Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 11: Unterschied zwischen den Versionen

keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 42: Zeile 42:


Richeza hob die Hand. "Ja. Ich fürchte … Rifada sagte … Eure Eminenz", sagte sie und fragte sich abermals, wie sie den ihr fremden Verwandten anzureden hatte. Sie holte tief Luft. "Ich fürchte, sie ist … sie hat wohl nicht überlebt. [[La Dimenzia]]", fügte sie schnell hinzu, ehe Gujadanya sie unterbrechen konnte, "ist nicht mehr. Das Noionitenkloster. Als wir es gestern Abend erreichten," – War es wirklich erst einen Tag her? – "wurde es Ziel eines hinterhältigen Angriffs durch einen Boronfrevler. Er hatte mindestens ein Dutzend Tote um sich geschart und Vögel, tote Vögel, die das ganze Kloster in Brand setzten. [[Lucrann da Vanya|Lucrann]] war auch dort, aber nicht im Kloster, er kämpfte gegen die Toten, als ich ihn zuletzt sah. Der Abt ist gefallen, seinen Verbrennungen erlegen, und Belisetha … Sie war noch im Gebäude, als es zu brennen begann, und Rifada meinte, sie sei nicht mehr bis zu ihr, bis zu den Schlafgemächern durchgekommen, die hätten schon in Flammen gestanden."   
Richeza hob die Hand. "Ja. Ich fürchte … Rifada sagte … Eure Eminenz", sagte sie und fragte sich abermals, wie sie den ihr fremden Verwandten anzureden hatte. Sie holte tief Luft. "Ich fürchte, sie ist … sie hat wohl nicht überlebt. [[La Dimenzia]]", fügte sie schnell hinzu, ehe Gujadanya sie unterbrechen konnte, "ist nicht mehr. Das Noionitenkloster. Als wir es gestern Abend erreichten," – War es wirklich erst einen Tag her? – "wurde es Ziel eines hinterhältigen Angriffs durch einen Boronfrevler. Er hatte mindestens ein Dutzend Tote um sich geschart und Vögel, tote Vögel, die das ganze Kloster in Brand setzten. [[Lucrann da Vanya|Lucrann]] war auch dort, aber nicht im Kloster, er kämpfte gegen die Toten, als ich ihn zuletzt sah. Der Abt ist gefallen, seinen Verbrennungen erlegen, und Belisetha … Sie war noch im Gebäude, als es zu brennen begann, und Rifada meinte, sie sei nicht mehr bis zu ihr, bis zu den Schlafgemächern durchgekommen, die hätten schon in Flammen gestanden."   
----
'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]
Hätten fast jedem anderen Menschen diese niederschmetternden Nachrichten den Boden unter den Füßen weggezogen, so nahm sie der Großinquisitor mit jener äußerlichen Ungerührtheit und Selbstbeherrschung auf, die man den Geweihten der Reichskirche seit jeher nachsagte. Sein Gesicht blieb unbewegt wie eine Maske – einzig die Tatsache, dass er seinen Trinkkelch, den er gerade zum Mund hatte führen wollen, ungenutzt wieder absetzte, machte deutlich, dass er Richezas Ausführungen zur Kenntnis genommen hatte.
Ganz anders Gujadanya, die sich entsetzt auf den Stuhl neben Richeza sacken ließ und diese am Handgelenk packte, ehe sie noch einen zweiten Bissen zu sich nehmen konnte. Ihr Griff war hart wie ein Schraubstock. "Was sagst du da? Unsere Großtante ist tot und du schläfst dich erst mal in aller Ruhe aus und lässt dir den Braten schmecken, ehe du uns diese Walpurgasbotschaft überbringst? Als du Unglücksräbin das letzte Mal bei uns aufgetaucht bist, verlor ich meinen Bruder und meinen Vater – jetzt meine geliebte Muhme! Was hast du mit der ganzen Sache zu schaffen, frage ich jetzt? Stehst du wirklich auf der Seite unserer Familia oder bist du am Ende eine bezahlte Dienerin der Elenterin?"
Sie schüttelte und zog an Richezas Arm und ließ ihn erst los, als sie Amando Laconda mit einem tadelnden "Gujadanya!" zurechtwies. "Schweig stille!", befahl er Rifadas Tochter streng, in der er mehr und mehr ihre Mutter wiedererkannte. "Das fehlte noch, dass wir uns in diesen Jahren des Zweifels, in denen der Herr die Rechtgläubigkeit seine Diener verifiziert, innerhalb unseres eigenen Hauses bekriegen."
Gujadanya verschränkte trotzig die Arme vor der Brust, der Soberan aber wandte sich wieder an Richeza, musterte sie einen Moment lang mit seinem durchdringenden Blick. "Meine Tochter, habe ich Euch recht verstanden, dass Ihr nicht mit Sicherheit zu sagen vermögt, ob Belisetha der Feuersbrunst zum Opfer fiel oder nicht? Meine Schwester und ich stehen uns sehr nahe – ich bin mir sicher, hätte sie diese unsere Welt verlassen, so hätte ich dies verspürt oder im Gebet davon erfahren, was aber nicht eintrat. Daher zweifle ich an Euren Worten, auch wenn sie Euch selbst wahr scheinen. Hat Euch meine Schwester denn vor diesem Vorfall auf La Dimenzia, zu dem ich Euch noch genauer befragen werde, mitgeteilt, zu welchem Behufe sie uns offenbar alle hierher nach Quazzano gebeten hat?"
----
'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Die Worte ihrer Base trafen Richeza so tief, als hätte die Jüngere ihr unvermittelt einen Dolch mitten ins Herz gestoßen. Für einige Augenblicke verschlug es ihr die Sprache vor Schmerz. Ein Eisenband schien ihre Brust zusammenzudrücken, ihren Atem zurück in ihre Lungen zu pressen. In ihren Ohren klangen die Worte ihres [[Hesindian von Kornhammer-Scheffelstein|Großvaters]], ihres Onkels, all jener, die beklagt hatten, sie bereite ihnen und der Familia Kummer. Sie erinnerte sich eines Frühlings vor elf Jahren in Schelak, als [[Ramiro von Alcorta|Ramiro]] sich mit seiner Frau gestritten hatte, ihretwegen. [[Fenia von Culming|Fenia]], hatte er ihr später erklärt, sei als Culming von klein auf dazu erzogen worden, die Familie zu respektieren und nichts zu tun, was dem Ansinnen des Soberans im Wege stehe. Wenn jemand, hatte er gesagt, aus dem Ruder laufe, so sei er – oder sie, es war um ''sie'' gegangen, nur um sie – nicht so oft so nachsichtig zu behandeln, wie es bei den Alcortas oder Scheffelsteins der Fall sei.
Richeza betrachtete ihr Handgelenk, auf dem sich rot die Abdrücke abzeichneten, die Gujadanyas Finger hinterlassen hatten. Dachte ihre Tante genauso über sie und war nur auf irgendeine Weise freundlicher oder beherrschter und sprach es deshalb nicht aus? Richeza schwieg, bis das gefährliche Zittern in ihrer Brust nachließ und ihr Atem wie ein verebbtes Rinnsal über ihre Lippen tröpfelte.
Sie wandte sich dem Soberan des Hauses da Vanya zu, bleich, aber gefasst. "Ich weiß nicht, ob Belisetha tot ist oder nicht", stieß sie hervor. "Ich weiß nur, was Rifada sagte. Ich war nicht selbst in dem brennenden Haus. Ich hätte es nicht lebend wieder herausgeschafft, mit oder ohne sie nicht", fügte sie hinzu, in dem plötzlichen Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. "Selbst Rifada ist dies nur knapp gelungen."
Sie verfiel wieder in Schweigen, dann sah sie Gujadanya an, die mit zusammengebissenen Zähnen neben ihr saß. "Ich bin für den Tod deines Bruders oder deines … Vaters nicht verantwortlich." Sie dachte an den Abend, an dem sie Moritatio zuletzt gesehen hatte, auf dem Castillo da Vanya, ehe er Hals über Kopf die Burg verlassen hatte, in jener Nacht, in der Udinia Krähenfreund ihr einen Besuch abgestattet hatte. Unwillkürlich fasste sie nach dem Amulett, das an einem Lederband um ihren Hals hing, einem grün-schwarz gemaserten Stein, eingefasst in einen zierlichen Goldrand mit goldenen Blättern. Es habe einst Richezas Mutter gehört, hatte die alte Hexe gesagt, und sie gebe es ihr, damit sie sich erinnere, wie eine da Vanya auch sein könne.
Richezas Kiefer verhärteten sich. Was konnte sie dazu, dass ihr närrischer Vetter die sichere Burg seiner Vorfahrinnen verlassen hatte, nur, weil sie seine jungenhafte Liebe nicht erwidert hatte? Einen Augenblick starrte sie Gujadanya düster an. "Und ich habe auch diesen Nekromanten nicht nach La Dimenzia bestellt. Niemand konnte ahnen, dass das Kloster abbrennen würde, als wie das Gebäude und die schlafende Belisetha verließen." Im Haus da Vanya stehe man einander bei, hatte Belisetha gesagt. Richeza schnaubte unwillig und wandte sich wieder Amando zu.
"Ich weiß nicht, was Eure Schwester hier wollte. Sie macht sich wohl Gedanken um die Zukunft der Familia." Sie zuckte mit den Schultern. Die Trauer hatte sich in Wut verwandelt.
"Ich bin nicht für alles verantwortlich, was dieser Familia an Unglück widerfahren ist!", fauchte sie Gujadanya an. "Wer hat euer verdammtes Castillo zurückerobert und die Base der Elenterin in den Kerker geworfen? Wo warst ''du'', als wir die Schergen der Elenterin vertrieben? Hast du dich jemals dafür bedankt, dass ich ''dein'' Erbe gerettet habe? Nein, du kamst nach Wochen angeritten wie die Herrin der Welt, und es fehlte gerade noch, dass du ''mich'' herumkommandiertest wie deine Rustikalen!" Sie stach mit der Gabel so hart in ein Fleischstück, dass die Zinken es durchstießen und hässlich über den Teller kreischten. Wütend stopfte sie es sich in den Mund und schlang es, fast ohne zu kauen, herunter.




2.897

Bearbeitungen