Chronik.Ereignis1033 Feldzug Raschtulswall 08: Unterschied zwischen den Versionen

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Gendahar betrachtete das junge Mädchen mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Belustigung. Man sah ihr kaum noch an, dass sie von Stand war. Zaida de las Dardas y Sangrín, wie Gendahar mittlerweile erfahren hatte. Sie hatte ihn in den letzten Tagen immer wieder überrascht. Manchmal glaubte er, dass Schicksal Rominas ginge ihr noch näher als ihm selbst, der er doch der Onkel der stolzen Grafentochter war. Doch es war beileibe kein Wunder, wenn Zaidas das Massaker, dass die Wilden an den Rittern des Rossbannerordens angerichtet hatten, sehr nahe ging. Und dass sie um Romina bangte, die sie nicht fortgeschickt hatte, nachdem man die vorwitzige Domnita, als Knappin verkleidet, im Gefolge des Rossbannerordens entdeckt hatte. Vermutlich hatte Romina in der wilden Zaida viel von ihr selbst gesehen. Wäre Romina strenger gewesen, wäre Zaida Einiges erspart geblieben. Und Gendahar hätte dann bereits den Weg in Borons Hallen angetreten.
Gendahar betrachtete das junge Mädchen mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Belustigung. Man sah ihr kaum noch an, dass sie von Stand war. Zaida de las Dardas y Sangrín, wie Gendahar mittlerweile erfahren hatte. Sie hatte ihn in den letzten Tagen immer wieder überrascht. Manchmal glaubte er, dass Schicksal Rominas ginge ihr noch näher als ihm selbst, der er doch der Onkel der stolzen Grafentochter war. Doch es war beileibe kein Wunder, wenn Zaida das Massaker, das die Wilden an den Rittern des Rossbannerordens angerichtet hatten, sehr nahe ging. Und dass sie um Romina bangte, die sie nicht fortgeschickt hatte, nachdem man die vorwitzige Domnita, als Knappin verkleidet, im Gefolge des Rossbannerordens entdeckt hatte. Vermutlich hatte Romina in der wilden Zaida viel von sich selbst gesehen. Wäre Romina strenger gewesen, wäre Zaida Einiges erspart geblieben. Und Gendahar hätte dann bereits den Weg in Borons Hallen angetreten.


Die Erinnerung an das Desaster ließ das Blut in seinen Adern gefrieren. Wie hoffnungsvoll war der Orden aus Ragath aufgebrochen, wo man eigens die Landständeversammlung unterbrochen hatte, um die Wilden in die Schranken zu weisen. Er konnte kaum fassen, dass seitdem erst zwei Wochen vergangen waren. Romina war so stolz gewesen, ihr erstes Kommando zu übernehmen. Gendahar hatte ein ungutes Gefühl gehabt, sich aber zugleich einen Narren gescholten. Seine Nichte war alt genug und ein Feldzug gegen die Wilden waren eine gute Gelegenheit, um erste Erfahrungen als Truppenführerin zu sammeln. Welch eine Fehleinschätzung!  
Die Erinnerung an das Desaster ließ das Blut in seinen Adern gefrieren. Wie hoffnungsvoll war der Orden aus Ragath aufgebrochen, wo man die Landständeversammlung rasch beendet hatte, um die Wilden in die Schranken zu weisen. Er konnte kaum fassen, dass seitdem erst zwei Wochen vergangen waren. Romina war so stolz gewesen, ihr erstes Kommando zu übernehmen. Gendahar hatte ein ungutes Gefühl gehabt, sich aber zugleich einen Narren gescholten. Seine Nichte war alt genug, und ein Feldzug gegen die Wilden war eine gute Gelegenheit, um erste Erfahrungen als Truppenführerin zu sammeln. Welch eine Fehleinschätzung!  


Ganz hatte er seine Bedenken nicht verdrängen können. So hatte er sich dem Ordenszug angeschlossen, um Romina notfalls beschützen zu können. Er hatte versagt, auf ganzer Linie. Zunächst waren sie zwar siegreich aus einigen kleineren Scharmützeln mit den Ferkinas hervor gegangen. Doch am 13. des Monats – er verfluchtes dieses unheilige Datum - geriet der Rossbannerorden in einer Schlucht nahe Elenta in einen Hinterhalt und wurde vernichtend geschlagen. Dom Gendahar hatte sich mit allen Kräften gewehrt, doch es war kaum möglich gewesen, überhaupt an die Gegner heran zu kommen, die sich in den Felsen verschanzt hatten. Er erinnerte sich nur noch, dass er plötzlich von einem Speer an der linken Schulter getroffen und aus dem Sattel geschleudert worden war. Beim Sturz hatte er sich wohl den Kopf aufgeschlagen und das Bewusstsein verloren. Dies hatte ihm das Leben gerettet, denn die Ferkinas hatten ihn offenbar für tot gehalten.  
Ganz hatte er seine Bedenken nicht verdrängen können. So hatte er sich dem Ordenszug angeschlossen, um Romina notfalls beschützen zu können. Er hatte versagt, auf ganzer Linie. Zunächst waren sie zwar siegreich aus einigen kleineren Scharmützeln mit den Ferkinas hervorgegangen. Doch am 13. des Monats – er verfluchtes dieses unheilige Datum - war der Rossbannerorden in einer Schlucht nahe Elenta in einen Hinterhalt geraten und vernichtend geschlagen worden. Dom Gendahar hatte sich mit allen Kräften gewehrt, doch es war kaum möglich gewesen, überhaupt an die Gegner heranzukommen, die sich in den Felsen verschanzt hatten. Er erinnerte sich nur noch, dass er plötzlich von einem Speer an der linken Schulter getroffen und aus dem Sattel geschleudert worden war. Beim Sturz hatte er sich wohl den Kopf aufgeschlagen und das Bewusstsein verloren. Dies hatte ihm das Leben gerettet, denn die Ferkinas hatten ihn offenbar für tot gehalten.  


Als er viel später erwachte, befand er sich bereits in der Hütte Udinias, zu der ihn Zaida zuvor gebracht hatte. Die Erinnerung war erst langsam wieder gekommen. Das Mädchen war zunächst sehr schweigsam gewesen; wahrscheinlich, weil Udinia sie dazu verdonnert hatte, um ihn zu schonen. Doch als er immer wieder nachfragte, erzählte sie ihm, dass nahezu alle anderen Ordensritter tot waren. Nur ein paar junge Frauen hatten die Ferkinas gefangen genommen, darunter Zaida - und Romina. Die Freude, seine Nichte am Leben zu wissen, war von kurzer Dauer, als ihm klar wurde, dass die Wilden sie als ihre Sklavin halten würden.  
Als er viel später erwachte, befand er sich bereits in der Hütte Udinias, zu der ihn Zaida zuvor gebracht hatte. Die Erinnerung war erst langsam wiedergekommen. Das Mädchen war zunächst sehr schweigsam gewesen; wahrscheinlich, weil Udinia sie dazu verdonnert hatte, um ihn zu schonen. Doch als er immer wieder nachfragte, erzählte sie ihm, dass nahezu alle anderen Ordensritter tot waren. Nur ein paar junge Frauen hatten die Ferkinas gefangengenommen, darunter Zaida - und Romina. Die Freude, seine Nichte am Leben zu wissen, war von kurzer Dauer, als ihm klar wurde, dass die Wilden sie als ihre Sklavin halten würden.  


Zögerlich und doch ein wenig stolz hatte Zaida ihm erzählt, was vorgefallen war. Romina und Zaida waren von den Ferkinas überwältigt und auf Ponys geladen worden. Romina in ihrer Rüstung hatte man bewusstlos geschlagen, doch die kleine Zaida hatte man dieser Mühe offenbar nicht für würdig befunden. Zudem war einer der ältesten Krieger als ihr Wächter auserkoren worden, der mit einem ebenso altersschwachen Pony hinter dem Rest des Stammes her trottete. So war es ihr gelungen, sich in einem Augenblick der Unachtsamkeit ihres Bewachers und trotz gefesselter Hände vom Pony zu springen, davon zu laufen und sich in einer Felsspalte zu verstecken.  
Zögerlich und doch ein wenig stolz hatte Zaida ihm erzählt, was vorgefallen war. Romina und Zaida waren von den Ferkinas überwältigt und auf Ponys geladen worden. Romina in ihrer Rüstung hatte man bewusstlos geschlagen, doch die kleine Zaida hatte man dieser Mühe offenbar nicht für würdig befunden. Zudem war einer der ältesten Krieger als ihr Wächter auserkoren worden, der mit einem ebenso altersschwachen Pony hinter dem Rest des Stammes hertrottete. So war es ihr gelungen, in einem Augenblick der Unachtsamkeit ihres Bewachers und trotz gefesselter Hände vom Pony zu springen, davonzulaufen und sich in einer Felsspalte zu verstecken.  


Nachdem sie dort eine lange Weile ausgeharrt hatte, war sie zum Schlachtfeld zurück gekehrt, hatte dort aber nur tote und sterbende Ordensritter vorgefunden. Als sie sich schon abwenden wollte, weil sie bei dem sich ihr bietenden Anblick von Übelkeit übermannt wurde, sah sie den blonden Haarschopf Gendahars. Sie stellte fest, dass er noch am Leben war, aber es nicht gut um ihn stand. Sie würde ihn niemals alleine helfen oder von dem schrecklichen Ort fortbringen können.
Nachdem sie dort eine lange Weile ausgeharrt hatte, war sie zum Schlachtfeld zurückgekehrt, hatte dort aber nur tote und sterbende Ordensritter vorgefunden. Als sie sich schon hatte abwenden wollen, weil sie bei dem sich ihr bietenden Anblick von Übelkeit übermannt worden war, hatte sie den blonden Haarschopf Gendahars gesehen. Sie hatte festgestellt, dass er noch am Leben war, aber es nicht gut um ihn stand. Sie hätte ihm niemals alleine helfen oder ihn von dem schrecklichen Ort fortbringen können.


In ihrer Not rief sie um Hilfe, obwohl dies hoffnungslos schien. Doch da bemerkte sie zwei Männer, die unweit der Schlucht einen Pfad hinauf stiegen. Zur Freude des Mädchens kamen die beiden ihr tatsächlich zur Hilfe. Es waren einfache Hirten, die in Elenta gewesen waren und sich auf dem Rückweg vor Ferkinas hatten verstecken müssen. Die Hirten, Vater und Sohn, trugen Gendahar auf einer notdürftigen Trage zu einer Hütte, die etwa eine halbe Stunde Fußmarsch oberhalb der Schlucht auf einer Bergweide stand. Dies sei die Hütte der Großmutter, Udinia, die sich auf die Heilkunde verstehe, hatten die Hirten gesagt. Die alte Frau war sehr gastfreundlich gewesen und ihre beiden Gäste anstandslos aufgenommen. Dank Udinias Heilkünsten hat sich Dom Gendahar trotz seiner schweren Verletzung erstaunlich rasch erholt, war aber immer noch sehr schwach. Ohne die Alte aber hätte er längst das Zeitliche gesegnet, und Zaida hatte völlig Recht: Sie verdiente nicht, so behandelt zu werden.
In ihrer Not hatte sie um Hilfe gerufen, obwohl dies hoffnungslos schien. Doch da hatte sie zwei Männer bemerkt, die unweit der Schlucht einen Pfad hinaufgestiegen waren. Zur Freude des Mädchens waren die beiden ihr tatsächlich zur Hilfe gekommen. Es waren einfache Hirten, die in Elenta gewesen waren und sich auf dem Rückweg vor Ferkinas hatten verstecken müssen. Die Hirten, Vater und Sohn, hatten Gendahar auf einer notdürftigen Trage zu einer Hütte getragen, die etwa eine halbe Stunde Fußmarsch oberhalb der Schlucht auf einer Bergweide stand. Dies sei die Hütte der Großmutter, Udinia, die sich auf die Heilkunde verstehe, hatten die Hirten gesagt. Die alte Frau war sehr gastfreundlich gewesen und hatte ihre beiden Gäste anstandslos aufgenommen. Dank Udinias Heilkünsten hatte sich Dom Gendahar trotz seiner schweren Verletzung erstaunlich rasch erholt, war aber immer noch sehr schwach. Ohne die Alte aber hätte er längst das Zeitliche gesegnet, und Zaida hatte völlig Recht: Sie verdiente nicht, so behandelt zu werden.


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Gendahar schlug die Augen auf, sobald Zaida zu ihm sprach, und nickte besorgt. "Ich will lieber gar nicht daran denken. Romina ist stark, aber ich befürchte, sie wird die Ferkinas bald dazu treiben, ihr den Hals umzudrehen." Unwillkürlich musste er schmunzeln, doch sein Blick wurde sofort wieder ernst. "Natürlich werde ich nach ihr suchen. Heute ist der erste Tag, wo das Wundfieber nicht meine Sinne benebelt. Doch ich fürchte, ich werde das Ferkinalager kaum finden, geschweige denn Romina aus den Händen der Wilden befreien können. Wir brauchen also Hilfe und die werden uns unsere neuen Gäste gewähren." Er gebot dem Mädchen zu schweigen. "Ich weiß, die Junkerin scheint wenig geneigt, uns in dieser Sache entgegen zu kommen, aber der Baron und die Edle von Scheffelstein scheinen verständiger. Und vielleicht kann man unserem Anliegen ein wenig Nachdruck verleihen ..."  
Gendahar schlug die Augen auf, sobald Zaida zu ihm sprach, und nickte besorgt. "Ich will lieber gar nicht daran denken. Romina ist stark, aber ich befürchte, sie wird die Ferkinas bald dazu treiben, ihr den Hals umzudrehen." Unwillkürlich musste er schmunzeln, doch sein Blick wurde sofort wieder ernst. "Natürlich werde ich nach ihr suchen. Heute ist der erste Tag, wo das Wundfieber nicht meine Sinne benebelt. Doch ich fürchte, ich werde das Ferkinalager kaum finden, geschweige denn Romina aus den Händen der Wilden befreien können. Wir brauchen also Hilfe und die werden uns unsere neuen Gäste gewähren." Er gebot dem Mädchen zu schweigen. "Ich weiß, die Junkerin scheint wenig geneigt, uns in dieser Sache entgegenzukommen, aber der Baron und die Edle von Scheffelstein scheinen verständiger. Und vielleicht kann man unserem Anliegen ein wenig Nachdruck verleihen ..."  


Gendahar schaute zu Udinia hinüber und sprach gerade so laut, dass diese sie hören konnte. "Gute Frau, darf ich dich, der ich ohnehin in deiner Schuld stehe, um noch einen weiteren Gefallen bitten?" Er versuchte erfolglos sich von seinem Bettlager zu erheben, stöhnte jedoch laut auf, als der Schmerz durch die Schulter schoss, und ließ sich wieder zurück fallen. Udinia kam herüber und bedeutete dem Vogt, liegen zu bleiben. Der Ärger in ihrer Miene war einem nahezu mitleidigen, aber doch strengen Ausdruck gewichen. "Ihr solltet noch einige Tage ruhen und Euch nicht über dieses unflätige Gesindel ärgern, dann heilt Eure Wunde nie!"
Gendahar schaute zu Udinia hinüber und sprach gerade so laut, dass diese sie hören konnte. "Gute Frau, darf ich dich, der ich ohnehin in deiner Schuld stehe, um noch einen weiteren Gefallen bitten?" Er versuchte erfolglos sich von seinem Bettlager zu erheben, stöhnte jedoch laut auf, als der Schmerz durch die Schulter schoss, und ließ sich wieder zurück fallen. Udinia kam herüber und bedeutete dem Vogt, liegen zu bleiben. Der Ärger in ihrer Miene war einem nahezu mitleidigen, aber doch strengen Ausdruck gewichen. "Ihr solltet noch einige Tage ruhen und Euch nicht über dieses unflätige Gesindel ärgern, dann heilt Eure Wunde nie!"
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Die alte Udinia kaute bedächtig zu Ende, ohne den Blick von der Edlen zu nehmen. Dann sagte sie mit fester Stimme: „Was ich weiß, das habe ich diesem Herrn anvertraut.“ Sie nickte sacht in Richtung des Thangolforster Vogtes. „Er wird es Euch weiter berichten, so Ihr seine Bedingungen anhören mögt.“
Die alte Udinia kaute bedächtig zu Ende, ohne den Blick von der Edlen zu nehmen. Dann sagte sie mit fester Stimme: „Was ich weiß, das habe ich diesem Herrn anvertraut.“ Sie nickte sacht in Richtung des Thangolforster Vogtes. „Er wird es Euch weiter berichten, so Ihr seine Bedingungen anhören mögt.“


„Bedingungen?“ Richeza starrte die Alte entgeistert an, warf einen kurzen Blick auf Dom Gendahar und dann ungläubig zurück zu der Frau. „Was, scherzt du? Seit Tagen schlagen wir uns durch die Ferkina-Horden, bangen um unser Leben und um das meines Vetters.“ Sie furchte die Stirn. „Es ist nicht an dir, Bedingungen zu stellen und an ihm schon gar nicht. Nun hörst du ''meine'' Bedingung“, zischte sie zornig, und im nächsten Augenblick hielt sie ein Stilett in der Linken, dessen Klinge sie der neben ihr sitzenden Zaida unter das Kinn drückte. „Wo ist dein Bruder – sag es, wenn deine Enkelin nicht für immer schweigen soll!“
„Bedingungen?“ Richeza starrte die Alte entgeistert an, warf einen kurzen Blick auf Dom Gendahar und sah dann ungläubig zurück zu der Frau. „Was, scherzt du? Seit Tagen schlagen wir uns durch die Ferkina-Horden, bangen um unser Leben und um das meines Vetters.“ Sie furchte die Stirn. „Es ist nicht an dir, Bedingungen zu stellen und an ihm schon gar nicht. Nun hörst du ''meine'' Bedingung“, zischte sie zornig, und im nächsten Augenblick hielt sie ein Stilett in der Linken, dessen Klinge sie der neben ihr sitzenden Zaida unter das Kinn drückte. „Wo ist dein Bruder – sag es, wenn deine Enkelin nicht für immer schweigen soll!“


„Sie ist nicht meine Enkelin“, erwiderte Udinia ungerührt. „Sie ist ...“ Doch Richeza ließ sie nicht ausreden.
„Sie ist nicht meine Enkelin“, erwiderte Udinia ungerührt. „Sie ist ...“ Doch Richeza ließ sie nicht ausreden.
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Dieser hatte sich leidlich gereinigt und auch wieder sein Hemd über gestreift, dass allerdings zahlreiche Risse und Blutflecken aufwies. Die Anstrengung, die es ihn gekostet hatte, sich von seinem Bettlager zu erheben, war an den Schweißperlen auf seiner Stirn und seinem fahlen Gesicht abzulesen. Ihm schwindelte und er konnte sich mehr schlecht als recht auf der harten Holzbank aufrecht halten. Doch der Anblick des Stilletts ließ ihn alle Schwachheit und Schmerzen vergessen.
Dieser hatte sich leidlich gereinigt und auch wieder sein Hemd übergestreift, das allerdings zahlreiche Risse und Blutflecken aufwies. Die Anstrengung, die es ihn gekostet hatte, sich von seinem Bettlager zu erheben, war an den Schweißperlen auf seiner Stirn und seinem fahlen Gesicht abzulesen. Ihm schwindelte und er konnte sich mehr schlecht als recht auf der harten Holzbank aufrecht halten. Doch der Anblick des Stiletts ließ ihn alle Schwachheit und Schmerzen vergessen.


"Richeza, seid Ihr von Sinnen? Weg mit dem Mordswerkszeug! Zaida war es, die mich hierher brachte!" Gendahar starrte die Edle von Scheffelstein wutentbrannt an, beruhigte sich aber sofort wieder. Er räusperte sich um zu verdecken, dass er bereits außer Atem war. "Außerdem kann sie Euch sowieso nicht weiterhelfen, denn sie weiß nichts. Dafür habe ich wohlweislich Sorge getragen. Für den Fall, dass jemand 'Bedingungen' stellen sollte, wobei ich da weniger an Euch gedacht hatte." Sein Blick schweifte zu Domna Rifada, deren Miene nichts Gutes verhieß.
"Richeza, seid Ihr von Sinnen? Weg mit dem Mordswerkszeug! Zaida war es, die mich hierher brachte!" Gendahar starrte die Edle von Scheffelstein wutentbrannt an, beruhigte sich aber sofort wieder. Er räusperte sich, um zu verdecken, dass er bereits außer Atem war. "Außerdem kann sie Euch sowieso nicht weiterhelfen, denn sie weiß nichts. Dafür habe ich wohlweislich Sorge getragen. Für den Fall, dass jemand 'Bedingungen' stellen sollte, wobei ich da weniger an Euch gedacht hatte." Sein Blick schweifte zu Domna Rifada, deren Miene nichts Gutes verhieß.


"Was mich angeht, so sind 'Bedingungen' ohnehin das falsche Wort. Ich will Euch nur an den Eid erinnern, den Ihr Eurer aller Lehnsherrn, dem  Grafen, geschworen habt. Dessen Tochter nun in der Hand der Wilden ist." Sein Blick wandte sich nun an den Baron von Dubios. "Lasst sie uns gemeinsam befreien und ihrem Vater zurück bringen, der sich sicherlich überaus dankbar zeigen wird. Dann können wir uns auf die Suche nach dem Krähenfreund machen und meiner Base bei der Heilung ihres Sohnes helfen. Doch diese Sache duldet mehr Aufschub als die Befreiung Rominas."
"Was mich angeht, so sind 'Bedingungen' ohnehin das falsche Wort. Ich will Euch nur an den Eid erinnern, den Ihr Euer aller Lehnsherrn, dem  Grafen, geschworen habt. Dessen Tochter nun in der Hand der Wilden ist." Sein Blick wandte sich nun an den Baron von Dubios. "Lasst sie uns gemeinsam befreien und ihrem Vater zurückbringen, der sich sicherlich überaus dankbar zeigen wird. Dann können wir uns auf die Suche nach dem Krähenfreund machen und meiner Base bei der Heilung ihres Sohnes helfen. Doch diese Sache duldet mehr Aufschub als die Befreiung Rominas."


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"Kommt hierher und glaubt, ganz Ragatien läge Euch zu Füßen, wenn Ihr um Eure Verwandte weint. So läuft das aber nicht, Streitzig! Kein Eid zwingt mich, Eure vermisste Romina zu suchen, wenn sie nicht ohnehin unter den Toten ist, die im Wald verstreut liegen. Aber - bei allen Zwölfen! - ich habe bei meinem Blute geschworen, den Jungen, meinen Vetter, zu beschützen, auf ihn achtzugeben, dass ihm kein Leid geschehe, und eines sage ich Euch: Dieser Schwur ist mir so heilig wie kein anderer! Aufschub, sagt Ihr? Wie könnt Ihr so selbstsüchtig sein?"  
"Kommt hierher und glaubt, ganz Ragatien läge Euch zu Füßen, wenn Ihr um Eure Verwandte weint. So läuft das aber nicht, Streitzig! Kein Eid zwingt mich, Eure vermisste Romina zu suchen, wenn sie nicht ohnehin unter den Toten ist, die im Wald verstreut liegen. Aber - bei allen Zwölfen! - ich habe bei meinem Blute geschworen, den Jungen, meinen Vetter, zu beschützen, auf ihn achtzugeben, dass ihm kein Leid geschehe, und eines sage ich Euch: Dieser Schwur ist mir so heilig wie kein anderer! Aufschub, sagt Ihr? Wie könnt Ihr so selbstsüchtig sein?"  


Bitterkeit schlich sich in die Stimme der Edlen. "Praiodor ist acht Jahre alt! Ein unschuldiger Knabe und von langer Krankheit geschwächt. Und seine Mutter - wenn sie tatsächlich Eure Base ist, so müsstet Ihr das doch wissen - ist nicht mehr ganz richtig im Kopf, hat den Tod ihres Gemahls nie verwunden. Nicht nur, dass sie selbst hilflos ist, hier in den Bergen. Was, wenn sie in einem Anfall von Schwermut verzweifelt und sich und das Kind von einer Klippe stürzt? Aufschub, sagt Ihr?"  
Bitterkeit schlich sich in die Stimme der Edlen. "[[Praiodor von Culming-Alcorta|Praiodor]] ist acht Jahre alt! Ein unschuldiger Knabe und von langer Krankheit geschwächt. Und seine Mutter - wenn sie tatsächlich Eure Base ist, so müsstet Ihr das doch wissen - ist nicht mehr ganz richtig im Kopf, hat den Tod ihres Gemahls nie verwunden. Nicht nur, dass sie selbst hilflos ist, hier in den Bergen. Was, wenn sie in einem Anfall von Schwermut verzweifelt und sich und das Kind von einer Klippe stürzt? Aufschub, sagt Ihr?"  


Richeza schüttelte den Kopf. Alle Wut war aus ihrem Blick gewichen, aus ihren weit geöffneten Augen sprach nichts als Sorge, ja, Schrecken sogar. "Ihr wisst nicht, wovon Ihr sprecht, Dom Gendahar! Wenn Eure Romina nicht tot ist, so wurde sie wohl von den Ferkinas verschleppt. Die werden sie gewiss nicht wie eine Prinzessin behandeln, aber sie werden sie auch nicht umbringen, das hätten sie sonst schon zuvor vermocht. Praiodor aber - versteht Ihr das nicht? - ist irgendwo dort draußen im Gebirge. Jedes Unwetter, jeder Berglöwe, jede Unebenheit des Weges vermag ihn zu töten! Er wird verdursten oder verhungern, wenn wir ihn nicht bald finden, erfrieren oder seiner Schwäche erliegen. Was auch immer die Wilden Eurer Romina bis jetzt angetan haben - sie wird es überleben, wenn sie kein Blut vergießt. Praiodor aber hat keine Hoffnung ohne fremde Hilfe. Er wird sterben, wenn wir zu lange warten. Und - bei meiner Seele! - das lasse ich nicht zu!"
Richeza schüttelte den Kopf. Alle Wut war aus ihrem Blick gewichen, aus ihren weit geöffneten Augen sprach nichts als Sorge, ja, Schrecken sogar. "Ihr wisst nicht, wovon Ihr sprecht, Dom Gendahar! Wenn Eure Romina nicht tot ist, so wurde sie wohl von den Ferkinas verschleppt. Die werden sie gewiss nicht wie eine Prinzessin behandeln, aber sie werden sie auch nicht umbringen, das hätten sie sonst schon zuvor vermocht. Praiodor aber - versteht Ihr das nicht? - ist irgendwo dort draußen im Gebirge. Jedes Unwetter, jeder Berglöwe, jede Unebenheit des Weges vermag ihn zu töten! Er wird verdursten oder verhungern, wenn wir ihn nicht bald finden, erfrieren oder seiner Schwäche erliegen. Was auch immer die Wilden Eurer Romina bis jetzt angetan haben - sie wird es überleben, wenn sie kein Blut vergießt. Praiodor aber hat keine Hoffnung ohne fremde Hilfe. Er wird sterben, wenn wir zu lange warten. Und - bei meiner Seele! - das lasse ich nicht zu!"
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Die ersten Worte Richezas bedachte Gendahar nur mit einem dünnen Lächeln und einer entschuldigenden Geste an Zaida. Da war sie also wieder - die Ragather Furie. Wie schon so oft zuvor lauschte er nicht den zornigen Worten seines weiblichen Gegenübers, sondern beobachtete lieber, wie sich ihre - auch im Zorn noch sehr schönen - Gesichtszüge langsam veränderten. Die Höhenluft und die Liebe zu ihrem kindlichen Vetter schienen ihr die Sinne vernebelt zu haben, soviel war nun klar. ''Ich weiß ja nicht, in welchem Verhältnis Ihr zu dem Jungen steht'' hätte er am liebsten erwidert, verkniff es sich aber genauso wie jeden anderen Kommentar zum Wutausbruch der Edlen.
Die ersten Worte Richezas bedachte Gendahar nur mit einem dünnen Lächeln und einer entschuldigenden Geste an Zaida. Da war sie also wieder - die Ragather Furie. Wie schon so oft zuvor lauschte er nicht den zornigen Worten seines weiblichen Gegenübers, sondern beobachtete lieber, wie sich ihre - auch im Zorn noch sehr schönen - Gesichtszüge langsam veränderten. Die Höhenluft und die Liebe zu ihrem kindlichen Vetter schienen ihr die Sinne vernebelt zu haben, soviel war nun klar. ''Ich weiß ja nicht, in welchem Verhältnis Ihr zu dem Jungen steht'' hätte er am liebsten erwidert, verkniff es sich aber genauso wie jeden anderen Kommentar zum Wutausbruch der Edlen.


Erst bei ihren letzten, sorgenschwangeren Worte lauschte er wieder aufmerksam, schüttelte aber sogleich den Kopf, nachdem sie geendet hatte. "Meint Ihr wirklich, einer Jungmaid in den Händen der Blutsäufer erginge es besser als einer Frau, deren größte Gefahr der eigene Schwermut ist? Wenn sie bisher überlebt haben, werden sie es auch noch ein paar Tage in der Wildnis aushalten. Vielleicht sind sie ja auch schon bei Tsacharias - und wenn nicht, kann uns dieser auch nicht weiter helfen. Vielleicht aber wurden auch sie von der Ferkinas gefangen genommen oder wir finden andere Hinweise des Weges?" Er holte tief Luft. "Was die Erinnerung an den Eid gegenüber dem Grafen angeht, so galt sie im Übrigen weniger Euch oder Dom Hernan als vielmehr Eurer liebreizenden Tante..."
Erst bei ihren letzten, sorgenschwangeren Worte lauschte er wieder aufmerksam, schüttelte aber sogleich den Kopf, nachdem sie geendet hatte. "Meint Ihr wirklich, einer Jungmaid in den Händen der Blutsäufer erginge es besser als einer Frau, deren größte Gefahr die eigene Schwermut ist? Wenn sie bisher überlebt haben, werden sie es auch noch ein paar Tage in der Wildnis aushalten. Vielleicht sind sie ja auch schon bei Tsacharias - und wenn nicht, kann uns dieser auch nicht weiterhelfen. Vielleicht aber wurden auch sie von den Ferkinas gefangengenommen oder wir finden andere Hinweise des Weges?" Er holte tief Luft. "Was die Erinnerung an den Eid gegenüber dem Grafen angeht, so galt sie im Übrigen weniger Euch oder Dom Hernan als vielmehr Eurer liebreizenden Tante..."


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'''Autor:''' [[Benutzer: Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]]
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Streng genommen hatte er dem [[Brandil von Ehrenstein ä. H.|Ehrensteiner]] noch gar keinen Eid geschworen, doch war es wohl kaum der Zeitpunkt für derlei iuristische Winkelzüge. Stattdessen räusperte sich der [[Familia Aranjuez|Aranjuezer]], der aus dem Hintergrund mit sorgenvoll gefurchter Stirn die Entwicklung beobachtet hatte, vernehmlich, und trat an den Tisch. „Mäßigung, Doms y Domnas, Mäßigung", hob er beschwichtigend die Hände, um sich dann zunächst an den Yaquirtaler zu wenden:


Streng genommen hatte er dem [[Brandil von Ehrenstein ä. H.|Ehrensteiner]] noch gar keinen Eid geschworen, doch war es wohl kaum der Zeitpunkt für derlei iuristische Winkelzüge. Stattdessen räusperte sich der [[Familia Aranjuez|Aranjuezer]], der aus dem Hintergrund mit sorgenvoll gefurchter Stirn die Entwicklung beobachtet hatte, vernehmlich, und trat an den Tisch. „Mäßigung, Doms y Domnas, Mäßigung.", hob er beschwichtigend die Hände, um sich dann zunächst an den Yaquirtaler zu wenden:
"Dom Gendahar, Domna Richeza hat durchaus nicht Unrecht mit dem Gesagten. Wir wissen nichts über den Verbleib Domna Rominas, und wir sind kaum ein Dutzend Leute, inmitten aufgescheuchter Ferkinahorden. Es wäre kaum redlich, das Schicksal des kleinen Praiodor vom Schicksal Domna Rominas abhängig zu machen. Wie Domna Richeza schon treffend ausführte, ''wenn'' Domna Romina noch am Leben ist, so wird sie es mutmaßlich auch morgen noch sein. Von Domna Fenia und ihrem Sohn hingegen, von deren Verbleib wir weit mehr wissen, steht dies ungleich weniger zu erwarten. Und während wir dieser Spur folgen, können wir uns bereits Gedanken machen, wo wir bei der Suche nach Domna Romina ansetzen wollen, und wer weiss…“, zuckte er mit den Schultern, „…womöglich sind uns die guten Götter gewogen und spielen uns derweil bereits einen Hinweis in die Hände. Seid jedenfalls versichert, dass uns das Schicksal Domna Rominas keinesfalls gleichgültig ist. Nicht wahr?“, wendete er den Blick schließlich insbesondere Domna Rifada zu, und die Betonung der letzten Worte wie auch sein Gesichtsausdruck verrieten, dass er wohl die Verkündigung ihrer Zustimmung für angebracht hielte, sollte man hier zu einer Einigung gelangen wollen …
 
"Dom Gendahar, Domna Richeza hat durchaus nicht Unrecht mit dem Gesagten. Wir wissen nichts über den Verbleib Domna Rominas, und wir sind kaum ein Dutzend Leute, inmitten aufgescheuchter Ferkinahorden. Es wäre kaum redlich, das Schicksal des kleinen Praiodor vom Schicksal Domna Rominas abhängig zu machen. Wie Domna Richeza schon treffend ausführte, WENN Domna Romina noch am Leben ist, so wird sie es mutmaßlich auch morgen noch sein. Von Domna Fenia und ihrem Sohn hingegen, von deren Verbleib wir weit mehr wissen, steht dies ungleich weniger zu erwarten. Und während wir dieser Spur folgen, können wir uns bereits Gedanken machen, wo wir bei der Suche nach Domna Romina ansetzen wollen, und wer weiss…“, zuckte er mit den Schultern „…womöglich sind uns die guten Götter gewogen, und spielen uns derweil bereits einen Hinweis in die Hände. Seid jedenfalls versichert, dass uns das Schicksal Domna Rominas keinesfalls gleichgültig ist. Nicht wahr?“, wendete er den Blick schließlich insbesondere Domna Rifada zu, und die Betonung der letzten Worte wie auch sein Gesichtsausdruck verrieten, dass er wohl die Verkündigung ihrer Zustimmung für angebracht hielte, sollte man hier zu einer Einigung gelangen wollen…


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Richezas Tante, die das gute Essen der Alten nicht angerührt hatte und zu den zornigen Worten und selbst der gezogenen Klinge ihrer Nichte nur fortwährend beifällig genickt hatte, da sie es selbst nicht schöner hätte vortragen können, reagierte nun dünnhäutig auf die Frage des Thangolforsters.
Richezas Tante, die das gute Essen der Alten nicht angerührt hatte und zu den zornigen Worten und selbst der gezogenen Klinge ihrer Nichte nur fortwährend beifällig genickt hatte, da sie es selbst nicht schöner hätte vortragen können, reagierte nun dünnhäutig auf die Frage des Thangolforsters.
"Glaubt mir, Yaquirtaler - ich weiß sehr gut, wie es ist, als junge Frau in die Gefangenschaft dieser Tiere zu geraten - das ist wahrlich kein Tempelspaziergang!" Sie warf einen verstohlenen Blick zu ihrem Sohn, der sie für immer an ihr Martyrium bei den Ferkinas erinnerte. "Ich muss keine Prophetin sein, um Euch zu weissagen, daß Ihr Euer Comteßchen in anderem Zustand zurückerhalten werdet, als Ihr sie verlassen habt. Betet, daß sie nicht bereits einen Ferkina-Bastard unterm Herzen trägt! Ich habe Eurem...äh, Verwandten? - na diesem Tobrier eben - bereits per Botentaube mitgeteilt, daß der Rossbanner-Orden ausgemordet wurde und dass seine Tochter entweder verschleppt wurde oder ebenfalls bereits tot ist. Damit habe ich bereits mehr getan, als ich hätte tun müssen, denn der Fremde sitzt frech auf unserem Thron, den uns einst die vermaledaiten Harmamunds gestohlen haben. Pest und Pocken auf diese Hunderasse! Hier, das fanden wir bei den Toten - ich schätze, es gehört Euch!" Sie zog den von Richeza gefundenen Ring mit dem Streitzig-Wappen aus ihrer Rocktasche und ließ ihn über den Tisch zu Gendahar rollen. "Vielleicht habt Ihr ja Glück und Eure Romina wird vom selben Barbarenstamm gefangengehalten, der sich auch unseres Knäbleins und seiner Rabenmutter bemächtigt hat - so sie denn auch in Gefangenschaft gerieten. Aber wir wollen alle hoffen, daß sie bei Deinem geheimniskrämerischen Bruder sind, alte Frau, zu dem Du uns morgen in aller Frühe hinführen wirst! Kein aber - Ihr begleitet uns heute alle erst einmal zurück auf mein Castillo, damit ich mich für Eure Gastfreundschaft revanchieren kann!"
 
"Glaubt mir, Yaquirtaler - ich weiß sehr gut, wie es ist, als junge Frau in die Gefangenschaft dieser Tiere zu geraten - das ist wahrlich kein Tempelspaziergang!" Sie warf einen verstohlenen Blick zu ihrem Sohn, der sie für immer an ihr Martyrium bei den Ferkinas erinnerte. "Ich muss keine Prophetin sein, um Euch zu weissagen, daß Ihr Euer Comteßchen in anderem Zustand zurückerhalten werdet, als Ihr sie verlassen habt. Betet, daß sie nicht bereits einen Ferkina-Bastard unterm Herzen trägt! Ich habe Eurem ... äh, Verwandten? - na diesem Tobrier eben - bereits per Botentaube mitgeteilt, daß der Rossbanner-Orden ausgemordet wurde und dass seine Tochter entweder verschleppt wurde oder ebenfalls bereits tot ist. Damit habe ich bereits mehr getan, als ich hätte tun müssen, denn der Fremde sitzt frech auf unserem Thron, den uns einst die vermaledeiten Harmamunds gestohlen haben. Pest und Pocken auf diese Hunderasse! Hier, das fanden wir bei den Toten - ich schätze, es gehört Euch!"  
 
Sie zog den von Richeza gefundenen Ring mit dem Streitzig-Wappen aus ihrer Rocktasche und ließ ihn über den Tisch zu Gendahar rollen. "Vielleicht habt Ihr ja Glück und Eure Romina wird vom selben Barbarenstamm gefangengehalten, der sich auch unseres Knäbleins und seiner Rabenmutter bemächtigt hat - so sie denn auch in Gefangenschaft gerieten. Aber wir wollen alle hoffen, daß sie bei deinem geheimniskrämerischen Bruder sind, alte Frau, zu dem du uns morgen in aller Frühe hinführen wirst! Kein Aber - Ihr begleitet uns heute alle erst einmal zurück auf mein Castillo, damit ich mich für Eure Gastfreundschaft revanchieren kann!"
 
Ihr Tonfall machte sehr deutlich, daß dies ein nur oberflächlich als Einladung maskierter Befehl war.
Ihr Tonfall machte sehr deutlich, daß dies ein nur oberflächlich als Einladung maskierter Befehl war.


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'''Autor:''' [[Benutzer: Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
'''Autor:''' [[Benutzer: Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]


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„Wo Tsacharias sich aufhält, das habe ich dem Herrn verraten, wie Ihr wisst. Doch finden werdet Ihr ihn nicht, wenn Ihr Böses im Sinn habt“, sagte sie finster, „oder Eure Hände gar mit unschuldigem Blut beschmutzt.“ Ein zorniger Seitenblick traf die Scheffelsteinerin. „Nein“, fuhr die Alte fort, „Ihr werdet ihn nur finden, wenn Ihr unschuldig und reinen Herzens seid wie ein Kind.“
„Wo Tsacharias sich aufhält, das habe ich dem Herrn verraten, wie Ihr wisst. Doch finden werdet Ihr ihn nicht, wenn Ihr Böses im Sinn habt“, sagte sie finster, „oder Eure Hände gar mit unschuldigem Blut beschmutzt.“ Ein zorniger Seitenblick traf die Scheffelsteinerin. „Nein“, fuhr die Alte fort, „Ihr werdet ihn nur finden, wenn Ihr unschuldig und reinen Herzens seid wie ein Kind.“


„Ha!“, lachte Richeza auf. “Da hast du dir ja den Richtigen auserkoren für deine Geheimnisse. Unschuldig und reinen Herzens“, äffte sie die Alte nach, während sie den Thangolforster mit hochgezogener Augenbraue eines kurzen Blickes bedachte.
„Ha!“, lachte Richeza auf. “Da hast du dir ja den Richtigen auserkoren für deine Geheimnisse. ''Unschuldig'' und reinen Herzens“, äffte sie die Alte nach, während sie den Thangolforster mit hochgezogener Augenbraue eines kurzen Blickes bedachte.


Udinia aber ließ sich nicht beirren. „Bewahr dir diese Unschuld, mein Kind“, wandte sie sich mit einem mitleidigen Blick an Zaida. „Und gib acht auf dich, willst du nicht ebenso bitter und zornig enden wie diese beiden dort.“
Udinia aber ließ sich nicht beirren. „Bewahr dir diese Unschuld, mein Kind“, wandte sie sich mit einem mitleidigen Blick an [[Zaida de las Dardas y Sangrin|Zaida]]. „Und gib acht auf dich, willst du nicht ebenso bitter und zornig enden wie diese beiden dort.“


Die Alte erhob sich, hob einen Krug von dem Sims über der Feuerstelle und stellte ihn auf den Tisch. „Quiroder. Möge er Euch munden.“ Dann nahm sie ein Holzkästchen von einem Regalbrett und einen Umhang von einem Haken an der Wand. „Auf Eure Gastfreundschaft aber, Rifada da Vanya, verzichte ich gerne. Freundlichkeit ist nichts, dessen sich Eure Familie je rühmen konnte, seit sie sich in diesem Tal breitgemacht hat. Eure Mutter nicht, Euer Oheim nicht, Eure Vettern nicht. Oh ja, ich weiß wohl, wer Ihr seid, zornige Frau aus dem Vanyadâl. Und auch Ihr, wenn Ihr ihre Nichte seid“, sagte sie zu Richeza. „Hab’ Eure arme Mutter von Euch entbunden. Hättet Ihr nur mehr von Ihr bekommen, sie hatte das Herz am rechten Fleck, trotz ihres Namens.“
Die Alte erhob sich, hob einen Krug von dem Sims über der Feuerstelle und stellte ihn auf den Tisch. „Quiroder. Möge er Euch munden.“ Dann nahm sie ein Holzkästchen von einem Regalbrett und einen Umhang von einem Haken an der Wand. „Auf Eure Gastfreundschaft aber, Rifada da Vanya, verzichte ich gerne. Freundlichkeit ist nichts, dessen sich Eure Familie je rühmen konnte, seit sie sich in diesem Tal breitgemacht hat. Eure Mutter nicht, Euer Oheim nicht, Eure Vettern nicht. Oh ja, ich weiß wohl, wer Ihr seid, zornige Frau aus dem Vanyadâl. Und auch Ihr, wenn Ihr ihre Nichte seid“, sagte sie zu Richeza. „Hab’ Eure arme Mutter von Euch entbunden. Hättet Ihr nur mehr von Ihr bekommen, sie hatte das Herz am rechten Fleck, trotz ihres Namens.“
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'''Autor:''' [[Benutzer: Ancuiras|Ancuiras]]
'''Autor:''' [[Benutzer: Ancuiras|Ancuiras]]


Verdutzt starrten die Anwesenden auf den Flecken, wo eben noch die Kräuterfrau gestanden hatte. Dom Gendahar hatte geahnt, dass die Alte eine Hexe war. Ihre zurückgezonene Lebensweise, ihr Verhalten in den letzten Tagen und der erstaunliche Fortschritt seiner Heilung hatten diese Vermutung nahegelegt. Trotzdem überkam ihn ein kalter Schauder. Welch ein Glück hatte er gehabt, an ein so wohlmeinendes Exemplar ihrer Gattung zu geraten! Was, wenn ihn Quantamera von Eschgeier in seinem erbärmlichen Zustand aufgefunden hätte?
Verdutzt starrten die Anwesenden auf den Flecken, wo eben noch die Kräuterfrau gestanden hatte. Dom Gendahar hatte geahnt, dass die Alte eine Hexe war. Ihre zurückgezonene Lebensweise, ihr Verhalten in den letzten Tagen und der erstaunliche Fortschritt seiner Heilung hatten diese Vermutung nahegelegt. Trotzdem überkam ihn ein kalter Schauder. Welch ein Glück hatte er gehabt, an ein so wohlmeinendes Exemplar ihrer Gattung zu geraten! Was, wenn ihn [[Quantamera Al'Shirasgan von Eschgeier|Quantamera von Eschgeier]] in seinem erbärmlichen Zustand aufgefunden hätte?


Unmittelbar musste er wieder an die hilflose Romina denken und an das, was die garstige Rifada so gefühllos über ihr mögliches Schicksal gemutmaßt hatte. Letztere schien selbst allen Grund zu haben, die Ferkinas zu hassen. Was mochte der Junkerin geschehen sein, dass sie so abgestumpft und hart geworden war? Aber jetzt war nicht die Zeit für derlei Grüblereien.
Unmittelbar musste er wieder an die hilflose Romina denken und an das, was die garstige Rifada so gefühllos über ihr mögliches Schicksal gemutmaßt hatte. Letztere schien selbst allen Grund zu haben, die Ferkinas zu hassen. Was mochte der Junkerin geschehen sein, dass sie so abgestumpft und hart geworden war? Aber jetzt war nicht die Zeit für derlei Grüblereien.
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Er wandte seinen Blick wieder den anderen Anwessenden zu und brach die Stille, welche sich nach den letzten Worten und dem plötzlichen Verschwinden der Alten über die Versammlung gelegt hatte. "Sehr bedauerlich, wir hätten ihre Hilfe und Ortskenntnis noch gut gebrauchen können." Er bemühte sich, seiner Stimme keinen vorwurfsvollen Ton zu geben. Es war genug gehadert worden.
Er wandte seinen Blick wieder den anderen Anwessenden zu und brach die Stille, welche sich nach den letzten Worten und dem plötzlichen Verschwinden der Alten über die Versammlung gelegt hatte. "Sehr bedauerlich, wir hätten ihre Hilfe und Ortskenntnis noch gut gebrauchen können." Er bemühte sich, seiner Stimme keinen vorwurfsvollen Ton zu geben. Es war genug gehadert worden.


"Domna Rifada, ich danke Euch für die angebotene Unterkunft, aber auch ich möchte keine weitere Zeit für Umwege verlieren und von dieser Hütte aus aufbrechen. Ich bin leidlich genesen und der Tag ist noch jung, also gibt es keinen Grund, noch länger zu warten." Sein Blick maß die drei anderen Magnaten. "Zum weiteren Vorgehen Folgendes: Wie ihr wisst, ist mir das Schicksal von Domna Fenia und Praiodor alles andere als gleichgültig. Zumindest Dom Hernan versichterte mir Selbiges im Hinblick auf die Tochter des Grafen. Im Übrigen war nie davon die Rede gewesen, das Schicksal der einen von dem der anderen abhängig zu machen. Wie auch Domna Rifada bemerkte, ist nicht unwahrscheinlich, dass beide in die Hände der Wilden gefallen sind. Die Frage ist nun, was zuerst zu tun ist. Sowohl die Suche nach Tsacharias als auch nach dem Lager der Ferkinas führt höher in die Berge. Ersteres weiß ich, Letzteres vermute ich. Ich will nicht verhehlen, was offenkundig ist: Ich brauche Eure Hilfe bei der Befreiung Domna Rominas. So Ihr diese wie Dom Hernan zusagt, mögen wir zunächst versuchen, Tsacharias ausfindig zu machen. Nach dem, was ich weiß, sollte uns dies nicht allzu weit vom Weg abbringen. Vielleicht kann er uns auch in Bezug auf die Ferkinas weiterhelfen, denn er sollte sich dort oben besser auskennen als wir." Sein Blick fiel abermals auf Rifada. "Zumindest besser als ich."
"Domna Rifada, ich danke Euch für die angebotene Unterkunft, aber auch ich möchte keine weitere Zeit für Umwege verlieren und von dieser Hütte aus aufbrechen. Ich bin leidlich genesen, und der Tag ist noch jung, also gibt es keinen Grund, noch länger zu warten." Sein Blick maß die drei anderen Magnaten. "Zum weiteren Vorgehen Folgendes: Wie Ihr wisst, ist mir das Schicksal von Domna Fenia und Praiodor alles andere als gleichgültig. Zumindest Dom Hernan versichterte mir Selbiges im Hinblick auf die Tochter des Grafen. Im Übrigen war nie davon die Rede gewesen, das Schicksal der einen von dem der anderen abhängig zu machen. Wie auch Domna Rifada bemerkte, ist nicht unwahrscheinlich, dass beide in die Hände der Wilden gefallen sind. Die Frage ist nun, was zuerst zu tun ist. Sowohl die Suche nach Tsacharias als auch nach dem Lager der Ferkinas führt höher in die Berge. Ersteres weiß ich, Letzteres vermute ich. Ich will nicht verhehlen, was offenkundig ist: Ich brauche Eure Hilfe bei der Befreiung Domna Rominas. So Ihr diese wie Dom Hernan zusagt, mögen wir zunächst versuchen, Tsacharias ausfindig zu machen. Nach dem, was ich weiß, sollte uns dies nicht allzu weit vom Weg abbringen. Vielleicht kann er uns auch in Bezug auf die Ferkinas weiterhelfen, denn er sollte sich dort oben besser auskennen als wir." Sein Blick fiel abermals auf Rifada. "Zumindest besser als ich."




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