Borondina Galandi (926 - 1029 BF) war bis zu ihrem Tod im Frühsommer 1029 BF fast sechzig Jahre lang die alleinherrschende Soberana und Matriarchin der personenstarken und weitverzweigten Patrizierfamilia Galandi und somit auch Leiterin der im Familienbesitz befindlichen Groß- und Hofweberei gleichen Namens.
Aufgrund der Zahl ihrer Freunde, Untergebenen und Clientes, wie auch aufgrund ihrer gesellschaftlichen und politischen Stellung innerhalb der Stadt - ihres Stato - wurde sie zu Lebzeiten selbst von ihren Gegnern respektvoll-furchtsam die "Patronin der Patrone" genannt.

Domña Borondina Galandi

Wie auch einige andere Sippen des höchsten Puniner Patriziats, d.h. der "Väter" der Stadt, sind auch die Galandis von ursprünglich feudaladliger Abstammung. Ihre Urahnen waren zur Ratsfürstenzeit als Land und Burgen besitzende Adlige in die Stadt eingewandert, um sich dort kommerziellen Aktivitäten zu widmen, was im Falle der Galandis seit 800 Jahren die Herstellung und der Handel mit Tuchen ist.
Ihr Ursprungsgebiet liegt im Contado, dem einstigen Untertanengebiet Punins, in der Hügelgegend rund um Bagaillon, wo die Familia bis heute Land besitzt. Borondina entstammte ursprünglich einer kleinbürgerlichen Tuchmachersippe aus eben jener Gegend und hatte das Glück, die Aufmerksamkeit und Liebe des reichen Patriziersohnes Donato (d.Ä.) Galandi zu erringen, der wegen der warmen schwefelhaltigen Quellen öfters in diese Region kam, die seiner schwachen Konstitution zuträglich sein sollte.
Der Mundillo der steinreichen Patriziersippe freite die arme Landsässin und waren Donatos Eltern anfangs noch strikt gegen diese wenig standesgemäße Eheschließung gewesen, stellten sie sehr bald fest, daß sie zu einem wahren Glückfall für ihr Haus werden sollte. Die kerngesunde und tatkräftige Borondina schenkte ihrem Gemahl nicht nur 4 Kinder - Donato d.J., Feron, Marinetta und Birella -, sondern wuchs als Vertretung ihres ein Leben lang schwach und kränklich bleibenden Gemahls auch in die Rolle der wahren Stammhalterin und Erbin der Tuchhändlerdynastie hinein, die sie nicht nur am Leben erhielt, sondern sogar zu noch zu größerem Reichtum und Ansehen führte wie zuvor.
Von Borondina bedächtig gesteuert, begann nach dem finanziellen nun auch der politische Aufstieg durch den Aufbau einer weiten Parteiung von Freunden, Anhängern und Klienten. Mit der Hilfe ihrer zahlreichen Anhängerschaft und Klientel, die selbst die Köpfe vormals konkurrierender Sippen wie der Contigudi, Figliazzi, Knabenschuh oder Veracis umfasste, gelangte der Name ihres ältesten Sohnes Donato (d.J.) gleich mehrfach in die Wahlbeutel des Squittinos, wo man ihn wenig überraschend zum Procurador von Goldacker und somit in den Hohen Rat der Domña wählte.
Ließ sich Donato, nach dem Tod seines Vaters der einzige Träger dieses Namens, im ersten Jahr noch wie eine Mirhamionette von Borondina instruieren, um aus aus der gewonnen Macht größtmöglichen Vorteil für den Stato der Familia zu ziehen und ihre Vormachtstellung in der Stadt weiter zu festigen, entwickelte er sich bald zu einem aufgeblasenen Popanz, der sich vom besten Baumeister Punins einen riesigen Palacio an der Via Larga errichten ließ und das Gegenteil von dem tat, was Borondina ihm riet.
Nach Donatos Verhaftung und Verbannung, der sich zusammen mit seinem neuen Gönner - dem kurzzeitigen Ratsmeister Rachan Sfurcha - korrupt und leichtfertig über einige eherne Gesetze hinweggesetzt hatte, die als Fallstricke gegen die Tyrannenherrschaft Einzelner oder einer kleinen Interessenclique tief versteckt in der Puniner Verfassung verwurzelt liegen, mußte Borondina ihre gesamten mütterlichen Ambitionen auf ihren Zweitgeborenen Feron ummünzen, der sich bis dato weder durch besondere Intelligenz noch Ehrgeiz, sondern allenfalls durch handwerkliches Geschick in der Tuchmacherei hervorgetan hatte.
So bestimmte auch weiterhin Borondina über den Weg der Sippe und aller Familienangehöriger, wenngleich sie durch einen bei einem Reitunfall erlittenen Hüftschaden nur noch getragen in einer Sänfte den Palacio verlassen konnte. Dies stellte sich aber nicht als allzu großes Hindernis heraus, denn nun kamen die Clientes und Bittsteller eben zur ihr auf den Goldacker, wenn sie ihres Rates, ihrer Protektion oder ihrer Fürsprache bedurften und Borondina blickte von ihren Gemächern auf dem Palasthügel auf die daliegende Stadt herab wie Golgari auf die Sterbenden - stets neue Fäden im Beziehungsgeflecht der Capitale ziehend, in deren Zentrum sie selbst saß - lange vor Alara Paligan schmückte sie daher auch der Beiname "die Schwarze Witwe".
Borondina verheiratete ihre Kinder und Enkel mit von ihr ausgewählten Ehepartnern aus nützlichen oder gewinnbringenden Sippen und brachte mit ihrer Protektion neben ihrem Stammhalter Feron auch dessen Kinder Gonzago, Nazir und Madalena in einflußreiche städtische und kirchliche Ämter und Würden. Borondinas Zuneigung galt dabei ganz besonders - trotz ihres etwas ungewöhnlichen Lebensweges - ihrer bildschönen Enkelin Madalena, deren steter Aufstieg in der Kirche der Schönen Göttin sie trotz anfänglicher Skepsis mit höchstem Wohlwollen verfolgte - eine gute Verbindung zu den Gefilden von Alveran steht letztlich jeder almadanischen Sippe von Rang und Namen gut zu Gesicht.
Weitaus weniger angetan war Borondina von der Konvertierung ihres Sohnes zum Glauben an den Wüstengötzen Rastullah. Gerüchten zufolge soll sie ihm gar mit Enterbung zugunsten Madalenas gedroht haben und für viele Parteigänger der Galandis war der Ärger über Feron der wahre Todesgrund der unsterblich scheinenden Borondina.