Chronik.Ereignis1036 Mescher Trubel 04

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Baronie Mesch, Travia 1036 BF

Auf Junkergut Loredo

Autor: Lindholz

Loredoblick lag auf einem wenige Schritt hohen Felsen am Rande eines langgestreckten Sees, der von zwei Bächen gespeist wurde. Der eine Zulauf durchschnitt das Tal in fast gerader Linie, während der andere sich von der Seite in wilden Schleifen seinen Weg durch das hügelige Land suchte, wie ein Band, das man achtlos hingeworfen hatte. Bevor er sich in die ruhigen Wasser am Talgrund ergoss, umwand er den Hügel, auf dem die Wehranlage errichtet worden war. Eine schmucke, steinerne Brücke ermöglichte die Überquerung dieses natürlichen Hindernisses. Zwischen Bach und Castillo bildeten einige heruntergekommene Häuser eine kleine Ortschaft. Falls die Verteidiger planten, sich in den Häusern zu verschanzen, würde ihnen dies jedoch nur wenig nutzen: Zu weit waren die einzelnen Gebäude, umgeben von Gärten und geschützt nur von Hecken und niedrigen Mauern, von einander entfernt, um eine nutzbare Verteidgungslinie zu ermöglichen. Rahjeïs hätte daher damit gerechnet, dass an der Brücke Barrikaden errichtet worden waren und so war es auch. Zahlreiche Bewaffnete waren zu sehen und eine saubere Pferdelinie war, in räumlicher Nähe zur Brücke, aufgereiht worden um den Verteidigern einen raschen Rückzug zu ermöglichen.


Autor: Sindelsaum

Noch während die letzten Fuhrwerke eintrafen, stellten sich die Sindelsaumer und Lindholzer Truppen zum Angriff auf. Zumindest das Dorf sollte heute eingenommen werden. Als geschlossener Block rückten die Truppen vor. Rahjeïs und ihre Fußsoldaten zuvorderst, dabei die Bogenschützen voran und die Reiter aus Sindelsaum bildeten den Abschluss. Kaum hatten sie sich in Schussweite genähert, als auch schon die ersten Bolzen heran surrten und ihren Tribut forderten. Rahjeïs Schar verfiel nun in einen Laufschritt und fächerte aus; die Bogenschützen nahmen zu beiden Seiten des Weges Aufstellung und antworteten auf das Feuer der Verteidiger. Derweil rückten die Gleventräger, unter Rahjeïs' persönlicher Führung, auf die Brücke vor.

Erlan von Sindelsaum beobachtete das Geschehen derweil vom Rücken seines Pferdes heraus. Die Bogenschützen aus Artésa forderten trotz der Barrikaden an der Brücke ihren Tribut und die Glevner rückten unaufhörlich vor. An der Brücke befanden sich etwa dreißig Verteidiger, doch diese verteidigten sich mit langsam nachladenden Armbrüsten und konnten so die Angreifer kaum aufhalten. Dennoch fiel so mancher der Lindholzer Kämpfer tot oder verwundet zu Boden.

Erlan wandte derweil sein Pferd zur Linken und begann den Hügel herunter zu preschen. Der Donner der Hufe der Sindelsaumer Pferde dröhnte über die kleine Ebene, nur um am Flusslauf plötzlich zu stoppen. Erlan sprang vom Rücken seines Pferdes und zwei seiner kräftigsten Waffenknechte begannen sogleich damit den Fluss zu durchwaten. Sie hatten Seile um ihren Brustkorb gebunden, deren Enden die übrigen Kämpfer am Ufer hielten. Als sie am anderen Ufer angekommen waren, zurrten sie das Seil, dass sie um ihre Körper gewickelt hatten, an einem Baum fest. Sogleich machten sich Erlan und der Rest seines Trupps daran, den Fluss zu überqueren. Die Strömung begann sogleich an ihm zu reißen und zu zerren, doch er hatte sich, ebenso wie sein Gefolge, an diesem Tag nur leicht gerüstet und das Seil ermöglichte es ihm sicher den Fluss zu überqueren. Selbst als alle seine Kämpfer den Fluss überquert hatten, war von den feindlichen Truppen nichts zu sehen. Also rückten die Sindelsaumer zügig gegen die Brücke vor, doch die feindlichen Söldner flohen bereits, denn sie hatten erkannt, dass ihre Position jetzt unmöglich zu verteidigen wäre. Noch einmal forderten die Lindholzer Bogenschützen ihren Tribut, doch dann flohen die verbliebenen Söldner auf ihren Pferden.

„Das sind 30, wo ist der Rest?“ sprach Barthalm aus, was Erlan dachte.

Zum Nachdenken blieb jetzt wenig Zeit, denn schon stürmten die Sindelsaumer zu Brücke vor. Dort überkletterten soeben Rahjeïs Trupp die Barrikade. Soeben formierten sich die Sindelsaumer und Lindholzer zum gemeinsamen Vorrücken, als Erlan mehrere Reiter mit Fackeln erblickte. „Was haben die nur vor?“, murmelte er, doch lange musste er nicht raten, denn die beiden warfen ihre Fackeln auf die Dächer von zwei Bauernhäusern. Stichflammen schossen aus den Dächern hervor. „Sie brennen das Dorf nieder!“, rief Barthalm erbost.

„Drauf und dran! Die schnappen wir uns!“, stimmte Larona mit ein. Ohne weitere Befehle abzuwarten, stürmte sie vorwärts und zahlreiche Kämpfer folgten ihr. Erlan aber blieb stehen, denn er hatte bereits die übrigen Feuer erblickt, die im Dorf aufloderten. Gorfar Haro hatte nie damit gerechnet, sie an der Brücke schlagen zu können. Er hatte ihnen einige Verluste zugefügt und nun brannte er das Dorf nieder.

"Was tut denn dieser Wahnsinnige?", rief Rahjeïs überrascht. Ein solches Inferno hatte sie bisher noch nicht gesehen.

"Gorfar Haro will das Dorf und seine Vorräte nicht in unsere Hände fallen sehen", erläuterte der schlachterfahrene Barthalm von Rohenforsten in nüchternem Tonfall, während sich das Feuer rasch ausbreitete. Nicht nur die Schindeln, sondern auch viele der Häuser bestanden aus Holz, das hier im waldreichen Mesch einfach zu beschaffen war, und der Regen, der die Straße nach Agum aufgeweicht hatte, war dem südlichen Teil der Baronie offenbar fern geblieben. So manch einer versuchte die Brände zu löschen, aber die Söldner hatten sich gut vorbereitet und Teer und Zunder ausgelegt. Das Dorf war nicht zu retten. Unter großem Wehklagen flohen die Menschen. Manche stiegen gar aus Fenstern, wo der Weg durch die Türen versperrt war und viele retteten nur, was sie in höchter Eile hatten greifen konnten.

"Wir müssen diesen armen Leuten helfen!", stieß Rahjeïs von Lindholz aufgebracht hervor. Der schwarzgelockten Caballera traten die Tränen in die Augen: "Dafür, bei Rondra, soll dieser Unmensch bezahlen. Das schwöre ich!"

Bei Erlan kamen dunkle Gedanken an die Schlacht um Angbar im Jahr des Feuers auf, als der Feuervogel Alagrimm fast die gesamte Reichsstadt niedergebrannt hatte. Hastig zog er sich über die Brücke zurück und versuchte dort, so gut es ging, den verschreckten Dörflern zu helfen. An einen weiteren Angriff war heute nicht zu denken, vor allem nicht mit den bald zweihundert Flüchtlingen. „Ein geschickter Boltanzug", murmelte Barthalm an seiner Seite. „Gorfar nimmt uns den Komfort der Hütten, aber vor allem hängt er uns zweihundert hungrige Mäuler ans Bein, während er selbst mit all ihren Vorräten in der Burg sitzt. Schaut nur. Weit und breit ist keine Kuh, kein Schaf, Schwein, oder Huhn zu sehen. Nur ein paar Hunde und Katzen und ein paar zurückgelassene Pferde der Söldner.“ Erlan nickte nur. Das Leid der Dörfler ging ihm nahe. Rahjeïs hatte Recht gehabt. Das würde Gorfar büßen müssen.

Es dauerte bis spät in die Nacht, bis sie ihr Lager aufgeschlagen hatten. Sie hatten ihre Vorräte geteilt, aber lange würde das so nicht gehen können. Erlan selbst hatte die Vorräte geprüft und trotz ihres Trosses würde es für alle nur für eine Woche reichen. Als sich Erlan schließlich in sein Zelt begab und Schlaf suchte, fand er ihn nicht, denn das noch immer brennende Dorf und die Sorgen hielten ihn wach. Auf was für ein Abenteuer hatte er sich hier nur eingelassen?

Es sollte vier Tage dauern, bis ein halbwegs geordnetes Lager entstanden war. Erlan hatte darauf bestanden, einen Graben auszuheben und mit dem Aushub einen Erdwall aufzuwerfen. Derweil durchstreiften Jagdtrupps die Wälder um die Vorräte des kleinen Heeres aufzustocken und Barthalm von Rohenforsten war mit Erlans Reitern und einigen Wagen aufgebrochen und hatte im Umland Vorräte eingetrieben. Solcherart gab es nun für eine weitere Woche genug zu essen, aber danach würde es ein langer Weg werden, um das Heer und die Dörfler zu versorgen. Solcherart begannen die Beratungen für die eigentliche Belagerung der Burg. Ein schneller Erfolg musste her, aber an einen Sturmangriff war angesichts der zahlreichen Verteidiger und der guten Befestigungsanlagen nicht zu denken.


Autor: Lindholz

Rahjeïs von Lindholz, Larona von Bardostein, Barthalm von Rohenforsten und Delayar Mondsucher hatten sich im Zelt des Barons von Sindelsaum eingefunden - dem Zelt, welches von Größe und Ausstattung für eine solche Beratung am ehesten geeignet war.

"Gorfar Haro dürfte noch über vierzig waffenfähige Männer und Frauen verfügen. Das deckt sich mit den Berichten Ihrer Hochwohlgeboren und auch aus dem, was man an Verteidigern in den letzten Tagen auf den Mauern gesehen hat, kann man eine ähnliche Zahl abschätzen", führte soeben Barthalm aus, "Somit dürften seine Vorräte eine ganze Weie reichen. Dennoch sehe ich keinen anderen Weg als sie auszuhungern. Wir haben kein schweres Kriegsgerät, aber genügend Leute, um die Festung völlig zu umstellen."

"Aber haben wir auch genug Vorräte, um uns zu versorgen?", fragte Larona von Bardostein besorgt.

"Die Wälder bieten uns ausreichend Wild", konnte der alternde Krieger sie beruhigen, sah sich jedoch daraufhin dem Vorwurf des jungen Delayar ausgesetzt, das empfindliche Gleichgewicht der Wälder nicht ausreichend zu berücksichtigen.

"Nun, wir können auch die Gräfin über unsere Lage informieren. Wenn sie uns Vorräte oder Antwerk zukommen lässt, können wir länger durchhalten oder diese Belagerung vorzeitig beenden", setzte er schließlich hinzu, um den Halbelf zu beruhigen.

Auch Rahjeïs bemühte sich, die Wogen zu glätten. "Wir sollten auch berücksichtigen, dass Gorfars Männer berittene Kämpfer sind, die es nicht gewohnt sind, wochenlang in einer Festung festzusitzen", merkte sie an, "Womöglich halten sie gar nicht so lange durch."

Doch auch bei keinem von ihnen löste die Vorstellung, für eine so lange Zeit hier auszuharren, Begeisterung aus.

"Gibt es Neuigkeiten aus El Mojal?", erkundigte sich Erlan von Sindelsaum. "Wenn die Fellachen aufgeben, könnten wir die Dörfler dort unterbringen. Das würde sie aus dieser gefährlichen Lage bringen und unsere Versorgung erleichtern."

"Leider nein, Herr. Unser Unterhändler berichtet, dass die Fellachen verlangen, den rechtmäßigen Erben des Obidos von Mesch zu sehen. Angeblich zweifeln sie daran, dass wir die Befugnis haben, in seinem Namen oder im Namen der Gräfin Verhandlungen zu führen ", berichtete Larona, "Aber wenn ihr mich fragt wollen sie uns nur hinhalten, bis feststeht, wer hier bei Loredoblick die Oberhand behält."

Die Stimmung unter den Anwesenden war auf einem Tiefpunkt angekommen. Just in diesem Augenblick machte sich eine der Wachen vor dem Zelt bemerkbar und trat ein.

"Verzeiht, Euer Hochgeboren, eine Gesandschaft der Dorfbewohner erbittet, mit Euch sprechen zu dürfen. Sie behaupten, eine Schwäche in der Verteidigung der Burg zu kennen."

Die vier Adligen zögerten angesichts ihrer Lage nicht lange.

"Lasst sie eintreten", befahl Erlan von Sindelsaum erhaben und kurz darauf gesellten sich drei Dörfler, zwei Männer und eine Frau, zu ihnen in das Zelt. Die drei verbeugten sich und einer der Männer, ein älterer Herr mit krausem, zu großen Teilen ergrautem Bart, trat einen Schritt vor, nachdem der Baron ihm zu sprechen aufgefordert hatte.

"Euer Hochgeboren, im Namen der Bewohner von Loredoblick, möchte ich Euch danken, dass Ihr uns in Eurer Gnade mit Nahrung versorgt und aufgenommen habt."

"Die gütige Travia gebot es und ich folgte ihrem Ruf, wie jeder aufrechte Streiter es getan hätte", erwiderte der Baron gnädig und musterte den Alten, dessen Umgangsformen für einen einfachen Mann erstaunlich gut waren.

"Ich fürchte, wir sind solche Achtbarkeit hier schon lange nicht mehr gewohnt", merkte der Alte verbittert an, "Die ganze Gegend wird aufatmen, wenn Ihr diesen Tyrannen Gorfar Harro seiner gerechten Strafe zugeführt habt."

"Wie konnte er Castillo Loredoblick überhaupt einnehmen? Mit seinen Reitern wird er es kaum im Sturm genommen haben", mischte sich Rahjeïs von Lindholz ein, "Gibt es einen Geheimgang, durch den sie in das Innere gelangt sind?"

"Heimtücke und Niedertracht öffneten ihm die Tore, edle Dame", erwiderte der Mann, "Seine Wohlgeboren suchte sein Land zu schützen, als sich Kriegsherren überall in der Südpforte mit Macht nahmen, was ihnen die praiosgefällige Ordnung zuvor verwehrte, und aus den Wäldern die Goblins vordrangen. Gorfar Haro diente sich ihm an, doch schon als sich die Praiosscheibe das erste Mal dem Horizont entgegen senkte, stieß er unserem rechtmäßigen Herren den Dolch des Verrats in den Rücken. Es war eine blutige Nacht, die nur ein paar einfache Knechte und Mäge überlebten. Selbst den Koch ließ er hinrichten."

"Ihr scheint viel von dem zu wissen, was auf der Burg vor sich ging", merkte Ritter Barthalm an.

Der Alte nickte: "Mein Name ist Gonzalo Halcalde und ich diente seiner Wohlgeboren als Schreiber. Seine Wohlgeboren und ich waren Freunde seit Jugendtagen und schon damals waren seine Augen nicht die besten. In den letzten Jahren erledigte ich seine gesamte Korrespondenz. Häufig habe ich mich beklagt, dass ich jeden Tag zur Festung empor zu gehen hatte und abends wieder ins Dorf zurückkehren musste, nur weil das Castillo so beengt war. Doch nun frage ich mich, ob es nicht dieser Umstand war, der mir das Leben rettete."

"Was geschah mit den sterblichen Überresten des Junkers?", erkundigte sich Rahjeïs von Lindholz mit belegter Stimme.

Gonzalo Halcalde stiegen die Tränen in die Augen: "Einen Mond lang hingen ihre zerschundenen Leiber von den Zinnen der Burg. Dann ließ er sie verbrennen, wie er es zuvor schon mit den anderen Getöteten getan hatte."

Tiefes Schweigen erfüllte das Zelt, während man dem Schicksal des ehemaligen Burgherren und seiner unschuldigen Familia gedachte.

Schließlich brach Erlan von Sindelsaum mit ruhiger Stimme das Schweigen: "Auch wenn es keinen Geheimgang gibt: Uns wurde zugetragen, dass ihr einen Weg in die Festung kennt."

Die drei Dörfler sahen sich etwas verunsichert an, dann sprach erneut ihr Anführer: "Nun, es nicht direkt ein Weg... allerdings plante seine Wohlgeboren schon seit Jahren, die Seeseite des Castillos zu erneuern. Efferds Element hat das Gestein unterhalb der Mauern zunehmend weggespült. 'Wenn ich das Bollwerk nicht bald verstärke, habe ich bald nur noch ein Rollwerk', pflegte seine Wohlgeboren zu sagen." Das Lächeln einer Erinnerung huschte über das Gesicht des Mannes, "Allein ihm fehlten die Mittel, einen Bauherren und Handwerker her zu bestellen."

"Phex sei Dank fehlen uns hingegen nicht die Mittel, dem Wirken des Sees etwas nachzuhelfen: Ich habe einige Sappeure der 'Wühlschrate' in meinen Reihen. Wenn jemand diese Mauern zum Einsturz bringen kann, dann sie", verkündete Erlan von Sindelsaum voller Überzeugung.

"Jedoch wird das Wasser des Sees auch ihre Arbeit behindern. Und wenn man brennendes Öl herunterschüttet, wird es sich auf dem Gewässer ausbreiten. Kein Schild wird ihnen Schutz bieten können!", wand Rahjeïs ein.

"Ich glaube, das Problem lässt sich umgehen", erläuterte Barthalm von Rohenforsten, "Die Jäger erwähnten eine Wassermühle am unteren Ende des Gewässers..."

"Ein Stausee, natürlich!", unterbrach Rahjeïs von Lindholz begeistert den älteren Ritter und die drei Dorfbewohner bestätigten mit einem Nicken ihre Vermutung.

"Wir können das Wasser einfach ablassen und die Sapppeure können trockenen Fußes ihre Arbeit verrichten", führte der ältere Ritter seinen Gedanken zu Ende.

"Und ich weiß, wie wir noch einen weiteren Vorteil aus diesem Umstand ziehen können", ergänzte Larona und ein übermütiges Grinsen zog sich über ihr Gesicht, "Wie wäre es mit einem nächtlichen Ausflug ins Dorf, Domnatella Rahjeïs?"

Die Südländerin ließ sich nicht lange bitten.

Der Morgen des übernächsten Tages graute schon, als die von den beiden jungen Ritterinnen geführte Schar den Mühlendamm erreichte. Die Gebäude schien verlassen dazuliegen, dennoch ging man mit Bedacht vor, als man die Räumlichkeiten, vom feuchten Keller bis zum windschiefen Dach, durchsuchte.

"Die Mühle ist in keinem guten Zustand, doch die ebenerdigen Räume sind trocken und die Wände sind stabil. Selbst das Mahlwerk scheint noch intakt zu sein." berichtete Rahjeïs, als sie wieder nach draußen trat, während man im Inneren ein provisorisches Lager errichtete.

"Hoffen wir, dass eines Tages hier ein guter Müller wieder sein Korn malen wird", erwiderte Larona, die oben auf der Dammkrone stand, und dabei half, das Wehr zu öffnen. Es brauchte einiges an Kraft, doch schließlich gab der altersschwache Mechanismus nach und sprudelnd ergoss sich das aufgestaute Nass in das Tosbecken. Larona lachte triumphierend und winkte die Fischer heran. Diese verteilten sich am Rande des Unterwassers und machten die Netze bereit, die die beiden Ritterinnen des Nächtens aus dem Dorf stibitzt hatten. Bald würden Hechte, Aale, Neunaugen, Karpfen und Barsche die rasch schwindenden Vorräte auffüllen!


Autor: Sindelsaum

Erlan beobachtete vom anderen Ufer mit Wohlgefallen, wie die Wassermassen abflossen und den Weg für seine Leute freimachten. Lana, Ferling, Fredo, Anghard, Lindwin, Alborn, Eckbart und Alfwin standen alle neben ihm. Von seinen Kämpfern waren sie diejenigen, die Teil der Wühlschrate gewesen waren. Alfwin war mit seinen 43 Götterläufen der Älteste und Erfahrenste der Gruppe und hatte das Kommando übernommen. Im Verlauf der letzten beiden Tage waren unter seiner Anleitung mehrere rollende Schutztunnel entstanden. Ganz ähnlich wie das Schutzdach für einen Rammbock konstruiert würden sie die Sappeure vor feindlichem Beschuss schützen.

Zwei Tage später nachdem das Wasser abgelassen worden war, gab Alfwin das Zeichen und die erste der Schutzkonstruktionen wurde vorwärts geschoben. Kräftige Dörfler packten ebenso mit an wie Erlans Waffenknechte. Derweil hatten sich die Lindholzer Kämpfer zum Kampf aufgestellt für den Fall, dass Haro einen Ausfall wagen sollte. Doch abgesehen von ein paar Bolzenschüssen blieb es ruhig. Die Söldner hatten wohl erkannt, dass sie gegen die Schutztunnel wenig ausrichten konnten. Es sollte den ganzen Tag dauern, bis die Konstruktionen durch den bloßgelegten Seegrund bewegt worden waren und hintereinander aufgestellt worden waren. Auf diese Weise hoffte Erlan zu verhindern, dass es während der Minierungsarbeiten zu Verlusten unter seinen Leuten kommen würde, denn die Mannschaften die gruben, mussten regelmäßig abgelöst werden und das Erdreich musste weggeschafft und Stützbalken und anderes Material herangeschafft werden.

Die nächsten Tage beobachtete Erlan die Arbeiten, mal aus der Nähe, doch meist aus der Ferne. Einmal packte er sogar persönlich mit an. Während die Grabarbeiten weitergingen, hatte er auch einen weiteren Erdwall mit Graben aufwerfen lassen. Dieser Graben, knapp außerhalb von Armbrustschussweite gelegen, blockierte das Burgtor und würde so einen Ausfall der Besatzung in ein Blutbad verwandeln. Während die Sindelsaumer gruben, hielten stets zwei Dutzend Lindholzer Wache am Graben. Es war schließlich nicht auszuschließen, dass Gorfar und seine Leute sich entschließen würden, sich den Weg aus der Burg frei zu hacken.

Es war der vierte Tag der Grabearbeiten und Erlan saß gerade beim Frühstück vor seinem Zelt und genoss die ersten Sonnenstrahlen des Tages, als er Rufe hörte. Er blickte zur Burg hinüber und tatsächlich tat sich dort was. Bisher waren immer nur einzelne Posten zu sehen gewesen, aber nun war ein Dutzend Gestalten zu sehen, die sich am Wehrgang mit etwas abmühten. Es dauerte eine Weile, bis sie damit begannen, einen gewaltigen Klotz von Stein, es sah fast aus wie ein Altarstein, auf die Zinnen zu hieven. 'Sie wollen das Schutzdach zerschlagen, und alle die darunter zu Gange sind' ging es Erlan auf. 'Die müssen da sofort raus!' Hastig sprang Erlan auf und eilte Richtung Laufgraben, doch als er den halben Weg zurück gelegt hatte, war es den Verteidigern gelungen, den Klotz über die Zinnen zu stoßen. Mit einem ohrenbetäubenden donnern barst der Koloss durch das Schutzdach und zerstörte die gesamte Konstruktion. Auch der Tunnel selbst musste getroffen worden sein, denn es kam zu einem kleinen Erdrutsch, welcher den Tunneleingang und einen Teil des Schutzdaches verschüttete. Jubel war von der Burg zu hören und ein besonders dreister Verteidiger präsentierte den ohnmächtigen Belagerern sein entblößtes Hinterteil.

Als Erlan schließlich beim Eingang des Schutzdaches ankam, hatte sich dort ein Menschenauflauf gebildet. Viele verdreckte Gestalten mit geweiteten Augen waren zu sehen. „War noch jemand im Tunnel? Gab es Tote? Verletzte?“, verlangte Erlan zu wissen, doch niemand konnte ihm antworten. Erst als er Alfwins verdrecktes Gesicht erblickte, bekam er seine Antworten.

„Ich war der letzte der aus dem Tunnel rauskam. Hinter mir war niemand. Wir hatten Glück im Unglück. Wäre der Stein nicht derart groß und unhandlich gewesen, hätten wir keine Warnzeit gehabt und ich wäre jetzt bei Boron.“

Erlan atmete erleichtert auf. Es war tatsächlich ein Glücksfall gewesen.

„Um den Tunnel ist es aber geschehen“, sagte Alfwin. „Wir müssen uns einen anderen Weg in die Burg suchen. Erlan nickte abwesend. Er stand noch zu sehr unter dem Schreck des Geschehenen um sich Sorgen über den Verlauf der weiteren Belagerung zu machen. Noch einmal ließ er den Blick über das Feld ihrer Niederlage schweifen, als ihm ein seltsamer Schatten im schlammigen Grund des trockengelegten Mühlenteiches auffiel. Ohne Aufmerksamkeit zu erregen, schlenderte der Baron näher an die Vertiefung und warf einen Blick hinein. Überrascht weiteten sich seine Augen: Vielleicht konnte sie dieser Rückschlag doch noch zum Sieg führen!


Autor: Lindholz

Keuchend zog sich Rahjeïs weiter durch den engen Kanal. Stück für Stück ging es, auf den linken Arm gestützt, voran. Vor sich ertastete sie die Sohlen von Laronas Stiefeln. Die Ritterin aus dem Norden bewegte sich nicht weiter. "Gitter", flüsterte sie nach hinten. Zum zweiten Mal. Und wieder hörte die Caballera, wie sich ihre Gefährtin mit dem Hindernis in ihrem Weg abmühte. Hoffentlich war dies endlich das Ende der Wasserleitung! Der nasskalte Schlamm hatte ihr mit jedem kleinen Stück, das sie vorankamen, weiter die Bluse und die Hose durchnässt. Die Kälte ließ sie erschauern, schlimmer war jedoch die bedrückende Enge, die sie umgab. Zwar konnte sie immer weniger von ihrer Umgebung erkennen, je weiter sie in den schmalen Gang eindrangen, aber das Geräusch ihres Atem schien sich nur weniger Finger neben ihrem Kopf zu brechen. Eine kaum erträgliche Angst vor dem Ersticken ließ ihr das Atmen schwer werden. 'Oh ihr Götter, lasst mich hier nicht verenden, wie eine Ratte in den Abwasserkanälen von Punin!', flehte sie stumm. Noch immer konnte sie kein Licht vor sich sehen, aber das musste nichts bedeuten, wenn Gonzalo recht behielt. Selbst er hatte nichts von der Existenz dieses künstlichen Zuflusses gewusst, doch kümmerten sich die Hausangestellten auch stets darum, Wasser aus der Zisterne unter dem Palas der Burg zu holen und weder er noch der Junker hatten sich je darum geschert, woher das lebensnotwendige Nass überhaupt stammte, solange es wohlschmeckend und ausreichend vorhanden war. Eine Nachlässigkeit, die den angreifenden Truppen nun zu Gute kam: Die Gitter, die den Weg versperrten, waren wohl nach dem Bau der Anlage niemals erneuert worden und wurden nur durch Rost und Gewohnheit an ihrem Platz gehalten. Rahjeïs vernahm ein leises Klirren vor sich als Larona den ersten Eisenstab vor ihnen aus der Verankerung gerüttelt hatte. Bald würde es weitergehen. Um ihre Nerven zu besänftigen, lauschte sie auf das Kratzen vor sich - und hätte beinahe laut aufgeschrien, als etwas über ihre Beine huschte. 'Delayar. Es ist nur Delayar.' beruhigte sie sich. Für diesen Schreck hätte sie den Halbelf den Kopf abreißen können, würde sie nicht in einem engen Loch verstecken, dass es ihr kaum erlaubte, den Arm zu bewegen! Freilich war sie auch dankbar, dass es ihm seine Zauberei ermöglichte, sie zu begleiten, aber in seiner tierischen Gestalt schien der sonst so ruhige Delayar nur zum Teil Herr seiner selbst zu sein und Neugier und Spieltrieb ließen ihn hinter ihr hin und her trappeln. Zumindest waren Larona und sie so nicht völlig alleine: Zwar befanden sich unter den Belagerern noch weitere Frauen, aber keine sonst erschien ihnen schmal, geschickt und geeignet genug für ihr Unterfangen. Gilion, dessen Verbindung zu den astralen Kräften stärker war, wäre sicherlich auch eine Hilfe gewesen - hatten viele Truppen Magier in ihren Reihen, waren die beiden Halbelfen das einzige an astralen Möglichkeiten, was ihnen zur Verfügung stand - doch dieser hatte erklärt, dass sein anderes ich nicht geeignet wäre, ihnen durch den Kanal zu folgen. Rahjeïs wusste nicht, ob dies der Wahrheit entsprach oder ob er bereits dieser kriegerischen Auseinandersetzung müde war; manchmal fragte sie sich, ob der jüngere der beiden Brüder jemals die heimischen Wälder verlassen hätte, wenn die Neugier Delayar nicht fortgezogen hätte, aber sie gab sich mit der Erklärung zufrieden.

Schließlich hatte Larona ihre kräftezehrendes Werk verrichtet und schob sich weiter voran. Rahjeïs folgte ihr auf dem Fuße. Es dauerte nicht lange, dann hörte sie das Platschen von Wasser und kurz darauf erreichte auch sie das Ende des Tunnels. Ihre Hände ertasteten eine abgeschliffene Kante und eine Hand breit darunter Wasser. Langsam ließ sie sich in das kalte Nass gleiten, eine Hand immer am Rande des Wasserkanals; schließlich wusste sie nicht, wie tief das Becken hinunterreichte. Dichtes, feuchtes Haar strich über ihren Handrücken und ein weiteres Platschen war zu hören, als ein ungeduldiger Fischerotter sich den Weg in sein Lieblingselement suchte. Zu Rahjeïs Erleichterung stießen ihre Füße bald auf Grund und als sie sich aufrichtete, konnte sie feststellen, dass ihr das Wasser in der Zisterne nur bis wenige Finger über den Bauchnabel reichte. Eine Weile hoffte die Lindholzer Caballera noch, dass sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnen würden, doch diese blieb genau so undurchdringlich, wie sie es von Anfang an war: Das spärliche Licht vom See drang nicht bis hierher und entweder lag der umgebende Raum vollständig unterderisch oder niemand hatte sich beim Bau die Mühe gemacht, Fensteröffnungen auszusparen. Mit nach vorne gestreckten Händen setze sich Rahjeïs in Bewegung, stieß gegen Larona, entschuldigte sich leise und erreichte nach einem weiteren Schritt schließlich eine grob behauene, steinerne Wand. Sie tastete sich Schritt für Schritt nach links gehend daran entlang, erreichte dann eine Ecke und setzte ihre Suche noch einige weitere, zaghafte Schritte fort, bevor ihre Finger eine Vertiefung in der Mauer fanden. Die Caballera strich mit den Händen nach oben und unten, wo sie weitere Aussparungen entdecken konnte: "Hier ist ein Aufstieg", flüsterte sie in die Dunkelheit und konnte das leise Geräusch des Wassers vernehmen, während sich die Ritterin aus dem Gefolge des Sindelsaumers zu ihr bewegte. "Feya feiama i'ungra", war Delayar zu vernehmen und, noch bevor es zu einem weiteren Zusammenstoß zwischen den beiden Kämpferinnen kommen konnte, erhellte sich ihre Umgebung in einem weißen Licht. 'So bleich, als hätte jemand ein kleines Stück vom Madamal hierher gebracht', dachte Rahjeïs und wollte sich schon neugierig umwenden, als ihr Blick auf die errötende Larona traf, die in Richtung des Halbelfen sah. Geistesgegenwärtig löste sie das kleine Bündel an ihrem Gürtel und reichte es nach hinten, ohne sich umzudrehen; und das nicht nur wegen dem, was sie sehen würde, sondern auch wegen dem, was Delayar sehen könnte: So geeignet das klare Wasser auch war, um sich vom Schlamm zu befreien, so bewusst war sich die Caballera auch, welch rahjanischer Anblick ihre durchnässte Bluse derzeit bot. Das war allerdings bei Weitem nicht der wichtigste Grund, warum sie sich derzeit eine Rüstung sehnsüchtig herbeiwünschte! Doch daran war nicht zu denken gewesen. Selbst für ihren entblößten Begleiter hatte sie mehr als Hose, Hemd und ein Kurzschwert nicht mitnehmen können. Ebenso beschränkte sich ihre eigene Bewaffnung auf ein Schwert - keine Waffe, die sie sonderlich gut beherrschte, aber mit dem Pailos würde sie nun irgendwo verkeilt im Wasserkanal festsitzen. Da Delayar den Speer als Waffe im Nahkampf bevorzugte, war Larona die einzige, deren Angriffsstärke uneingeschränkt zur Verfügung stand. Ihnen allen war klar, dass sie so gut wie verloren waren, sollten sie zu früh entdeckt werden.

So kletterten sie rasch aus der Zisterne empor und die adligen Damen nahmen den Raum in Augenschein, während Delayar sich ankleidete. Außer steinernen Wänden und Utensilien zum Schöpfen und Transportieren des lebensnotwendigen Nasses, hatte der Raum nicht viel zu bieten. Ein kurzer Gang verband ihn mit einer weiteren Kammer, in denen Wein und haltbar Gemachtes in Fässern, Amphoren und versiegelten Tongefäßen lagerten. Die Einschätzung Barthalms von Rohenforsten, dass es ein langwieriges Unterfangen werden würde, die Besatzer auszuhungern, erwies sich als richtig: Noch schien alles reichlich vorhanden zu sein. Am Ende der Vorratskeller führte eine Treppe zu einem kleinen Absatz, ungefähr anderthalb Schritt über dem Boden empor. Von dort hatten die drei einen guten Überblick über den Raum, mussten jedoch auch feststellen, dass der weitere Weg ihnen versperrt war: Die wuchtige Eichenholztür war von der anderen Seite verriegelt. Damit war zu rechnen gewesen, selbst wenn kein Belagerungszustand geherrscht hätte. Ein kurzer Blick auf die Angeln - die Tür öffnete sich in den Raum - verriet, dass es ihnen einige Mühe und nicht unbeträchtlichen Lärm verursachen würde, die Tür herauszuheben, so es überhaupt möglich war. So legte man sich auf die Lauer, löschte das Licht und wartete auf das, was früher oder später geschehen musste.

Es dauerte eine ganze Weile, Rahjeïs vermochte in dem lichtlosen Keller nicht zu sagen, wie viel Zeit wirklich vergangen war, als ein leises Klacken und das Schaben des Riegels die Stille durchdrang, die sich über den dunklen Raum gelegt hatte. Das flackernde, warme Licht einer Kerze drang in den Raum und Rahjeïs zog sich weiter in den Schatten der Treppe zurück, in deren Ecke, umgeben von Fässern mit Eingelegtem sie sich verbarg. Raschelnde Röcke verrieten das Herabschreiten der Magd und als die Caballera nach oben blickte, konnte sie einen schwankenden Eimer und das Ende einer hölzernen Tragestange über sich erkennen. Die ausgetretenen Stufen gewohnt, erreichte die Bedienstete den eigentlichen Keller und ging ebenso beschwingt direkt zur Zisterne weiter, geübt die Schultern zur Seite drehend, als sie den schmalen Gang erreichte, jedoch nicht einmal einen Blick über die Schulter werfend. Vorsichtig schob sich Rahjeïs an den Fässern vorbei. Von der anderen Seite des Aufstiegs trat Delayar aus den Schatten. Eigentlich hatte man geplant, den Wasserträger zu überwältigen, doch der Halbelf wandte sich der Treppe zu und erreichte kurz darauf Larona, die sich hinter der Tür verborgen gehalten hatte. Die Lindholzer Caballera konnte es ihm nicht verübeln: Die Magd auszuschalten brachte ihnen keinen Vorteil und man riskierte nur, dass ein Schrei Aufmerksamkeit auf sie lenkte. So schloss sich Rahjeïs den beiden an und gemeinsam huschten sie aus dem Raum. Gegenüber der Tür, durch die sie getreten waren, befand sich eine weitere; vermutlich gelangte man durch sie in einen anderen Lagerkeller. Die Treppe führte zu ihrer Linken weiter nach oben und so folgten sie diesem Weg. Ein Hauch von Sternenlicht begleitete sie bei ihrem raschen Aufstieg in das Erdgeschoss und oben angekommen sahen sie, dass der Schein durch eine vergitterte, schmale Fensteröffnung drang, hinter den man den verwaisten Innenhof erblicken konnte. Schemenhaft zeichneten sich Bewaffnete auf dem umlaufenden Wehrgang ab und Licht drang aus der Wachstube im Torhaus.

Eine weitere Tür führte in das Innere des Pallas, vermutlich in die Küche, doch Larona trat an die Außentür, drückte vorsichtig die Klinke nach unten und öffnete die Tür einen Spalt. Aus der Ferne hallten nun die Befehle an Ihr Ohr, mit denen die Sappeure Dorfbewohner mit Fackeln als falsche Truppen durch die umgebenden Hügel dirigierten während Erlan die echten Kämpfer unweit der Brücke sammelte. Tatsächlich schien das undurchsichtige Geschehen draußen die Aufmerksamkeit der meisten Wachen zu fesseln und nur gelegentlich hörte man ein leise gerauntes Gespräch. Die drei Eindringlinge nutzten die Ablenkung und gelangten unbemerkt zum Torturm. Von hier an, hatten sie die nächsten Schritte genau abgesprochen und so genügte ein knappes Nicken von Rahjeïs, als sie die Tür zur Wachkammer erreichten, und schon begann Delayar erneut, kaum hörbar, eine Zauberformel zu intonieren. Die Welt um sie herum verstummte, Larona riss die Tür auf und die drei stürmten die von Fackeln erleuchtete Kammer. Die beiden Wächter blickten die Eindringlinge überrascht an und sprangen auf. Beide riefen etwas, wollten wohl Alarm geben, doch keine Silbe verließ ihre Kehlen. Schon war Larona bei dem ersten Kerl, während Rahjeïs den Weg zur Treppe nach oben abschnitt um dann mit Delayar die zweite Wache, eine in die Jahre gekommene drahtige Frau, in die Zange zu nehmen. Es dauerte nicht lange und Larona hatte ihren Gegner niedergerungen. Die Wächterin, die sich auf die Defensive verlegt hatte, während sie versuchte, ein Schlupfloch zwischen ihren Gegnern Richtung Tür aufzutun, ergab sich daraufhin. Rahjeïs fesselte sie anschließend an einen der Stühle, an dem die beiden eben noch gewürfelt hatten, und verpasste ihr zur Sicherheit einen Knebel. Nachdem die Wachstube gesichert war, begaben sich die Drei wieder nach draußen und erreichten den massiven Holzbalken, der das Burgtor verriegelte. Es kostete die beiden Kämpferinnen und den Halbelf einiges an Kraft, den Balken aus seiner Halterung zu stemmen und die Lindholzer Caballera stöhne unter der Last, als sie den Balken in die Wachstube bugsierten. Es war seltsam, kein Geräusch wahrzunehmen, obwohl man doch wusste, selber welche zu produzieren. Wie es wohl war, sein ganzes Leben so taub zu verbringen? Der junge Frau fröstelte es bei der Vorstellung. Nachdem die schwere Last von ihnen genommen war, lief Delayar noch einmal nach draußen und öffnete den kleinen Türeinlass im Tor, der vorher ebenfalls durch den Balken blockiert worden war. Die beiden Ritterinnen eilten währenddessen nach oben, wo sich der Mechanismus des Fallgatters auslösen ließ und zwei Türen zur Linken und Rechten auf den umlaufenden Wehrgang führten. Larona legte die Riegel vor, die eigentlich dafür gedacht waren, den Torturm vor Eindringlingen zu schützen, die die Mauer überwunden hatten, und Rahjeïs schwenkte eine Fackel vor einer der schmalen Schießscharten. Offenbar war das Signal verstanden worden, denn nur wenige Augenblicke später wallte Nebel aus dem Bachbett auf, das die verbrannten Überreste des Dorfes von der Umgebung abschirmte. Ein beunruhigtes Gemurmel erhob sich vom Wehrgang, während der Nebel sich, einem gierigen Kraken gleich ausbreitete, erst die Belagerer und nach und nach die Dorfruine zu ihren Füßen verschluckte.


Autor: Sindelsaum

Mit dem Nebel rückten Erlan und mehr als einhundert Lindholzer und Sindelsaumer Kämpfer auf die Burg vor. Zwar versuchten sie leise zu sein, aber die Verteidiger hatten bald begriffen was vor sich ging und begannen blind Bolzen und Pfeile in den Nebel zu schießen. Daraufhin verfielen die Angreifer in einen Laufschritt. Barthalm von Rohenforsten stürmte, trotz seines Alters, voran, Erlan fiel derweil immer mehr zurück. Er war doch schon sehr außer Form geraten. Er sah wie sich einige Verteidiger mühten das offene Tor zu verteidigen, doch sie wurden von der Übermacht einfach hinweg gespült. Als Erlan im Innenhoff ankam war der Kampf schon fast entschieden. Ein Trupp Lindholzer drang bereits in einige Gebäude der Burg ein, der Burgstall stand lichterloh in Flammen und erheelte die geesamte Szenerie gespenstisch.Barthalm bestürmte derweil auf der linken Seite den Wehrgang und auf der rechten Seite beseitigten Rahejis und Larona den letzten Widerstand. Erlan entschied sich Barthalm zur Hilfe zu kommen, war aber zu müde um den Wehrgang zu stürmen. „Meine Armbrust“ rief er daher, zielte kurz und schoss einen der feindlichen Kämpfer vom Wehrgang. „Nachladen“ rief er und reichte seine Armbrust nach hinten. Just in diesem Moment traf ihn ein Schlag in die linke Hüfte und er wurde gewaltsam zu Boden geschleudert. Noch bevor er auf dem Boden aufschlug wurde ihm schwarz vor Augen.