Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 04: Unterschied zwischen den Versionen
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"Ihr dämlichen Strohköpfe!", polterte Junker [[Ordonyo di Alina]] los und versetzte Phelippa, die zumeist die Wortführerin seiner Waffenknechte war, eine klatschende Ohrfeige. "Was habt ihr mit meinem Mädchen gemacht? Erkennt ihr nicht mal Dulcinea, mein einziges Kind? Hinaus mit euch!" | |||
Er wies sämtlichen Waffenknechten außer dem Anführer die Tür und knallte sie von Innen zu, nachdem diese die warme Stube verlassen hatten, in der wohl früher einmal ein kaiserlicher Offizier gehaust hatte, der die nahen Steinbrüche beaufsichtigt hatte. | |||
Er sah sich seine Tochter im Schein des Herdfeuers genauer an - schlimm sah sie aus und hatte mehrere Verletzungen. Aber was suchte das dumme Ding überhaupt hier? | |||
"Jetzt zu dir, Mundilla! Was hast du hier zu suchen? Allein - Nachts - in Zeiten wie diesen? Habe ich dir nicht gesagt, du sollst das Gut hüten, bis ich wieder da bin? Denkst du, irgendjemand von den Fellachen hört jetzt auf den fetten Pepote? Nein, die sitzen jetzt alle faul auf dem Arsch und zerreißen sich das Maul über uns, solange sie niemand zum Frondienst antreibt!" | |||
Er bedeutete Dulcinea, sich in den Sessel zu setzen, von dem er selbst gerade aufgestanden war. "Aber es gibt gute Neuigkeiten, Kind! Hier, wo wir jetzt stehen, ist unser Land! Ich habe es Praiosmin, der widerlichen Mastsau, aus dem Kreuz geleiert! Nur das [[Castillo da Vanya]] wollte sie mir nicht zugestehen, die fiese Ratte! Sie hat [[Aldea von Harmamund]] belehnt - darüber könnte man ja fast lachen! Was hat die Stierreiterin hier in unserem schönen Bosquirtal verloren? Die soll bleiben, wo sie ist! Schau dir die Karte an, Kind! Dort siehst du, was jetzt alles unser ist - und auch, wo noch der Feind steht. Aber Moment mal ..." Er blickte Dulcinea genauer an und hob ihr Kinn an, sodass er ihre Augen und das zerkratzte Gesicht besser im Licht sehen konnte. "Diesen Blick kenne ich doch! Du hast irgendetwas ausgefressen und überlegst, wie du es mir beibringen sollst! Streite es nicht ab - los, heraus damit! Was hast du mir zu gestehen?" | |||
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'''Autor''': [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
Dulcinea knetete ihre Finger vor ihrem Bauch und suchte fieberhaft nach Worten. Stattdessen liefen ihr erneut die Tränen aus den Augen, und die Angst schnürte ihr die Kehle zu. "Ich ... ich ... nichts, Vater, ich habe nichts ...", stieß sie schließlich schluchzend hervor, dann wurde sie des Blickes gewahr, den der Anführer der Waffenknechte ihr zuwarf, der sie mit herablassender Ausdruckslosigkeit musterte. So, wie der alte Rigoroso sie stets betrachtet hatte, wenn er sie überhaupt eines Blickes gewürdigt hatte. | |||
Dulcinea schluckte und riss sich zusammen, wischte sich über das zerschundene Gesicht und platzierte ihre Hände wie zufällig so, dass ihr Vater die Schnitte an ihrem linken Arm sehen konnte. "Vater", sagte sie, und bezwang das Zittern in ihrer Stimme. "Alina brennt. Söldner. Söldner, Vater: Ein ganzes Heer ist dort einmarschiert. Sie haben alles niedergebrannt und geplündert. Geraubt, gemordet und die Fellachinnen geschändet. Oh nein, keine Sorge ...", sagte sie, und die Wut über alles, was sie aufgrund der Mercenarios hatte erleiden müssen, gewann die Oberhand, "mich bestimmt nicht! Ich habe mich ihnen mit der Waffe in der Hand entgegen gestellt. Aber es waren zu viele Vater. Und sie wollen auch Euch, also musste ich Alina verlassen, um Euch zu warnen." | |||
Die junge Frau setzte ihre Erzählung fort, berichtete, wie die Söldner das Pferd malträtiert hatten, wie sie das arme Ross hatte schinden müssen, um ihnen zu entkommen, wie sie sich nachts vor Ferkinas hatte verbergen müssen. Die Wut ließ sie tatsächlich glauben, all das erlebt zu haben, ihre Stimme war fest und überzeugend, und doch trug sie nicht ganz so dick auf, wie sie es während des letzten Tage – aus Angst! – vorgehabt hatte. | |||
Als sie geendet hatte, war nichts mehr übrig von dem weinenden Mädchen, das von Söldnern in diesen Hof gezerrt worden war. Als sie geendet hatte, war sie Dulcineo Rigoroso, der tapfere Enkel ihres Großvaters. Sie ballte die Fäuste. "Nehmt jeden Mann und jede Frau mit, die Ihr kriegen könnt, Vater! Und dann lasst uns zurückreiten und diesen Bastarden das Fell gerben!" Ihre Augen blitzten entschlossen, selbst überzeugt von ihrer Heldengeschichte. "Ich will nicht eher ruhen, als bis jeder einzelne von ihnen im eigenen Blut liegt!" Eine solche Wut sprach aus ihrer Stimme, dass sogar der bärtige Anführer der Waffenknechte erstaunt – ja: fast anerkennend – die Brauen hob. | |||
Version vom 12. Juni 2011, 09:22 Uhr
Kaiserlich Selaque, 26. und 27. Praios 1033 BF
Auf der Straße von San Owilmar nach Elenta und in der Ortschaft Elenta
Autor: von Scheffelstein
26. Praios, nachts
Das Pferd stolperte so plötzlich, dass Dulcinea keine Zeit blieb, zu reagieren. In hohem Bogen flog sie über den Hals der Stute und krachte, mit dem Gesicht voran, zu Boden, schlitterte über die Straße und blieb liegen. Im ersten Moment glaubte sie, sie hätte sich das Genick gebrochen. Es knackte, als sie den Kopf hob, ein heller Schmerz schoss in ihren Rücken. Dulcinea richtete sich auf Hände und Füße auf, spuckte Sand und Blut aus. Vorsichtig bewegte sie den Kopf, rappelte sich mit zitternden Gliedern auf.
"Du dummes Pferd", murmelte sie. Doch der Schreck saß zu tief, als dass sie dem Tier wirklich zürnen konnte. Die Stute wieherte und schnaubte, als Dulciena in die Zügel griff. Als sie aufsitzen wollte, wich das Tier aus. "Halt still", zischte die junge Frau und zwang das Pferd mit hartem Griff zum Stehen. Ächzend zog sie sich in den Sattel und stieß dem Ross die Hacken in die Seiten. Das Pferd schrie und machte einen Satz, machte einige Schritte und blieb wieder stehen.
"Nun lauf doch!", rief Dulcinea frustriert, trat diesmal jedoch vorsichtiger zu. Prustend lief das Pferd an, doch seine Bewegungen waren unregelmäßig, und wann immer Dulcinea es nicht antrieb, blieb es stehen. Auch das noch: Es lahmte! Nicht lange, und die junge Frau musste sich eingestehen, dass sie an diesem Abend nicht mehr weit käme. Sie musste ein Gehöft finden, irgendwo unterkommen!
Eine halbe Stunde, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, führte Dulcinea das Tier am Zügel, doch sie passierte keinen Hof. Jedenfalls keines am Wegrand, und auch sonst sah sie kein Licht. Sie war inzwischen selbst zweimal umgeknickt, müde und ihr war kalt. Ihr Gesicht brannte bei jeder Bewegung, und ihre Füße taten ihr weh. Das schlimmste aber war: Der Wein war alle!
Als sie eine Baumgruppe am Rand der Aliner Kuppen erreichte, konnte sie nicht mehr. Sie führte die Stute zwischen die Bäume, band sie an einen Strauch und ließ sich erschöpft zu Boden sinken. Die Arme um die Knie geschlungen, starrte sie in die Dunkelheit. Sie wagte nicht, das Pferd abzusatteln und genauso wenig, zu schlafen. Bei jedem Rascheln im Gras, jedem Ruf eines Käuzchens, zuckte sie zusammen. Schließlich nahm sie den Degen zur Hand, den sie sich aus der Waffenkammer genommen hatte – eine prunkvolle Waffe mit einem Rubin am Knauf – und hielt ihn wie einen Stachel vor sich in die Dunkelheit. Nicht, dass sie sich damit zu erwehren gewusst hätte, hätte ein Ferkina oder auch nur ein Hund es auf sie abgesehen, und doch war es das einzige, was sie vor all den bösartigen Wesen der Finsternis beschützen konnte und wenigstens ein bisschen beruhigte.
"Siehst du, Großvater", murmelte sie, "siehst du, wie mutig ich bin? Ich übernachte in tiefster Wildnis! Umgeben von blutgierigen Tieren. Und diesen Ferkina-Bestien. Ohne ein Dach überm Kopf. Nicht mal ein Abendessen hab' ich gehabt. Und der Wein ist auch alle! Und alles nur, weil diese verdammten Söldner nach dem Pferd geschlagen haben, die feigen Hunde!"
In Gedanken sah Dulcinea die Szene vor sich: Wie die Mercenarios reihenweise unter ihren tapferen Hieben fielen, die sie vom Ross aus führte. Dann aber verlegten sie sich auf eine neue Strategie und prügelten auf das Pferd ein, um sie aus dem Sattel zu holen. Doch da hatten sie die Rechnung ohne Dulcinea di Alina gemacht: Sie gab dem Tier die Hacken zu spüren, und es sprengte davon. Aber die Söldner, die feigen Schweine, hatten eine Schlinge um dessen Bein geworfen, und das Ross stürzte, begrub Dulcinea halb unter sich, und nur mit Mühe konnte sie sich unter dem dummen Tier hervorwälzen, gerade noch rechtzeitig, um den letzten beiden Mercenarios entgegenzutreten. Zwei Degenstiche, schon lagen sie ... blutend im Gras. Nun aber schnell ... auf zum ... Castillo da Vanya. Allein, das dämliche Tier stellte sich an, ... nur weil es sich den Fuß vertreten hatte ...
27. Praios, mittags
Als Dulcinea erwachte, stand die Sonne hoch am Himmel. Mittag war vorüber, und die Hitze bereits unerträglich. Durst!, war das Erste, was sie dachte. Sie schüttelte den letzten Tropfen Wein aus ihrem Schlauch. Ihre Kehle brannte inzwischen ebenso sehr wie ihr Gesicht, die Zunge klebte ihr am Gaumen, und ihr Magen knurrte. Wie hatte sie so lange schlafen können?
Mühsam rappelte die junge Frau sich auf. Alles tat ihr weh. Die Gelenke waren steif, ihr Nacken schmerzte, und zu allem Überfluss hatten Insekten ihre Arme und Beine zerstochen. Ein Blick auf das Pferd ließ ihre Laune noch schlechter werden: Der rechte Vorderfuß war dick angeschwollen. Wenn sie das Tier nicht zuschanden reiten wollte, führte sie es besser erst einmal am Zügel. Dann aber bestand keine Hoffnung, dass sie das Castillo da Vanya noch an diesem Tag erreichte. Ja, sie konnte froh sein, wenn sie es überhaupt noch bis Elenta schaffte. Denn zuerst einmal brauchte sie etwas zu Essen. Und Wasser – nein, pfui: Wasser?! Wein brauchte sie, ja, Wein – und zwar schnell!
"Komm schon, Mistvieh!", knurrte sie misslaunig, als sie die Stute hinter sich her auf die Straße zerrte. "Mach schon! Tragen werd' ich dich bestimmt nicht!"
Das Pferd schnaubte nur.
27. Praios, nachts
Es war längst dunkel, und bis zum Castillo da Vanya war es sicher noch weit. Der Vater würde gewiss verstehen, dass sie nicht allein durch die Nacht reiten konnte. Immerhin waren Ferkinas unterwegs. Und vielleicht verfolgten sie auch die Söldner. Ja, gewiss taten sie das.
"Heda, aufmachen!" Ärgerlich hämmerte Dulcinea di Alina gegen die Tür. Das war schon die dritte Hütte, bei der sie es versuchte. Kein Licht fiel zwischen den Ritzen der hölzernen Läden hindurch. Entweder, die Bewohner waren nicht zu Hause, oder sie antworteten ihr nicht. Man konnte sie doch nicht einfach alleine hier auf der Straße stehen lassen, mitten in der Nacht! Kurzerhand drückte sie gegen die Tür – sie schwang auf.
"Hola?" Es war zu finster, um überhaupt irgendetwas zu erkennen, trotz des Sternenlichts, das schwach den Dorfplatz von Elenta beleuchtete. Dulcinea machte einen zögerlichen Schritt in die Hütte hinein. "Heda! Aufwachen!"
Die Stille war ihr unheimlich. Sie ließ die Tür nicht los, damit diese nicht zufiele und sie gänzlich im Finstern stünde. Etwas raschelte neben ihr, dann hörte Dulcinea hüfthoch zarte trippelnde Schritte über Holz laufen. Kreischend vor Schreck ließ die junge Frau die Tür los. Schlagartig wurde es noch dunkler.
"Oh, ihr Götter!", schrie sie, tastete nach der Tür, malte sich die schlimmsten Dinge aus – katzengroße Mäuse in der Dunkelheit, und schlimmer noch: Ratten, Ratten, groß wie Kälber! – bekam die Tür zu fassen, riss sie auf und stolperte hinaus auf den Platz. Spätestens jetzt, dämmerte ihr, hätten die Bewohner der Hütte sich regen müssen. Spätestens jetzt hätte irgendwo in irgendeinem der umliegenden Häuser ein Licht angehen müssen. Niemand – hier war niemand! Elenta glich einem Geisterdorf!
Mit fliegenden Fingern löste Dulcinea die Zügel ihrer Stute, die sie über einen Zaunpfeiler gehängt hatte. Hier würde sie nicht bleiben, allein, in einem Dorf voller Ratten! Sie musste weiter Richtung Vanyadâl. Bis zum nächsten Gehöft. Irgendwo musste es doch einen verfluchten Bauernhof geben! Doch der Gedanke daran, durch die finstere Nacht zu reiten, auf einem Pferd, das lahmte, auf Wegen, die sie nicht kannte, umgeben von Kreaturen, die nur darauf lauerten, ihr mageres Fleisch von den Rippen zu reißen, versetzte sie in Panik.
Gerade hatte sie einen Fuß in den Steigbügel gesetzt, als jemand der Stute einen Schlag versetzte. Das Pferd trabte an, Dulcinea verlor den Halt und stürzte hart zu Boden, wurde zwei Schritt weit über die staubige Straße geschleift, ehe sie den Fuß losbekam.
"Wen ham wir denn da?" Eine Frauenstimme. Dulcinea sah sich von vier schattenhaften Gestalten umgeben. "Hoch mit dir!" Kräftige Hände zerrten sie in die Höhe, dann drehte die Frau ihr die Arme schmerzhaft auf den Rücken. Sie war eine Handbreit kleiner als Dulcinea, doch diese hatte ihr an Kraft nichts entgegenzusetzen.
"Ob das die Scheffelstein ist?", fragte eine andere Frau.
Ein Mann packte Dulcineas Kinn und riss grob ihren Kopf herum. Weinschwangerer Atem schlug ihr ins Gesicht. "Quatsch!", stieß der Mann aus. "Es heißt, die Scheffelstein wär' ganz ansehnlich. Die hier ist hässlich wie die Nacht."
"Lasst mich los!", kreischte Dulcinea. "Wenn ihr mich anfasst, wird man euch hängen! Loslassen – au! – verfluchte .... aaah!"
"Maul!", knurrte die Frau in ihrem Rücken und stieß sie vorwärts.
"Ich bin nicht die Scheffelstein!", rief Dulcinea. "Ich kenne sie überhaupt nicht! Ich kenne euch nicht! Ihr verwechselt mich!" Einen Augenblick lang war sie versucht, diesen Mordbuben mit dem Namen ihres Vaters zu drohen, mit dem ihres verstorbenen Großvaters, mit dem der Reichsvogtin gar, deren treue – nun ja – Untertanen ihre Familia seit jeher – na ja, fast – gewesen waren. Doch da dieses Gesindel es offenbar auf eine Adlige abgesehen hatte, war es vielleicht besser, wenn es sie für eine einfache Frau hielt. "Ich bin nur eine einfache Reisende und ganz zufällig ..."
"Halt's Maul!" Der Schlag dröhnte in ihrem Schädel. Die Frau hinter ihr war ganz offenkundig eine übellaunige Zeitgenossin. Aber die würde schon noch was erleben, wenn ... wenn ...
"Ich glaub', sie ist es nicht." Eine dritte Frau. "Überlegt mal: Da im Castillo, da waren nur vier Frauen. Die da Vanya, die große Hässliche und die Soldatin, die wir umgelegt haben, und die Kleine, die entkommen ist. Und wenn wir also immer noch nach ihr suchen, muss sie entkommen sein. Und die war klein ..."
"Was weiß ich?", brummte der Mann. "Hab sie nich' gesehen. Hab genug mit der da Vanya zu tun gehabt. Die alte Fotze hat mir das Ohr abgehau'n!"
"Maul, alle!", knurrte die erste Frau. "Das kann sie dem Herrn erklär'n." Sie hatten ein größeres Gehöft erreicht, und die Banditen stießen Dulcinea auf das Wohnhaus zu, vor dem mehrere Pferde angebunden waren. Zwei gerüstete Männer – Söldner wohl – hielten Wache vor der Tür und nickten, als die Gruppe sich ihnen näherte.
Wortlos stieß die kräftige Frau Dulcinea durch eine Eingangshalle in die Wohnstube. Feuer flackerte im Kamin. Zwei Männer saßen in Sesseln über einen kleinen Tisch gebeugt, auf dem eine Karte lag, auf der sie mit Holzstückchen und Nadeln bestimmte Orte markiert hatten. Einer der Männer, der einen dichten Vollbart trug und einen Caldabreser, kratzte sich am Kinn.
"Aye, Capitan", sagte er, "ich glaube, das könnte gehen."
Der andere Mann saß mit dem Rücken zu ihnen und versetzte noch einige der Hölzchen auf dem Tisch.
"Capitan! Wir ham wen gefunden!" Die kräftige Frau stieß Dulcinea in die Mitte des Raumes.
"Ist im Dorf rumgestreunt", ergänzte ihr Begleiter.
"Vielleicht die Scheffelstein?", fragte die zweite Frau.
Der Capitan drehte sich um und stand auf. "Schwachsinn, die Scheffelstein ist klein wie ein Zwerg, wie oft soll ..." Er verstummte.
"Vater!", rief Dulcinea und fing vor Erleichterung an zu weinen.
Autor: SteveT
"Ihr dämlichen Strohköpfe!", polterte Junker Ordonyo di Alina los und versetzte Phelippa, die zumeist die Wortführerin seiner Waffenknechte war, eine klatschende Ohrfeige. "Was habt ihr mit meinem Mädchen gemacht? Erkennt ihr nicht mal Dulcinea, mein einziges Kind? Hinaus mit euch!"
Er wies sämtlichen Waffenknechten außer dem Anführer die Tür und knallte sie von Innen zu, nachdem diese die warme Stube verlassen hatten, in der wohl früher einmal ein kaiserlicher Offizier gehaust hatte, der die nahen Steinbrüche beaufsichtigt hatte.
Er sah sich seine Tochter im Schein des Herdfeuers genauer an - schlimm sah sie aus und hatte mehrere Verletzungen. Aber was suchte das dumme Ding überhaupt hier?
"Jetzt zu dir, Mundilla! Was hast du hier zu suchen? Allein - Nachts - in Zeiten wie diesen? Habe ich dir nicht gesagt, du sollst das Gut hüten, bis ich wieder da bin? Denkst du, irgendjemand von den Fellachen hört jetzt auf den fetten Pepote? Nein, die sitzen jetzt alle faul auf dem Arsch und zerreißen sich das Maul über uns, solange sie niemand zum Frondienst antreibt!"
Er bedeutete Dulcinea, sich in den Sessel zu setzen, von dem er selbst gerade aufgestanden war. "Aber es gibt gute Neuigkeiten, Kind! Hier, wo wir jetzt stehen, ist unser Land! Ich habe es Praiosmin, der widerlichen Mastsau, aus dem Kreuz geleiert! Nur das Castillo da Vanya wollte sie mir nicht zugestehen, die fiese Ratte! Sie hat Aldea von Harmamund belehnt - darüber könnte man ja fast lachen! Was hat die Stierreiterin hier in unserem schönen Bosquirtal verloren? Die soll bleiben, wo sie ist! Schau dir die Karte an, Kind! Dort siehst du, was jetzt alles unser ist - und auch, wo noch der Feind steht. Aber Moment mal ..." Er blickte Dulcinea genauer an und hob ihr Kinn an, sodass er ihre Augen und das zerkratzte Gesicht besser im Licht sehen konnte. "Diesen Blick kenne ich doch! Du hast irgendetwas ausgefressen und überlegst, wie du es mir beibringen sollst! Streite es nicht ab - los, heraus damit! Was hast du mir zu gestehen?"
Autor: von Scheffelstein
Dulcinea knetete ihre Finger vor ihrem Bauch und suchte fieberhaft nach Worten. Stattdessen liefen ihr erneut die Tränen aus den Augen, und die Angst schnürte ihr die Kehle zu. "Ich ... ich ... nichts, Vater, ich habe nichts ...", stieß sie schließlich schluchzend hervor, dann wurde sie des Blickes gewahr, den der Anführer der Waffenknechte ihr zuwarf, der sie mit herablassender Ausdruckslosigkeit musterte. So, wie der alte Rigoroso sie stets betrachtet hatte, wenn er sie überhaupt eines Blickes gewürdigt hatte.
Dulcinea schluckte und riss sich zusammen, wischte sich über das zerschundene Gesicht und platzierte ihre Hände wie zufällig so, dass ihr Vater die Schnitte an ihrem linken Arm sehen konnte. "Vater", sagte sie, und bezwang das Zittern in ihrer Stimme. "Alina brennt. Söldner. Söldner, Vater: Ein ganzes Heer ist dort einmarschiert. Sie haben alles niedergebrannt und geplündert. Geraubt, gemordet und die Fellachinnen geschändet. Oh nein, keine Sorge ...", sagte sie, und die Wut über alles, was sie aufgrund der Mercenarios hatte erleiden müssen, gewann die Oberhand, "mich bestimmt nicht! Ich habe mich ihnen mit der Waffe in der Hand entgegen gestellt. Aber es waren zu viele Vater. Und sie wollen auch Euch, also musste ich Alina verlassen, um Euch zu warnen."
Die junge Frau setzte ihre Erzählung fort, berichtete, wie die Söldner das Pferd malträtiert hatten, wie sie das arme Ross hatte schinden müssen, um ihnen zu entkommen, wie sie sich nachts vor Ferkinas hatte verbergen müssen. Die Wut ließ sie tatsächlich glauben, all das erlebt zu haben, ihre Stimme war fest und überzeugend, und doch trug sie nicht ganz so dick auf, wie sie es während des letzten Tage – aus Angst! – vorgehabt hatte.
Als sie geendet hatte, war nichts mehr übrig von dem weinenden Mädchen, das von Söldnern in diesen Hof gezerrt worden war. Als sie geendet hatte, war sie Dulcineo Rigoroso, der tapfere Enkel ihres Großvaters. Sie ballte die Fäuste. "Nehmt jeden Mann und jede Frau mit, die Ihr kriegen könnt, Vater! Und dann lasst uns zurückreiten und diesen Bastarden das Fell gerben!" Ihre Augen blitzten entschlossen, selbst überzeugt von ihrer Heldengeschichte. "Ich will nicht eher ruhen, als bis jeder einzelne von ihnen im eigenen Blut liegt!" Eine solche Wut sprach aus ihrer Stimme, dass sogar der bärtige Anführer der Waffenknechte erstaunt – ja: fast anerkennend – die Brauen hob.
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