Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 03: Unterschied zwischen den Versionen

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=====27. Praios, vormittags=====
'''Beim Wegkreuz von Orvitello'''
Rifada hatte die Nacht nach ihrem Aufbruch von Undinias Hütte unter freiem Himmel in einem Pinienhain verbracht. Jetzt schritt sie bei strahlendem Sonnenschein kräftig aus, auch wenn sie ein Bärenhunger plagte. Gleich war sie beim Wegekreuz von Orvitello, spätestens da musste sie sich entscheiden, wohin sie sich wenden sollte. Sie konnte in die Mark Ragathsquell zum Castillo Quazzano ziehen - selbst wenn sie Amando dort wahrscheinlich nicht antraf, konnte sie zumindest einige Waffenknechte der Familia rekrutieren und sich selbst wieder adäquat ausrüsten und panzern. Aber der Weg nach Ragatien war weit - zumal zu Fuß - und sie würde zu viel Zeit verlieren. Nach Schrotenstein wäre es etwas näher und auf der dortigen Burg gab es mehr Wachen - aber auch dort war es höchst unwahrscheinlich, daß sie ihren Vetter Lucrann antraf. Dem Nichtsnutz war ja sein lumpiges Rittergut im hinterwäldlerischen Weiden wichtiger als sein Mutterlehen in Almada. Und ohne die Zustimmung Belisethas, die im noch weiter entfernten Wildenfest saß, würde ihr Lucranns Administrador wahrscheinlich nicht einmal einen einzigen Waffenknecht unterstellen - schon gar nicht für eine Blutfehde, die weitreichende Konsequenzen für sie alle nach sich zog. Nein, nein - es blieb ihr nur eine Möglichkeit: die Amazonen zu verständigen! Sie musste hinauf auf den verfluchten Djer Kalkarif!<br>
Schon kam das Kreuz von Orvitello vor ihr in Sicht, wo sich der Weg nach Elenta und Ragatien, nördlich nach Kornhammer oder südwärts nach Selaque gabelte. Am Wegesrand der Kreuzung lungerten zwei verlodderte Kerle im Schatten eines alten Olivenbaumes herum, die sich langsam erhoben, als sie näherkam und die dort offenbar auf sie oder andere Wanderer warteten.<br>
Der kleinere der beiden war mit zahlreichen Messern bewaffnet, die in einer Bauchschärpe steckten. Sein zwei Köpfe größerer und vollbärtiger Compadre trug ein mächtiges Falcata, ein Söldlingsschwert zu anderthalb Hand, lässig über der Schulter.<br>
"Wohin so rasch des Weges, gute Frau?" stellte sich der Kleinere der beiden mitten auf den Weg und wartete bis sie ganz dicht heran war. "Ich fürchte, es wird eine kleine Maut fällig, wenn Du den Weg weiter benutzen willst."<br>
"Gut, daß ich euch beiden treffe!" nickte Rifada."Ich brauche Deinen Lederharnisch und von Dir das Falcata. Los, hopp hopp - her damit! Es geht um das Wohlergehen unseres Landes!"<br>
''"Gut daß Du uns trifftst?"'' wiederholte Messer-Manzanares, der gefürchteste Wegelagerer von ganz Selaque, ungläubig und warf seinem Cumpan Pepote einen irritierten Blick zu. So hatte sie noch nie ein Opfer
begrüßt. Ob das Weib in der prallen Sonne der Steinbrüche wahnsinnig geworden war? Die eisernen Mannschetten an den Handgelenken wiesen sie ja zweifelsfrei als entflohenen Sträfling aus.<br>
"Hör zu, Weib! WIR sind hier die Räuber! Du gibst uns Deinen Säbel und wenn Du dann noch ein bißchen nett zu uns bist und dabei schön stillhälst und alles mit Dir machen lässt, dann verzichten wir vielleicht darauf, eine entlaufene Schwerverbrecherin wie Dich bei unserer Herrin, der Frau Reichsvogtin, abzuliefern."<br>
Er grinste vieldeutig und streckte die linke Hand nach den melonengroßen Brüsten der Wanderin aus, über denen sich ihr löchriges Gewand spannte. Ehe jedoch seine Finger auch nur den zerschlissenen Stoff berührten, fing er sich einen Faustschlag ein, der ihn drei Schritt rückwärts taumeln und dann auf den Hosenboden niederstürzen ließ. <br>Sein Gesicht brannte, als ob er frontal von einem Katapultgeschoß getroffen worden war.<br>
Rifada schüttelte fluchend ihre schmerzende Rechte. Sie hatte vergessen, daß sei keine Panzerhandschuhe mehr trug und dem Scheißkerl so fest eine eingeschenkt, daß sie sich dabei selbst den Mittelfinger verstaucht oder gebrochen hatte.<br>
"Hört zu, ihr Canaillen!" schimpfte sie. "Es verhält sich genau umgekehrt! ICH bin eure Herrin und die Schwerverbrecherin ist die Reichsvogtin!"<br>
Der niedergestreckte Strauchdieb spuckte kopfschüttelnd eine blutrote Speichelpfütze aus. Seine beiden schwarzen oberen Schneidezähne schwammen darin.<br>
"Fie hat mir die Fähne ausgeflagen! Töte fie!" befahl er seinem verdutzt glotzenden Kameraden.<br>
Aber ehe dieser das grobschlächtige Falcata überhaupt nur von der Schulter hatte, spürte er schon Rifadas Säbelklinge am Hals. "Vergiss' das besser gleich, Du Rohal! Wenn ich Dich rasiere, wächst Dir Dein Lebtag kein Bart mehr!"<br>
Widerstandslos ließ sich der Hüne von ihr das Schlachtschwert aus der Hand winden und ging dann lieber in Deckung, da sie es probehalber ein paar Mal durch die Luft sausen ließ.
"Ein ekelhaftef Weib!" schimpfte Messer-Manazanares mit nacktem Oberkörper und dick angeschwollenen Lippen und schaute wehmütig seinem guten Harnisch und Pepotes Schwert hinterher, die sich mit der Fremden auf der staubigen Landstraße nach Süden langsam aus ihrem Blickfeld entfernten.<br>
"Mmmhh!" brummte sein Cumpan genauso niedergeschlagen als Zeichen der Zustimmung. "Wüsste zu gerne, wer das war. So einen Wumms hat doch kein normales, anständiges Weibsbild..."




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