Chronik.Ereignis1033 LSV 157
Ragath, 6. Praios 1033 BF
In der Schänke Zum Hufnagel (abends)
Autor: Der Sinnreiche Junker von Aranjuez
„Haha! Wie ich seh’, wart Ihr schon im Hirnschmelzer...“, ruft der Mercenario dem soeben in den Schankraum des Hufnagel Getretenen lachend zu. Offensichtlich genießt er gerade ein einfaches Abendmahl und dazu einen Krug Wein. Degen und Linkhand lehnen, vom Gürtel zusammen gebunden, direkt neben dem bereits ergrauenden – seinen ebenso großen wie heruntergekommenen Caldabreser hat er auf dem Tisch platziert – Mietling. Alles in allem macht der braungebrannte Mittvierziger einen reichlich heruntergekommenen Eindruck, wiewohl die Schmarren und Narben im Gesicht und an den entblößten Unterarmen davon zeugen, dass man es sich dennoch gut überlegen sollte, ob man sich mit dem Mann anlegen will.
„Und nachdem Ihr nich’ wirklich wie’n Büttel des Herrn Grafen ausseht, waren’s wohl selbige, die Euch für einen von Dom Vigos Leuten hielten, und Euch tüchtig verdroschen hab’n, eh?“
„Nein, Schiffer, dieses verdammte Pack“, murrt Anzures Ballan, derweil er sich die reichlich staubige und auch hier zerrissene Kleidung so gut es eben geht richtet. Der Neuankömmling, allenfalls ein wenig jünger, sieht beinahe wie eine Kopie des Speisenden aus, nur dass selbst anhand der etwas mitgenommenen Garderobe zu erkennen ist, dass er wohl das eine oder andere Goldstück mehr in der Tasche hat.
„Haben mich doch glatt bis zur Yaquirallee verfolgt, und wollten nicht mal Ruhe geben, als ich ein wenig die Klingen blitzen ließ. Erst als ein paar von den Bütteln um die Ecke kamen, haben sie sich getrollt. Feine Sitten habt ihr hier an deinem Altersruhesitz, Rafim. Apropos, was macht der Ruhestand?“
„Ach...“, vollführt dieser eine wegwerfende Geste. „Eigentlich wollt’ ich ja selbst eine Schenke aufmachen, genug Beute hab’ ich ja im Yaquirbruch gemacht. Und zusammen mit dem Ruhegeld...nun ja, Ihr wisst ja, wie schnell einem die Münzen durch die Finger rinnen können. Hier ein Becherchen, dort ein Spielchen...“
„Vergiss die Dämchen nicht!“, unterbricht ihn Anzures schmunzelnd, und bedient sich unaufgefordert am Weinkrug seines Gegenübers.
„Ja, die auch. Jedenfalls war nicht mehr viel übrig, als ich daheim war. Und als Landsknecht hat man’s hier schwer, das kann ich Euch sagen. Zumindest, wenn man nicht zu Dom Vigos Leuten gehört. Verdirbt die Preise, sodass man hier zu allerlei Arbeit gezwungen ist, die in Unterfels unter der Würde eines jeden Mercenarios wär’, der was auf sich hält.“
„Unterfels“, stimmt sein Gast in das Seufzen ein, „ist, fürchte ich, auch nicht mehr das, was es einmal war, das kann ich dir versichern. Aber scheinbar immer noch besser als hier.“
„Ja, nur sitz’ ich dummerweise hier fest. Kann mich gerade so über Wasser halten, hol’ der Namenlose diese geizigen Pfeffersäcke!“
„Welch glücklicher Zufall“, lächelt Anzures gönnerhaft, während er ihnen beiden die Becher füllt, „dass der Capitán und ich seit kurzem in der Stadt weilen...“
„Hab ich schon gehört, dass sie den Herrn tatsächlich zum Baron gemacht haben, haha! Wer da wohl zu heiß gebadet hat, das -“
„...und auf der Suche nach einigen Bewaffneten sind“, schneidet er dem Söldner das Wort ab. „Wie sich vielleicht schon herumgesprochen hat, sind die Ferkinas aus den Bergen herab gestiegen, aber alle unsere Leute liegen in Unterfels.“
„Was ist mit den Omladern?“, wendet Rafim ein.
„Als ob die wider den Bergbarbaren taugen würden! Du weißt doch, dass der Capitán nur aus alter Verbundenheit immer ein paar zur Erholung zu seinem alten Herrn schickt. Die können vielleicht den Streit zwischen ein paar Kameldieben beenden, aber mit den Ferkinas sollten sie sich besser nicht anlegen. Nein, da sind schon frische Leute nötig. Ich hatte gehofft, Du wüsstest vielleicht ein paar brauchbare Leute, ein Dutzend vielleicht. Hohes Risiko, hoher Profit...“
„Ganz wie in alten Zeiten, darauf trink’ ich!“, hebt Rafim grinsend seinen Becher.
„Salud!“, trinkt auch Anzures, ehe er mit verschwörerischem Lächeln ein Säckchen mit hörbar klingendem Inhalt über den Tisch schiebt: „Für deine Aufwendungen. Gewisslich würde der Capitan dich auch wieder ins Tercio aufnehmen, vielleicht sogar als Korporal. Und auch in Dubios wird der eine oder andere Posten zu besetzen sein. Vorausgesetzt natürlich, du bringst ein paar anständige Kerle an...“
„Ich weiß schon, welche Art von Spitzbuben der Herr bevorzugt, und ich hab’ da auch schon ein paar Kameraden im Sinn. Echte Halsabschneider und Eisenfresser...“
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