Chronik.Ereignis1032 Stellungswechsel 03

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Mutter und Sohn

Aracena, Königlich Khahirios, Anfang Rahja 1032 n.BF

Autor: Benutzer:Boraccio D'Altea

„WAS hast Du??“

Kaiserin Rohaja die Treue geschworen. Das sagte ich doch grade, Mutter.“ Boraccio seufzte. Er fühlte sich grade wieder ein kleiner Junge, der einen Lausbubenstreich gebeichtete hatte.

„Du wolltest doch sicher damit nur sagen, daß Du Verhandlungen geführt hast?“

„Nein, ich habe Ihr vor unserem Herrn Praios die Treue geschworen. Sie stand nicht weiter von mir weg, als Du jetzt.“

Travanca D’Altea-Illgeney ging zu der mit Schnitzereien verzierten Holzbank und lies sich müde mit einem schweren Plumps darauf fallen. „Wenn Du da mal nicht voreilig gehandelt hast, mein Sohn!“

„Wie kommst Du darauf, Mutter?“

„Ach, das kannst Du ja noch gar nicht wissen. Als Du unterwegs warst ist etwas bedeutsames passiert: überall im Land hatten Menschen den gleichen Traum zur gleichen Zeit. Sie träumten alle vom Kaiser. Tausend Seelen sollen es gewesen sein, denen er im Traum erschienen ist. Ein Wunder unseres Herrn Boron sei es gewesen, so sagt man. Die Leute reden von nichts anderem mehr. Hal secundus sei von den Göttern gesegnet heißt es. Die Menschen drängen von überall in die Capitale um ihren Kaiser zu sehen!“

Boraccio wurde schwummerig vor Augen. Er lies sich schwer auf den Stuhl fallen, stützte die Ellebogen auf und vergrub das Gesicht in den Händen.

„Was habe ich da nur getan?“ fragte er verzweifelt.

Travanca stand wieder auf und legte ihrem Sohn die Arme um die Schulter. „Das wird schon alles wieder gut werden.“

Für einen kurzen, aber schönen, Augenblick fühlte Boraccio sich wieder geboren, wie damals, als er sich als kleiner Junge vor dem Gewitter fürchtet und Schutz bei der Mutter suchte.

„Du reist morgen ab nach Punin und widerrufst den Eid, dann leistest Du einen neuen auf Selindian ...“

„NEIN! Das werde ich nicht tun!“ Boraccio schlug mit der Faust auf den Tisch. Erschrocken wich Travanca einen Schritt zurück, während ihr Sohn vom Stuhl aufsprang. Rastlos wie ein Raubtier im Käfig begann er im Raum auf und ab zu laufen.

„Träume!“ schnaubte er verächtlich „das ist alles wofür dieser Kaiser steht. Nur Träume! Träume von einem großen Almada, Träume davon über das Reich zu herrschen. Aber was ist denn die Realität? Unser Heer ist sinnlos verblutet bei Monte Folnor, die Sandfresser kommen wie eh und je über den Yaquir, die Südpforte ist im Chaos versunken. Und die Großen des Reiches, sie beugen ihr Haupt vor Rohaja. Ich habe sie dort gesehen auf der Pfalz, im zugigen, verregneten Windhag. Sie sind dort hin kommen, nur wegen ihr, um sie zu ehren. Aber nicht einen von ihnen sah ich je in Punin! Und Dom Rafik, dieser Narr, träumt davon, daß der Kaiser auf seine Einflüsterungen hört und er mit dem Adler und dem Greif seine Spielchen treiben kann. Hätte Richeza ihn doch nur zu Boron geschickt dort im Stadion!“

Er trat wieder an den Tisch und schlug mit der flachen Hand auf die Platte. „Es wird Zeit, daß wir aufhören zu träumen und es wird Zeit zu handeln!“

„Wie ... wie ist sie denn so, die Kaiserin?“ fragte Travanca vorsichtig.

Boraccio war an das Fenster getreten und lies den Blick nach draußen schweifen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.

„Stolz war sie, aufrecht ... und stark. Ganz wie ihr Vater. Wenn sie den Saal betritt, dann kann man nicht anders als ihr die Ehre zu erweisen. Aber auch freundlich. Als ich in der Stube vom Paligan war und sie vor mir stand, da lächelte sie mich an. Ein warmes Lächeln, das von Herzen kommt. Ihr Bruder dagegen ... falls man ihn überhaupt jemals zu Gesicht bekommt, dann hat man das Gefühl, daß man gar nicht existiert für ihn. So als ob er in einer anderen Sphäre weilt. Ein bleicher Jüngling, der aus Geisterwelt zu uns gekommen ist.“

Travanca war wieder zu ihrem Sohn getreten. „Wenn Dein Großvater sich nicht entscheiden konnte zwischen zwei Menschen, so stellte er sich immer die Frage: wen würde ich als meinen Freund haben wollen?“

„Diese Antwort ist wahrlich nicht schwer!“

„Dann solltest Du tun, was Dein Herz Dir rät. Du führst nun die Familia, Deine alte Mutter wird Dir nicht mehr lange klugen Rat geben können.“

Boraccio nickte. Sein Blick war nun fest, sein Gesicht strahlte Entschlossenheit aus. „Dann wird es Zeit zu handeln, und zwar schnell. Ich weis nicht, ob der Kanzler nicht bereits Verdacht schöpft. Oder ob einer der anderen Magnaten singt wie ein Vöglein. Du mußt fort von hier, Mutter. Schon Morgen reist Du ab zu Cousine Tsaiana nach Waldfang. Dort in der Grafschaft Reichsforst wirst Du sicher sein vor dem Sturm, der herauf zieht. Tsaiana benötigt sicher Hilfe bei der Pflege ihrer kranken Tante. Und ich habe hier den Rücken frei, Antara ist ja zum Glück wieder bei ihrem Komtur in Garetien.“

Travanca nickte stumm.

„Du wirst über Höllenwall reisen. Ich habe auf dem Reichskongreß ein Abkommen mit dem Baron dort geschlossen, er gewährt uns freien Zugang zu seinen Ländereien und wird sehen, wie er uns unterstützen kann. Wenn alle Stricke reißen muß ich mich mit den Sturmfalken über die garetische Grenze zu ihm zurück ziehen. Ich werde alsbald Dom Hesindian aufsuchen und über den Reichkongreß informieren, vielleicht bekomme ich ja heraus, wo Kornhammer in dem Konflikt stehen wird.“

„Wenn Du schon mal bei ihm bist, dann halte endlich um die Hand seiner Enkelin an!“

„Mutter!“ Boraccio verdrehte genervt die Augen. „Fang nicht schon wieder damit an!“


Chronik:1032
Stellungswechsel
Teil 03 Mutter und Sohn