Chronik.Ereignis1033 Feldzug Raschtulswall 13

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Im Raschtulswall, 25. Praios 1033 BF

In den Bergen, am Djer Kalkarif


Der Einsiedler

Autor: SteveT

Geschmeidig wie ein Raubtier kroch Charrizul auf allen Vieren durch das Unterholz am Rande des lichten Bergwaldes. Gleich musste die Holzhütte des weißen Mannes in sein Blickfeld kommen, die er von einem Felsvorsprung weiter oben an der Ostflanke des mächtigen Djer Kalkarifs aus entdeckt hatte. Der junge Rustam iban Hazargul versuchte, ihm auf gleiche Weise zu folgen, aber der bartlose Jüngling war noch zu ungeschickt und manches Mal zerbrach knackend ein Ast unter seinem Gewicht. Glücklicherweise waren die Sinne der schwächlichen Flachländer durch ihr Leben in Steinhäusern größtenteils verkümmert. Beim Heranschleichen an ein Lager der verfluchten Ban Gassarah hätte sie ein solcher Fehler schon das Leben kosten können.
Charrizul warf dem ihm folgenden Jungen einen drohenden Blick zu, dann bog er vorsichtig einige Disteln zur Seite und wagte einen Blick auf die sich nun vor ihnen öffnende Lichtung mit der Hütte. Die Glitzerflächen, die er von oben gesehen hatte, waren tatsächlich Wasserstellen, aus denen in der kalten Luft weißer Rauch aufstieg, als habe jemand darunter in der Erde ein Feuer entfacht. Dergleichen hatte Charrizul bislang nur am Djer Ragaz gesehen - dem benachbarten Feuerberg.
Er hatte eigentlich gehofft, hier das Weib zu finden, nach dem es Shâr Nasfagul verlangte. Der Häuptling war zufrieden mit ihm, seit er ihm das große schwarze Pferd der schecklichen Yil'Hayatim zugeführt hatte. Wenn er ihm nun noch das Weib brachte, das dem jungen neuen Nuranshâr entkommen war, so würde er zu einem der wichtigsten Krieger des ganzen Stammes aufsteigen und konnte es irgendwann wagen, den Pascha selbst zum Kampf um die Häuptlingswürde herauszufordern. Er wartete, bis sich Rustam endlich neben ihm bäuchlings im Buschwerk niedergelassen hatte. Beide sahen sie einen alten Mann mit langem weißen Zopf, wie ihn die Flachländer gerne trugen. Er war in schrill bunte Farben gekleidet und pflückte etwas von den Sträuchern, die neben seiner Hütte wuchsen. Charrizul wollte Rustam eben zuraunen, er solle auf die Rückseite der Hütte schleichen, um dem Alten jede Fluchtmöglichkeit zu rauben, als plötzlich drei weitere Menschen - dem Augenschein nach ebenfalls Flachländer - von oben den Hang herabgestiegen kamen, an dem die Hütte des Alten lag. Alle drei waren mit einem Seil aneinander gefesselt, das ihnen jemand um die Bäuche geschlungen hatte. Der Sinn einer solchen Fesselung wurde Charrizul nicht recht klar,den sie konnten ja immer noch klettern und fortlaufen, wenn auch nur alle gemeinsam. Es handelte sich um 2 Männer und ein junges Weib mit dichten schwarzen Locken, welches in ihrer Mitte ging.
Der hintere der Männer war schon etwas älter und hatte Haare wie Gold, gerade so wie die Sklavin des Shârs, die sich so widerborstig stellte. Das junge Weib gefiel Rustam so gut, daß er sich die Lippen leckte und Charrizul mit Zeichen frug, ob er sie rauben dürfe. Dieser aber verneinte mit einem Kopfschütteln und hatte nur Augen für den jungen Mann, der vorneweg kletterte. Er hatte ihn vor ein paar Tagen schon einmal gesehen und gegen ihn gekämpft - drunten in der Turmstadt der Blutlosen. Er war ein Krieger vom Stamm der schrecklichen Yil'Hayatim - aber hier, ohne das todbringende Mörderweib und die gepanzerten Krieger an seiner Seite, die ihn beim letzten Aufeinandertreffen begleitet hatten, würde er erst beweisen müssen, ob er einem Krieger der Bani Khadr gewachsen war.


Moritatio kam als erster unten auf der Lichtung an, während Zaida und Gendahar noch vorsichtig die letzten Schritte des Abhangs herunterstiegen. "Praios zum Gruße!" rief er den weißhaarigen Eremiten an, der neben seiner Kate in seinem Gemüsebeet arbeitete, damit dieser nicht erschrak. Er hob die Hände, zum Zeichen, daß sie in friedlicher Absicht kämen. "Kannst du mich v-e-r-s-t-e-h-e-n ?" frug er extra langsam und betont, da es ja auch gut möglich war, daß der Alte nur Tulamidya sprach oder das Gegrunze der Wilden. Aber wie ein Ferkina sah er nicht gerade aus.
"Natürlich - Ihr sprecht ja sehr langsam und deutlich!" antwortete der Alte auf Almadanisch, sogar im gleichen bosquirischen Akzent mit rollendem "R", den auch Moritatio sprach. Er schien keineswegs erschrocken und überrascht, daß hier jemand sein Einsiedlerdasein störte, sondern vielmehr so, als habe er sie bereits erwartet. In seiner Hütte begann ein Hund zu bellen - der Stimmlage nach ein sehr großer Hund. "Aus, Raffzahn!" brüllte der Eremit. "Jetzt brauchst du auch nicht mehr kläffen, sie sind bereits da!" Aber der Hund bellte weiter und ließ sich davon nicht beeindrucken.
"Sei gegrüßt!" wiederholte Moritatio nochmals, als er vor dem Alten stand und auch Zaida und Gendahar zu ihnen gestoßen waren. "Wir suchen nach einem Heiler, der in dieser Gegend leben soll. Sein Name ist Tsacharias Krähenfreund."
"Was wollt ihr von ihm?" frug der Alte mit leichtem Mißtrauen in der Stimme und musterte sie alle drei aufmerksam. "Wir selbst wollen gar nichts von ihm" schüttelte Moritatio den Kopf. "Aber eine Edeldame aus unserer Heimat beabsichtigte, ihn mit ihrem todkranken Söhnchen aufzusuchen. Und dieser Junge ist ein Anverwandter einer weiteren Begleiterin von uns, die wir leider hier in den Bergen verloren haben und nach der wir nun ebenfalls suchen. Du wirst es hier in dieser Einsamkeit vielleicht nicht mitbekommen haben, aber die Wilden sind zu Aberhunderten aus den Bergen herabstiegen und bedrohen ganz Ost-Almada! Auch du selbst bist hier in Gefahr! Etwas weiter unten, drüben auf der anderen Seite des Berges liegt ein großes Ferkinalager, das wir oben vom Gipfel aus gesehen haben! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie dich entdecken!"
"Die »Wilden« wie Ihr sie nennt, mein Sohn" antwortete der Alte leicht amüsiert, "ziehen seit vielen Jahren jeden Sommer durch diese Gegend. Ich halte es ihnen gegenüber genauso wie gegen alle anderen Geschöpfe der Ewigjungen: Was du nicht willst, was man dir tu, das füg' auch keinem anderen zu!"
Moritatio kräuselte die Stirn und warf Gendahar einen verstohlenen Seitenblick zu. Offenbar waren sie an einen dieser versponnen Neo-Rohalisten und Tsajünger geraten, die mit allem und jedem im Einklang leben wollten, bewaffnete Auseinandersetzungen ablehnten, und die selbst in der Plage und Geißel des Bosquirtales noch Geschöpfe der Tsa zu erkennen glaubten.
"Dein Weltbild in allen Ehren!" knurrte Moritatio, "aber mit diesen Bestien ist nicht gut Kirschen essen. Dreimal wollten sie uns in den letzten Tagen ans Leben! Also kennst du nun diesen Tsacharias Krähenfreund oder weisst du zumindest wo er lebt, oder nicht?"
"Um wen handelt es sich denn bei der Edeldame, die ihn aufsuchen wollte?" antwortete der Eremit.
"Um Baronin Fenia von Culming" antwortete nun Dom Gendahar. "Meine Base! Ihr Sohn, mein Neffe Praiodor von Culming-Alcorta, ist an einer rätselhaften Sieche erkrankt, die bereits viele Kinder in der Südpforte des Leben kostete, vielleicht habt Ihr davon gehört? Der Beschreibung des Wohnortes nach, die mir die Kräuterfrau Udinia vor ein paar Tagen gab, lässt mich nämlich glauben, daß Ihr selbst ihr Bruder Tsacharias Krähenfreund sein müsst."
"Der bin ich!" nickte der Alte und lächelte kurz. "Ihr habt mich gefunden und hättet gleich sagen sollen, daß euch meine Schwester Udinia schickt. Verzeiht, aber ich muss vorsichtig sein, da mir die verblendeten Frömmler und angeblichen Ketzerjäger des Halunken Amando Laconda da Vanya auf den Fersen sind! Mit wem habe ich die Ehre?"
"Mit Moritatio da Vanya!" zischte dieser und hob warnend den Zeigefinger. "Nenn Seine Eminenz, meinen Großonkel, noch einmal einen Halunken und all Dein Versteckspielen war umsonst!"
"Oh!" antwortete Tsacharias Krähenfreund und wich zwei Schritte zurück, dem sichtlich der Schrecken in die Glieder gefahren war.
"Nicht doch!" trat Dom Gendahar demonstrativ zwischen die beiden. "Keine Angst! Wir haben mit der Inquisition nichts zu schaffen und was man Euch dort zur Last legt, tangiert uns nicht! Ich bitte Euch guter Mann - mein Name ist Gendahar von Streitzig, ich bin der Schwager des Grafen Brandil von Ragath, dessen Tochter offenbar ebenfalls von den Wilden verschleppt wurde. Nicht zu vergessen, die Edeldame, die sich in unserer Begleitung befand, um deren Schicksal wir uns nun ebenfalls sorgen müssen. Ihr seht, die Lage ist überaus ernst, da wir viele geliebte Personen missen, die uns lieb und teuer sind und über deren Schicksal wir noch keinerlei Klarheit haben. Wenn Ihr also etwas wisst, werter Tsacharias, das uns weiterzuhelfen vermag, dann bitte ich Euch inständig es uns zu sagen!"
Tsacharias Krähenfreund strich sich über den schlohweisen Rohalsbart, der sein Gesicht bedeckte und betrachtete Zaida nachdenklich. Dann begann er zu sprechen: "Leider hat mich besagte Domna Fenia bislang nicht aufgesucht, was wohl in erster Linie der abgeschiedenen Lage meines Domizils geschuldet ist. Neben meiner Schwester Udinia weiss nur noch der Abt des Noionitenspitals zu Ragath um meinen Aufenthaltsort, der mich früher öfters als Heiler konsultierte, wen eine der ihm anvertrauten Pflegebedürftigen leiblich erkrankt war."
"Ja!" antwortete Gendahar, dessen Gesicht sich erhellte. "Meine Base war eine Zeit lang in dessen Kloster, da ihr der Schlachtentod ihres Gemahls und die Erkrakung ihres Mundillos schwer aufs Gemüt geschlagen war."
Der Eremit nickte mitfühlend. "Der Weg hierher ist beschwerlich und fährnisreich, so daß er die meisten von vorneherein abgeschreckt. Es gibt hier Bären und Berglöwen und hin und wieder sogar einen Drachen am Himmel. Noch gefährlicher sind aber die Firunschläge, Geröllawinen und Steinschläge, die jeden Unvorsichtigen in den Tod reißen. Vom Abstürzen beim Klettern ganz zu schweigen. Mit einem kranken Kind hierher reisen zu wollen, ist ein törichtes Unterfangen - hätte mir Abt Marbodano eine Nachricht zukommen lassen, so hätte ich Eure Base und Euren Neffen auch an einem verabredeten, geheimen Ort irgendwo unten im Bosquirtal getroffen."
"Leider handelt meine Base derzeit eben nicht sehr überlegt" zuckte Gendahar mit den Achseln, "und ist ohne die Erlaubnis dieses Abtes mit ihrem Sohn losgezogen! Habt Ihr dann vielleicht wenigstens etwas über den verbleib der gräflichen Comteß oder über unsere vermisste Begleiterin mitbekommen?"
"Eine sehr kleine Frau mit langen schwarzen Haaren, bildhübsch, mit einer Narbe auf der linken Gesichtshälfte", fügte Moritatio schnell erklärend hinzu.


Charrizul warf Rustam einen fragenden Blick zu, aber dieser schüttelte den Kopf - sie verstanden beide kein einziges Wort vom schnellen Singsang der Flachländer, die beim Sprechen wild mit den Händen herumfuchtelten. Und sowas sollte eine Sprache sein, obwohl darin kein einziger Tier- oder Naturlaut vorkam? Die beiden Männer waren mit langen Messern bewaffnet, die junge Frau und der Alte offenbar nicht. Der große Hund, der in der Hütte kläffte, machte den beiden Ferkinas mehr Sorgen, als die Menschen - aber solange die Hüttentür geschlossen war, konnte er ihnen nicht gefährlich werden. Rustam wollte das Mädchen als seine erste Sklavin rauben und Charrizul wollte seinem Häptling die Köpfe der beiden Männer bringen. Wenn es ihm vielleicht sogar gelang, den jüngeren lebend zu fangen, so konnten sie ihn martern und quälen bis er den Aufenthaltsort der verhassten Yil'Hayatim preisgab - der Häuptling und der alte Nuranshâr sprachen schließlich die Sprache der Flachländer - und der neue Nuranshâr sah selbst aus wie einer. Charrizul packte sein Steinbeil fester und stieß Rustam an. Blitzartig schnellten die beiden jungen Ferkinas hoch und griffen die zusamenzuckenden Flachländer unter furchterregendem Geheule an.


Autor: Ancuiras

Gendahar von Streitzig starrte den Eremiten erwartungsvoll an, der gedankenversunken in die Ferne blickte. Wusste er nun etwas über den Verbleib der Gesuchten oder nicht? Diese Frage konnte doch nicht so schwer zu beantworten sein!

Bisher war so ziemlich alles schief gelaufen bei dieser vermaledeiten Expedition. Erst der Überfall auf die Ordensritter, seine eigene schwere Verletzung, die böse Überraschung auf dem Castillo da Vanya und dann das Verschwinden Richezas. Und noch keine Spur von Romina oder Fenia! Bisher war Gendahar darauf beschränkt gewesen, in der Ecke zu liegen, durch die Gegend verfrachtet oder - ahnungslos gegenüber der Gefahren der Wildnis - an einem Seil geführt zu werden. Das musste nun endlich ein Ende haben, er musste die Dinge selbst in die Hand nehmen. Immerhin war er der Banus des Yaquirtals! Doch wo sollte man beginnen?

Der störrische Alte hatte ihm gerade noch gefehlt. Gerade wollte er ihn durchschütteln, damit er endlich antwortete, oder ihm notfalls doch mit der Inquisition drohen, als er vom Hang über ihnen ein wildes Geschrei und Gejohle hörte. Dann sah er auch schon die beiden Ferkinakrieger, die wie besessen den Abhang zu ihnen hinab stürmten. Alarmiert suchten Gendahars Augen den Hang und die nähere Umgebung nach weiteren Angreifern ab. Das muss eine Falle sein, war sein erster, instinktiver Gedanke, denn warum sonst sollten sich zwei Jünglinge einer Übermacht in offenem Kampf stellen - zumal ihm, der er noch immer eine der schnellsten Klinge des Königreichs führte?

Verwirrt stellte er fest, dass sonst niemand zu sehen war. Natürlich - es handelte sich um Wilde, bei denen man keine gewieften Taktiken und ausgeklügelte Schlachtpläne erwarten durfte. Oder dass sie einen Gendahar von Streitzig kannten. Für sie war er vermutlich nur ein alter Mann mit einer geradezu lächerlich leichten Waffe. Nun, sie sollten ihn kennen lernen. Endlich, Rondra, schickst du mir eine Aufgabe, von der ich weiß, wie man sich ihr stellt. Ohne sich zu bewegen blickte er den beiden jungen Stammeskriegern entgegen und zog erst blank, als sie sich auf wenige Schritt genähert hatten.

"Ihr beiden", flüsterte er, "kommt mir gerade recht."


Autor: SteveT

Moritatio tat es dem Streitziger gleich und zog ebenfalls sein Rapier - die beiden anstürmenden Wilden erwartend.
Eigentlich war es seine Intention gewesen, sich den Jüngeren und etwas weniger muskulösen der beiden vorzuknöpfen und den kräftigeren, der bereits einige Schmucknarben trug, der angeblich "schnellsten Klinge des ganzen Landes" zu überlassen.
Aber die Ferkinas machten ihm einen Strich durch die Rechnung, denn sie scherten sich einen Dreck um die ungeschriebenen uralten Gesetzmäßigkeiten des Fechtens und der Ehre, wie etwa die, sich stets den ebenbürtigsten Gegner zu erwählen. So griff der größere zottelbärtige Krieger mit seinem Steinbeil ihn an, während der Jüngere, der mit einem Speer bewaffnet war, geradewegs auf die schreckensstarre Zaida zuhielt.
Der Ferkina rannte geradewegs in ihn hinein, dabei weit mit seiner archaischen Waffe ausholend, die Moritatio nur mit Mühe und Not knapp über seinem Kopf parieren konnte. Die eigene Klinge wurde ihm heftig gegen den Schädel geprellt. Er spürte an dem warmen rinnenden Blut, daß er sich dabei eine Platzwunde auf der Stirn zugezogen hatte. Jetzt aus unmittelbarer Nähe erkannte der Hofjunker den möglicherweise etwa gleichaltrigen, penetrant nach Schweiß und einem ranzigen Körperfett stinkenden Ferkina wieder und er wußte, wo er ihn zum ersten Mal gesehen hatte.
"Dom Gendahar! Das ist der Lump, der das Heilige Rossbanner gestohlen hat!" brüllte er zum Streitziger hinüber.
Der Ferkina grunzte seinerseits etwas in seiner kehligen Sprache und griff mit der Linken in Moritatios Haarschopf, offenbar um ihm den Kopf an den Haaren nach hinten zu reißen.
Wütend rammte ihm Moritatio den Griffkorb seines Rapiers in die Zähne, was ihn wieder etwas auf Distanz brachte. Der Mistkerl hatte ihm dabei eine ganze Handvoll schwarzer Locken ausgerissen - seine Kopfhaut brannte wie Feuer. Moritatio ging sofort mit seitlichen Ausfallsprüngen zum Gegenangriff über, wie er es im Fechtsaal der Residencia hunderte Male geübt hatte. Jetzt würde sich zeigen, ob die Lektionen des alten Hauptmanns Harden von Ragathsquell etwas wert waren, der das Banner der Hofjunker drillte. Anders als Filippo di Lacara oder Juanito di Dubiana, mit denen er bei solchen Exerziten meistens die Klingen kreuzte, wich der Wilde aber nicht tänzelnd zurück, sondern er ließ einfach ohne jede Parade zu, daß Moritatios Rapier sein Standbein touchierte, während er selbst weitausholend einen neuen Schlag gegen Moritatios Schädel führte, als wolle er eine junge Eiche mit einem einzigen Schlag fällen.
Der Vanyadaler musste zurückspringen und sah dabei, daß sich der Streitziger rechtzeitig zwischen den anderen Ferkina und Zaida gestellt hatte. Dieser schien nur Augen für die junge Waldwachterin zu haben und sah in dem Yaquirtaler und dem alten Heiler offenbar nur Hindernisse, die er schnell aus dem Weg räumen musste, um an sein Ziel zu gelangen. Mit gefletschten Zähnen und irrem Knurren stach er mit seinem Speer nach dem Thangolforster, den dieser aber leicht mit hochgezogener Augenbraue abwehrte.
Sofort umfasste der Streitziger mit der linken Hand den Schaft des Speeres und holte mit dem Schwertarm zum Todesstoß aus, als der alte Heiler plötzlich rief: "Neeeeiiin! Tötet ihn nicht! Auch dieser arme Wilde ist ein Geschöpf der Ewigjungen!"

Charrizul iban Buskurzuf griff sich böse knurrend an sein verletztes Bein, in daß ihn der junge Krieger der Yil'Hayatim gestochen hatte. Dafür würde er ihn eigenhändig zu Tode martern, wenn er das Versteck seiner Anführerin erst verraten hatte. Aber dazu musste er ihn vor den Shâr oder Nuranshâr schleifen, denn er selbst verstand das Gewinsel der Blutlosen einfach nicht.
Rustam war noch ein dummer Junge, blind in seiner Geilheit für das schwarzlockige Mädchen. Wenn ihn der goldhaarige Krieger gleich tötete, so mußte Charrizul auch diesen bezwingen - dazu musste er den bartlosen Jüngling aber erst schnell kampfunfähig machen, der hin- und her hopste, als kämpfe er barfuß auf glühenden Kohlen.
Mit dem lauten imitierten Schrei eines Schakals stürzte er sich erneut auf Moritatio.



Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 13