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Moritatio und Morena - sei's drum. Mit etwas Glück würde der Junge entkommen. Aber warum waren Romina und Dom Rondrigo hinterher geritten? Um Schlimmeres zu verhindern? Das würde Romina ähnlich sehen. In die Fehde sollten sie sich aber nicht hinein ziehen lassen... | Moritatio und Morena - sei's drum. Mit etwas Glück würde der Junge entkommen. Aber warum waren Romina und Dom Rondrigo hinterher geritten? Um Schlimmeres zu verhindern? Das würde Romina ähnlich sehen. In die Fehde sollten sie sich aber nicht hinein ziehen lassen... | ||
Bei den | Bei den letzten Worten Dom Hernáns blieb Gendahars Miene ausdruckslos. Zu diesem Schluss war er schon selbst gekommen, sonst hätte der Condottiere sich nicht so sehr um diese Frage gedrückt. "Wärt Ihr so freundlich mir mizuteilen, weshalb Ihr Domna Richeza habt festsetzen lassen? Ihr mögt mir keine Rechenschaft schuldig sein, aber wir haben in diesen Bergen Einiges miteinander durchgestanden, da fühlt man sich in gewisser Hinsicht ... verbunden." Er musterte die Miene seines Gegenübers. "Sicherlich habt Ihr stichhaltige Gründe, eine Dame von Stand einzusperren?" | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | '''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | ||
„Gewiss“, nickte der Condottiere. An der Stelle des Streitzigers | „Gewiss“, nickte der Condottiere. An der Stelle des Streitzigers hätte er sicherlich an dieser Stelle auch nachgefragt, womöglich ungleich weniger höflich. Seine Miene freilich verriet nicht den Hauch einer Unsicherheit oder eines Zweifels als er fortfuhr: „Domna Richeza hatte sich entschlossen, alleine mit dem Jungen und dem Heiler weiter zu reisen. Das erscheint mir gelinde gesagt … unklug, und dafür gebe ich nicht zwei meiner Rösser her – falls der Alte überhaupt reiten kann. Zu Fuß aber wären sie ganz sicher verloren. Um der Sicherheit des Jungen, aber auch um derer Domna Richezas Willen galt es dies zu verhindern.“ | ||
Ein kurzer Seitenblick streifte den kleinen Praiodor, und ein Mundwinkel ging zu einem schiefen Grinsen in die Höhe. „Davon ab, dass | Ein kurzer Seitenblick streifte den kleinen Praiodor, und ein Mundwinkel ging zu einem schiefen Grinsen in die Höhe. „Davon ab, dass ich der ewigen Debatten leid bin, musste ich nach dem Diebstahl von Domna Morenas Ross davon ausgehen, dass sich kein da Vanya an die Anordnung aus Punin halten würde. Nicht, dass ich dafür nicht ein gewisses Maß an Verständnis aufbringen würde, aber ich habe nun einmal auch meine Befehle. Zumal ich auch keine Möglichkeit sehe, wie die da Vanyas ihr Castillo augenblicklich zurück gewinnen könnten, insofern ist Domna Richeza augenblicklich in Gewahrsam wohl am sichersten, auch wenn ich bezweifle, dass sie mir hernach dankbar sein wird.“ | ||
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'''Autor''': [[Benutzer:Ancuiras|Ancuiras]] | '''Autor''': [[Benutzer:Ancuiras|Ancuiras]] | ||
Gendahar lauschte den Worten des Condottiere nachdenklich. Mit dem Kopf musste er sich eingestehen, dass er das Handeln Dom Hernáns - leider - ein Stück weit nachvollziehen konnte. Die Dinge im Lager und in ganz Selaque waren etwas außer Kontrolle geraten. Domna Rifada würde nicht ruhen, bevor das Castillo wieder in ihrer Hand war und die Elenterin die Reise über das Nirgendmeer angetreten hatte. Man musste davon ausgehen, dass Richeza sich, wenn nicht aus eigenem Antrieb, dann zumindest aus Loyalität, dem derzeit aussichtslosen Unterfangen ihrer Tante anschließen würde. So war sie nun einmal, dachte er bedauernd | Gendahar lauschte den Worten des Condottiere nachdenklich. Mit dem Kopf musste er sich eingestehen, dass er das Handeln Dom Hernáns - leider - ein Stück weit nachvollziehen konnte. Die Dinge im Lager und in ganz Selaque waren etwas außer Kontrolle geraten. Domna Rifada würde nicht ruhen, bevor das Castillo wieder in ihrer Hand war und die Elenterin die Reise über das [[avwik:Nirgendmeer|Nirgendmeer]] angetreten hatte. Man musste davon ausgehen, dass Richeza sich, wenn nicht aus eigenem Antrieb, dann zumindest aus Loyalität, dem derzeit aussichtslosen Unterfangen ihrer Tante anschließen würde. So war sie nun einmal, dachte er bedauernd - und zugleich bewundernd. Sie würde niemals aufgeben, für ihre Ziele zu streiten. Und der Gedanke, dass sie wie eine Verbrecherin in eine der Hütten eingesperrt war, versetzte ihm einen merkwürdigen Stich ins Herz. | ||
"Sie wurde doch nicht verletzt, als sie Ihr festsetzen ließet?" Die Frage war ihm plötzlich durch den Kopf geschossen und ehe er es sich versah, hatte er sie ausgesprochen. Als Dom Hernán mit undurchdringlicher Miene, aber ohne zu zögern den Kopf schüttelte, atmete Gendahar tief durch. | "Sie wurde doch nicht verletzt, als sie Ihr festsetzen ließet?" Die Frage war ihm plötzlich durch den Kopf geschossen und ehe er es sich versah, hatte er sie ausgesprochen. Als Dom Hernán mit undurchdringlicher Miene, aber ohne zu zögern den Kopf schüttelte, atmete Gendahar tief durch. | ||
Dann blieb noch die andere Frage: Verfolgte Dom Hernán seine eigenen Ziele, die des Hauses Harmamund? Hatten Morena oder er geheime Instruktionen vom Marschall erhalten, die Gelegenheit zu nutzen und den alten Erzfeinden, den da Vanyas endlich einen vernichtenden Schlag zu versetzen? Nach dem, was Gendahar von seinem Vater über den Marschall wusste, war es ihm durchaus zuzutrauen, auch wenn er sich stets als Ehrenmann gab. Vater würde die Lage klarer einschätzen können... Wie dem auch sei, jetzt und hier würde er ganz allein nichts für Domna Richeza tun können, auch wenn er im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen wäre. Er war auf die Kooperation Dom Hernáns angewiesen. | Dann blieb noch die andere Frage: Verfolgte Dom Hernán seine eigenen Ziele, die des Hauses Harmamund? Hatten Morena oder er geheime Instruktionen vom Marschall erhalten, die Gelegenheit zu nutzen und den alten Erzfeinden, den da Vanyas, endlich einen vernichtenden Schlag zu versetzen? Nach dem, was Gendahar von seinem Vater über den Marschall wusste, war es ihm durchaus zuzutrauen, auch wenn er sich stets als Ehrenmann gab. Vater würde die Lage klarer einschätzen können ... Wie dem auch sei, jetzt und hier würde er ganz allein nichts für Domna Richeza tun können, auch wenn er im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen wäre. Er war auf die Kooperation Dom Hernáns angewiesen. | ||
"Was die Maßnahmen angeht, die zur Umsetzung der Order des Marschalls erforderlich sind, müsst Ihr Eurer eigenen Einschätzung und Eurem Gewissen folgen. Ihr tragt die Verantwortung für Eure Männer und Frauen und derzeit für das Wohl und Wehe Selaques." Er machte eine Pause, denn noch immer schwindelte ihn ein wenig. "Was den Jungen angeht, werde ich mich um ihn kümmern", fügte er hinzu, "allerdings nachdem ich mich damit mit Domna Richeza beraten habe." Er blickte den Condottiere geradewegs an. "Was | "Was die Maßnahmen angeht, die zur Umsetzung der Order des Marschalls erforderlich sind, müsst Ihr Eurer eigenen Einschätzung und Eurem Gewissen folgen. Ihr tragt die Verantwortung für Eure Männer und Frauen und derzeit für das Wohl und Wehe Selaques." Er machte eine Pause, denn noch immer schwindelte ihn ein wenig. "Was den Jungen angeht, werde ich mich um ihn kümmern", fügte er hinzu, "allerdings nachdem ich mich damit mit Domna Richeza beraten habe." Er blickte den Condottiere geradewegs an. "Was ihre Festsetzung angeht, die einer Magnatin des Königreichs, so erscheint es mir äußerst fraglich, sie nur auf die Sorge um ihr eigenes Wohlergehen zu stützen. Ich würde meinen, dass sie selbst dazu in der Lage und berechtigt ist, darüber zu befinden. Wenn es darum geht, eine mögliche Kombattantin in der drohenden Fehde aus Selaque zu entfernen, ist das eine andere Sache. Deshalb schlage ich Folgendes vor: Lasst mich mit Domna Richeza sprechen, wie mit dem Jungen verfahren werden soll. Ich werde Ihr vorschlagen, dass sie mit uns nach Ragath kommt ... wenn Ihr einverstanden seid. Im Gegenzug gebe ich Euch mein Ehrenwort, Domna Richeza nach Ragath zu geleiten." | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | '''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | ||
„Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt, Dom | „Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt, Dom Gendahar …“, lächelte der Condottiere dünn „… aber es geht selbstverständlich nicht nur um die Sicherheit Domna Richezas. Diese ist ein ''bonus''. Ließe ich sie von Euch nach Ragath geleiten, so würde sie dort Mercenarios anheuern und Fehdehelfer sammeln. In spätestens zwei Wochen wäre sie wieder hier in Selaque, im Rücken eine Truppe, die meine Stärke wahrscheinlich übersteigt, sie sicher zumindest aber meinem Zugriff entzieht. Ein schlechter Diener des Kaisers – der mein Herr ist, wie auch der Eure – wäre ich, wenn ich mich sehenden Auges in eine solche Lage begäbe, wo ich hernach die Befehle Seiner Majestät nicht mehr oder nur noch ungenügend auszuführen vermag.“ | ||
„Nein“, schüttelte Hernán von Aranjuez das Haupt, derweil das Lächeln längst wieder von seinen Zügen verschwunden war. „In drei, höchstens vier Wochen wird Dom Gwain mit dem Kaiserlichen Heer hier eintreffen | „Nein“, schüttelte Hernán von Aranjuez das Haupt, derweil das Lächeln längst wieder von seinen Zügen verschwunden war. „In drei, höchstens vier Wochen wird Dom Gwain mit dem Kaiserlichen Heer hier eintreffen und dieser Fehde ein Ende setzen. Solange wird es am besten sein, wenn den Kontrahenten möglichst wenig Umtriebe möglich sind. Wer nicht am Boltan-Tisch sitzt, der kann auch nicht spielen. Und somit auch nichts verlieren. Außerdem…“ | ||
Da war das Lächeln wieder, als sich der Baron und Junker nach rechts und links umsah, und sich dann obgleich die Luft rein schien, zum Thangolsforster hinüber beugte, und ihm hinter vorgehaltener Hand einige ganze Reihe von Sätze zu raunte… | Da war das Lächeln wieder, als sich der Baron und Junker nach rechts und links umsah, und sich dann obgleich die Luft rein schien, zum Thangolsforster hinüber beugte, und ihm hinter vorgehaltener Hand einige ganze Reihe von Sätze zu raunte… | ||
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Gendahar runzelte die Stirn. Das Problem war, dass er Dom Hernán nur schwer durchschauen konnte. Er kannte ihn einfach zu wenig. | Gendahar runzelte die Stirn. Das Problem war, dass er Dom Hernán nur schwer durchschauen konnte. Er kannte ihn einfach zu wenig. | ||
"Mir scheint es nach wie vor angemessener, Domna Richeza in die Lage zu versetzen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Lasst sie auf ihre Ehre schwören, in den nächsten Wochen nicht eigenmächtig in die Fehde einzugreifen und weiteres Blutvergießen zu verursachen... wenn sie dies nicht schwören will, dann könnt ihr sie immer noch festhalten, wenn Ihr dies für erforderlich erachtet." Er zeigte in Richtung des Jungen, der sich zu einem schattigeren Platz zurück gezogen hatte. "Wie dem auch sei, ich kann nicht ohne ihr Einvernehmen über den Jungen verfügen. Zumindest in dieser Sache muss ich mit ihr sprechen." | "Mir scheint es nach wie vor angemessener, Domna Richeza in die Lage zu versetzen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Lasst sie auf ihre Ehre schwören, in den nächsten Wochen nicht eigenmächtig in die Fehde einzugreifen und weiteres Blutvergießen zu verursachen ... wenn sie dies nicht schwören will, dann könnt ihr sie immer noch festhalten, wenn Ihr dies für erforderlich erachtet." Er zeigte in Richtung des Jungen, der sich zu einem schattigeren Platz zurück gezogen hatte. "Wie dem auch sei, ich kann nicht ohne ihr Einvernehmen über den Jungen verfügen. Zumindest in dieser Sache muss ich mit ihr sprechen." | ||
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======Richeza und Gendahar====== | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
Richezas Schulter schmerzte und ihre Stirn, dort wo sie auf dem rauen Stein auflag. Die Falten des Umhangs drückten in ihre Rippen. Allmählich wurde es warm in der Hütte, und sie hatte Durst. Sie fragte sich, was der Aranjuez mit ihr vorhatte. Wäre Praiodor nicht gewesen, er hätte es niemals so leicht gehabt, sie gefangen zu setzen! Wie weit würde sie für den Jungen gehen? | |||
Sie dachte an Ramiro, Praiodors Vater. Ihr Onkel hätte Dom Hernán schon längst den Fehdehandschuh durchs Gesicht gezogen, wenn er gewusst hätte, wie dieser sie behandelte! Wenigstens aber hätte er eine Erklärung gefordert und dann veranlasst, dass sie eine standesgemäße Behandlung erhielte! Ramiro. Sie vermisste ihn. Sein Lachen, seine scharfzüngigen Neckereien, seine Umarmung. – Wie merkwürdig: Fast war es, als müsse sie sich nun entscheiden zwischen der Familia ihres Vaters und der ihrer Mutter, Großvater, ihren Pflichten ihrem Lehen gegenüber und ihrem Vetter Praiodor auf der einen Seite und dem Kampf ihrer Tante um ihr Erbe auf der anderen Seite. | |||
Richeza folgte einem Käfer mit den Augen. Er krabbelte ganz nah vor ihrem Gesicht. Immer wieder blieb er mit zitternden Fühlern stehen und wechselte die Richtung. | |||
Die Tür ging auf. Ein helles Rechteck zeichnete sich auf dem Boden ab. Ein Schatten fiel auf Richezas Rücken. Der Käfer floh ins Dunkle. | |||
"Domna Richeza?" | |||
Es war nicht Dom Hernán. Auch keiner von den Mercenarios. Es war ... Dom Gendahar. Was wollte er hier? Wo war er die ganze Zeit gewesen, als sie ihn gesucht hatte? | |||
Sie hörte, wie er den Raum betrat, die Tür hinter sich schloss. "Domna?", fragte er erneut. | |||
Richeza presste die Lippen aufeinander. Ein Teil von ihr gab ihm die Schuld daran, dass sie jetzt hier lag, mit schmerzenden Gliedern, gefangen. Hätte sie ihn früher gefunden, hätte sie sich Dom Hernán nicht offenbaren müssen, vielleicht wäre alles ganz anders gekommen! Sollte er nur sehen, was er angerichtet hatte! | |||
Ein anderer Teil von ihr aber, der sich verdächtig nach ihrer Tante anhörte, schalt sie, sie solle sofort mit dem unweibischen Geheule aufhören. Sie sei von altfürstlichem Blute und es sei ihrer Abstammung nicht würdig, um Mitleid zu heischen. | |||
Aber wieviel Würde hatte man, wenn man in unstandesgemäßer und viel zu großer Söldlingskleidung auf dem staubigen Boden einer Steinbrecherhütte lag, gefesselt vor den Füßen eines Mannes und ihm dann noch das verweinte Gesicht zukehren sollte? | |||
'Schnauze!', dachte Richeza. 'Ich bin eine da Vanya. Eine da Vanya!' | |||
Nach langem Schweigen drehte sich Domna Richeza endlich zu dem Streitzig um, wand sich erstaunlich behände unter dem Tisch hervor, saß erst, kniete und kam dann – wenn auch schwankend – auf die Füße. Aufrecht, die Beine in den Boden gestemmt, stand sie vor ihm. Sie schüttelte sich das Haar aus dem Gesicht, doch eine Strähne blieb an ihrer feuchten Wange kleben und nahm ihr die Sicht. Richeza versuchte, sie zu ignorieren und reckte das Kinn. | |||
"Schickt Euch der Aranjuez?", fragte sie. "Oder wie kann ich Euch weiterhelfen?" | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Ancuiras|Ancuiras]] | |||
Der Thangolforster wartete, bis Richeza ihm gegenüber trat. Sie sah reichlich mitgenommen aus, was aber auch kein Wunder war. Es widerstrebte ihm, eine Domna wie Richeza in einer solchen Verfassung zu sehen. Kurz flammte der Gedanke auf, doch zu versuchen, ihr zur Flucht zu verhelfen, wie aussichtslos das auch scheinen mochte, aber ihr stolzes und kühles Auftreten belehrte ihn eines Besseren ... | |||
Vom Aranjuez geschickt? Sie hatte Nerven! Offensichtlich erwartete sie von ihm keinerlei Unterstützung - auch gut. Sollte sie allein zurechtkommen, sie war schon mit anderen Situationen fertig geworden und sie würde ja allenfalls bis zum Eintreffen des Marschalls festgehalten werden. | |||
"Die Tage, an denen ich mich von jemandem irgendwohin schicken lasse, sind seit meiner Knappenzeit vorbei", sagte er kühl. "Ich habe meine Meinung dazu, was Eure Festnahme angeht, aber mir scheint, das macht Ihr mit 'dem Aranjuez' besser selbst aus." Er schüttelte den Kopf. "Ich bin wegen des Jungen hier, der ja auch mein Neffe ist. Er kann nicht hierbleiben. Wenn Ihr einverstanden seid, nehme ich ihn mit nach Ragath. Dort werde ich in Erfahrung bringen, wo sich Dom Stordan aufhält. Dann soll dieser entscheiden, was weiterhin geschieht." | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
"So, Ihr seid also wegen des Jungen hier." Richeza lächelte dünn und blickte an ihm vorbei zur Tür. Die Lippen zusammengepresst rang sie innerlich um Beherrschung. Was hatte sie erwartet? Dass er sie losschneiden, den Aranjuez erschlagen und auf einem der Rösser mit ihr davon galoppieren würde, wie El'Fenneq damals, der Wüstenfuchs, der sie vom Sklavenmarkt in Omlad und so aus der Gefangenschaft des Beys von Fercaba befreit hatte? Wohl kaum! Dennoch kostete es sie alle Mühe, sich nicht der Verzweiflung hinzugeben, die Fassung zu wahren. | |||
Sie schwieg eine Weile, aus Angst, ihre Stimme könne sie verraten, wischte sich mit der Schulter die Strähne aus dem Auge, was allerdings nur bewirkte, dass ihr weitere Haare ins Gesicht fielen. Richeza schloss die Augen und atmete tief ein und wieder aus, leckte sich über die spröden Lippen und sah ihn wieder an. Es ging um Praiodor! | |||
Sie nickte, noch immer stumm. | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Ancuiras|Ancuiras]] | |||
Sie nickte nur, blickte ihn aber sonst nicht an. Das hieß wohl, er soll den Jungen nehmen und sich "zum Aranjuez" scheren. | |||
Sie hatte wohl doch mehr von ihrer Tante in ihr, als sie zugeben wollte. Hätte Dom Hernán ihn gefangen genommen, wären die da Vanyas ihm zuhilfe gekommen, einem Mitglied der Familia, die ihnen den Marmorthon geraubt hatten? Wohl kaum ... | |||
"Ich gehe davon aus, Dom Hernán behandelt Euch Eurem Stand angemessen." | |||
Keine Antwort. | |||
"Nun gut, dann verabschiede ich mich. Es wird sich sicher bald alles aufklären." | |||
Doch selbst in seinen eigenen Ohren klangen seine Worte hohl ... um der peinlichen Situation ein Ende zu bereiten, machte er auf dem Absatz kehrt und ging. | |||
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'''Autoren:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]], [[Benutzer:Ancuiras|Ancuiras]] | |||
"Wartet!", rief Richeza heiser, als er die Tür erreicht hatte und machte zwei Schritte auf ihn zu. "Bitte!" | |||
Gendahar blieb stehen und wandte sich um. "Wie kann ich Euch helfen?" | |||
"Bitte geht nicht, ohne mir zu versprechen, dass Ihr alles in Eurer Macht Stehende tun werdet, um den Jungen in Sicherheit zu bringen. Bitte versprecht mir, dass ihm nichts geschehen wird! Er ist doch nur ein Kind! Er kann doch nichts für all das hier!" Flehentlich sah sie ihn an. "Bitte!", sagte sie leise. | |||
"Natürlich verspreche ich das! Macht Euch um den Jungen keine Sorgen." Er betrachtete die verzweifelte Miene Richezas. Wie kam sie nur auf den Gedanken, jemand wolle dem Jungen Schaden zufügen? Sie schien das alles mehr mitzunehmen, als er gedacht hatte. "Domna Richeza, seid versichert, weder dem Jungen noch Euch wird etwas Übles geschehen ... Dom Hernán scheint zu befürchten, dass Ihr in die Fehde eingreifen würdet - gegen die ausdrückliche Order des Kaisers, die er doch umzusetzen hat ... auch er hat nur Eure Sicherheit im Blick, auch wenn seine Methoden etwas ... rabiat erscheinen mögen." | |||
Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Jetzt hatte er doch Hernáns Handeln verteidigt. Aber er wollte Richeza einen Teil ihrer Sorgen nehmen. Etwas linkisch, wie man es sonst kaum von ihm gewohnt war, verbeugte er sich. "Wir müssen aufbrechen. Wie ich sagte, ich werde mich um Praiodors Wohl kümmern. Seid unbesorgt." Abermals wandte er sich ab. | |||
"Meine Sicherheit?", fragte Richeza bitter. "Glaubt er, ich fühlte mich sicherer mit gebundenen Händen, eingesperrt in eine Hütte? Das glaubt Ihr doch selbst nicht, Dom Gendahar, dass er im Mindesten um meine Sicherheit besorgt ist! Um seinen Ruf vielleicht, darum, seinen Befehl auszuführen. Warum redet er nicht mit mir? Er verlangt mein Ehrenwort, dass ich mich ergeben und nicht fliehen solle, aber zu versprechen, die Waffe nicht wider die Feinde meiner Tante zu erheben, bat er mich nie. | |||
Glaubt Ihr, ich will, dass Domna Rifada ihr Leben riskiert in einem sinnlosen Geplänkel, während die Ferkinas unser aller Sicherheit gefährden? Gewiss nicht! Aber so - so wird er sie bestimmt nicht besänftigen. Wenn sie von dem hier erfährt, wird sie erst recht zornig sein und das zurecht! Und ich habe keine Möglichkeit mehr, auf sie Einfluss zu nehmen, so gering meine Hoffnungen gewesen sein mögen. Nein, Dom Gendahar, mit meiner Sicherheit hat das hier nichts zu tun, im Gegenteil! Aber wenn Ihr für das Wohl des Jungen sorgt, so will ich Euch danken, denn es befreit mich von der Last, mehr als für ''mein'' Leben verantwortlich zu sein." | |||
Gendahar nickte stumm, denn er wusste ja, dass sie eigentlich recht hatte. Bis auf das, was sie zu Domna Rifada gesagt hatte. Er war sich absolut nicht sicher, ob sie nicht ihr Leben riskieren würde in einem Kampf, der in den Augen anderer sinn- und aussichtslos erschien. | |||
"Domna Richeza", sagte er statt einer Antwort und verließ die Hütte. | |||
Richeza atmete hörbar aus und schloss die Augen. Dann ließ sie sich auf dem Boden nieder, lehnte den Hinterkopf an die Wand und lauschte den sich entfernenden Schritten. | |||
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Er schaute nochmal auffordernd zu der Tochter seines Herrn, wohl um ihr zu sagen, dass auch ihr eine Entschuldigung gut stehen würde. Romina zog die Stirn in Falten. "Verzeiht, Castellan, dürfte ich Euch wohl unter vier Augen sprechen?" | Er schaute nochmal auffordernd zu der Tochter seines Herrn, wohl um ihr zu sagen, dass auch ihr eine Entschuldigung gut stehen würde. Romina zog die Stirn in Falten. "Verzeiht, Castellan, dürfte ich Euch wohl unter vier Augen sprechen?" | ||
Sie wartete nicht auf eine Erwiederung, sondern trieb ihr Tier zu einer Hütte, glitt zu Boden und ging steifbeinig in die Hütte. | Sie wartete nicht auf eine Erwiederung, sondern trieb ihr Tier zu einer Hütte, glitt zu Boden und ging steifbeinig in die Hütte. | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Romina Alba|Romina Alba]] | |||
Nicht allzu lange später kam eine sichtlich wütende Comtessa wieder aus der Hütte, in die Dom Rondrigo ihr gefolgt war. Sie schnappte sich das sattellose Pferd und ging den Begleiter der Harmamunderin suchen. Berengar war nicht schwer zu finden. Er hatte sich mit seinem kaputten Sattel vor einer Hütte niedergelassen und versuchte selbigen fluchend zu reparieren. Romina band sein Pferd nebem ihm fest. | |||
"Ein gutes Tier, Dom Berengar", sie versuchte ein Lächeln, "verzeiht, dass ich es nicht geschafft habe, Eure Herrin von ihrem gefährlichen Vorhaben abzubringen. Dom da Vanya einzuholen war undenkbar, sogar mit Eurem Tier. Mögen beide von den Zwölfen beschützt werden." | |||
Wärenddessen war Dom Rondrigo ebenfalls aus der Hütte getreten. Lautstark rief er nach von Silvansbühler, obwohl diese fast neben ihm stand und befahl ebenso laut den Aufbruch nach Albacim in einem Stundenmaß. Man solle nach Dom Gendahar suchen und auch diesem Bescheid geben. | |||
Romina verzog säuerlich das Gesicht, als die Stimme des Castellan durch das Lager hallte. | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Simanca|Simanca]] | |||
Vorsichtig blinzelnd spähte Zaida von ihrem Platz bei dem Söldner zur Comtessa hinüber. Wie von dieser angewiesen, hatte sie sich die Zügel des Tieres geschnappt und war dann mit selbigem im Schlepptau zu dem Söldner marschiert, der ihr unbewusst sein Pferd geliehen hatte. Ihr bestes Unschuldsmienchen aufgesetzt, hatte sie sich bei selbigem brav entschuldigt und ihm versprochen, als Wiedergutmachung bis Ragath den Pferdedienst für ihn zu versehen. | |||
Der Söldner schien wohl auch nicht so ganz zu wissen, woran er nun denn war, sodass er - natürlich wenig begeistert, aber auch unsicher, was er sonst hätte fordern sollen, angesichts des abgerissenen Zustands der jungen Domnita - missmutig zugestimmt hatte. | |||
So versuchte die junge Waldwachterin, die Laune ihrer angestrebten Herrin zu erspüren und machte sich geistig eine Notiz, daheim in der Waldwacht dringend nach ihrem Liebling zu schauen, sobald sie wieder auf Las Dardas wäre. Eigen Pferd war eben wirklich Gold wert. Und sie würde dem Hübschen schon beibringen, jeden Ferkina niederzutrampeln, der ihm was wollte. | |||
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======Moritatio====== | ======Moritatio und Morena====== | ||
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"Ay!", rief sie und lenkte das bedauernswerte Geschöpf, auf dem sie saß, zum Castillo des Feindes. | "Ay!", rief sie und lenkte das bedauernswerte Geschöpf, auf dem sie saß, zum Castillo des Feindes. | ||
* ''Die Geschichte um Domna Romina, Domnita Zaida und Dom Gendahar wird hier fortgesetzt: [[Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 16|Schauplatz: Selaque, Teil 16]].'' | |||
* ''Die Geschichte um Domna Richeza und Dom Hernán wird hier fortgesetzt: [[Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 16|Schauplatz: Selaque, Teil 16]].'' | |||
* ''Die Geschichte um Dom Moritatio wird hier fortgesetzt: [[Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 17|Schauplatz: Selaque, Teil 17]].'' | |||
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