nicht weiter. "Gitter", flüsterte sie nach hinten. Zum zweiten Mal. Und wieder hörte die Caballera, wie sich ihre Gefährtin mit dem Hindernis in ihrem Weg abmühte. Hoffentlich war dies endlich das Ende der Wasserleitung! Der nasskalte Schlamm hatte ihr mit jedem kleinen Stück, das sie vorankamen, weiter die Bluse und die Hose durchnässt. Die Kälte ließ sie erschauern, schlimmer war jedoch die bedrückende Enge, die sie umgab. Zwar konnte sie immer weniger von ihrer Umgebung erkennen, je weiter sie in den schmalen Gang eindrangen, aber das Geräusch ihres Atem schien sich nur weniger Finger neben ihrem Kopf zu brechen. Eine kaum erträgliche Angst vor dem Ersticken ließ ihr das Atmen schwer werden. 'Oh ihr Götter, lasst mich hier nicht verenden, wie eine Ratte in den Abwasserkanälen von Punin!', flehte sie stumm. Noch immer konnte sie kein Licht vor sich sehen, aber das musste nichts bedeuten, wenn Gonzalo recht behielt. Selbst er hatte nichts von der Existenz dieses künstlichen Zuflusses gewusst, doch kümmerten sich die Hausangestellten auch stets darum, Wasser aus der Zisterne unter dem Palas der Burg zu holen und weder er noch der Junker hatten sich je darum geschert, woher das lebensnotwendige Nass überhaupt stammte, solange es wohlschmeckend und ausreichend vorhanden war. Eine Nachlässigkeit, die den angreifenden Truppen nun zu Gute kam: Die Gitter, die den Weg versperrten, waren wohl nach dem Bau der Anlage niemals erneuert worden und wurden nur durch Rost und Gewohnheit an ihrem Platz gehalten.  


Schließlich hatte Larona ihre kräftezehrendes Werk verrichtet und schob sich weiter voran. Rahjeïs folgte ihr auf dem Fuße. Es dauerte nicht lange, dann hörte sie das Platschen von Wasser und kurz darauf erreichte auch sie das Ende des Tunnels. Ihre Hände ertasteten eine abgeschliffene Kante und eine Hand breit darunter Wasser. Langsam ließ sie sich in das kalte Nass gleiten, eine Hand immer am Rande des Wasserkanals; schließlich wusste sie nicht, wie tief das Becken hinunterreichte. Dichtes, feuchtes Haar strich über ihren Handrücken und ein weiteres Platschen war zu hören, als ein ungeduldiger Fischerotter sich den Weg in sein Lieblingselement suchte. Zu Rahjeïs Erleichterung stießen ihre Füße bald auf Grund und als sie sich aufrichtete, konnte sie feststellen, dass ihr das Wasser in der Zisterne nur bis wenige Finger über den Bauchnabel reichte. Eine Weile hoffte die Lindholzer Caballera noch, dass sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnen würden, doch diese blieb genau so undurchdringlich, wie sie es von Anfang an war: Das spärliche Licht vom See drang nicht bis hierher und entweder lag der umgebende Raum vollständig unterderisch oder niemand hatte sich beim Bau die Mühe gemacht, Fensteröffnungen auszusparen. Mit nach vorne gestreckten Händen setze sich Rahjeïs in Bewegung, stieß gegen Larona, entschuldigte sich leise und erreichte nach einem weiteren Schritt schließlich eine grob behauene, steinerne Wand. Sie tastete sich Schritt für Schritt nach links gehend daran entlang, erreichte dann eine Ecke und setzte ihre Suche noch einige weitere, zaghafte Schritte fort, bevor ihre Finger eine Vertiefung in der Mauer fanden. Die Caballera strich mit den Händen nach oben und unten, wo sie weitere Aussparungen entdecken konnte: "Hier ist ein Aufstieg", flüsterte sie in die Dunkelheit und konnte das leise Geräusch des Wassers vernehmen, während sich die Ritterin aus dem Gefolge des Sindelsaumers zu ihr bewegte. "Feya feiama i'ungra", war Delayar zu vernehmen und, noch bevor es zu einem weiteren Zusammenstoß zwischen den beiden Kämpferinnen kommen konnte, erhellte sich ihre Umgebung in einem weißen Licht. 'So bleich, als hätte jemand ein kleines Stück vom Madamal hierher gebracht', dachte Rahjeïs und wollte sich schon neugierig umwenden, als ihr Blick auf die errötende Larona traf, die in Richtung des Halbelfen sah. Geistesgegenwärtig löste sie das kleine Bündel an ihrem Gürtel und reichte es nach hinten, ohne sich umzudrehen; und das nicht nur wegen dem, was sie sehen würde, sondern auch wegen dem, was Delayar sehen könnte: So geeignet das klare Wasser auch war, um sich vom Schlamm zu befreien, so bewusst war sich die Caballera auch, welch rahjanischer Anblick ihre durchnässte Bluse derzeit bot. Das war allerdings bei Weitem nicht der wichtigste Grund, warum sie sich derzeit eine Rüstung sehnsüchtig herbeiwünschte! Doch daran war nicht zu denken gewesen. Selbst für ihren entblößten Begleiter hatte sie mehr als Hose, Hemd und ein Kurzschwert nicht mitnehmen können. Ebenso beschränkte sich ihre eigene Bewaffnung auf ein Schwert - keine Waffe, die sie sonderlich gut beherrschte, aber mit dem Pailos würde sie nun irgendwo verkeilt im Wasserkanal festsitzen. Da Delayar den Speer als Waffe im Nahkampf bevorzugte, war Larona die einzige, deren Angriffsstärke uneingeschränkt zur Verfügung stand. Ihnen allen war klar, dass sie so gut wie verloren waren, sollten sie zu früh entdeckt werden.
Rahjeïs vernahm ein leises Klirren vor sich, als Larona den ersten Eisenstab vor ihnen aus der Verankerung gerüttelt hatte. Bald würde es weitergehen. Um ihre Nerven zu besänftigen, lauschte sie auf das Kratzen vor sich - und hätte beinahe laut aufgeschrien, als etwas über ihre Beine huschte. 'Delayar. Es ist nur Delayar', beruhigte sie sich. Für diesen Schreck hätte sie dem Halbelf den Kopf abreißen können, würde sie nicht in einem engen Loch stecken, dass es ihr kaum erlaubte, den Arm zu bewegen! Freilich war sie auch dankbar, dass es ihm seine Zauberei ermöglichte, sie zu begleiten, aber in  seiner tierischen Gestalt schien der sonst so ruhige Delayar nur zum Teil Herr seiner selbst zu sein und Neugier und Spieltrieb ließen ihn hinter ihr hin und her trappeln.


So kletterten sie rasch aus der Zisterne empor und die adligen Damen nahmen den Raum in Augenschein, während Delayar sich ankleidete. Außer steinernen Wänden und Utensilien zum Schöpfen und Transportieren des lebensnotwendigen Nasses, hatte der Raum nicht viel zu bieten. Ein kurzer Gang verband ihn mit einer weiteren Kammer, in denen Wein und haltbar Gemachtes in Fässern, Amphoren und versiegelten Tongefäßen lagerten. Die Einschätzung Barthalms von Rohenforsten, dass es ein langwieriges Unterfangen werden würde, die Besatzer auszuhungern, erwies sich als richtig: Noch schien alles reichlich vorhanden zu sein. Am Ende der Vorratskeller führte eine Treppe zu einem kleinen Absatz, ungefähr anderthalb Schritt über dem Boden empor. Von dort hatten die drei einen guten Überblick über den Raum, mussten jedoch auch feststellen, dass der weitere Weg ihnen versperrt war: Die wuchtige Eichenholztür war von der anderen Seite verriegelt. Damit war zu rechnen gewesen, selbst wenn kein Belagerungszustand geherrscht hätte. Ein kurzer Blick auf die Angeln - die Tür öffnete sich in den Raum - verriet, dass es ihnen einige Mühe und nicht unbeträchtlichen Lärm verursachen würde, die Tür herauszuheben, so es überhaupt möglich war. So legte man sich auf die Lauer, löschte das Licht und wartete auf das, was früher oder später geschehen musste.  
Zumindest waren Larona und sie so nicht völlig alleine: Zwar befanden sich unter den Belagerern noch weitere Frauen, aber keine sonst erschien ihnen schmal, geschickt und geeignet genug für ihr Unterfangen. Gilion, dessen Verbindung zu den astralen Kräften stärker war, wäre sicherlich auch eine Hilfe gewesen - hatten viele Truppen Magier in ihren Reihen, waren die beiden Halbelfen das einzige an astralen Möglichkeiten, was ihnen zur Verfügung stand - doch dieser hatte erklärt, dass sein Anderes Ich nicht geeignet wäre, ihnen durch den Kanal zu folgen. Rahjeïs wusste nicht, ob dies der Wahrheit entsprach oder ob er bereits dieser kriegerischen Auseinandersetzung müde war; manchmal fragte sie sich, ob der jüngere der beiden Brüder jemals die heimischen Wälder verlassen hätte, wenn die Neugier Delayar nicht fortgezogen hätte, aber sie gab sich mit der Erklärung zufrieden.


Es dauerte eine ganze Weile, Rahjeïs vermochte in dem lichtlosen Keller nicht zu sagen, wie viel Zeit wirklich vergangen war, als ein leises Klacken und das Schaben des Riegels die Stille durchdrang, die sich über den dunklen Raum gelegt hatte. Das flackernde, warme Licht einer Kerze drang in den Raum und Rahjeïs zog sich weiter in den Schatten der Treppe zurück, in deren Ecke, umgeben von Fässern mit Eingelegtem sie sich verbarg. Raschelnde Röcke verrieten das Herabschreiten der Magd und als die Caballera nach oben blickte, konnte sie einen schwankenden Eimer und das Ende einer hölzernen Tragestange über sich erkennen. Die ausgetretenen Stufen gewohnt, erreichte die Bedienstete den eigentlichen Keller und ging ebenso beschwingt direkt zur Zisterne weiter, geübt die Schultern zur Seite drehend, als sie den schmalen Gang erreichte, jedoch nicht einmal einen Blick über die Schulter werfend. Vorsichtig schob sich Rahjeïs an den Fässern vorbei. Von der anderen Seite des Aufstiegs trat Delayar aus den Schatten. Eigentlich hatte man geplant, den Wasserträger zu überwältigen, doch der Halbelf wandte sich der Treppe zu und erreichte kurz darauf Larona, die sich hinter der Tür verborgen gehalten hatte. Die Lindholzer Caballera konnte es ihm nicht verübeln: Die Magd auszuschalten brachte ihnen keinen Vorteil und man riskierte nur, dass ein Schrei Aufmerksamkeit auf sie lenkte. So schloss sich Rahjeïs den beiden an und gemeinsam huschten sie aus dem Raum. Gegenüber der Tür, durch die sie getreten waren, befand sich eine weitere; vermutlich gelangte man durch sie in einen anderen Lagerkeller. Die Treppe führte zu ihrer Linken weiter nach oben und so folgten sie diesem Weg. Ein Hauch von Sternenlicht begleitete sie bei ihrem raschen Aufstieg in das Erdgeschoss und oben angekommen sahen sie, dass der Schein durch eine vergitterte, schmale Fensteröffnung drang, hinter den man den verwaisten Innenhof erblicken konnte. Schemenhaft zeichneten sich Bewaffnete auf dem umlaufenden Wehrgang ab und Licht drang aus der Wachstube im Torhaus.
Schließlich hatte Larona ihre kräftezehrendes Werk verrichtet und schob sich weiter voran. Rahjeïs folgte ihr auf dem Fuße. Es dauerte nicht lange, dann hörte sie das Platschen von Wasser und kurz darauf erreichte auch sie das Ende des Tunnels. Ihre Hände ertasteten eine abgeschliffene Kante und eine handbreit darunter Wasser. Langsam ließ sie sich in das kalte Nass gleiten, eine Hand immer am Rande des Wasserkanals; schließlich wusste sie nicht, wie tief das Becken hinunterreichte. Dichtes, feuchtes Haar strich über ihren Handrücken und ein weiteres Platschen war zu hören, als ein ungeduldiger Fischerotter sich den Weg in sein Lieblingselement suchte. Zu Rahjeïs' Erleichterung stießen ihre Füße bald auf Grund und als sie sich aufrichtete, konnte sie feststellen, dass ihr das Wasser in der Zisterne nur bis wenige Finger über den Bauchnabel reichte.  


Eine weitere Tür führte in das Innere des Pallas, vermutlich in die Küche, doch Larona trat an die Außentür, drückte vorsichtig die Klinke nach unten und öffnete die Tür einen Spalt. Aus der Ferne hallten nun die Befehle an Ihr Ohr, mit denen die Sappeure Dorfbewohner mit Fackeln als falsche Truppen durch die umgebenden Hügel dirigierten während Erlan die echten Kämpfer unweit der Brücke sammelte. Tatsächlich schien das undurchsichtige Geschehen draußen die Aufmerksamkeit der meisten Wachen zu fesseln und nur gelegentlich hörte man ein leise gerauntes Gespräch. Die drei Eindringlinge nutzten die Ablenkung und gelangten unbemerkt zum Torturm. Von hier an, hatten sie die nächsten Schritte genau abgesprochen und so genügte ein knappes Nicken von Rahjeïs, als sie die Tür zur Wachkammer erreichten, und schon begann Delayar erneut, kaum hörbar, eine Zauberformel zu intonieren. Die Welt um sie herum verstummte, Larona riss die Tür auf und die drei stürmten die von Fackeln erleuchtete Kammer. Die beiden Wächter blickten die Eindringlinge überrascht an und sprangen auf. Beide riefen etwas, wollten wohl Alarm geben, doch keine Silbe verließ ihre Kehlen. Schon war Larona bei dem ersten Kerl, während Rahjeïs den Weg zur Treppe nach oben abschnitt um dann mit Delayar die zweite Wache, eine in die Jahre gekommene drahtige Frau, in die Zange zu nehmen. Es dauerte nicht lange und Larona hatte ihren Gegner niedergerungen. Die Wächterin, die sich auf die Defensive verlegt hatte, während sie versuchte, ein Schlupfloch zwischen ihren Gegnern Richtung Tür aufzutun, ergab sich daraufhin. Rahjeïs fesselte sie anschließend an einen der Stühle, an dem die beiden eben noch gewürfelt hatten, und verpasste ihr zur Sicherheit einen Knebel. Nachdem die Wachstube gesichert war, begaben sich die Drei wieder nach draußen und erreichten den massiven Holzbalken, der das Burgtor verriegelte. Es kostete die beiden Kämpferinnen und den Halbelf einiges an Kraft, den Balken aus seiner Halterung zu stemmen und die Lindholzer Caballera stöhne unter der Last, als sie den Balken in die Wachstube bugsierten. Es war seltsam, kein Geräusch wahrzunehmen, obwohl man doch wusste, selber welche zu produzieren. Wie es wohl war, sein ganzes Leben so taub zu verbringen? Der junge Frau fröstelte es bei der Vorstellung. Nachdem die schwere Last von ihnen genommen war, lief Delayar noch einmal nach draußen und öffnete den kleinen Türeinlass im Tor, der vorher ebenfalls durch den Balken blockiert worden war. Die beiden Ritterinnen eilten währenddessen nach oben, wo sich der Mechanismus des Fallgatters auslösen ließ und zwei Türen zur Linken und Rechten auf den umlaufenden Wehrgang führten. Larona legte die Riegel vor, die eigentlich dafür gedacht waren, den Torturm vor Eindringlingen zu schützen, die die Mauer überwunden hatten, und Rahjeïs schwenkte eine Fackel vor einer der schmalen  Schießscharten. Offenbar war das Signal verstanden worden, denn nur wenige Augenblicke später wallte Nebel aus dem Bachbett auf, das die verbrannten Überreste des Dorfes von der Umgebung abschirmte. Ein beunruhigtes Gemurmel erhob sich vom Wehrgang, während der Nebel sich, einem gierigen Kraken gleich ausbreitete, erst die Belagerer und nach und nach die Dorfruine zu ihren Füßen verschluckte.
Eine Weile hoffte die Lindholzer Caballera noch, dass sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnen würden, doch diese blieb genau so undurchdringlich, wie sie es von Anfang an war: Das spärliche Licht vom See drang nicht bis hierher und entweder lag der umgebende Raum vollständig unterderisch oder niemand hatte sich beim Bau die Mühe gemacht, Fensteröffnungen auszusparen. Mit nach vorne gestreckten Händen setze sich Rahjeïs in Bewegung, stieß gegen Larona, entschuldigte sich leise und erreichte nach einem weiteren Schritt schließlich eine grob behauene, steinerne Wand. Sie tastete sich Schritt für Schritt nach links gehend daran entlang, erreichte dann eine Ecke und setzte ihre Suche noch einige weitere, zaghafte Schritte fort, bevor ihre Finger eine Vertiefung in der Mauer fanden. Die Caballera strich mit den Händen nach oben und unten, wo sie weitere Aussparungen entdecken konnte.
 
"Hier ist ein Aufstieg", flüsterte sie in die Dunkelheit und konnte das leise Geräusch des Wassers vernehmen, während sich die Ritterin aus dem Gefolge des Sindelsaumers zu ihr bewegte.
 
"''Feya feiama i'ungra''", war Delayar zu vernehmen und, noch bevor es zu einem weiteren Zusammenstoß zwischen den beiden Kämpferinnen kommen konnte, erhellte sich ihre Umgebung in einem weißen Licht.
 
'So bleich, als hätte jemand ein kleines Stück vom Madamal hierher gebracht', dachte Rahjeïs und wollte sich schon neugierig umwenden, als ihr Blick auf die errötende Larona traf, die in Richtung des Halbelfen sah. Geistesgegenwärtig löste sie das kleine Bündel an ihrem Gürtel und reichte es nach hinten, ohne sich umzudrehen; und das nicht nur wegen dem, was sie sehen würde, sondern auch wegen dem, was Delayar sehen könnte: So geeignet das klare Wasser auch war, um sich vom Schlamm zu befreien, so bewusst war sich die Caballera auch, welch rahjanischen Anblick ihre durchnässte Bluse derzeit bot. Das war allerdings bei Weitem nicht der wichtigste Grund, warum sie sich derzeit eine Rüstung sehnsüchtig herbeiwünschte! Doch daran war nicht zu denken gewesen. Selbst für ihren entblößten Begleiter hatte sie mehr als Hose, Hemd und ein Kurzschwert nicht mitnehmen können. Ebenso beschränkte sich ihre eigene Bewaffnung auf ein Schwert - keine Waffe, die sie sonderlich gut beherrschte, aber mit dem Pailos würde sie nun irgendwo verkeilt im Wasserkanal festsitzen. Da Delayar den Speer als Waffe im Nahkampf bevorzugte, war Larona die einzige, deren Angriffsstärke uneingeschränkt zur Verfügung stand. Ihnen allen war klar, dass sie so gut wie verloren waren, sollten sie zu früh entdeckt werden.
 
So kletterten sie rasch aus der Zisterne empor und die adligen Damen nahmen den Raum in Augenschein, während Delayar sich ankleidete. Außer steinernen Wänden und Utensilien zum Schöpfen und Transportieren des lebensnotwendigen Nasses hatte der Raum nicht viel zu bieten. Ein kurzer Gang verband ihn mit einer weiteren Kammer, in denen Wein und haltbar Gemachtes in Fässern, Amphoren und versiegelten Tongefäßen lagerten. Die Einschätzung Barthalms von Rohenforsten, dass es ein langwieriges Unterfangen werden würde, die Besatzer auszuhungern, erwies sich als richtig: Noch schien alles reichlich vorhanden zu sein. Am Ende der Vorratskeller führte eine Treppe zu einem kleinen Absatz, ungefähr anderthalb Schritt über dem Boden empor. Von dort hatten die drei einen guten Überblick über den Raum, mussten jedoch auch feststellen, dass der weitere Weg ihnen versperrt war: Die wuchtige Eichenholztür war von der anderen Seite verriegelt. Damit war zu rechnen gewesen, selbst wenn kein Belagerungszustand geherrscht hätte. Ein kurzer Blick auf die Angeln - die Tür öffnete sich in den Raum - verriet, dass es ihnen einige Mühe und nicht unbeträchtlichen Lärm verursachen würde, die Tür herauszuheben, so es überhaupt möglich war. So legte man sich auf die Lauer, löschte das Licht und wartete auf das, was früher oder später geschehen musste.
 
Es dauerte eine ganze Weile - Rahjeïs vermochte in dem lichtlosen Keller nicht zu sagen, wie viel Zeit wirklich vergangen war - als ein leises Klacken und das Schaben des Riegels die Stille durchdrang, die sich über den dunklen Raum gelegt hatte. Das flackernde, warme Licht einer Kerze drang in den Raum und Rahjeïs zog sich weiter in den Schatten der Treppe zurück, in deren Ecke, umgeben von Fässern mit Eingelegtem sie sich verbarg. Raschelnde Röcke verrieten das Herabschreiten der Magd und als die Caballera nach oben blickte, konnte sie einen schwankenden Eimer und das Ende einer hölzernen Tragestange über sich erkennen. Die ausgetretenen Stufen gewohnt, erreichte die Bedienstete den eigentlichen Keller und ging ebenso beschwingt direkt zur Zisterne weiter, geübt die Schultern zur Seite drehend, als sie den schmalen Gang erreichte, jedoch nicht einmal einen Blick über die Schulter werfend. Vorsichtig schob sich Rahjeïs an den Fässern vorbei. Von der anderen Seite des Aufstiegs trat Delayar aus den Schatten. Eigentlich hatte man geplant, den Wasserträger zu überwältigen, doch der Halbelf wandte sich der Treppe zu und erreichte kurz darauf Larona, die sich hinter der Tür verborgen gehalten hatte.
 
Die Lindholzer Caballera konnte es ihm nicht verübeln: Die Magd auszuschalten brachte ihnen keinen Vorteil und man riskierte nur, dass ein Schrei Aufmerksamkeit auf sie lenkte. So schloss sich Rahjeïs den beiden an und gemeinsam huschten sie aus dem Raum. Gegenüber der Tür, durch die sie getreten waren, befand sich eine weitere; vermutlich gelangte man durch sie in einen anderen Lagerkeller. Die Treppe führte zu ihrer Linken weiter nach oben und so folgten sie diesem Weg. Ein Hauch von Sternenlicht begleitete sie bei ihrem raschen Aufstieg in das Erdgeschoss und oben angekommen sahen sie, dass der Schein durch eine vergitterte, schmale Fensteröffnung drang, hinter den man den verwaisten Innenhof erblicken konnte. Schemenhaft zeichneten sich Bewaffnete auf dem umlaufenden Wehrgang ab und Licht drang aus der Wachstube im Torhaus.
 
Eine weitere Tür führte in das Innere des Pallas, vermutlich in die Küche, doch Larona trat an die Außentür, drückte vorsichtig die Klinke nach unten und öffnete die Tür einen Spalt. Aus der Ferne hallten nun die Befehle an Ihr Ohr, mit denen die Sappeure Dorfbewohner mit Fackeln als falsche Truppen durch die umgebenden Hügel dirigierten, während Erlan die echten Kämpfer unweit der Brücke sammelte. Tatsächlich schien das undurchsichtige Geschehen draußen die Aufmerksamkeit der meisten Wachen zu fesseln und nur gelegentlich hörte man ein leise gerauntes Gespräch. Die drei Eindringlinge nutzten die Ablenkung und gelangten unbemerkt zum Torturm. Von hier an, hatten sie die nächsten Schritte genau abgesprochen und so genügte ein knappes Nicken von Rahjeïs, als sie die Tür zur Wachkammer erreichten, und schon begann Delayar erneut, kaum hörbar, eine Zauberformel zu intonieren. Die Welt um sie herum verstummte, Larona riss die Tür auf und die drei stürmten die von Fackeln erleuchtete Kammer.  
 
Die beiden Wächter blickten die Eindringlinge überrascht an und sprangen auf. Beide riefen etwas, wollten wohl Alarm geben, doch keine Silbe verließ ihre Kehlen. Schon war Larona bei dem ersten Kerl, während Rahjeïs den Weg zur Treppe nach oben abschnitt um dann mit Delayar die zweite Wache, eine in die Jahre gekommene drahtige Frau, in die Zange zu nehmen. Es dauerte nicht lange und Larona hatte ihren Gegner niedergerungen. Die Wächterin, die sich auf die Defensive verlegt hatte, während sie versuchte, ein Schlupfloch zwischen ihren Gegnern Richtung Tür aufzutun, ergab sich daraufhin. Rahjeïs fesselte sie anschließend an einen der Stühle, an dem die beiden eben noch gewürfelt hatten, und verpasste ihr zur Sicherheit einen Knebel.  
 
Nachdem die Wachstube gesichert war, begaben sich die drei wieder nach draußen und erreichten den massiven Holzbalken, der das Burgtor verriegelte. Es kostete die beiden Kämpferinnen und den Halbelf einiges an Kraft, den Balken aus seiner Halterung zu stemmen und die Lindholzer Caballera stöhne unter der Last, als sie den Balken in die Wachstube bugsierten. Es war seltsam, kein Geräusch wahrzunehmen, obwohl man doch wusste, selber welche zu produzieren. Wie es wohl war, sein ganzes Leben so taub zu verbringen? Der junge Frau fröstelte es bei der Vorstellung. Nachdem die schwere Last von ihnen genommen war, lief Delayar noch einmal nach draußen und öffnete den kleinen Türeinlass im Tor, der vorher ebenfalls durch den Balken blockiert worden war. Die beiden Ritterinnen eilten währenddessen nach oben, wo sich der Mechanismus des Fallgatters auslösen ließ und zwei Türen zur Linken und Rechten auf den umlaufenden Wehrgang führten. Larona legte die Riegel vor, die eigentlich dafür gedacht waren, den Torturm vor Eindringlingen zu schützen, die die Mauer überwunden hatten, und Rahjeïs schwenkte eine Fackel vor einer der schmalen  Schießscharten. Offenbar war das Signal verstanden worden, denn nur wenige Augenblicke später wallte Nebel aus dem Bachbett auf, das die verbrannten Überreste des Dorfes von der Umgebung abschirmte. Ein beunruhigtes Gemurmel erhob sich vom Wehrgang, während der Nebel sich einem gierigen Kraken gleich ausbreitete, erst die Belagerer und nach und nach die Dorfruine zu ihren Füßen verschluckte.


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'''Autor:''' [[Benutzer:Sindelsaum|Sindelsaum]]
'''Autor:''' [[Benutzer:Sindelsaum|Sindelsaum]]


Mit dem Nebel rückten Erlan und mehr als einhundert Lindholzer und Sindelsaumer Kämpfer auf die Burg vor. Zwar versuchten sie leise zu sein, aber die Verteidiger hatten bald begriffen was vor sich ging und begannen blind Bolzen und Pfeile in den Nebel zu schießen. Daraufhin verfielen die Angreifer in einen Laufschritt. Barthalm von Rohenforsten stürmte, trotz seines Alters, voran, Erlan fiel derweil immer mehr zurück. Er war doch schon sehr außer Form geraten. Er sah wie sich einige Verteidiger mühten das offene Tor zu verteidigen, doch sie wurden von der Übermacht einfach hinweg gespült. Als Erlan im Innenhoff ankam war der Kampf schon fast entschieden. Ein Trupp Lindholzer drang bereits in einige Gebäude der Burg ein, der Burgstall stand lichterloh in Flammen und erheelte die geesamte Szenerie gespenstisch.Barthalm bestürmte derweil auf der linken Seite den Wehrgang und auf der rechten Seite beseitigten Rahejis und Larona den letzten Widerstand. Erlan entschied sich Barthalm zur Hilfe zu kommen, war aber zu müde um den Wehrgang zu stürmen. „Meine Armbrust“ rief er daher, zielte kurz und schoss einen der feindlichen Kämpfer vom Wehrgang. „Nachladen“ rief er und reichte seine Armbrust nach hinten. Just in diesem Moment traf ihn ein Schlag in die linke Hüfte und er wurde gewaltsam zu Boden geschleudert. Noch bevor er auf dem Boden aufschlug wurde ihm schwarz vor Augen.
Mit dem Nebel rückten Erlan und mehr als 100 Lindholzer und Sindelsaumer Kämpfer auf die Burg vor. Zwar versuchten sie leise zu sein, aber die Verteidiger hatten bald begriffen, was vor sich ging und begannen blind Bolzen und Pfeile in den Nebel zu schießen. Daraufhin verfielen die Angreifer in einen Laufschritt. Barthalm von Rohenforsten stürmte trotz seines Alters voran, Erlan fiel derweil immer mehr zurück. Er war doch schon sehr außer Form geraten. Er sah, wie sich einige Verteidiger mühten das offene Tor zu verteidigen, doch sie wurden von der Übermacht einfach hinweg gespült. Als Erlan im Innenhof ankam, war der Kampf schon fast entschieden. Ein Trupp Lindholzer drang bereits in einige Gebäude der Burg ein, der Burgstall stand lichterloh in Flammen und erhellte die gesamte Szenerie gespenstisch. Barthalm bestürmte derweil auf der linken Seite den Wehrgang und auf der rechten Seite beseitigten Rahejis und Larona den letzten Widerstand. Erlan entschied sich, Barthalm zur Hilfe zu kommen, war aber zu müde um den Wehrgang zu stürmen. „Meine Armbrust“, rief er daher, zielte kurz und schoss einen der feindlichen Kämpfer vom Wehrgang. „Nachladen“, rief er und reichte seine Armbrust nach hinten. Just in diesem Moment traf ihn ein Schlag in die linke Hüfte und er wurde gewaltsam zu Boden geschleudert. Noch bevor er auf dem Boden aufschlug, wurde ihm schwarz vor Augen.
 
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