Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 16: Unterschied zwischen den Versionen

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So schnaubte Domna Morena von Harmamund kurz, legte aber dann das Pergament in den herabgelassenen Eimer. Einen abschließenden Kommentar konnte sie sich dann aber doch nicht verkneifen: „Seine Kaiserliche Majestät wird nicht erfreut sein, über derlei Verzögerungen.“ Immerhin waren sie hier in Kaiserlich Selaque beide so etwas wie Dienstleute des Kaisers, und wo käme man denn da hin, wenn in [[Punin]] der eine Diener dem anderen die kaiserlichen Pantoffeln verweigerte, um sich zunächst irgendwo langwierig rückzuversichern. Auch darüber wäre seine Kaiserliche Majestät gewiss nicht erfreut.  
So schnaubte Domna Morena von Harmamund kurz, legte aber dann das Pergament in den herabgelassenen Eimer. Einen abschließenden Kommentar konnte sie sich dann aber doch nicht verkneifen: „Seine Kaiserliche Majestät wird nicht erfreut sein, über derlei Verzögerungen.“ Immerhin waren sie hier in Kaiserlich Selaque beide so etwas wie Dienstleute des Kaisers, und wo käme man denn da hin, wenn in [[Punin]] der eine Diener dem anderen die kaiserlichen Pantoffeln verweigerte, um sich zunächst irgendwo langwierig rückzuversichern. Auch darüber wäre seine Kaiserliche Majestät gewiss nicht erfreut.  


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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]


Der Selaquer Baronsbüttel zog den hölzernen Eimer vorsichtig in die Höhe, nachdem Morena von Harmamund das zuvor von ihr hochgehaltene Schreiben mit grimmigem Blick ebendort hineingelegt hatte.


Domna Yegua, die das Ganze mit zusammengepressten Lippen verfolgt hatte, ging es aber offenbar nicht schnell genug, sodass sie dem Gardisten das Seil forsch aus der Hand riss und den Eimer rasch selbst mit hektischen Zügen nach oben auf den elf Schritt hohen Wehrgang der Barbakane ziehen wollte.


Allein - es kam, wie es kommen musste: Der diagonal in die Höhe schnellende Eimer geriet sofort schwankend in Schieflage, und trudelnd fiel das kaiserliche Schreiben heraus und landete in der schlammig braunen Brühe des Wassergrabens, der rund um das Castilllo da Vanya führte. Sofort verwandelte sich das teure Büttenpapier der Depesche in dem fauligen Morast in einen aufgeweichten weißen Klumpen - unter entsetzten Ächzlauten des Selaquer Büttels oben und Domna Morenas unten. 


Die Elenterin dagegen schien ihr Missgeschick nicht sonderlich zu betrüben. "Na, so ein Unglück!", fluchte sie gekünstelt, ohne wirklich bekümmert zu wirken. "Jetzt ist Eure schöne Legitimation dahin, ohne dass ich mich überzeugen konnte, ob es sich nicht bloß um eine plumpe Fälschung handelte." Sie kratzte sich am Kinn und schüttelte den Kopf. "Na, wie soll es jetzt weiter gehen? Zu gerne würde ich Euch Glauben schenken und Euch für einige Tage Speis' und Obdach gewähren - doch wie ich bereits sagte, die Zeiten sind zu gefährlich, einem fremden Kriegshaufen Tür und Tor zu öffnen. Ich schlage deshalb vor, dass Ihr weiterzieht - etwa nach Kornhammer nördlich oder aber praioswärts gen Castillo Albacim, wo meine Base sodann höchstselbst entscheiden kann, ob sie Euch in ihrem Stammsitz Quartier zu gewähren gewillt ist oder nicht. Ich selbst kann Euch diesen Wunsch allhier ohne anderslautende Weisung leider nicht erfüllen, da meine Befehle genau gegenteilig lauten!"
Sie zuckte lapidar mit den Schultern und gab Morena und Berengar dann mit einem Wink zu verstehen, dass sie sich mit diesen Worten von ihrer Seite aus zum Namenlosen scheren konnten ...
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'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]]
Morena von Harmamund sog scharf die Luft ein, als sich das Schreiben vor ihren Augen auflöste. Sie hatte dem unwillkürlichen Impuls widerstanden, von ihrem Ross zu springen und auf allen Vieren nach den Überresten zu fischen. Stattdessen lenkte sie ihr Ross halb zum Gehen, hielt aber dann doch inne, und sprach, beinahe zu sich selbst, aber laut genug, dass man sie oben auf dem Wehrgang bestens verstehen konnte: „In zwei Wochen wird mein Onkel, des Kaisers Marschall, mit der almadanischen Wehr hier eintreffen, um mit den Ferkinas aufzuräumen. Gewiss wird er sich sehr dafür interessieren, welcher des Kaisers höchsteigenen Vasallen auf Seiner Majestät eigenem Land eine direkte kaiserliche Weisung nicht nur ignoriert, sondern mutwillig und in böswilliger Absicht vernichtet hat.“
Und wiederum, scheinbar an niemanden Bestimmtes gerichtet, doch mit deutlich warnendem Unterton: „Und natürlich auch, wer zum Schaden Seiner Majestät einer solchen Person gefolgt ist …“
Von oben aber kam keine Antwort mehr, sodass Morena von Harmamund davon ausgehen musste, dass die Standpunkte ausgetauscht worden waren. Doch bekanntlich sah man sich immer zweimal im Leben. Also wendete die Nichte des Kaiserlichen Marschalls endgültig ihr Ross, und machte sich, von ihrem Begleiter Berengar gefolgt, langsam auf den Weg hinab ins Dorf Vanyadâl.
Dort wiederum verdüsterte sich die Miene des Condottieres immer mehr. Dass nicht nur der Mercenario herab kam um sie zu holen, sondern stattdessen beide Reiter umgekehrt waren, sprach nicht dafür, dass man sie einlassen würde. Ein Rückschlag, keine Frage, auch wenn er so immerhin dem Dilemma entkommen war, welches die kaiserlichen Befehle ihm hinsichtlich der Suche nach seinen Leuten bereitet hatte. Vorerst zumindest.
Wenig später war die schlechte Ahnung Gewissheit, als ihm seine entfernte Verwandte von dem äußerst unerfreulichen Gespräch berichtete, welches zudem noch das Kaiserliche Schreiben gekostet hatte. Mit zusammen gekniffenen Augen sah der Baron und Junker an der Harmamunderin vorbei, hinauf zum Castillo da Vanya, wohlwissend, dass wahrscheinlich just in diesem Auge diese sture Commandanta auf ihn herab sah. „Und sie hat Euch keinen Namen genannt?“
„Nein“, schüttelte die Angesprochene das Haupt. „Sie sagte lediglich, sie sei die Statthalterin und Base Domna Praiosmins.“
„Keine Ahnung, wer das sein soll…“, brummte Hernán von Aranjuez unleidlich, straffte sich dann aber, und sah wieder Domna Morena an. „So Ihr es wünscht, gebe ich Euch eine berittene Eskorte, die Euch bis zum Einbruch der Dunkelheit nach Castillo Albacim bringt. Ich selbst werde wieder nach Grezzano zu…“
„Wie!?“, unterbrach ihn Morena von Harmamund empört. „Ihr wollt das einfach so auf sich beruhen lassen? Diese impertinente Person sitzt dort oben, und verweigert sich einem direkten Befehl unseres Herrn Kaisers! Und Ihr wollt einfach abziehen?“
„Was bleibt anderes übrig?“, verzog der Condottiere die Mundwinkel, und wies auf das trutzige Castillo. „Seht Euch die Mauern an, Domna Morena. Ich bin recht sicher, dass dort oben nicht mehr als 20 Mann sitzen, denn jedes größere Heer müsste erst an Castillo Albacim vorbei, sodass hier eine kleine Besatzung völlig ausreichend ist. Denn ein Soldat auf den Mauern ist so viel wert wie fünf darunter. Mindestens, und selbst dann würd’s noch eine trefflich blutig Angelegenheit. Weder habe ich einhundert Leute, noch bin ich bereit auch nur einen Fingerhut Blutes für dies Castillo zu vergießen. Mir gefällt es ebenso wenig wie Euch, aber uns bleibt nichts, denn uns für den Augenblick zurück zu ziehen.“
Sprachs, und richtete sich in den Steigbügeln auf um den Zug zu überblicken. „Wir marschieren zurück nach Grezzano!“, rief er laut, und wendete sein Ross, um nun am anderen Ende des Zuges die Spitze zu übernehmen, wobei er den Gefangenen keinen Blick zuwarf, als er ihre Position passierte.
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
"Wartet!", rief Tsacharias Krähenfreund den Condottiere an, als dieser sein Pferd in Bewegung setzte. "Ihr könnt den Toten nicht mitnehmen! Er stammt aus diesem Dorf, und es ist Eure Pflicht, ihm ein borongefälliges Begräbnis im Kreise seiner armen Familie zukommen zu lassen!"
"Aranjuez", rief die Edle von [[Landedlengut Eslamsstolz|Eslamsstolz]] Hernán in diesem Moment an, als er sich anschickte, ihr Pferd zu passieren. "Wollt Ihr Euch jetzt bequemen, den Mund aufzumachen und mit mir zu reden, oder wie lange wollt Ihr Euch noch benehmen wie ein Harmamunder Bauernbaron?"
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'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]]
Toter? Welcher Tote? Hernán von Aranjuez runzelte die Stirn. Scheinbar war der verwundete Stallknecht mittlerweile verstorben. Wie bedauerlich. Einige Schritte weiter zügelte er sein Ross, drehte sich halb im Sattel um und nickte den beiden verbliebenen Knechten zu, denen man die Hände nicht gefesselt hatte, da sie schließlich ihren Kameraden auf der Bahre tragen mussten. „Ihr da, ihr seid frei. Kümmert euch darum.“ Zufälligerweise hatte er gerade keinen Geweihten dabei, und nachdem in Ksl. Selaque gerade Dutzende Leichen unbestattet lagen, hatte der Condottiere gewiss gerade andere Sorgen. „Vielleicht wollt Ihr ja behilflich sein, sofern es Eurem Seelenfrieden dient“, sah er Tsacharias Krähenfuß an, womit scheinbar auch er in die Freiheit entlassen war. Nicht, dass man ihn vorher gefangen genommen hätte, sondern er hatte sich die Fesseln ja beinahe selbst angelegt.
Dies alles schien freilich nicht für Richeza von Scheffelstein zu gelten, die noch immer mit vor dem Leib gebundenen Händen im Sattel saß, und nun gleichfalls das Zetern begann. Sehr zum Unwillen Domna Morenas freilich, doch gebot ihr der Baron und Junker mit halb erhobener Hand Einhalt. „Harmamunder Bauernbaron?“, wandte er sich stattdessen mit gehobenen Augenbrauen an die Landedle. „Für einen Abkömmling zweier Geschlechter von besseren Bergbauern und Ziegenhirten nehmt Ihr den Mund recht voll, Domna Richeza. Doch soll es nicht heißen, der [[Cortezia]] würde nicht genüge getan, allein weil wir uns fern der Höfe befinden. Was also wünscht Ihr zu wissen?“
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Richeza kniff die Augen zusammen und überging die Frechheiten des Condottieres. "Ihr befindet Euch hier auf dem Grund und Boden meiner Ahnen, aber Ihr behandelt mich wie eine eidbrüchige Vasallin oder eine von Euren ... Leuten. Verfahrt so mit Euren Junkern oder Soldknechten, wenn's Euch beliebt, aber nicht mit mir! Wenn Ihr der Cortezia nur im Mindesten genügen wollt, nehmt mir die Fesseln ab und lasst mich frei. Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen, das dieses Euer Benehmen rechtfertigen würde! Und das wisst Ihr sehr gut. Ihr habt weder Anlass noch Recht, mich meiner Freiheit zu berauben. Also lasst mich gehen!" 
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'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]]
„Es wäre mir neu, dass man jedem Gefangenen ein Ross zur Verfügung stellt, und ihn gegen sein Ehrenwort ungebunden gelassen hätte“, entgegnete der Condottiere kühl. „Freilich, wenn Ihr Euch unbedingt beklagen wollt, kann ich auch befehlen, dass man Euch einen Knebel zwischen die Zähne schiebt, einen Sack übers Haupt zieht, und Euch mit auf den Rücken gefesselten Händen quer über ein Pferd wirft.“
Fragend sah er die Edle an, ob ihr eine solche Behandlung wohl lieber wäre. Bevor sie freilich auf die Idee kommen könnte, tatsächlich eine solche zu fordern – immerhin hatte man schon Pferde kotzen, und Heiler sich in Gefangenschaft nötigen sehen – um sich nachher über die äußerst ungebührliche Behandlung beklagen zu können, ließ er sein Ross seinen Weg an die Spitze des Zuges fortsetzen.
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
"Und mit welchem Recht, Aranjuez", rief Richeza ihm hinterher, "mit welchem Recht glaubt Ihr, mich gefangen halten zu dürfen?" Allmählich gewann die Wut erneut die Oberhand über die Beherrschung. "Ha! Kaum taucht eine verdammte Harmamund auf, vergesst Ihr Euer Benehmen und zeigt, wes Blutes und welcher Gesinnung Ihr in Wahrheit seid! – Finger weg!" Sie trat dem Söldner ins Gesicht, der erneut nach den Zügeln ihres Pferdes greifen wollte und setzte das Tier mit einem Stiefeltritt in Bewegung, ehe er sie aufhalten konnte. Nach kurzem Trab hatte sie den Baron eingeholt.
"Ihr könnt Eure Schindmähre gern zurückhaben, und den Sack könnt Ihr Eurer Blutsschwester über den Kopf ziehen, die ganz sicher nicht zum Frieden in diesen Landen beiträgt. Als wenn es Euch um Frieden ginge!" Sie spuckte aus, und mit einem weiteren Tritt in die Flanken des Tieres, verleitete sie es dazu, einen plötzlichen, erschrockenen Satz vorwärts zu machen, zwei, drei weitere Tritte, und das Tier preschte die staubige Straße voran, und Richeza beugte sich tief über seinen Hals, beide Hände in seiner Mähne.
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'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]]
Einer der Mercenarios hob die wohlweislich ob der unklaren Lage im Dorf und vor dem Castillo gespannte Armbrust und visierte den Rücken Richezas an, als sich die gepanzerte Hand des Condottieres auf seine Schulter legte. „Nicht schießen“, verkündete er für alle hörbar, um dann seinerseits seinem Ross die Sporen zu geben. Es war eine ungleiche Jagd, denn auch wenn sein eigenes Tier gewiss kein Vorzeigeexemplar almadanischer Pferdezucht war, war es doch unendlich schneller und kräftiger als die zuvor als Lasttier gebrauchte Schindmähre, welche Richeza von Scheffelstein ritt. Entsprechend dauerte es nicht lange, bis er die Flüchtige eingeholt hatte.
Die Landedle blickte immer wieder über ihre Schulter, und sah natürlich den immer näher heran Preschenden, doch ihre verzweifelten Ausweichversuche brachten ihr nur noch einige Augenblicke Gnadenfrist, ehe der Baron und Junker sie am Kragen gegriffen hatte, und aus dem Sattel riss. So gut es ging, hatte er wohl versucht sie festzuhalten, doch war der Aufprall auf dem harten Boden des Vanyatales nichtsdestotrotz schmerzhaft. Richeza riss die gefesselten Arme hoch, überschlug sich mehrfach, und blieb mit aufgeschürften Händen, Knien und Ellbogen, und einer Myriade weiterer blauer Flecken im Staub liegen.
Der Baron und Junker brauchte noch einige Schritt, bis er sein Ross gezügelt und herum gerissen hatte, dann trabte er zu der Gestürzten zurück, die sich soeben noch nicht vollends wieder Herrin ihrer Sinne aufrappeln wollte. Ein beherzter Tritt aus dem Sattel heraus warf sie abermals zu Boden, und Hernán von Aranjuez ließ sein Ross um sie herum tänzeln. Er beugte sich herab, derweil seine Leute, Morena von Harmamund an der Spitze, rasch aufschlossen. Nur für sie beide vernehmlich zischte er: „Bleibt verdammt noch mal liegen! Seht Ihr nicht, dass ich Euch gerade das zweite Mal das Leben gerettet habe? Eure Narreteien haben bereits einen Knecht das Leben gekostet, also tut endlich wie Euch geheißen, bevor noch mehr Menschen zu Schaden kommen. Ich kann gar nicht glauben, dass der [[Ramiro von Alcorta|Alcorta]] Euer Onkel gewesen sein soll…“ 
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
"Mein ... Onkel ... hätte Euch ...", stieß die Edle krächzend hervor, während sie erneut versuchte, sich aufzusetzen. Doch sobald sie den Kopf hob, begann sich alles zu drehen. Ihr wurde übel, das Gesicht des Reiters verschwamm. Sie schmeckte Blut, und der Schmerz schoss so plötzlich in ihren Hinterkopf, dass ihr schwarz vor Augen wurde. Stimmen drangen aus weiter Ferne zu ihr, verklangen in der Dunkelheit.
* ''Die Geschichte um Dom Hernáns Söldner und Domna Richeza wird hier fortgesetzt: [[Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 19|Schauplatz: Selaque, Teil 19]].''




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