Chronik.Ereignis1043 Die einsame Rose von Culming 10
Baronie Dubios, 21. Rahja 1043 BF
Auf dem Gutshof der Familia de Verlez im Junkergut Mandana (Vormittags)
Autor: de Verlez
Luciana stand mit geschlossenen Augen am offenen Fenster ihres Zimmers und atmete tief ein. Sie genoß die Strahlen der Praiosscheibe und den Geruch der umliegenden Felder. So gerne sie auch länger hier verweilen würde, es wurde Zeit für das gemeinsame Frühstück. Sie bürstete sich durch die langen schwarzen Haare und band diese zu einem Pferdeschwanz zusammen. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel. Schnellen Schrittes begab sie sich zur Veranda, vernahm aber auf dem Weg dorthin schon eine etwas lautere Diskussion und sich daraufhin entfernende Schritte.
Kopfschüttelnd betrat sie die Veranda, denn Luciana ahnte schon was der Grund dafür war. Und sie sah sich bestätigt. Ihr Bruder Alonso stampfte aufgebracht zu seinem Pferd. Im Schlepptau seinen Bruder Yanis der vergeblich versuchte auf ihn einzureden. An dem Tisch, dort wo ihr Bruder normalerweise sitzt, lag ein Knäuel Papier was ehemals eine Ausgabe des Yaquirblick war. Sie warf einen Blick auf ihre Schwägerin Isabell, die angespannt an ihrem Platz saß und ihrem Mann Yanis hinterher schaute. Ihre Tante Marquesa saß völlig unbeteiligt in ihrem Schaukelstuhl.
"Guten Morgen.", grüßte Luciana fröhlich. Sie setzte sich Isabell gegenüber und griff nach einem Laib Brot. "Habt ihr dieses unglückliche Thema wieder angesprochen, Tantchen?" Sie wartete die Antwort gar nicht erst ab und schnitt sich eine große Scheibe Brot ab. "Du weißt doch, das du damit nur auf taube Ohren stößt. Und je öfter du es erwähnst, umso engstirniger wird Alonso." Ihre Tante schaukelte in ihrem Stuhl vor und zurück, was von einem leisen Knarzen begleitet wurde. Sie schaute in die Richtung aus der Lucianas Stimme kam. "Es ist trotzdem an der Zeit. Er zählt ja schon 37 Lenze und hat immer noch keine Frau an seiner Seite. Schließlich soll er nicht so enden wie ich." Sie seufzte deutlich hörbar. "Und es ist nun mal an der Zeit, dass ich als Soberana der Familia ein Machtwort spreche. Auch wenn dies nicht meine Art ist." 'Aber wenn, dann verbeisst du doch auch richtig darin', dachte Luciana amüsiert. "Aber dann sollte es auch jemand aus unserer Baronie oder zumindest jemand der uns persönlich bekannt ist sein.", erwiderte sie darauf. "Und nicht jemanden aus einer Anzeige des Yaquirblicks.", pflichtete Isabell ihrer Schwägerin bei.
"Hochzeit? Yaquirblick? Machtwort?", ertönte es von innen, gefolgt von einem herzhaften Gähnen. "Sieh an, sieh an. Der hohe Besuch aus Ragath ist auch aus dem Bett gekommen.", rief Luciana und lachte. "Dafür das es gestern Abend noch hieß, dass wir heute ganz früh in die Wälder aufbrechen sollten steht die Praiosscheibe schon sehr hoch, Onkel Douro." Im Türrahmen erschien ein hochgewachsener Mitdreißiger mit etwas zerzausten schwarzen Haaren und streckte sich. "Ich muß zu meiner Schande gestehen, dass ich das Ausschlafen hier doch sehr genieße. Und nicht nur das." Dabei strich er sich über seinen Bauch, grinste und setzte sich an einen freien Platz. "Und ich denke das nach dem Frühstück noch genügend Zeit ist um nach meinen benötigten Kräutern zu suchen, liebste Cousine. Sollte dies nicht von Erfolg gekrönt sein, bin ich ja noch ein einige Tage hier." Er lächelte in Lucianas Richtung und nahm sich eine Arange. "Nun klärt mich aber auf. Was war das mit der Hochzeit?" Ein leises mehrstimmiges Stöhnen war am Tisch zu hören. Luciana griff nach den Überresten des Yaquirblick und reichte diese an Douro. "Schau auf die Seite mit den Anzeigen. Auf der Seite, wo mit dem Selkethaler Rennen geworben wird. Unsere Soberana hat es sich in den Kopf gesetzt, dass mein Bruder dieser Domnatella den Hof machen soll." Das Knarzen des Schaukelstuhls wurde lauter. "Es ist seit Tagen das allmorgendliche Gesprächsthema an diesem Tisch."
Douros Neugierde war geweckt und nach kurzem Suchen fand er auch die Wurzel der Übellaunigkeit seines Cousins. "Nun, der erste Teil liest sich etwas nüchtern aber zweckmäßig und der Rest doch sehr herzlich. Aber ich muß Luciana zustimmen. Blumenau ist doch etwas weiter weg. Gelegen in der Baronie Culming. Auf meinen Reisen hielt ich mich kurze Zeit in dieser Baronie auf. Beziehungen zwischen unseren Familias gibt es auch nicht. Weder politisch noch geschäftlich. Zumindest nicht direkt, vielleicht über einige Unwege. Dies würde ein eventuelles Heiratsvorhaben unterstützen. Wenn ihr wünscht Soberana, werde ich mich gerne kundig machen, bevor wir unnötig Zeit und sogar Geld investieren." Marquesa hustete. "Es wäre uns eine große Hilfe……...wenn du uns in dieser Sache unterstützen……...würdest, Douro. Wenn Ihr mich……….nun bitte entschuldigt. " Marquesa stand langsam auf und Isabell bewegte sich schnell an ihre Seite und bot der älteren Domna ihre Armbeuge an, welche sie mit einem Lächeln dankend annahm. Douro wollte ebenfalls aufstehen, aber Isabell winkte ab. "Habt Dank für Euer Vertrauen, Soberana." Gemeinsam verließen beide Frauen die Veranda und gingen zurück ins Haus.
Douro schaute Luciana an und lächelte verschmitzt. "Nun, damit wäre dieses Thema vorerst erledigt. Man sollte Alonso aber ans Herz legen, selber etwas zu unternehmen. Es scheint Marquesa wirklich ernst zu sein." "Und was hast du nun vor, Onkel?" "Ganz einfach. Bei der Anzeige für das Selkethaler Rennen steht ein gewisser Dom Algerio da Selaque von Culming als Ausrichter und die junge Domnatella ist auch eine da Selaque von Culming. Also werde ich erst einmal herausfinden, wie denn der Verwandtschaftsgrad zwischen diesen beiden ist. Dazu werde ich die Beziehungen meines Bruders, deines Onkels, Rohalijo nutzen. Denn wie der Zufall es will steht dort eine Domnatella Farfanya von Taladur ä. H. als Mitausrichterin des Rennes und sie wird daher mehr über diesen Dom Algerio wissen. Und da dein Onkel in Taladur stationiert ist, wird er mir schon irgendetwas Brauchbares sagen können. Oder seine Frau Issime, welche sehr im Taladurer Klatsch und Tratsch zu Hause ist. Alles weitere wird sich dann zeigen. Aber genug davon, widmen wir uns erst einmal dem Frühstück."
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