Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 04: Unterschied zwischen den Versionen

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"Nun lauf doch!", rief Dulcinea frustriert, trat diesmal jedoch vorsichtiger zu. Prustend lief das Pferd an, doch seine Bewegungen waren unregelmäßig, und wann immer Dulcinea es nicht antrieb, blieb es stehen. Auch das noch: Es lahmte! Nicht lange, und die junge Frau musste sich eingestehen, dass sie an diesem Abend nicht mehr weit käme. Sie musste ein Gehöft finden, irgendwo unterkommen!
"Nun lauf doch!", rief Dulcinea frustriert, trat diesmal jedoch vorsichtiger zu. Prustend lief das Pferd an, doch seine Bewegungen waren unregelmäßig, und wann immer Dulcinea es nicht antrieb, blieb es stehen. Auch das noch: Es lahmte! Nicht lange, und die junge Frau musste sich eingestehen, dass sie an diesem Abend nicht mehr weit käme. Sie musste ein Gehöft finden, irgendwo unterkommen!


Eine halbe Stunde, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, führte Dulcinea das Tier am Zügel, doch sie passierte keinen Hof. Jedenfalls keines am Wegrand, und auch sonst sah sie kein Licht. Sie war inzwischen selbst zweimal umgeknickt, müde und ihr war kalt. Ihr Gesicht brannte bei jeder Bewegung, und ihre Füße taten ihr weh. Das schlimmste aber war: Der Wein war alle!
Eine halbe Stunde, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, führte Dulcinea das Tier am Zügel, doch sie passierte keinen Hof. Jedenfalls keinen am Wegrand, und auch sonst sah sie kein Licht. Sie war inzwischen selbst zweimal umgeknickt, müde und ihr war kalt. Ihr Gesicht brannte bei jeder Bewegung, und ihre Füße taten ihr weh. Das schlimmste aber war: Der Wein war alle!


Als sie eine Baumgruppe am Rand der Aliner Kuppen erreichte, konnte sie nicht mehr. Sie führte die Stute zwischen die Bäume, band sie an einen Strauch und ließ sich erschöpft zu Boden sinken. Die Arme um die Knie geschlungen, starrte sie in die Dunkelheit. Sie wagte nicht, das Pferd abzusatteln und genauso wenig, zu schlafen. Bei jedem Rascheln im Gras, jedem Ruf eines Käuzchens, zuckte sie zusammen. Schließlich nahm sie den Degen zur Hand, den sie sich aus der Waffenkammer genommen hatte – eine prunkvolle Waffe mit einem Rubin am Knauf – und hielt ihn wie einen Stachel vor sich in die Dunkelheit. Nicht, dass sie sich damit zu erwehren gewusst hätte, hätte ein Ferkina oder auch nur ein Hund es auf sie abgesehen, und doch war es das einzige, was sie vor all den bösartigen Wesen der Finsternis beschützen konnte und wenigstens ein bisschen beruhigte.
Als sie eine Baumgruppe am Rand der Aliner Kuppen erreichte, konnte sie nicht mehr. Sie führte die Stute zwischen die Bäume, band sie an einen Strauch und ließ sich erschöpft zu Boden sinken. Die Arme um die Knie geschlungen, starrte sie in die Dunkelheit. Sie wagte nicht, das Pferd abzusatteln und genauso wenig, zu schlafen. Bei jedem Rascheln im Gras, jedem Ruf eines Käuzchens, zuckte sie zusammen. Schließlich nahm sie den Degen zur Hand, den sie sich aus der Waffenkammer genommen hatte – eine prunkvolle Waffe mit einem Rubin am Knauf – und hielt ihn wie einen Stachel vor sich in die Dunkelheit. Nicht, dass sie sich damit zu erwehren gewusst hätte, hätte ein Ferkina oder auch nur ein Hund es auf sie abgesehen, und doch war es das einzige, was sie vor all den bösartigen Wesen der Finsternis beschützen konnte und wenigstens ein bisschen beruhigte.
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Dulcinea knetete ihre Finger vor ihrem Bauch und suchte fieberhaft nach Worten. Stattdessen liefen ihr erneut die Tränen aus den Augen, und die Angst schnürte ihr die Kehle zu. "Ich ... ich ... nichts, Vater, ich habe nichts ...", stieß sie schließlich schluchzend hervor, dann wurde sie des Blickes gewahr, den der Anführer der Waffenknechte ihr zuwarf, der sie mit herablassender Ausdruckslosigkeit musterte. So, wie der alte Rigoroso sie stets betrachtet hatte, wenn er sie überhaupt eines Blickes gewürdigt hatte.  
Dulcinea knetete ihre Finger vor ihrem Bauch und suchte fieberhaft nach Worten. Stattdessen liefen ihr erneut die Tränen aus den Augen, und die Angst schnürte ihr die Kehle zu. "Ich ... ich ... nichts, Vater, ich habe nichts ...", stieß sie schließlich schluchzend hervor, dann wurde sie des Blickes gewahr, den der Anführer der Waffenknechte ihr zuwarf, der sie mit herablassender Ausdruckslosigkeit musterte. So, wie der alte Rigoroso sie stets betrachtet hatte, wenn er sie überhaupt eines Blickes gewürdigt hatte.  


Dulcinea schluckte und riss sich zusammen, wischte sich über das zerschundene Gesicht und platzierte ihre Hände wie zufällig so, dass ihr Vater die Schnitte an ihrem linken Arm sehen konnte. "Vater", sagte sie, und bezwang das Zittern in ihrer Stimme. "Alina brennt. Söldner. Söldner, Vater: Ein ganzes Heer ist dort einmarschiert. Sie haben alles niedergebrannt und geplündert. Geraubt, gemordet und die Fellachinnen geschändet. Oh nein, keine Sorge ...", sagte sie, und die Wut über alles, was sie aufgrund der Mercenarios hatte erleiden müssen, gewann die Oberhand, "mich bestimmt nicht! Ich habe mich ihnen mit der Waffe in der Hand entgegen gestellt. Aber es waren zu viele Vater. Und sie wollen auch Euch, also musste ich Alina verlassen, um Euch zu warnen."  
Dulcinea schluckte und riss sich zusammen, wischte sich über das zerschundene Gesicht und platzierte ihre Hände wie zufällig so, dass ihr Vater die Schnitte an ihrem linken Arm sehen konnte. "Vater", sagte sie, und bezwang das Zittern in ihrer Stimme. "Alina brennt. Söldner. Söldner, Vater: Ein ganzes Heer ist dort einmarschiert. Sie haben alles niedergebrannt und geplündert. Geraubt, gemordet und die Fellachinnen geschändet. Oh nein, keine Sorge ...", sagte sie, und die Wut über alles, was sie aufgrund der Mercenarios hatte erleiden müssen, gewann die Oberhand, "mich bestimmt nicht! Ich habe mich ihnen mit der Waffe in der Hand entgegen gestellt. Aber es waren zu viele, Vater. Und sie wollen auch Euch, also musste ich Alina verlassen, um Euch zu warnen."  


Die junge Frau setzte ihre Erzählung fort, berichtete, wie die Söldner das Pferd malträtiert hatten, wie sie das arme Ross hatte schinden müssen, um ihnen zu entkommen, wie sie sich nachts vor Ferkinas hatte verbergen müssen. Die Wut ließ sie tatsächlich glauben, all das erlebt zu haben, ihre Stimme war fest und überzeugend, und doch trug sie nicht ganz so dick auf, wie sie es während des letzten Tage – aus Angst! – vorgehabt hatte.
Die junge Frau setzte ihre Erzählung fort, berichtete, wie die Söldner das Pferd malträtiert hatten, wie sie das arme Ross hatte schinden müssen, um ihnen zu entkommen, wie sie sich nachts vor Ferkinas hatte verbergen müssen. Die Wut ließ sie tatsächlich glauben, all das erlebt zu haben, ihre Stimme war fest und überzeugend, und doch trug sie nicht ganz so dick auf, wie sie es während des letzten Tage – aus Angst! – vorgehabt hatte.
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Als sie geendet hatte, war nichts mehr übrig von dem weinenden Mädchen, das von Söldnern in diesen Hof gezerrt worden war. Als sie geendet hatte, war sie Dulcineo Rigoroso, der tapfere Enkel ihres Großvaters. Sie ballte die Fäuste. "Nehmt jeden Mann und jede Frau mit, die Ihr kriegen könnt, Vater! Und dann lasst uns zurückreiten und diesen Bastarden das Fell gerben!" Ihre Augen blitzten entschlossen, selbst überzeugt von ihrer Heldengeschichte. "Ich will nicht eher ruhen, als bis jeder einzelne von ihnen im eigenen Blut liegt!" Eine solche Wut sprach aus ihrer Stimme, dass sogar der bärtige Anführer der Waffenknechte erstaunt – ja: fast anerkennend – die Brauen hob.   
Als sie geendet hatte, war nichts mehr übrig von dem weinenden Mädchen, das von Söldnern in diesen Hof gezerrt worden war. Als sie geendet hatte, war sie Dulcineo Rigoroso, der tapfere Enkel ihres Großvaters. Sie ballte die Fäuste. "Nehmt jeden Mann und jede Frau mit, die Ihr kriegen könnt, Vater! Und dann lasst uns zurückreiten und diesen Bastarden das Fell gerben!" Ihre Augen blitzten entschlossen, selbst überzeugt von ihrer Heldengeschichte. "Ich will nicht eher ruhen, als bis jeder einzelne von ihnen im eigenen Blut liegt!" Eine solche Wut sprach aus ihrer Stimme, dass sogar der bärtige Anführer der Waffenknechte erstaunt – ja: fast anerkennend – die Brauen hob.   


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'''Autor''': [[Benutzer:SteveT|SteveT]]
Ordonyo di Alina, der im Bosquirtal nur El'Saksağan, die Elster, genannt wurde, war bei Dulcineas Bericht erst weiß und dann puterrot geworden. "WER HAT DAS GETAN? WER WAGT SO ETWAS?", brüllte er seine Tochter und den Capitan seiner Waffenknechte gleichermaßen an und trat wuchtig gegen den Tisch, sodass die Karte und die Holzklötzchen durch die Luft flogen.
"[[Rifada da Vanya|Rifada]]! Das war die verfluchte Vanyadâlerin!", beantwortete er sich seine Frage umgehend selbst und stampfte zornig mit dem Fuß auf. "Ich hätte sie abstechen können, als sie in Ketten in unserem Kerker hing. Aber nein, unsere achso-praiosfromme Vogtin wollte ihr ja unbedingt den Proceß machen - und das haben wir nun davon! Sie ist uns entwischt - aber wie kann sie so schnell mit Mietlingen nach Alina gelangt sein? Irgendjemand muß ihr geholfen haben, ihre Sippschaft in Schrotenstein und Ragathsquell per Brieftaube zu verständigen! Aber das wird nicht ungesühnt bleiben! Jetzt machen wir sie und das ganze Da-Vanya-Pack endgültig kalt! Eine Elster raubt selbst - aber niemand raubt aus ihrem Nest und kommt mit dem Leben davon!"
Er schritt einen Moment still grübelnd wie ein gereiztes Raubtier im Zimmer auf und ab. 
"Pardoniert's mir, Euer Wohlgeboren!", verschaffte sich vorsichtig der Capitan Gehör. "Aber wir haben hier nur acht Leute, und Eure Tochter sprach offenbar von einer kleinen Armee - wir brauchen zunächst einmal Verstärkung ..."
"Schnauze! Das weiß ich selbst!", fuhr ihn El' Saksağan an. "Wir müssen selbst ein Terzio ausheben und es ihnen mit gleicher Münze heimzahlen. Aber dafür brauche ich Geld, und das lagerte im Keller meines Hauses! Das einzige, was ich im Moment an Wertvollem habe, ist Land - viel Land, das wird uns als Pfand dienen!"
Er deutete auf seine Tochter: "Kind, du musst nach Punin reiten, zu einem Bankier [[Ridolfo Albizzi|Alabizzi]] oder [[Torquato Tournaboni|Tournadingsbums]] und einen Credit über 1000 Dukaten aufnehmen ... hm, nein - nicht nach Punin, Das dauert zu lange! Du reitest nach Ragath zu Dom [[Ludovigo Sforigan|Vigo Sforigan]]! Bestell ihm Grüße von mir - ich brauche drei Dutzend seiner Hakenspieße - das schlimmste und abgefeimteste Gesindel, das er anzubieten hat! Er erhält sein Blutgeld, sobald ich meinen Besitz wieder habe - das nun mir gehörige Dorf Elenta soll ihm einstweilen als Sicherheit dienen! Und wenn du schon in Ragath bist, wirst du auch dem gräflichen Castellan deine Aufwartung machen! Erzähl ihm von dem Überfall auf Alina und wer dahintersteckt! Ich will, dass die Grafenkrone gegen diese landfriedensbrecherische Sippschaft vorgeht!"
Erst jetzt, als er seinen Monolog beendet hatte und sein erster Zorn etwas verflogen war, wurde ihm vollends bewusst, was seine Tochter gerade gesagt hatte.
"Du hast dich also mit der Waffe in der Hand den Feinden entgegengestellt, die an unser Hab und Gut wollten? Recht getan, mein Kind - so handelt eine Alina! Aber was ist mit dem Vieh und vor allem mit den Pferden? Konnten sie wenigstens gerettet werden?" In seiner Frage schwang eine unausgesprochene Drohung mit, dies besser zu bejahen, dann andernfalls sogleich der nächste Wutausbruch folgen würde.
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'''Autor''': [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Dulcinea schluckte. Ihr Mut begann bereits wieder zu sinken. Nach [[Ragath]] sollte sie reiten. Allein etwa? Und mit dem Söldnerpack eines der berüchtigsten [[Condottiere]]s Almadas verhandeln? Ja: Mit der Castellan des Grafen gar? Was sollte sie denn da sagen? Sie hatte keine Ahnung von Verhandlungen. Die würden sie doch einfach über den Tisch ziehen!
"Natürlich habe ich an das Vieh gedacht, Vater", sagte sie, nicht mehr ganz so selbstsicher. Sie war müde und hatte Kopfschmerzen. Jetzt, da sie in Sicherheit war, wollte sie nur noch schlafen. Nein: Vorher wollte sie Wein. War das etwa Wein dort in dem Krug zu Füßen des bärtigen Söldnerführers? Seufzend riss sich Dulcinea selbst aus den Gedanken.
"Ich habe den Hirten befohlen, das Vieh von der Weide zu treiben und die Pferde in dem kleinen Tal in den Aliner Kuppen in Sicherheit zu bringen. Wehe, wenn die Taugenichtse nicht auf sie aufgepasst haben! Mehr konnte ich nicht tun, Vater! Ich hoffe nur, die Söldner kennen nicht den Weg hierher", kam ihr plötzlich ein beunruhigender Gedanke. Sie war nicht sehr schnell vorangekommen. Die Mercenarios waren größtenteils beritten gewesen, soweit sie gesehen hatte. Nicht, dass sie noch in der Nacht in Elenta auftauchten! "Wir müssen hier weg, Vater! Das Dorf ist nicht befestigt! Sie werden Euch töten, wenn sie Euch in die Hände kriegen!" Und mich, dachte sie, und vor allem auch mich.




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