Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 35: Unterschied zwischen den Versionen
(→Auf der Straße zwischen Selaque und Schrotenstein, vormittags: Angleich an Aussagen in Steves Text) |
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Ehe er den Gedanken zu Ende führen konnte, senkte der Colonello ruckartig seine Hand und die ersten beiden Schneebretter krachten hangabwärts, den Kutschen entgegen. | Ehe er den Gedanken zu Ende führen konnte, senkte der Colonello ruckartig seine Hand und die ersten beiden Schneebretter krachten hangabwärts, den Kutschen entgegen. | ||
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Der Hang war unter der Schneeschicht, die ihn bedeckte, bewachsen, doch das Strauchwerk konnte das Gemisch aus Geröll und Schnee nicht aufhalten. Die schmalen Zweige und mickrigen Stämmchen gaben unter der herabrasenden Masse nach oder wurden gar mitgerissen und setzten so weitere Erde und Schnee frei. Als die ersten Warnrufe erschallten und Amaros von Lindholz den Kopf den Hang hinauf wandt, hatte sich der Einflussbereich der Schneebretter schon enorm verbreitert. Mit voller Wucht traf die Naturgewalt die ersten beiden Wagen der Kolonne und riss den hinteren der beiden, ohne an Fahrt zu verlieren, den Abhang hinab. Die Laute der in Panik geratenden Pferde klangen schrill und vermischten sich mit den Schreien der Menschen. Der Kutscher versuchte noch, mit einem beherzten Sprung zu entkommen, doch er konnte auf den in Bewegung befindlichen Boden keinerleich Halt finden und wurde ebenso von der Tiefe verschluckt. Auch um die Kutsche der Reichsvögtin war es kaum besser bestellt: Langsam aber stetig wurde das Gefährt zur Seite gedrückt und befand sich bereits in einer gefährlichen Schräglage. Die kräftigen Zugtiere stemmten sich gegen ihr Schicksal, mehr der Panik als der Peitsche des Fuhrmannes folgend, und brachten das Gespann schließlich in ein fragiles Gleichgewicht, das jedoch durch jede noch so kleine Bewegung des Untergrundes zerstört zu werden drohte. | |||
Der Magier nahm sich aber nicht die Zeit, den Ausgang dieses Schicksalskampfes abzuwarten. Er trieb sein Pferd an, dem Einflussbereich der Schneemasse zu entkommen und hätten ihm nicht die Rufe der Kirchenkrieger und sein Instinkt schon darauf hingewiesen, so bestätigten ihm spätestens seine Augen, dass dieser Zwischenfall kein Werk der grimmigen Laune Firuns war: Dort oben bewegten sich Menschen - nein, keie Menschen - gottloses Gesindel! Was war nur mit den Bewohnern dieser Lande geschehen, das sie nur die Sprache der Faust zu sprechen schienen und darüber gar die Gebote der Zwölfe vergaßen? Amaros konnte später darüber philosophieren! 'Ich werde hier nicht sterben!', schwor er sich und hieb Azucar die Sporen in die Flanken. Mochten sie ihn feige nennen, doch lieber versuchte er, Hilfe zu finden, statt hier in falschem Heldenmut sein Leben zu lassen. Irgendwo in Schrotenstein musste es doch noch rechtgläubige Frauen und Männer geben! | |||
Version vom 31. Mai 2016, 19:00 Uhr
Kaiserlich Selaque, 12. Tsa 1036 BF
Auf der Straße zwischen Selaque und Schrotenstein, vormittags
Autor: Lindholz
Wieder einmal geriet die Kolonne ins Stocken. Mit einem Seufzen schlang Amaros den Mantel enger um sich und lenkte Azucar neben den vordersten Wagen. Erfreulicherweise hatte er sein Ross in den Stallungen der Reichsvögtin aufgefunden und wieder in Besitz genommen. Mit dem edlen Tier hätte er schon längst Schrotenstein erreichen können, doch es widerstrebte ihm, in diesen Landen wieder alleine zu reisen. Die Wagen, begleitet von acht Männern und Frauen im Dienste der Praioskirche, würde kein götterfürchtiger Mittelreicher angreifen - dessen war er sich gewiss. Und so fühlte auch er sich wesentlich geschützter. Dieser Schutz mochte ihn Tage kosten, aber nicht sein Leben. Ein Blick nach hinten verriet dem jungen Zauberer, wie sehr sich die edlen Tempelritter damit abquälten, einen der schwer mit den Gütern der da Vanyas beladenen Wagen aus einem Schlammloch zu befreien, in das die linke Seite abgedriftet war. Der vorderste der Wagen bereitete dem kleinen Trupp deutlich weniger Probleme - trotz des nicht unerheblichen Gewichts seines unfreiwilligen Passagiers.
"Noch etwas Geduld, Euer Hochgeboren, ich bin sicher, auf die Mannen seiner Eminenz wird auch in diesem Fall verlass sein und ihr werdet Ragath sicher erreichen", erklärte Amaros von Lindholz als das feiste Gesicht der Reichsvögtin sichtbar wurde, "Ich hoffe, Ihr seid der beschwerlichen Reise und meiner Anwesenheit noch nicht überdrüssig."
"Spart Euch Eure höhnischen Worte. Der Fürst der Götter wird eines Tages über Euer verdorbenes Blut richten und im Angesicht seiner Wahrheit wird Eure verräterische Zunge verdorren wie ein Blatt im Herbst." Praiosmin von Elenta hatte ihren Hochmut schnell wieder gefunden, nachdem sie dem gestrengen Blick des Großinquisitors entkommen war.
"Wie Ihr meint, Euer Hochgeboren", gab Amaros zurück, "Doch ich frage mich, ob Ihr ein milderes Urteil zu erwarten habt; in dieser Welt wie in der nächsten."
Die blitzenden Schweinsäuglein verschwanden wieder hinter den dicken Vorhängen des Gefährts und dem jungen Adligen blieb nichts als schweigend abzuwarten, wenn er nicht mit einem Faltenwurf zu reden gedachte.
Autor: SteveT
"Pssst! Colonello! Ich glaube, sie kommen!"
Boronello von Quaranca, der Hofjunker der zur Zeit Wachdienst hatte, winkte Filippo di Lacara zu, er möge zu seinem verdeckten Aussichtspunkt kommen, von dem aus man mehrere Meilen des Briesacher Höhenweges einsehen konnte - einer gewundenen Passstraße zwischen dem gleichnamigen Ort am Schwarzen See in Schrotenstein und dem Kaisergut Selaque, die die meiste Zeit über den Kamm der Hügelkuppen der Ausläufer des Raschtulswalls führte.
Der ehemalige Commandante des kaiserlichen Banners der Hofjunker, der dieses auch heute noch - oder vielmehr gerade jetzt - befehligte, da es offiziell unehrenhaft aufgelöst worden war und viele seiner ehemaligen Mitglieder nunmehr in kaiserlicher Ungnade standen, lief gebückt zu seinem Gefolgsmann hinüber und spähte mit ihm durch die Zweige des Dickichts, das sie komplett verbarg. Tatsächlich näherte sich aus der Richtung in die Boronello zeigte eine kleine Kolonne aus vier Reisewagen, jeder davon von zwei Rössern gezogen. Zwei Personen ritten dem Wagenzug voraus, eine weitere Person - diese mit einer bannerbewehrten Lanze bewaffnet - folgte ihm hintendrein.
"Juanito!", winkte Filippo di Lacara auch seinen Vetter zu sich, damit er die Wagenkolonne ebenfalls in Augenschein nehmen konnte. "Wie dein Cumpan prophezeit hat ... es scheinen nur wenige Wachen zu sein", grinste Filippo vorfreudig.
"Hm, ich glaube auf jedem Kutschbock hockt neben dem Kutscher ein Goldfass in Eisen", bremste Juanito ein wenig seine Vorfreude.
"Und ist der eine der Reiter, der vorneweg reitet, nicht möglicherweise ein Magus? Sein Stecken sieht so merkwürdig aus", argwöhnte Boronello.
"Ein Magus bei einem Wagenzug der Heiligen Suprema ... wo hat man sowas schon gehört?", lachte ihn Azzato von San Owilmar aus, der ebenfalls dazugekommen war.
"Vieles ist sehr seltsam dieser Tage!", entgegnete Boronello ernst.
"Wir werden sie uns direkt unter uns greifen!", entschied Colonello Filippo und deutete mit einem Kopfnicken auf das Wegstück, das unter ihnen lag. Azzato musste zugeben, dass die Stelle für einen Hinterhalt perfekt gewählt war. Auch wenn die Hofjunker früher bei den gemeinen Gardisten den Ruf eines "Gecken-Regiments" genossen hatten, das vor allem Repräsentationszwecken diente und in das man nur mit äußerst blauem Blut aufgenommen werden konnte, schienen doch so einige mit militärischer Bildung darunter zu sein. Sie konnten versteckt aus einem Tannenwäldchen, zwanzig Schritt über der Straße, hangabwärts angreifen, während es direkt hinter beziehungsweise jenseits der Straße vierzig Schritt steil bergab ging. Keiner der Wagen konnte also auf der Flucht die Straße verlassen.
"Bereitet unsere hübschen Schneebretter vor, die wir wie einen Firunschlag in sie hinein donnern lassen werden!", befahl Filippo seinen Leuten.
"Was? Seid Ihr verrückt?", fragte Azzato entsetzt, dem dieser Teil des Plans ganz neu war. "Schneebretter könnten die Wagen den Abhang hinunter reißen! Denkt daran, dass ich meine Herrin befreien will - ich will nicht ihre Überreste drunten im Tal aufsammeln."
"Genau das ist aber mein Plan!", grinste der Colonello. "Die Wachen stürzen ja mit ab! Mich interessieren nur die Schätze auf den Wagen. Deine Herrin wollte uns fangen und hängen lassen! Wenn sie den Wagensturz und Überschlag überlebt, dann bringe sie besser schnell in Sicherheit, ehe sie meinen Leuten und mir in die Hände fällt! Die Schätze interessieren uns mehr - aber wenn ich die bosquirische Jungfer in die Finger kriege, dann ergeht es ihr schlecht, Compadre!"
Azzato blickte entsetzt zu Juanito, aber der zuckte nur mit den Achseln und nickte dabei zu den Worten seines Vetters: "Wir haben alle einen Eid geschworen. Einjeder für das Banner - das Banner für einjeden. Du weißt ..."
Einen kurzen Moment dachte Azzato daran, die Sache auffliegen zu lassen und zum Beispiel Lärm zu machen, ehe die Wagen heran waren. Aber letztendlich waren die Wachen der Suprema, die seine Herrin zu ihrem sicher verhängnisvollen Prozess eskortierten, noch mehr seine Feinde als diese Gesetzlosen und Vogelfreien. Vielleicht ging die Sache ja gut aus, sollten sie sich die Schätze der verfluchten Da Vanyas holen. Er selbst würde von Domna Praiosmin für ihre Befreiung reich belohnt werden, wenn man erst wieder diese Pfaffen aus Albacim hinaus gejagt hatte.
Azzato zog sein Rapier und ging neben Juanito in Position. Auch alle anderen der verfehmten Hofjunker verteilten sich an die Stellen im Wald, die ihnen der Colonello zugewiesen hatte. Aus viel Schnee, Steinen und Schlamm hatten sie tatsächlich mannshohe Kugeln geformt, die wohl Firunschlägen gleich, den Hang hinunter gerollt werden sollten. Dom Filippo hob seine behandschuhte Linke als Zeichen, noch zu warten, bis die Wagen wirklich fast direkt unter ihnen waren. Azzato hoffte, irgendetwas von Domna Praiosmin zu erblicken, um wenigstens zu wissen, welchem der schweren Planwagen er sich zuwenden sollte. Er sah nichts von ihr, wohl aber jemand anderes, den er beim Näherkommen erkannte - der eine Bursche, der dem Zug vorausritt, war das nicht tatsächlich jener naseweise Magus aus dem Yaquirtal, den seine Herrin wohlweislich eingekerkert hatte? Wieso aber sollte ausgerechnet die Inquisition einen Zauberer befreit haben?
Ehe er den Gedanken zu Ende führen konnte, senkte der Colonello ruckartig seine Hand und die ersten beiden Schneebretter krachten hangabwärts, den Kutschen entgegen.
Autor: Lindholz
Der Hang war unter der Schneeschicht, die ihn bedeckte, bewachsen, doch das Strauchwerk konnte das Gemisch aus Geröll und Schnee nicht aufhalten. Die schmalen Zweige und mickrigen Stämmchen gaben unter der herabrasenden Masse nach oder wurden gar mitgerissen und setzten so weitere Erde und Schnee frei. Als die ersten Warnrufe erschallten und Amaros von Lindholz den Kopf den Hang hinauf wandt, hatte sich der Einflussbereich der Schneebretter schon enorm verbreitert. Mit voller Wucht traf die Naturgewalt die ersten beiden Wagen der Kolonne und riss den hinteren der beiden, ohne an Fahrt zu verlieren, den Abhang hinab. Die Laute der in Panik geratenden Pferde klangen schrill und vermischten sich mit den Schreien der Menschen. Der Kutscher versuchte noch, mit einem beherzten Sprung zu entkommen, doch er konnte auf den in Bewegung befindlichen Boden keinerleich Halt finden und wurde ebenso von der Tiefe verschluckt. Auch um die Kutsche der Reichsvögtin war es kaum besser bestellt: Langsam aber stetig wurde das Gefährt zur Seite gedrückt und befand sich bereits in einer gefährlichen Schräglage. Die kräftigen Zugtiere stemmten sich gegen ihr Schicksal, mehr der Panik als der Peitsche des Fuhrmannes folgend, und brachten das Gespann schließlich in ein fragiles Gleichgewicht, das jedoch durch jede noch so kleine Bewegung des Untergrundes zerstört zu werden drohte.
Der Magier nahm sich aber nicht die Zeit, den Ausgang dieses Schicksalskampfes abzuwarten. Er trieb sein Pferd an, dem Einflussbereich der Schneemasse zu entkommen und hätten ihm nicht die Rufe der Kirchenkrieger und sein Instinkt schon darauf hingewiesen, so bestätigten ihm spätestens seine Augen, dass dieser Zwischenfall kein Werk der grimmigen Laune Firuns war: Dort oben bewegten sich Menschen - nein, keie Menschen - gottloses Gesindel! Was war nur mit den Bewohnern dieser Lande geschehen, das sie nur die Sprache der Faust zu sprechen schienen und darüber gar die Gebote der Zwölfe vergaßen? Amaros konnte später darüber philosophieren! 'Ich werde hier nicht sterben!', schwor er sich und hieb Azucar die Sporen in die Flanken. Mochten sie ihn feige nennen, doch lieber versuchte er, Hilfe zu finden, statt hier in falschem Heldenmut sein Leben zu lassen. Irgendwo in Schrotenstein musste es doch noch rechtgläubige Frauen und Männer geben!
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