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(kleine inhaltliche Korrekturen: da standen zwei Fässer von innen vor der Tür (Rifadas Befehl) ... ;-)) |
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Moritatio tat wie ihm geheißen und kletterte vorsichtig auf eines der vollen Fuderfässer, das der schmalen Fensteröffnung in etwa drei Schritt Höhe am nächsten stand. Wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte er tatsächlich hinaus in den Hof lugen. | Moritatio tat wie ihm geheißen und kletterte vorsichtig auf eines der vollen Fuderfässer, das der schmalen Fensteröffnung in etwa drei Schritt Höhe am nächsten stand. Wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte er tatsächlich hinaus in den Hof lugen. | ||
"Ich sehe zwei ... nein ... drei Wachposten", kommentierte er leise, was draußen vor sich ging. "Sie gehen zum Tor ... jetzt entriegeln sie das Tor - verdammt, ich bezweifle, daß sie für meine Mutter das Tor entriegeln würden. Womöglich erwarten sie sogar noch Verstärkung? Nein! Es ist zum Glück nur ein einziger Mann, der ein Pferd am Zügel führt. Sie schließen das Tor sofort wieder hinter ihm." | |||
" | "Ihr tut gut daran, das Tor sogleich wieder zu verriegeln, denn schon bald werden die Menschenfresser hier sein!", nickte der ankommende Herold den Burgwachen beifällig zu. "Wo finde ich nun Domna Morena von Harmamund?" | ||
" | "Gebt mir das Schreiben, ich bringe es zu ihr!", forderte ihn der Dickste der drei Torwächter auf und hielt ihm auffordernd seine geöffnete fleischige Rechte entgegen. | ||
" | "Ich bedaure", schüttelte der Botenreiter den Kopf, "aber die Nachricht ist nur für Domna Morenas Augen höchstselbst bestimmt. Wenn Ihr mich also zu ihr führen würdet?" | ||
"Aber | "Aber gerne doch", machte der Dicke einen übertrieben höflichen Kratzfuß und nickte dann seinen beiden Kameraden blinzelnd zu. "Folgt mir bitte! Hier entlang!" | ||
" | "Aber wollt Ihr die Dörfler draußen nicht warnen, dass sie sich auch hierher auf die Burg in Sicherheit bringen?", vergewisserte sich der Herold der Harmamunds verwundert, während er sich anschickte, dem grün-weiß berockten Gardisten zu folgen. Aus den Augenwinkeln sah er noch eine schnelle Bewegung von einem der zurückbleibenden Gardisten, dann traf ihn ein stählerner Schwertknauf am Hinterkopf, sodass ihm schwarz vor Augen wurde und er nach vorne auf alle Viere niederstürzte. | ||
" | "Um die kümmern wir uns, wenn wir mit so großkopferten Burschen wie dir fertig sind!", ätzte der Dicke und trat ihm mit seinen genagelten Stiefeln mit voller Wucht ins Gesicht, sodass der Bote endgültig die Besinnung verlor und schlaff in den Staub niedersank. | ||
Ohne mit der Wimper zu zucken, kniete der Dicke neben dem | "Gut gemacht!", rief ihnen die Commandanta zu, die gerade in diesem Augenblick aus dem Portal des Palas trat und gelassen zu ihnen herüberkam. "Schneidet ihm die Tasche ab!" | ||
Ohne mit der Wimper zu zucken, kniete der Dicke neben dem Bewusstlosen nieder und zerschnitt mit seinem Dolch den Tragegurt von dessen Heroldstasche. | |||
Yegua nahm die Tasche wortlos von ihm entgegen und kippte den ganzen Inhalt über dem Ohnmächtigen aus, auf den drei Äpfel, ein Laib Brot, eine Trinkflasche, eine Landkarte, eine Decke und eben ein zusammengerolltes Stück Papier neiderprasselten. Yegua bückte sich und hob nur das letztere vom Boden auf, entrollte es und begann mit zusammengekniffenen Augen die eigenwillige Handschrift darauf zu entziffern: | Yegua nahm die Tasche wortlos von ihm entgegen und kippte den ganzen Inhalt über dem Ohnmächtigen aus, auf den drei Äpfel, ein Laib Brot, eine Trinkflasche, eine Landkarte, eine Decke und eben ein zusammengerolltes Stück Papier neiderprasselten. Yegua bückte sich und hob nur das letztere vom Boden auf, entrollte es und begann mit zusammengekniffenen Augen die eigenwillige Handschrift darauf zu entziffern: | ||
'' 'Meine Tochter,'' | |||
ein Freund am Ohr der Domnatella ließ uns wissen, dass jener, welcher Ihr dient, in kurzer Zeit der | ''ein Freund am Ohr der Domnatella ließ uns wissen, dass jener, welcher Ihr dient, in kurzer Zeit der Process gemacht werden soll. Auch vom Fuchsbau droht ihr dasselbe Malheur. Des Kaisers Degen und der Schwarze Stier sind einhellig, dass Ihr darob jedweden weiteren Dienst an der Jungfrau entsagen werdet und unverzüglich in den Hort des Drachen zurückkehrt. Zuvor jedoch nutzt die Gunst der Stunde in der Greifen Nest und überantwortet jedwedes Schriftstück dem Feuertod, das den Erben des Calas schaden und den Erben Ahumedas von Nutzen sein mag, den steinernen Stuhl aus Selaque betreffend. Der Condottiere wird Euch dabei zur Hand gehen, denn dies ist unser Wille!'' | ||
Des Kaisers Degen und der Schwarze Stier sind einhellig, dass Ihr darob jedweden weiteren Dienst an der Jungfrau entsagen werdet und unverzüglich in den Hort des Drachen zurückkehrt. | |||
Zuvor jedoch nutzt die Gunst der Stunde in der Greifen Nest und überantwortet jedwedes Schriftstück dem Feuertod, das den Erben des Calas schaden und den Erben Ahumedas von Nutzen sein | |||
mag, den steinernen Stuhl aus Selaque betreffend. Der Condottiere wird Euch dabei zur Hand gehen, denn dies ist unser Wille! | |||
Eure Mutter, | ''Eure Mutter,'' | ||
A. | ''A.' '' | ||
Yegua runzelte die Stirn. ''Ohr der Domnatella? Fuchsbau? Kaisers Degen? Schwarzer Stier ?'' Was war das für ein sinnloser Schwachsinn? Der Verfasser dieser Zeilen - oder vielmehr: die Verfasserin, da es sich ja offenbar um die Mutter der Harmamund handelte - verwendete entweder eine abstruse Geheimschrift oder aber sie musste ein Fall für die Noioniten sein! Ja, gab es nicht in Ragathsquell ein großes Kloster der Noioniten? Vermutlich war der Brief von dort abgeschickt worden und der Narr von einem Boten wußte nicht einmal, für was für ein verwirrtes Geschreibsel er da sein Leben riskiert hatte. Sie schüttelte nochmals ungläubig den Kopf und knüllte die Nachricht dann zusammen und warf sie achtlos weg. Hauptsache, sie hatte diese Morena nicht erreicht - das Weibsbild war ihr schon vom ersten Augenblick an unsympathisch gewesen. | |||
"Fesselt ihn!", befahl sie ihren Gardisten, die dem unglücksseligen Boten seinen Gürtel auszogen und ihm damit die Hände auf dem Rücken zusammenbanden. Mit dem Rest seins Taschengurtes band man ihm auch beide Füße zusammen. | |||
" | "Los! Rüber zum Weinkeller mit ihm! Ich habe schon eine Idee, wo wir ihn lassen können", wank sie ihren Soldaten zu, ihr zu folgen, während sie sich selbst in Bewegung setzte. | ||
Moritatio, der das ganze Geschehen überrascht mitverfolgt und auch leise an Richeza und Raúl weitergegeben hatte, sprang sofort von dem Fuderfaß herunter und scheuchte die beiden anderen in die hinterste, lichtärmste Ecke des Raumes. "Versteckt euch! Sie kommen genau hierher!" | |||
Kaum hatten alle drei hinter zwei großen Fässern Deckung gefunden, öffnete sich die Tür einen Spalt breit und stieß gegen die beiden Weinfässer, die von innen dagegen geschoben worden waren. Man hörte ein Fluchen, das Bersten von Holz, als sich von außen mit Gewalt mehrere Bewaffnete gegen die Tür warfen, dann rollte eines der Fässer ein Stück beiseite, und es wurde schlagartig heller im Raum. | |||
"Welche Idioten haben hier ein Fass hingestellt?", knurrte ein Mann. | |||
"Los, schleift ihn da hin!", sprach die befehlsgewohnte Stimme der Frau, die drunten im Dorf nach ihnen gesucht hatte und von Tsacharias im letzten Moment abgewimmelt worden war. Ein rasselndes Geräusch war zu hören. Moritatio wusste als einziger, woher es stammte. An der etwa vier Schritt hohen Gewölbedecke des Weinkellers war ein Flaschenzug angebracht, der normalerweise dazu diente, die bis zu vierhundert Stein schweren Fuderfässer anzuheben, so daß man sie auf Handkarren verladen konnte. Ganz sicher hatten die Eingetretenen aber nicht vor, sich ein Fäßchen Wein in die Stube zu karren. | |||
"Hängt ihn an den Haken! Nein, nicht so rum, ihr Trottel! Mit den Füßen nach oben und dem Kopf nach unten! Ja, so ist es richtig!", erklangen die schneidenden Befehle der Frau. Dann war erneut das rasselnde Geräusch zu hören. | |||
" | "Hehe, da kann er baumeln, bis er schwarz wird!", lachte diesmal die gehässige Stimme eines Mannes. Kurz darauf quietschte wieder die Tür, dann fiel sie ins Schloß und es war wieder fast genauso dunkel wie zuvor in dem Weinkeller: Fast, denn das Holz der Tür schien beschädigt, und durch einen Riss fiel graues Tageslicht herein. | ||
" | Richeza blies langsam die Luft über die Lippen. "Hier sind wir nicht sicher, scheint mir", flüsterte sie. "Was, wenn sie zurückkommen und sich fragen, wie jemand zwei Fässer so dicht vor die Tür stellen konnten, obwohl sie von außen verschlossen war?" | ||
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