Chronik.Ereignis1036 Lindwurmhatz 01
Capitale Punin, Ende Peraine 1036 BFBearbeiten
In der Golgaritenkomturei PuninBearbeiten
Autor: rabenstein
Der Perainemond des Frühjahrs 1036 brachte mal wieder Regen - wenigstens war der nicht so kalt wie in den nördlicheren Regionen des Mittelreichs, das machte es halbwegs erträglich, so dachte Baron Isonzo jedenfalls, als er im muffigen, abgedunkelten Amtszimmer des Komturs in Punin gegenüber dem altehrwürdigen Tempel und Zentralheiligtum des Boronglaubens über einen Stoß alter Dokumente gebeugt vor sich hin brütete. Isonzo hasste den Frühling mit all den intensiven Düften von sprießendem und frischem Grün. Der Winter, der in Almada zum Glück oft schneelos blieb, war mehr nach seinem Geschmack. Der neueste Yaquirblick lag aufgeschlagen vor ihm, die Seite zeigte einen Aufruf Dom León de Vivars zur Drachenhatz. Es sollte wohl dem alten Faraldur endlich an den Kragen gehen. Der Baron hatte vor, seinen Beitrag zu leisten. Er hatte nicht viel mit seinen federhuttragenden und säbelschwingenden Landsleuten gemein, denn sein Vater hatte Wert auf eine klassische ritterliche Ausbildung gelegt und ihn dafür nach Garetien fortgeschickt. Diese klassischen ritterlichen Fertigkeiten konnten sowohl im Dienst des Golgaritenordens als auch bei einer Drachenhatz nur von Vorteil sein.
Es klopfte an der Tür und in Begleitung seines Schwingenführers Bruder Viridian, des drahtigen Fasarers, betrat auch seine junge Knappin Ravena den Raum, die er hatte zu sich rufen lassen.
"Ah, Ravena, meine Liebe, ich habe eine Überraschung für dich."
Auf diese Botschaft hin runzelte Ravena die Stirn. Die letzte "Überraschung" des Barons war ein Übungsschwert gewesen, mit dem sie trainieren sollte, das viel zu klobig und schwer für sie gewesen war. Sie hatte wochenlang Muskelschmerzen nach dem Waffentraining gehabt, bis sie es endlich führen konnte. Mittlerweile hatte sie aber eingesehen, dass es wohl zu ihrer Kräftigung dienen sollte.
"Wir gehen gemeinsam auf die Jagd - auf eine Drachenjagd, wohlgemerkt!", sprach der Baron und wedelte mit dem Yaquirblick-Artikel herum. "Jetzt schau nicht so überrascht! Du hast wohl kaum ohne Absicht diese Zeitung hier ständig in meine Nähe gelegt, obwohl die schon eine Woche alt ist. Das geschah doch schon eher in der Hoffnung, dieser Artikel könnte mein Interesse wecken. Nun denn - es ist eine gute Gelegenheit für einen angehenden Ritter, um sich Ruhm und Ehre zu verdienen und eine ebenso gute Gelegenheit für einen alten Haudegen wie mich, mal wieder dem Übel entgegenzutreten, bevor die Entscheidungsschlacht um Rabenmark und Mittelreich gegen den Dämonenknecht Haffax vor den Türen steht."
Die Miene Ravenas hellte sich aufgrund dieser Neuigkeiten sichtlich auf. "Du musst ein paar Reisevorbereitungen für uns treffen. Rüste mein Schlachtross Bollwerk, zwei Packtiere und dein Knappenross für eine Reise ins Taubental aus und kaufe ein paar Vorräte auf dem Markt. 5-6 Hühner in Käfigen - und eine Kiste Kaninchen. Du weißt, ich esse unterwegs gern was Frisches. Und richte Dom León aus, dass wir kommen. Du darfst auch gern deine Ausrüstung ergänzen, falls etwas fehlt." Der Baron warf der Knappin einen gut gefüllten Geldbeutel zu, den diese gekonnt auffing. Ravena machte sich in freudiger Erwartung eines Abenteuers sogleich auf den Weg.
"Verzeiht meine harschen Worte, Vater Komtur - aber was soll diese Narretei mit der Drachenjagd? Das sind ja wohl kaum Belange, die unseren Orden interessieren dürften. Oder ist Faraldur neuerdings unter die Nekromanten gegangen?", wandte Viridian ein.
Der Komtur lehnte sich in seinem Sessel zurück und lächelte. "Ist schon recht, mein guter Viridian. Natürlich interessiert mich das Ungetüm nicht im geringsten - abgesehen davon, dass es ein übler Schurke ist, der Kinder und Jungfrauen frisst, die ihm geopfert werden, und dem man allein deshalb das Handwerk legen sollte. Ich bin da eher an etwas interessiert, was sich im Besitz des alten Faraldur befinden könnte..." Der Baron deutete mit einem Kopfnicken auf die ausgebreiteten Dokumente, die Viridian jetzt in Augenschein nahm.
"Ist es möglich? Die Rabenfaust? Einer der heiligen Rabenschnäbel, der aus den Gründertagen unseres Ordens stammt und von unserem ersten Großmeister selbst getragen wurde? Ihr meint, diese verschollene Reliquie befindet sich im Hort des Drachen?", entfuhr es dem Schwingenführer.
"Nicht mehr lange, wenn´s nach mir geht. Aber behaltet das vorerst für Euch!", bekräftigte der Baron nickend.
Autorin: Tina
Ravena machte derweil sich auf, die gesamten Reisevorbereitungen zu treffen. Nicht, das sie dies noch nie getan hätte – aber eine Drachenjagd? Das war etwas Neues – und versprach ungleich mehr Abwechslung als alle bisherigen Reisen in borongefälligen Belangen, die sie bisher in der Gesellschaft ihres Knappenherrn getan hatte. Und sie würden auf Leute treffen, die sich nicht dem Dienst an dem Schweigsamen Gott verschrieben hatten. Ravenas Augen blitzten. Sie hatte keine Ahnung, was da auf sie zukäme – aber hoffentlich würde es kurzweilig werden.
Ein echter Drache! Wie groß er wohl sein würde? Und wie gefährlich? Bisher kannte sie derlei Wesen nur aus einem Bestiarium aus der Bibliothek ihres Knappenherren. Andererseits – noch niemals hatte sie diesen in einem Kampf scheitern sehen. Ein breites Grinsen breitete sich über ihre Züge. Doch andererseits – noch niemals hatte er sie grundlos zu einer Jagd geladen. Recht bedacht – noch niemals war er mit ihr einfach so zu einer Gesellschaftsjagd gereist. Oder überhaupt in Gesellschaft gegangen. Einige Sorgenfalten breiteten sich über ihre Stirn, während sie auf dem Markt geübt einige Hühner und Hasen als Reiseproviant erhandelte, sich um Futter für die Tiere und Nahrung für sich kümmerte.
Dom Isonzo nach seinen Gründen zu befragen war keine gute Idee – sie rechnete sich, wenn er guter Laune war, nur eine zynischen Bemerkung, aber keine ausführliche Auskunft aus. Vermutlich würde er sie damit wieder auf die Probe stellen und erwarten, dass sie ihren eigenen Kopf benutzte – und nötigenfalls, wenn sie daneben lag, sich wieder einmal eine blutige Nase holte.
Doch jetzt hieß es erst einmal: auf zur Drachenhatz! Ravena war fest entschlossen, diesen Stier bei den Hörnern zu nehmen, wenn er vor ihr stand. Zu viel Grübelei im Vorfeld, so hatte sie in den letzten Jahren gelernt, führte zu nichts.
Mit einem zufriedenen Lächeln packte sie das wasserdichte Ölzeug, das Dom Isonzo zu jeder Jahreszeit und zu jedem Anlass mitzuführen bestand, zu dem Gepäck ihres Herrn, und verschnürte die Bündel, so dass sie auf dem Packpferd verstaut werden konnten. Deutlich kleiner war die Rolle mit ihrem eigenen Gepäck, doch nicht wesentlich leichter – immerhin befand sich ihr gesamtes Kettenzeug mit dabei.
Auf ins Abenteuer!
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