Chronik.Ereignis1038 Hochzeitsturnier zu Elenvina 03

Elenvina, 26. Tsa 1038 BF

Tjostplatz unterhalb der Veste Eilenwïd-über-den-Wassern, am Morgen

Autor: Der Sinnreiche Junker

Hernán von Aranjuez ließ sein Ross an der Schildwand entlang tänzeln, wobei er kurz beim Schild Servando Cronbieglers inne hielt. Nahe Zuschauer mochten ein verächtliches Lächeln in seinem Antlitz gesehen haben, als er die seiner Meinung nach anmaßende Wappenwahl des jungen Caballeros studierte. Kurz schien sich seine Lanzenspitze zu senken, doch lenkte er sein Pferd weiter, und berührte schließlich den Wetterwachter Burgturm.

Dem alten Dom Giromo war die Erleichterung geradezu anzusehen, dass der Baron und Junker Wort gehalten hatte, und es nicht soweit hatte kommen lassen, dass dieser Laffe Azzato ihn würde herausfordern können. Mit Frau Rondras Gunst würde umgekehrt er ihn in der nächsten Runde fordern können. Freilich hatte der Bosquirtaler erst einige Male blinzeln müssen, ehe er sich mit seinen müden Augen – und dem Nicken anderer Teilnehmer um ihn herum – sicher gewesen war. Mit entsprechend freudestrahlendem Antlitz ritt er auf seine Seite der Schranken, grüßte seinen Herausforderer mit erhobener Lanze, und schloss dann das Visier. Sein Gegner tat es ihm gleich, hob die Lanze, und schloss beinahe noch mit derselben Bewegung sein Helmvisier. Einen Augenblick später stemmten sich die Hinterläufe seines Rosses in den Sand des Turniergrundes, als der Schwarze Junker lospreschte.

Giromo von Wetterwacht ritt seinerseits in die Schranken und senkte die Turnierlanze gegen den anreitenden Aranjuezer. Nur Augenblicke später war dieser mit seinerseits gesenkter Lanze heran, und in einer Wolke aus Holzsplittern barsten beide Lanzen an der Deckung des jeweils anderen. Die beiden Streiter schwankten im Sattel, doch keiner von beiden fiel. Der alte Caballero hatte sogar noch ein klein wenig besser gezielt, doch nannte der Baron und Junker das bessere Ross sein Eigen, sodass beide unter dem Jubel der Zuschauer unbeschadet die jeweils andere Seite für einen erneuten Durchgang erreichten.

Kleine Wölkchen stiegen aus Nüstern und Visierschlitzen in die kühle Luft, als Ross und Reiter mit neuen Lanzen abermals gegeneinander in die Schranken ritten. Sand und Dreck spritzten, als die Pferde und mehr und mehr beschleunigten, und wieder krachte es, als die Recken aufeinander trafen. Dieses Mal aber konnte Hernán von Aranjuez den ungenauen Stoß seines Gegners so mühelos abwehren, dass dessen Lanze gar ohne zu Brechen an seinem Schild abglitt, während ihm selbst im Gegenzug ein vorbildlicher Treffer gelungen war, sodass es nicht nur die Holzsplitter seiner Lanze regnete, sondern dazwischen auch der Bosquirtaler mit lautem Scheppern zu Boden ging.

Wie durch ein Wunder blieben die alten Knochen des Kämpen heil, sodass er sich schon wieder rührte, als sein siegreicher Kontrahent auf dem Rückweg an ihm vorbei ritt. Beide Ragatier bezeugten sich mit erhobener Rechten ihres gegenseitigen Respekts und grüßten sodann das Brautpaar, ehe sie unter wohlwollendem Handgeklapper des Publikums die Turnierbahn verließen, der eine hoch zu Ross, der andere schwankend zu Fuß.

[...]

Viel Auswahl hatte man Azzato von San Owilmar nicht gelassen, als er im letzten Drittel des Feldes der Reizer an der Reihe war. Während er sein Ross rasch an den Schilden solch illustrer Namen wie Wallbrord von Löwenhaupt-Bergs vorbei lenkte, schien er einen Moment lang mit dem Gedanken zu spielen seine Landsfrau Catalin Alcorta zu fordern. Stattdessen aber berührte er mit der Lanzenspitze die weiße Schlehenblüte Quelinia von Schlehengrunds.

Wie schon bei der Parade zuvor gestattete sich der gutaussehende Caballero einen reichlich großzügig bemessenen Schwenk in Richtung der Tribüne, und nutzte die Zeit derweil seine Kontrahentin in den Sattel ihres Hengst stieg, um einigen Damen im Publikum feurige Blicke zuzuwerfen.

Irgendwann aber hatte er sein Ross dann doch in die Schranken gelenkt, wo die Ritterin ihn bereits erwartete. Sollte die Koradinerin ob des Schauspiels ungeduldig geworden sein, so ließ sie es sich zumindest nicht anmerken. Beide hoben ihre Lanzen zum Gruße, schlossen die Visiere und gaben ihren Rössern die Sporen.

Während die Nordmärkerin sichtlich mehr Kraft in ihren Stoß gelegt hatte, schien der bosquirtaler Geck seinen Moment auf der großen Bühne weidlich auskosten zu wollen, indem er sich vor allem auf die Abwehr ihrer Lanze konzentrierte, um noch einmal in die Schranken reiten zu können. Dennoch gelang es ihm seine Lanze ins Ziel zu lenken, doch fehlte es dem Stoß an Wucht, um die Schlehengrunderin ernstlich in Gefahr zu bringen. Ihr Angriff hingegen ließ ihn im Sattel schwanken, sodass sich seine aus Eitelkeit geborene Entscheidung im Nachhinein als goldrichtig erwies.

Am anderen Ende der Turnierbahn angekommen, ließen sich beide Streiter eine neue Lanze reichen, um dann abermals gegeneinander zu preschen. Dieses Mal legte er mehr Kraft in seinen Lanzenstoß, doch ließ seine Gegnerin diesen gekonnt an ihrem Schild abgleiten, während ihr formidabler Stoß mühelos seine Deckung überwand, und die Lanzenspitze genau auf der Mitte seiner Brustplatte zerbarst. In hohem Bogen ging der Caballero aus dem Sattel, und rollte in einem Wirbel aus weißen, blauen und gelben Bändern durch den Dreck. Es bedurfte schließlich einiger Helfer, bis der merklich benommene - der in seinem Nebel prompt zunächst in die falsche Richtung grüßte - Almadaner vom Feld war. Quelinia von Schlehengrund aber konnte ihrer Vita einen weiteren Auftaktsieg hinzufügen. Ob es dieses Mal für Mehr reichen würde?